Das osmanische Intermezzo in Italien

Hätte Mehmet II Rom erobern können?

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  • Nein

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Seldschuk

Aktives Mitglied
1480 erobert Ahmet Pascha mit 18.000 Mann und hundert Schiffen nach tagelanger Schlacht, die östlichste Stadt Italiens von Albanien aus und besetzt diese ca. 1 Jahr lang.
Als der Sultan stirbt und Thronstreitigkeiten unter seinen Söhnen entstehen entschliesst man sich die Stadt wieder aufzugeben.
Wäre eine Eroberung Roms (für Mehmet II der neue goldene Apfel nach Istanbul) möglich gewesen, oder hätten die christlichen Streiter die osmanische Kriegsmaschinerie aufhalten können, wenn der Sultan länger gelebt hätte?

Siehe dazu u.a.:
http://www.timediver.de/tuerkisch_italien.html

Am 28.07.1480 begannen die Türken, von Albanien her kommend, mit der Belagerung Otrantos. Die Stadt konnte sich nicht gegen die Übermacht von hundert Schiffen und 18.000 türkischen Soldaten unter dem Kommando Achmed Paschas halten. Nach wochenlanger Belagerung, bei der keine der großen italienischen Stadtstaaten dem Ort zu Hilfe kam, ergab sich die Stadt am 12.08. 1480 den osmanischen Eroberern. Alle Einwohner, die nicht zum Islam übertreten wollten, wurden geköpft. 800 Christen, darunter der Bischoff der Stadt und alle Priester, wurden in der Kathedrale niedergemetzelt. Auch Kinder und Alte wurden nicht verschont. Ursprünglich sollte Otranto der Brückenkopf für die Eroberung Roms sein.
Da Sultan Mehmet II. jedoch am 11.05.1481 verstarb, wurde der Angriff auf die heilige Stadt der katholischen Christenheit nicht mehr realisiert und die Osmanen zogen ab.

Warum haben die Osmanen nach Beendigung des Thronstreites nicht erneut versucht Italien zu erobern?

Viel Spass beim diskutieren.

Grüsse
Seldschuk


 
Seldschuk schrieb:
Am 28.07.1480 begannen die Türken,..., mit der Belagerung Otrantos. ... Nach wochenlanger Belagerung... ergab sich die Stadt am 12.08. 1480 den osmanischen Eroberern. ...Da Sultan Mehmet II. jedoch am 11.05.1481 verstarb, wurde der Angriff auf die heilige Stadt der katholischen Christenheit nicht mehr realisiert und die Osmanen zogen ab. Warum haben die Osmanen nach Beendigung des Thronstreites nicht erneut versucht Italien zu erobern?
Scheinbar hat der Tod Sultan Mehmet II für die Türkei Fragen aufgeworfen, die wichtiger waren als die Eroberung Roms.:grübel:
 
Hier habe ich, keine Quelle, aber einen Hinweis gefunden:... Zudem festigte Mehmet II seine eigene Position, die des Sultans, zusätzlich. Am Ende seiner Regierungszeit griff Mehmet sogar Italien an. Doch nach seinem Tod änderte sein Sohn Bayezid II (1481-1512) die Ausrichtung der osmanischen Politik, die Pläne zur Eroberung Italiens wurden fallengelassen. ...

Selim I (1512-1520) gelang es, ganz Anatolien zu erobern, sein Reich gegen die persischen Safawiden zu verteidigen und schliesslich über Syrien bis nach Ägypten auszudehnen, was mit der Eroberung Kairos (1517) geschah. Selim liess sich darauf vom Kalifen Kairos die Kalifenwürde übertragen, was den osmanischen Sultan fortan zum Oberhaupt der muslimischen Gemeinschaft machte. Diesen Titel behielten die Sultane bis zum Ende des Osmanischen Reiches 1922 (siehe Geschichte 1566-1923).

Scheinbar hat man in Kleinasien, Persien und Ägypten expandiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
O.K. Die Pläne zu einer Invasion Italiens wurden fallen gelassen.
Aber warum? Ich denke, wenn Bayezid II, auf Rom vorzustossen, wäre möglicherweise kein grosser Widerstand zu erwarten gewesen und die Eroberung ein leichtes.
Warum nicht also den zweiten goldenen Apfel pflücken?
 
