Das frühe Norwegen

fingalo

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Wenn wir von der "Reichseinigung" unter Harald Hårfagre sprechen, dann sollte man sich darüber Rechenschaft geben, was damals "Norwegen" umfasste. Das richtet sich nach den gesellschaftlichen Strukturen zu seiner Zeit. Von denen wissen wir außerordentlich wenig. Die älteste Beschreibung Norwegens stammt aus seiner Epoche: Es handelt sich um den Reisebericht Ottars, über den ich im thread "Harald Schönhaar" berichtet habe. Hier interessiert sein sozialer Status: Er war für die damaligen Verhältnisse ein schwerreicher Mann: Er hatte 600 nicht gekaufte domestizierte Rentiere, darunter 6 der sehr seltenen Lock-Rentiere zum Fangen weiterer Wildtiere, 20 Schafe, 20 Schweine und 20 Kühe. Das bisschen, was er zu bestellen hatte, pflügte er mit Pferden. Sein Interesse galt dem Walrosszahn im Nordmeer. Er reiste bis nach Jütland. Aus seinem Bericht ist zu entnehmen, dass es einen reichen Handelsweeg von ganz hoch im Norden bis nach Dänemark existierte, weil es aus dem hohen Norden spezielle und besonders begehrte Waren gab. Der Handelsweg wurde "Nordvei" genannt und die an ihm wohnenden Menschen "Nordmenn" im Unterschied zu den "Svear" (Schweden), "Gauter" Gotländer, "Daner" (Dänen) "Kvener" (eingewanderte Finnen), und "Finner" (Samen). Seine Verknüpfung von Völkernamen und Gebieten ist die erste Überlieferung darüber. Davor gab es nur den unbestimmten Ausdruck "nortmanni" für nordische Vikinger.
Es sollte nicht zweifelhaft sein, dass ein solcher Küstenhandelsweg die Gegenden untereinander verband. Man kann sehen, wie der Versuch der Reichseinigung sich genau um diesen Handelweg entwickelte. Der Skalde Torbjørn Hornklove nannte Harald Hårfagre "dróttinn norðmanna". Man kann davon ausgehen, dass "Nordmenn" und "Norge" rein geographische Namen waren, die Bewohner sich aber als Halogaländer, Trønder, Raumer usw. fühlten. Ein nationales Identitätsgefühl kann man ausschließen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wuchs allmählich mit den gemeinsamen Heerfahren zur Vikingzeit.

Soweit zunächst.

Fingalo
 
Olav der Gute

Ich hatte bereits im thread "Harald Schönhaar" seine nachfolger erwähnt. Hier knüpfe ich nun an.

Håkon Adelsteinsfostre (Håkon den gode) (934 - 961) hatte offenbar keine Feinde in Norwegen. Aber er geriet in Konflikt erst mit Erik Blutaxt, dann mit dessen Söhnen, die sich mit dem Dänenkönig Harald Blåtann (Blauzahn) verbündeten. Hinzukam, dass die Macht Haralds eine reine Militärmacht gewesen war, die eine große Truppe benötigte. Diese wurde durch die Untertanen finanziert. Diese Truppe begnügte sich allerdings nicht nur mit der Außenverteidigung, sondern unterdrückte auch die eigenen Landsleute. Die Bemerkung, dass Håkon den den Bauern ihr Odel zurückgab, deutet darauf hin, dass Haralsd viele Bauern enteignet und seine Mannen zur Versorgung dort eingesetzt hatte. Da er im Inland nicht mehr so viele Feinde hatte, benötigte er auch keine so große Truppe wie sein Vater. Aber auch die Bauern fürchteten die Bedrohung durch die Erikssöhne und Erich Blauzahn. Deshalb war es ein geschickter Schachzug, den Bauern ihr Land zurückzugeben, was ihm einen freien Rücken verschaffte, und gleichzeitig sich mit diesen zu verbünden, um eine gemeinsame Streitmacht aufzubauen. Das Mittel seiner Wahl war eine Seestreitmacht mit einer Verteidigungsordnung, aufgebaut auf einer Wehrpflicht. Die Verteidigungsordnung beinhaltete, dass die Bauern selbst die Schiffe zur Verteidigung stellten und ausrüsteten, der König aber den Oberbefehl über die Ausfahrt behielt. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass seine Flotte so gut ausgerüctet war, wie später. Die Könige im 11. und 12. Jh. hatten dazu wesentlich bessere Möglichkeiten.
Die Entwicklung der Bauerngesellschaft ging nun dahin, dass die Bauern in seinem Heer nicht mehr nur ihr eigenes Territorium verteidigten, sondern als Gesamtmacht über dieses hinaus auch fremde Gebiete verteidigten.
Seine Einflussbereich erstreckte sich hauptsächlich auf Vestlandet, also das südwestliche Nrwegen um Stavanger.
Seine vorsichtige und bauernfreundliche Politik brachte ihm den Beinamen "der Gute" ein.

Fingalo
 
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