Delbrück widerlegt?

Vielleicht sollten wir an diese Sache methodisch herangehen und Vergleiche mit anderen Büchern heranziehen, denn googlen hat nichts ergeben.

Meine letzte Lektüre war "Die napoleonischen Kriege" von Joachim Hack, das Grundverständnis der Entscheidungsschlacht und der Taktik allgemein gleicht sich mit Delbrück, ebenfalls die Problematiken der Volksarmeen dieser Zeit (Desertation, Verpflegung) - keine großen Verbesserungen zu Delbrück erkennbar, die Heereszahlen habe ich allerdings noch nicht verglichen, sie sollten sich auch im gleichen Rahmen halten, da sehr viele Quellen vorhanden sind, die aussagekräftig sind.

Ich hoffe jemand kann etwas über ältere Epochen liefern.
 
Den Teil Das Mittelalter hatten wir ja erst kürzlich in der Diskussion http://www.geschichtsforum.de/f48/ritter-berspezialisiert-29007/ u.a. beleuchtet.

Siehe dazu bspw. folgende Beiträge:
http://www.geschichtsforum.de/439546-post50.html
http://www.geschichtsforum.de/439599-post61.html
http://www.geschichtsforum.de/439610-post62.html
http://www.geschichtsforum.de/439760-post68.html

Was die Analysen von Einzelschlachten angeht - insbesondere wer bzw. welcher Truppen-/Waffentyp wann woran welchen Anteil hatte -, so kommt man mE selbst heute nicht an Hans Delbrück vorbei. Seine dabei getroffenen Klassifizierungen u. dgl. sind jedoch inzwischen in der Tat überholt.

Zweifellos - also jenseits der genannten Punkte - muß man Delbrück aber eins unbedingt zugestehen: die sachlich-realistische Abschätzung bzw. Rekonstruktion von Zahlenstärken beteiligter Heere/Armeen, welche in antiken und mittelalterlichen Quellen zumeist viel zu hoch ausfallen.
 
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Was die Analysen von Einzelschlachten angeht - insbesondere wer bzw. welcher Truppen-/Waffentyp wann woran welchen Anteil hatte -, so kommt man mE selbst heute nicht an Hans Delbrück vorbei.
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Seine dabei getroffenen Klassifizierungen u. dgl. sind jedoch inzwischen in der Tat überholt.
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Das sehe ich auch so. Delbrück schaute besonders genau hin und durchleuchtete die Verläufe der Schlachten nach den wahrscheinlich in der Tat eingesetzten Truppen. Dieser Gedankengang überhaupt war damals etwas revolutionär.

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Ich würde es so formulieren: er neigte gern zu Übertreibungen. So wurde eben das Fußvolk und dessen Rolle in den Kriegen bis zu den Schweizerkriegen etwas negiert, was natürlich immer wieder Widerspruch erwecken muss. Dennoch tat er damit direkt nichts Falsches, auch wenn seine Gewichtung bestimmte Ausnahmen übersah und er damit zu sehr generalisierte.
 
Ich glaube aber, das ist mittlerweile auch so in Deutschland. Hat mir eine Geschichtsstudentin gesagt. Im Rahmen des Bachelors hat sie auch das Überblickswissen am Anfang des Studiums zu lernen gehabt.

Das ist durchaus richtig, in Grundkursen wird v.a. Wissen über vermittelt, während in Proseminaren die Arbeitstechnik im Vordergrund steht. Militärhistorik ist da aber so ein Exotending, dass es mWn nicht mals oberflächlich angeschnitten wird, zumindest nicht in den Kursen, die man belegen muss; ist auch durchaus richtig so.
 
...Militärhistorik ist da aber so ein Exotending, dass es mWn nicht mals oberflächlich angeschnitten wird, zumindest nicht in den Kursen, die man belegen muss; ist auch durchaus richtig so.

Völlig richtig. Und wenn, dann sind die Fragen in strukturelle Untersuchungen oder politisch-wirtschaftliche Problemstellungen eingebettet.

Es anderes sind Ausbildungsvorgänge für den Generalstab, und hier die Militärgeschichte. Diese beschäftigen sich auch detailliert mit dem militärischen Handeln bzw. den Ereignissen. Ein kleines Beispiel, von dem ich mal gelesen habe: Während des Kalten Krieges spielte die Frage der Abwehr von großen Panzerverbänden eine gewisse Rolle. Dabei griff man auch auf historische Fälle zurück. In einigen NATO-Staaten standen die Schlacht von Targul Frumos (bewegliche Abwehr) und die Normandie auf Divisionsebene (Führung der Panzerverbände - speziell in Kanada bezog man sich mW auf die deutschen Panzerdivisionen) auf dem Lehrplan -für das Geschichtsstudium dürfte so etwas völlig uninteressant sein.

