Das politische System der USA

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ursi

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Die Vereinigten Staaten sind eine präsidiale Bundesrepublik mit einer bundesstaatlichen Verfassung. Diese Verfassung wurde 1787 von einem Konvent entworfen, im Juni 1788 wurde sie mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der dreizehn ehemaligen britischen Kolonien ratifiziert und 1789 trat sie in Kraft. Das letzte Mal wurde sie 1992 geändert. Nachdem die erste Verfassung die Articles of Confederation, eine Art Staatenbund, sich als ungeeignet erwies, setzen die Gründerstaaten einen Konvent ein der den Konföderationsartikel überarbeiten sollte. Die Verfassungsväter arbeiteten eine vollständig neue Verfassung aus, da sie zum Schluss kamen, dass dies das Sinnvollste sei. In die neue amerikanische Verfassung floss das Gedankengut der Humanisten John Locke und Charles Montesquieu ein. In New York erschienen während der Debatte zur neuen Verfassung 85 Zeitungsartikel, die den Entwurf der Bundesverfassung kommentierten und seine Ratifizierung einforderten. Dabei handelte es sich um die Federalist Papers.
Der Konvent sah in der Legislative einen Kongress mit zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat, vor. Die Exekutivgewalt sollte einem gewählten Präsidenten übertragen werden. Um die Verfassung zu ändern, benötigt der Kongress eine Zweidrittelmehrheit beider Kammern, oder ein extra einberufberufener Nationalkonvent beschliesst unter Zustimmung einer Dreiviertelmehrheit in den Parlamenten der Bundesstaaten die Änderung. Seit der Ursprünglichen Verfassung wurden 27 weitere Verfassungssätze aufgenommen. Darunter die ersten Zehn Verfassungssätze der Bill of Right von 1791, die Abschaffung der Sklaverei und das Wahlrecht der Bürger ab 18 Jahren.

Der Kongress/die Legislative

Der Kongress der USA setzt sich heute aus 435 Mitgliedern des Repräsentantenhauses und 100 Mitgliedern des Senats zusammen. Die Abgeordneten des Repräsentantenhauses werden alle zwei Jahre durch das Volk gewählt. Nach der Verfassung sendet jeder Bundesstaat mindestens einen Vertreter in das Repräsentantenhaus, die übrigen werden anteilmässig auf die Staaten verteilt. Die Verhältniszahlen werden durch den Kongress festgelegt, und als Grundlage der Verteilung dient die Volkszählung, die alle zehn Jahre durchgeführt wird. Bei den Wahlen 1994 entfiel auf 570 000 Einwohner ein Abgeordneter. Der Vorsitzende des Hauses heisst Sprecher und steht nach dem Vizepräsidenten an zweiter Stelle in der Nachfolgeordnung der Präsidentschaft. Der Sprecher wird von einer Fraktionsversammlung der Mitglieder der Mehrheitspartei nominiert und vom Haus gewählt.
Im Senat haben je zwei Senatoren aus jedem Bundesstaat einen Sitz. Sie werden für eine Amtsdauer von sechs Jahren gewählt, alle zwei Jahre werden 1/3 der Senatoren neu gewählt. Ursprünglich wurden die Senatoren durch die Legislativen der Bundesstaaten gewählt. Seit 1913, als der 17. Verfassungssatz in Kraft trat, werden sie vom Volk gewählt.
Der Vizepräsident ist der Vorsitzende des Senats. Er darf nur mitbestimmen, wenn der Senat durch Stimmgleichheit blockiert ist.

Beide Kammern sind im Gesetzgebungsverfahren gleichberechtigt. Jeder Senator oder Abgeordnete kann Vorlagen in die betreffende Kammer einbringen. Beide müssen die Vorlagen mit gleichem Wortlaut verabschieden, bevor sie dem Präsidenten vorgelegt werden. Wird die Vorlage verschieden verabschiedet, kommt ein Vermittlungsverfahren in gang. Ein Fachausschuss wird aus beiden Kammern gebildet. Wenn dann immer noch keine Einigung zu Stande kommt, ist die Vorlage gescheitert.

Der Kongress ist ein Arbeitsparlament. Es bestehen im Repräsentantenhaus 21 und im Senat 17 Fachausschüsse, dann kommen noch ca. 200 Unterhausschüsse und drei Gemeinsame Ausschüsse beider Kammern dazu. Jede Gesetzesvorlage muss zuerst von einem Fachausschuss bearbeitet werden. Wenn der Fachausschuss oder ein Unterausschuss findet, diese Vorlage muss nicht weiter bearbeitet werden, wird sie fallen gelassen.

Die Abgeordneten und Senatoren müssen ihre Wahlkreise pflegen. Da sie durch das Prinzip der relativen Mehrheitswahl gewählt werden, ist es für sie wichtig, gründliche Kenntnisse und Einschätzungen gesellschaftlicher Interessen ihres Wahlkreises zu haben, sonst könnten sie ihr Mandat verlieren. Um all ihren Verpflichtungen nachzukommen, haben alle Parlamentarier einen grossen Mitarbeiterstab um sich, der ihnen bei der Arbeit hilft.

