Pope schrieb:
1. Meine Frage lautet, ob das vom Papst in Rom gepredigte Christentum um die Zeit des ersten Kreuzzuges Züge einer totalitären und autokratischen Ideologie trägt, die alles davor gewesene in den Schatten stellt.
totalitär, weil alle Lebensbereiche umfassend/umfassen wollend.
autokratisch, weil die Lehre zentral und von oben herab diktiert wurde, und selten Widerspruch und erst recht keine Alternativen tolerierte.
War die katholische Kirche totalitär? M.E. nein, mindestens wegen fehlender technisch-kommunikativer Voraussetzungen. (Aber man kann sich schon fragen, ob das Christentum den Totalitarismen- wenn man den Begriff denn verwenden will- nicht entscheidende Bausteine geliefert hat.)
War sie autoritär? Ich denke schon, da die autorität des papstes sich über petrus und jesus diekt von gott ableitet- das ist sogar noch etwas mehr als "von gottes gnaden".
Vor allem aber die die katholische kirche ein machtapparat, der seit ca. 1700 kontinuierlich bestand hat. keine andere religion hat das geschafft. da die katholische kirche als juristische person fortexistiert, kann man sie also durchaus auch für handlungen vor etlichen jahrhunderten verantwortlich machen. (schließlich legitimiert sie sich mit ereignissen, die- nach ihrer darstellung- sogar an die 2000 jahre zurückliegen).
Pope schrieb:
2. Inwiefern lässt sich eine Doppelmoral des Heiligen Stuhls und seiner Vertreter ausmachen, was belegen würde, dass sie opportunistisch und den göttlichen Prinzipien nach untreu handelten.
Doppelmoral kann ich nicht erkennen. Die Politik der Päpste diente im Wesentlichen den Interessen des Christentums wie sie es verstanden. Daran haben auch individuelle Schwächen der Amtsinhaber nichts geändert. Auch Opportunismus stand ganz im Dienste der Ideologie.
Die Annahme "wahrer" göttlicher Prinzipien würde voraussetzen, dass Gott existiert- was zumindest nicht unumstritten ist.
Mechanische Anwendung heutiger Maßstäbe auf die Vergangenheit sollte man vermeiden, Geschichtsrelativismus aber genauso. Mit welcher Begründung auch immer, gerne sind die Oper von Kreuzzügen, Inquisition und Judenmassaker sicher nicht gestorben.
(natürlich kann man sagen, das war eben "zeitgeist". genauso wie ein stalinist sagen könnte, dass die "säuberungen" den vorstellungen der 1930er entsprachen, die wir heute gar nicht mehr verstehen können ... so lässt sich eigentlich alles rechtfertigen)