Demokratie und Kommunismus [un]vereinbar?

den ziehe ich mir nicht an.
wenn dir das lästig ist, dann helfe ich dir dabei, binde dir metaphorisch die Schnürsenkel mittels eines amüsanten Reigens:
Vorab: Es geht hier nicht um einen Umbau der Gesellschaft oder sonstige politische Projekt oder Prämissen der Mitglieder, sondern um die Frage, ob Kommunismus und Demokratie miteinander vereinbar sind, oder eben nicht. Hochjubeln oder Schmähen von Kommunismus wird gelöscht. Ich bitte um eine scharfe, aber sachbezogene Debatte.
So, das Thema lautet Demokratie und Kommunismus [un]vereinbar? Können wir uns bitte daran halten!?
Engels hat die Idee eines Urkommunismus entwickelt, die in Teilen bestechend ist, der aber vorgehalten wird, dass sie etwas eurozentrisch ist. De facto wissen wir zu wenig über diese frühen Gesellschaften.
Es geht um die Frage, ob Kommunismus - nicht Sozialismus, nicht das, was in den vergangenen 105 Jahren unter dem Lemma Kommunismus in die Wirklichkeit umgesetzt wurde, sondern das, was Marx und Engels sich als Kommunismus vorstellten - mit Demokratie vereinbar ist oder eben nicht.
Nun wurde angemerkt, dass Demokratie ja nicht definiert sei. Demokratie ist Mehrheitsentscheidung bei Berücksichtigung der Minderheiten und ihrer Rechte.
Hier muss ich nachfragen, weil ich es wirklich nicht weiß (und das ist auch keine polemisch Fangfrage) : gab es mit exakt diesen ausformulierten Nuancen im 19. Jh. diesen Demokratiebegriff?

Wenn nicht, dann wird die Fragestellung schief bzw. unhistorisch (denn Autoren des 19. Jhs. können nicht an einem ihnen unbekannten Kenntnisstand gemessen werden)

Wenn ja, wüsste ich gerne, wo und von wem das so formuliert wurde. Allerdings sehe ich die Publikationen von Marx und Engels eher im Kontext der revolutionären bis anarchistischen "Schreibtischtheorien", also in Bezug auf und in Kontroverse mit Büchner, Herwegh, Proudhon, Herzen, Bakunin.
(statt einer Antwort kam ein abschweifen, wohl wegen des Engels´schen "Urkommunismus", der aber weder mit heutiger Archäologie noch mit Verhaltensforschung zu tun hat)
Obwohl wir durchaus in der Sache recht nah beieinander sind, möchte ich doch deine Begründungen (Verhalten von Primaten, Sprache) zurückweisen. Die Verhaltensweisen in der Welt der Primaten reichen von Kooperation bis hin zu sadistischem Verhalten.
(und dann)
Es war eine Mischung aus Ideologie (basierend auf Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, Käte Duncker) und schlichter ökonomischer Notwendigkeit, die dazu führte, dass die Gleichberechtigung der Frau in den Ostblockstaaten im Arbeitsleben allgemein früher nicht nur de jure, sondern auch de facto anerkannt war. Im Bereich der Care-Arbeit blieb das Gros auch in der DDR an den Frauen hängen.
conclusio:
...Neandertaler, Frauenrechte, DDR - schon verblüffend

;):p:D
 
Zum auch in der zitierten präzisierten Form vorliegenden Thema: mir scheint, da soll der heutige hiesige Demokratiebegriff auf biegen und brechen mit theoretisch-sozialutopischen Ideen des 19. Jhs. konfrontiert werden, und das halte ich für keine ordentliche historische Fragestellung.
Ich halte das schon für eine ordentliche Fragestellung, denn Ideen können theoretisch-sozialutopischen nur erscheinen, wenn sie zu Unzeit publiziert werden: Wenn jemand im Mittelalter eine Idee über die Demokratie in unserem heutigen Sinn publizierte, würden ihn Zeitgenossen auch für einen Utopisten halten, der nicht ganz beim Trost ist.

Aber Marx und Engels haben eine profunde Analyse der damaligen Zustände geliefert und aus ihr heraus im Kommunistischen Manifest eine mögliche Lösung präsentiert. Sie konnten nicht wissen, was ihre Apologeten daraus machen würden.