Der Präsident/die Exekutive

Der Artikel II der Verfassung regelt die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten für eine vierjährige Amtsdauer mittels Stimmenmehrheit des Wahlmännerkollegiums. Der 22. Verfassungssatz von 1951 begrenzt die Dauer auf zwei Amtszeiten. Der Präsident ist Regierungschef und Staatsoberhaupt und darf kein anders politisches Amt innehaben. Er ist Vorsitzender seiner Partei und Oberbefehlshaber der Armee. Nach dem Gesetz arbeitet er einen Haushalts- und Wirtschaftbericht aus, die er jährlich im Kongress einbringt. Jedes Gesetz das vom Kongress verabschiedet wird, benötigt die Zustimmung des Präsidenten. Widerspricht der Präsident schriftlich dem Gesetzesbeschluss, kann der Beschluss nicht in Kraft gesetzt werden. Dieses Veto kann mit einer Zweidrittelmehrheit beider Häuser ausser Kraft gesetzt werden.
Für sein Handeln ist der Präsident dem Kongress nicht verantwortlich. Wenn er aber eine Straftat begeht oder sein Amt missbraucht, kann gegen ihn ein Impeachment -Verfahren eingeleitet werden. Dies geschieht, wenn die Mehrheit im Repräsentantenhaus Anklage erhebt über die der Senat unter Vorsitz des Obersten Bundesrichters mit Zweidrittelmehrheit entscheidet. Wenn der Präsident schuldig gesprochen wird, hat es seine Amtsentfernung zur Folge. Diese Verfahren wurden erst zweimal angestrebt, dass erstemal gegen Andrew Johnson 1867, blieb aber erfolglos, da eine Stimme fehlte. Richard Nixon kam 1974 mit seinem Rücktritt dem Verfahren zuvor. Gegen Präsident Bill Clinton kam im Dez.1998 ein Impeachment in Gang, es scheiterte aber am Senat 1999.

Der Präsident der Vereinigten Staaten ist von einem weit verzweigten Beraternetz umgeben, die ihn in seinen Aufgaben unterstützen. Seine Berater im Weissen Haus unterstützen ihn in Sachfragen, bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, überwachen seine Termine und bereiten seine Dienstreisen vor. Die Berater halten die Verbindung zum Kongress.
Das Wahlverfahren des Präsidenten ist kompliziert. Er wird von einer Delegiertenversammlung, dem Wahlmännerkollegium gewählt. Diese bestehen aus 538 Delegierten der 50 Staaten der Union und aus drei Delegierten der Bundeshauptstadt. Dies ist ein Novum. Der Konvent, der die Verfassung ausfertigte, wollte den Präsidenten vom Volk wählen lassen, wollte aber verhindern, dass ein Präsident zu einem Volkstribun wird. Die Bürger wählen nun die Wahlmänner, die als Filter zwischen den Kandidaten und dem Volk stehen. Mit dem aufkommen der Demokratie und den politischen Parteien wurden die Wahlmänner gesetzlich verpflichtet, ihre Stimmen für denjenigen Kandidaten abzugeben, auf den die Mehrheit der Wählerstimmen ihres Staates entfallen.

Der Vizepräsident

Der Vizepräsident nimmt eine Ausnahmestellung im politischen System Amerikas ein. Er wird vom Wahlmännerkollegium nach dem gleichen Verfahren wie der Präsident gewählt und wird mit der Wahl Präsident des Senats. Der Präsidentschaftskandidat schlägt am Parteitag den Kandidaten vor, der das Amt des Vizepräsidenten einnehmen soll. Der Vizepräsident ist der potentielle Nachfolger des Präsidenten für den Fall seiner Amtunfähigkeit und steht in seinem Schatten. Der Vizepräsident gehört als Nachfolger der Exekutive und als Präsident des Senats der Legislative an und kann Aufgrund seines Amtes und Stellung im Senat Einfluss nehmen.
Judikative

Artikel III der Verfassung regelt das System der Bundesgerichte. Die Judikative umfasst den Obersten Gerichtshof der USA und zwölf Berufungsgereichte, 94 Distriktgerichte und Gerichte mit besonderer Zuständigkeit, wie das Steuerrecht oder das Berufungsgericht für Veteranen.