Der Hinweis sollte nur dazu dienen aufzuzeigen, das Militärgeschichte eben außerhalb der Geschichtswissenschaft eine gewisse Beachtung erfährt.
 
Da trügt Dich deine Erinnerung. Der Mittelalterband beginnt mit Karl dem Großen, Völkerwanderung wird in Band II - Die Germanen abgehandelt. Was mich leicht erstaunt, dass er mit ihnen einen ganzen Band voll bekommt, während der Vorgänger noch Griechen und Römer fassen muss und keine 200 Seiten (700 statt 550) länger ist.

Danke für die Klarstellung. Dieser Band ist - abgesehen von den Aussagen über das römische Militär - auch mit Abstand der Schwächste! Beim römischen Militär hatte ich sogar den Eindruck, dass er ein bisschen ins Schwärmen gekommen ist...

Es macht immer wieder Spaß eine Reihe von Beiträgen zu finden, welche weitere Blickwinkel auf das "erweiterte" Thema erlauben. ty

Völlig richtig. Und wenn, dann sind die Fragen in strukturelle Untersuchungen oder politisch-wirtschaftliche Problemstellungen eingebettet.

@Delbrücks Erbe:
Ich denke es ist schwierig Delbrücks Werk zu aktualisieren und auf neuen Stand zu bringen. Die "Sahnehäubchen" hat Delbrück selbst bereits gezaubert, mühevolle (Klein)Korrektur ist nicht jedermanns Sache. Dazu kommt die ganze Anlage des Werkes: Delbrück hat ein Mammutwerk vollbracht, dass sehr viel Fleiß und ein festes Leitbild erfordern um es zu bewältigen. Leitbild Delbrücks ist die Sichtweise von Clausewitz auf das Wesen des Krieges. Gerade die aktuellen Entwicklungen in der Welt zeigen aber, dass Kriege in der Art der Philosophie von Clausewitz eher auf dem Rückzug sind. Die agonalen Kriege und Auseinandersetzungen haben eine grausige Renaissance erlebt. Das Wesen des Krieges weiterhin überwiegend/ausschließlich über die Clausewitzsche Achse erklären und beleuchten zu wollen, wäre wohl eher ein Rückschritt. Andererseits kann diese Art der Kriegführung schlecht als Ergänzung in das Werk einfließen ohne es grundlegend zu verwässern. Delbrücks Werk lebt von den scharfen Schlussfolgerungen dieser politisch-militärischen Erklärungsphilosophie. So gerne auch ich eine entsprechende Aktualisierung begrüßen würde.
 
Was wird heute eigentlich in einem Geschichtsstudium über die Kriegskunst gelehrt? Wird das überhaupt behandelt? So müsste doch herauszufinden sein, was als widerlegt gillt.

Das ist durchaus richtig, in Grundkursen wird v.a. Wissen über vermittelt, während in Proseminaren die Arbeitstechnik im Vordergrund steht. Militärhistorik ist da aber so ein Exotending, dass es mWn nicht mals oberflächlich angeschnitten wird, zumindest nicht in den Kursen, die man belegen muss; ist auch durchaus richtig so.
Mein modularisiertes Studium läuft ähnlich wie von Reinecke beschrieben. Militärgeschichte wurde kurz angeschnitten, als der PD (Reserveoffizier) für alte Geschichte über Alexander und Hannibal sprach und Schlachten von ihnen skizzierte. Überdies gibt es in Seminaren vereinzelt Sitzungen zur militärischen Seite (Marius, wenn es um den Untergang der Republik geht; stehende Heere, im Kontext der Staatsbildung in der Frühen Neuzeit) oder im Hauptstudium/Aufbaumodulen werden Vorlesungen hierzu angeboten (z.B. Kriege im 19. und 20. Jhd.) aber explizit dürfte Militärgeschichte nur selten gefordert werden (was aber quasi auch auf politische oder Sozialgeschichte zutrifft, da eine Studienordnung versucht Epochen abzudecken und die Themenwahl mehr oder weniger dem Studenten überlassen ist)
 
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