Doch die italienische PCI unter Berlinguer z.B., die ja nicht so abgehoben agierte wie ihre Brüder im Osten Europas, war wählbar geworden in einem zutiefst christlichen Land: Man muss dabei bedenken, dass der damalige Papst Pius XII. den Gläubigen drohte, sie zu exkommunizieren, sollte sie in die kommunistische Partei eintreten.

PCI bot die Stirn den Betonköpfen im Kreml, bejahte Pluralismus und individuelle Menschenrechte. Deswegen war es möglich, sich mit den konservativen Kräften zu verständigen, was aber die radikalen Linken mit Ermordung Aldo Moros verhinderten. Und natürlich wollten auch die radikalen Rechten diese Annährung nicht und verübten Anschläge, die in der Regel, unterstützt durch den Geheimdienst, den roten Brigaden in die Schuhe geschoben wurden.

Auf den ersten Blick erscheint Kommunismus ob seiner Maximalforderungen als nicht wählbar, aber es gibt auch einen gemäßigten Kommunismus, der weniger links steht und deswegen für Demokraten wählbar ist.
 
Ich halte das schon für eine ordentliche Fragestellung, denn Ideen können theoretisch-sozialutopischen nur erscheinen, wenn sie zu Unzeit publiziert werden: Wenn jemand im Mittelalter eine Idee über die Demokratie in unserem heutigen Sinn publizierte, würden ihn Zeitgenossen auch für einen Utopisten halten, der nicht ganz beim Trost ist.
das ist nicht korrekt: Utopien wie auch Antiutopien pfleg(t)en nicht zur Unzeit zu erscheinen, egal ob es sich um philosophische oder literarische handelt. (wie wollte man begründen, dass Zamjatins wir, Orwells 1984 oder Wells time machine zur Unzeit erschienen seien?)
(1) Aber Marx und Engels haben eine profunde Analyse der damaligen Zustände geliefert und aus ihr heraus im Kommunistischen Manifest eine mögliche Lösung präsentiert. (2) Sie konnten nicht wissen, was ihre Apologeten daraus machen würden.
(1) Da stimme ich dir überwiegend zu. Wobei die "mögliche Lösung" nichts anderes als eine Sozialutopie ist.
(2) sehr richtig --- aber warum schreibst du dann so viel über das, was du als Apologeten bezeichnest und wovon hier explizit nicht die Rede sein soll?
 
Wobei die "mögliche Lösung" nichts anderes als eine Sozialutopie ist.
Eine Idee erscheint nur so lange utopisch, bis sie realisiert wird; das kann Jahrhunderte dauern. Die Idee des Kommunismus utopisch zu nennen, erscheint momentan logisch, aber vielleicht werden wir, du und ich, eines Tages eines Besseren belehrt.

aber warum schreibst du dann so viel über das, was du als Apologeten bezeichnest und wovon hier explizit nicht die Rede sein soll?
Weil die Tatsache, etwas mit untauglichen Mitteln realisieren zu wollen und damit gescheitert zu haben, nichts darüber aussagt, ob dieses Etwas in Zukunft gelingen wird.
 
Eine Idee erscheint nur so lange utopisch, bis sie realisiert wird
...na, dann warten wir geduldig, bis uns die Morlocks fressen oder Scotty uns kurz davor hochbeamt...

aber warum schreibst du dann so viel über das, was du als Apologeten bezeichnest und wovon hier explizit nicht die Rede sein soll?
Weil die Tatsache, etwas mit untauglichen Mitteln realisieren zu wollen und damit gescheitert zu haben, nichts darüber aussagt, ob dieses Etwas in Zukunft gelingen wird.
mit Verlaub: dieses schon an der Grammatik scheiternde Geschwurbel soll eine Antwort, gar eine Begründung für das abweichen vom Thema sein???
...beam me up, Scotty...
 
...na, dann warten wir geduldig, bis uns die Morlocks fressen oder Scotty uns kurz davor hochbeamt...
Du gleichst hier jenen, die einst gesagt haben: Menschen werden nie durch die Luft fliegen und zum Mond schon gar nicht.

mit Verlaub: dieses schon an der Grammatik scheiternde Geschwurbel soll eine Antwort, gar eine Begründung für das abweichen vom Thema sein???
...beam me up, Scotty...
Dieses, schon an der Rechtschreibung scheiternde Geschwurbel, soll ein Beitrag zu einer besseren Diskussionskultur sein? Das verdient nicht einmal die Bezeichnung "Freizeitparlando".