Bayezid II. war ein ganz anderer Typ als sein Vater. Psychologisch wohl durchaus zu verstehen. Er war mehr mit der Konsolidierung des vergrößerten Reiches, als mit dessen Expansion beschäftigt. Sein Handeln war z.T. auch von Cem's Flucht ins Exil geprägt. Cem wurde sogar als Fürst, nach mehreren Zwischenstationen, in der Nähe von Neapel vom Papst bestätigt und ansässig. Er hing wie ein Damoklesschwert über Bayezid, der auf keinen Fall noch mal eine Art Interregnum wollte.
Bayezid hatte als größere Gebietserweiterungen "nur" Kilia und Akkerman vorzuweisen, aber seine Bedeutung kommt erst zum Ausdruck, wenn man bedenkt, dass durch seine Konsolidierung erst die gewaltigen Eroberungen seines Sohnes Selim möglich waren.
 
Das ist wirklich eine interessante Frage, Seldschuk! Warum stießen die Türken nicht von Süditalien nach Rom vor, wo sie doch schon 1480 mit der Belagerung Otrantos begonnen hatten? Weniger bekannt ist vielleicht, dass Mehmeds II. Pläne zur Eroberung Italiens ihn dazu veranlassten, italienische Künstler und Humanisten an seinen Hof zu ziehen und sich von Bellini porträtieren zu lassen. Man kann nur vermuten, warum sein Nachfolger Bayezid II. dieses Vorhaben nicht weiter verfolgte

lynxxx hat oben schon darauf hingewiesen, dass Bayezid II. die von seinem Vater Mehmed II. eroberte riesige Ländermasse zunächst konsolidieren musste, was vermutlich alle Kräfte in Anspruch nahm. Ein Marsch auf Rom hätte zudem nicht nur ein großes Heer erfordert, sondern auch eine gewaltige Flotte, die in der Lage sein musste, Truppen, Ausrüstung, Verpflegung, Geschütze und Mauerbrecher zu transportieren. Möglicherweise hatte das Osmanische Reich um 1480 noch nicht die Mittel, eine derart gewaltige Flottenexpedition zu entsenden, wie das später ja bei Kreta und Zypern gelang.

In Süditalien hätten die Türken wohl leichtes Spiel gehabt, da es Ende des 15. Jh. zwischen den französischen Anjou und dem Kgr. Aragon umkämpft war. Doch hätten die Flotten Aragons und Venedigs die Ausschiffung des türkischen Heers über die Straße von Otranto vermutlich empfindlich gestört oder gar verhindert.

Etwas anderes kommt hinzu. Bayezid II. musste sich nach seiner Thronerhebung zunächst gegen seinen tatkräftigen Halbbruder Gem verteidigen und verfolgte daher bis zu dessen Tod im Exil in Neapel 1495 eine defensive Politik gegenüber dem Westen. Erst nach dessen Tod griff er Venedig an und entriss ihm seine Stützpunkte Lepanto (1499), Modon, Koron, Navarino (1500) und Durazzo (1501). Die Friedensjahre nutzte Bayezid II. zum Aufbau der Artillerie und einer schlagkräftigen Flotte, zudem zur wirtschaftlichen Gesundung des Osmanenreichs.

Danach tauchte im Osten mit dem schiitischen Safawidenreich jedoch eine neue Gefahr auf. Unterdrückte und Unzufriedene schlossen sich der schiitischen Bewegung an, die 1511 zu einem bedrohliche Aufstand anschwoll, dem der sieche und energielose Bayezid nicht gewachsen war, sodass sein Sohn Selim 1512 seine Abdankung erzwang.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sowohl die außen- als auch die innenpolitische Situation nach dem Tod Mehmeds II. eventuelle Angriffspläne auf Rom zunichte machte. Ferner ist unsicher, ob eine Flottenexpedition dieser Größenordnung um 1470 schon durchführbar war. Auch scheute wohl der bedächtige und friedensliebende Bayezid II. eine derart riskante Offensive, die zudem gerade eroberte Gebiete auf dem Balkan sowie die Ostgrenze des Reichs gefährdet hätte.