Der Oberster Gerichtshof überwacht die verfassungsmässigen Rechte der Bürger und der Bundesstaaten. Er überwacht alle Handlungen des Präsidenten und des Kongresses. Die neuen Richter sind befugt, über Fragen, welche die Verfassung betreffen, mitzubestimmen, und sie dürfen Gesetze des Kongresses zurückweisen.
Die Mitglieder des obersten Gerichtshofs werden vom amerikanischen Präsidenten ernannt und müssen mit einer Zweidrittelmehrheit des Senats bestätigt werden.
Der Oberste Gerichtshof hat im laufe der Zeit verschiedene Rechtsziele verfolgt.
In jüngster Vergangenheit widmete sich der Gerichtshof dem Schutz der individuellen Freiheitsrechte und der Durchsetzung des Gleichheitsprinzips. Er schränkte die Befugnisse der Polizei, sowohl auf Bundes- wie auf Einzelstaatsebene, ein. Neben dem Verfassungsgericht ist der Oberste Gerichtshof noch das Oberste Berufungsgericht der USA.


Bundesstaaten

Die Vereinigten Staaten bestehen heute aus 50 Einzelstaaten. Die letzten Staaten, die Unionsmitglieder wurden waren Alaska und Hawaii. Jeder der 50 Staaten hat eine eigene Verfassung, und alle bekennen sich zu der Volkssouveränität und den Bürger- und Menschenrechten. An der Spitze der Staaten steht ein Gouverneur. Die Befugnisse des Gouverneurs entsprechen in kleinerem Massstab denjenigen des Präsidenten. Er vertritt die Interessen des Staates vor dem Bund, vollzieht Gesetze, steht der Nationalgarde als Oberbefehlshaber vor und hat gegenüber dem Parlament ein Vetorecht. Die Gouverneure, Kabinettsmitglieder und Spitzenbeamten werden vom Volk direkt gewählt. Die Amtszeit der Gouverneure beträgt, je nach Verfassung der Einzelstaaten, zwei bis vier Jahre.
Parteien sind auf der einzelstaatlichen Ebene straffer organisiert und haben eine grössere Mitsprache als auf der nationalen Ebene.
Ausser in Nebraska sind die Legislativen in Zweikammersystem organisiert. Auch hier haben sie ein Repräsentantenhaus und einen Senat. Das Mandat der Abgeordneten ist in der Regel auf zwei Jahre beschränkt. Bei der Amtsdauer der Senatoren liegt die Grenze bei zwölf Staaten bei zwei und bei den restlichen 38 bei vier Jahren.


Die Parteien

In den Vereinigten Staaten gibt es heute zwei landesweit bedeutende Parteien, die Demokratische Partei und die Republikanische Partei. Beide kann man nicht mit den Parteien in Europa vergleichen. Sie sind nicht dauerhaft Organisiert und kennen keine Programme. Die Struktur der Parteien ist föderalistisch.

Der Ursprung der Demokratischen Partei geht auf die von Thomas Jefferson 1793 gegründete Gruppierung der Demokratischen Republikaner zurück. Unter dem Präsidenten Andrew Jackson (1829 – 1837) setzte sich dann der Parteiname Demokraten durch. Die Partei hat den Ruf, sich für die Rechte der wirtschaftlich Schwachen und der rassisch Diskriminierten einzusetzen. In jüngster Zeit teilten sich die Demokraten in zwei Hauptrichtungen - Die der nördlichen Staaten, die auf dem alten Ruf aufbauen, und die der südlichen Staaten mit einer konservativen Haltung gegenüber den finanzpolitischen und wirtschaftlichen Eingriffen und der
Minderheitspolitik.

Die Republikanische Partei wurde 1854 gegründet und die Abschaffung der Sklaverei spielte bei der Gründung eine wichtige Rolle. Abraham Lincoln wurde zur Identifikationsfigur der Partei. Sie trat als Gegenspieler der Demokraten auf und übernahm das Erbe der Föderalistischen Partei und der Whig-Partei.
Die Republikaner sind in Wirtschaftsfragen weniger geteilt als die Demokraten und befürworten einen Abbau der Sozialleistungen zur Entlastung des Haushaltes und zur Dämpfung der Inflation. In den Fragen der Abtreibung und Bürgerrechten hingegen zeigen sich die Republikaner ebenfalls uneinig.


Die USA halten den Staat so klein wie möglich. Auf der politischen Ebene wird die Demokratie gross geschrieben, und auf der gesellschaftlichen ist der Markt der wichtigste Bestandteil. Das präsidiale Regierungssystem ist für eine Gesellschaft geeignet, die keinen Wert darauf legt, sich gross zu verändern. Die Schweiz ist der einzige Staat, dem es gelang, dieses Regierungssystem auszubauen. Parteien haben einen grösseren Einfluss als in den USA, und es gibt keinen Präsidenten, sondern einen Bundesrat mit sieben Mitgliedern. Lateinamerika versuchte das, amerikanische Vorbild zu kopieren, aber die ehemaligen Kolonien waren Bestandteile absolutistischer und bürokratischer Staatsgebilde. Die Eigenverantwortung der Gesellschaft und des Marktes waren zu schwach ausgebildet, um dieses Regierungssystem zu unterstützen. In den Lateinamerikanischen Staaten wird die USA gerne als Vorbild der Demokratie genommen. Meistens isst es aber nur das Abbild eines übermächtigen Präsidenten.

Text und Grafik by ursi
 

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