Das soll jedoch nicht meine Sorge sein, aber wenn du willst, dass ich noch mit dir diskutiere, musst du einen anderen Ton anschlagen, sonst landest du dort, wo Shinigami bereits ist: Auf meiner Ignorliste.
 
Eine, und sei es auch deine
ändert absolut nichts an mangelnder oder ausbleibender Argumentation: mittlerweile habe dich ich mehrmals angeregt, doch beim Thema zu bleiben, aber das will dir offenbar ebensowenig gelingen wie zu begründen, weshalb du andauernd vom Thema abschweifst.
Deine "Ignorierteste" ändert ebenfalls nichts am missverständlichen bis falschen Gebrauch des Begriffs (Sozial)Utopie. Wie es es Engels mit diesem Begriff hielt, kannst du in einem seiner Texte aus dem Jahr 1880 nachlesen (amüsanterweise wollten Marx & Engels ihre Ansätze zu einer idealen künftigen Gesellschaft (was eine Sozialutopie ist!) nicht als eine solche sehen, sondern wollten das statt als utopisch als wissenschaftlich aufgefasst sehen)
 
(1) Da stimme ich dir überwiegend zu. Wobei die "mögliche Lösung" nichts anderes als eine Sozialutopie ist.

Ich würde da durchaus nicht zustimmen, denn wo findet sich im "Manifest der Kommunistischen Partei" eine in sich irgendwie durchdachte Lösung?
Im Grunde handelt es sich um eine revolutionäre Kampfschrift, geschuldet der Aufgeheizten Stimmung in den späten 1840er Jahren, die viel lärm macht, einige vereinzelte Vorschläge, aber kein durchdachtes System einer anderen Gesellschaftsordnung anbietet (da bleibt es eher nebulös) und ansonsten vor allem der Klärung und Unterstreichung des eigenen Standpunktes diente.

(amüsanterweise wollten Marx & Engels ihre Ansätze zu einer idealen künftigen Gesellschaft (was eine Sozialutopie ist!) nicht als eine solche sehen, sondern wollten das statt als utopisch als wissenschaftlich aufgefasst sehen)

Ist das so amüsant? Wenn man als ihren Ansatz vor allem die materialistische Geschichtsauffassung begreift und die kommunistische Gesellschaft als ihre (theoretische)logische Folge und in Rechnung stellt, dass sie der Meinung waren eine entsprechend deterministische Gesetzmäßigkeit vermittles wissenschaftlicher Methodik (Teile der Geschichtsreflektion von M&E kamen der damaligen Methodik der Geschichtsschreibung ja durchaus recht nahe, einige Einlassungen in ökonomischen Fragen dem Maßstab der klassischen Theorie auch) methodik entdeckt zu haben, finde ich den Anspruch des "wissenschaftlichen Sozialismus" gar nicht so weit hergeholt.
Das Problem ist eben, dass die Geschichte ihre Vermutungen einer materialistisch determinierten Entwicklung als falsch herausgestellt hat, allerdings kann man ihnen durchaus beigeben sich von den bisherigen Utopisten in ihrem Ansatz radikal unterschiden zu haben.

Das soll jedoch nicht meine Sorge sein, aber wenn du willst, dass ich noch mit dir diskutiere, musst du einen anderen Ton anschlagen, sonst landest du dort, wo Shinigami bereits ist: Auf meiner Ignorliste.

Du kannst mir glauben, dass ich es durchaus nicht bedauere auf deiner Ignorliste zu stehen. Allerdings solltest du wirklich mal dein eigenes Benehmen hinterfragen, wenn dazu jetzt gehört anderen deren Meinung dir nicht passt in Aussicht zu stellen, sie nicht mehr zur Kenntnis nehmen zu wollen.
 