Wer weiß jedoch, was geschehen wäre, wenn auf Mehmed II. ein weiterer Sultan mit dessen militärischen und politischen Fähigkeiten gefolgt wäre? Vielleicht hätte dann der Papst tatsächlich ins Exil nach Norden gehen müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Dieter,

etliches deines Posts habe ich doch schon oben geschrieben?

Das mit der Flotte, dass sie nicht ausreichen würde halte ich für gewagt.
1. Der Brückenkopf Otranto war schon erobert, also war die erste schwierigste Logistik erfolgreich mit Schiffen bewerkstelligt worden.
2. Mehmet hatte schon eine Flotte, nicht vergleichbar mit der des Sultan Süleyman z.B., aber doch schon stark genug, um gegen die mächtige venezianische Flotte zu siegen (bei Morea, etc.)


Wäre er nicht gestorben, wäre Italien gefallen.


Ciao.

EDIT: Achja, noch was: vielleicht wäre der Papst gar nicht ins Exil gegangen, sondern wie der Patriarch von Konstantinopel auch weiterhin der Hirte der "Katholiken" geblieben?
 
Ich denke auch eher, dass es der "friedliebenden" Natur Bayezids I zuzuschreiben ist, das dieser die Weiterverfolgung des Ziels der Eroberung Unteritaliens nicht fortsetzte. Cem hätte ihm, so denke ich, nicht gefährlich werden können. Ein möglicher Thronanwärter hätte mit Truppen, sich dem amtierenden Sultan entgegenstellen müssen und woher sollten diese kommen, bzw. wer hätte Cem militärisch unterstützen können, so dass dieser Bayezid hätte gefährlich werden können?

Auch der erstarkte persische Staat, hätte den Osmanen nicht gefährlich werden können, standen diese doch auf einem höher entwickeltem Niveau.
 
Vjelleicht war die Überlegung aber auch einfach die, daß die Eroberung Otrantos bereits erhebliche Kräfte gebunden hatte und eine weitere Expansion möglicherweise einen geeinten italienischen und ggf. sogar europäischen Widerstand hätte zur Folge haben können.Und gegen eine vereinigte venezianisch-genuesisch-pisanische und amalfinische Flotte,möglicherweise unter Beteiligung von Franzosen und Katalanen hätte die türkische Flotte erhebliche Probleme gehabt.Und damit wäre der Nachschub für ein türkisches Heer in Italien gefährdet gewesen.Man hätte also für einen zweifelhaften ,unsicheren Erfolg ggf.die Flotte und ein relativ großes Heer auf´`s Spiel gesetzt.
 
Vjelleicht war die Überlegung aber auch einfach die, daß die Eroberung Otrantos bereits erhebliche Kräfte gebunden hatte und eine weitere Expansion möglicherweise einen geeinten italienischen und ggf. sogar europäischen Widerstand hätte zur Folge haben können.

Schwierig zu sagen, da das Königreich Neapel, zu dem Otranto gehörte, unter der Herrschaft der Spanier stand, welche sich gerade anschickten, dass letzte islamische Reich auf der iberischen Halbinsel auszulöschen, denke ich, wären die Truppen in mehreren Fronten zersplittert gewesen.
Zudem nährt die Tatsache, dass die Vorräte in Otranto, nach dessen Eroberung, drei Jahre ausgereicht hätten, die Annahme, dass ein ernstzunehmender Eroberungszug in Unteritalien kurz bevor stand.
 
Ich glaube, man darf die europäische Fähigkeit zur Verteidigung nicht unterschätzen. Der Eroberung einer eher unwichtigen Stadt wie Otranto mag man noch tatenlos zugesehen haben, aber einer Belagerung Roms wohl kaum. Europa war damals noch im katholischen Glauben geeint. Ein islamischer Angriff auf Rom hätte mMn interne Probleme überdeckt und die europäischen Mächte zu einem gemeinsamen Vorgehen befähigt, zumal Rom quasi neutral war und zu keinem der größen Machtblöcke gehörte.

Weiterhin sollte man bedenken, dass es den Osmanen auch nicht gelungen ist den "goldenen Apfel" Wien zu pflücken - und dazu musste nicht einmal die Adria überquert werden.
 
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