(1) Das Problem ist eben, dass die Geschichte ihre Vermutungen einer materialistisch determinierten Entwicklung als falsch herausgestellt hat, (2) allerdings kann man ihnen durchaus beigeben sich von den bisherigen Utopisten in ihrem Ansatz radikal unterschiden zu haben.
(1) da bin ich mir nicht sicher, ob wir - falls wir das diskutieren - dasselbe unter "materialistisch" und "Materialismus" verstehen (ich würde mich auf die Begriffe beziehen, wie sie in Langes "Geschichte des Materialismus" verwendet werden)
(2) hier bin ich nicht so ganz davon überzeugt, dass die nur ansatzweise ausformulierte (eher nur angedeutete) Sozialutopie von Marx/Engels sich als speziell wissenschaftlich auf dem Gebiet der Philosophie von Proudhon u.a. unterscheidet. (das ist jetzt kein Einwand, der breit diskutiert werden müsste) Dass sie nicht als fertiges, in sich geschlossenes System vorliegt, tut ihren Ideen keinen Abbruch: auch die Parodie auf die radikalen anarchistischen Sozialrevolutionäre, Dostojewskis "Schigaliowismus" (bei den "Unsrigen", Dämonen), liegt nicht komplett im Text vor, aber man kann ihn erschließen. Dasselbe gilt übrigens auch - zeitlich viel weiter weg, 1924 geschrieben, 1907-14 spielend - für die katholisch-kommunistische Terrorutopie des Leo Naphta in Manns Zauberberg.
 
(1) da bin ich mir nicht sicher, ob wir - falls wir das diskutieren - dasselbe unter "materialistisch" und "Materialismus" verstehen (ich würde mich auf die Begriffe beziehen, wie sie in Langes "Geschichte des Materialismus" verwendet werden)

Jetzt müsstest du mir kurz umreißen, wie der Begriff bei Lange definiert ist, das Werk ist mir nämlich leider unbekannt.
Ich fasse "Materialismus" vor allem als philosophische Gegenposition zum "Idealismus" auf und im Sinne der Entwicklung menschlicher Gesellschaften als Postulat dahingehend, dass die Änderungen der materiellen Grundlagen die eigentliche Triebfeder von Entwicklung oder wenn man so will Fortschritt sind, weil sie Probleme aufwerfen, die die Menschen zwingen nach Lösungen zu suchen, während während sie im Ramen der Materiellen Realitäten gleichzeitig Tendenzen zur Beantwortung dieser Fragen mitliefern.

(2) hier bin ich nicht so ganz davon überzeugt, dass die nur ansatzweise ausformulierte (eher nur angedeutete) Sozialutopie von Marx/Engels sich als speziell wissenschaftlich auf dem Gebiet der Philosophie von Proudhon u.a. unterscheidet.

Die Sozialutopie selbst nicht. Ich habe den Anspruch des "wissenschaftlichen Sozialismus" aber auch nie als den Versuch verstanden Sozialismus/Kommunismus selbst als Wissenschaft zu verkaufen, sondern dahingehend, dass sich die Begründung dieser Utopie wissenschaftlich ableiten ließe, im Gegensatz zu Vorgängern, die ihre Utopien auf Vorstellungen von in Teilen schwammigen Begriffen wie Moralität oder auf der Naturrechtslehre des 18. Jahrhunderts begründen, die eher eine Frage philosophischer Tradition, als wissenschaftlicher Beweisbarkeit sind.

Im Frühwerk von M&E finden sich diese Traditionen ja auch noch sehr stark wieder, aber spätestens mit dem "Kapital" bzw. dessen ersten Band, stellen sich die Beiden nach meinem Dafürhalten auf eine etwas andere Grundlage, insofern der Kapitalismus und sein postuliertes Scheiten da nicht mehr mit Rechts- und Wertvorstellungen moralistischer Art oder humanistisch/aufklärerischen Fortschrittsbegriffen begründet werden, sondern mit den ökonomischen Wiedersprüchlichkeiten der vorherigen Gesellschaft und den ökonomischen Widersprüchlichkeiten und Fehlannahmen der klassischen Theorie oder was M&E für solche hielten.
Und auch der Geschichtsphilosophische Ansatz, der zur weiteren Begründung an anderer Stelle heerangezogen wurde, stellt ja nicht mehr auf abstrakte Rechte und Sozialnormen ab oder aktive Vervollkommnung des Menschen ab, sondern auf den Versuch aus der Ausarbeitung der Geschichte, so wie sie sie verstanden objektive Gesetzmäßigkeiten und Determinationen abzuleiten.
In diesem Sinne würde ich sagen, dass man den "wissenschaftlichen Sozialismus" eigentlich eher "wissenschaftlich untermauerten Sozialismus" nennen müsste, denn selbstredend blieben M&E Propheten einer Sozialutopie, die sich aber von ihren Vordenkern und Vorgängern in ihrer Begründung (und ich denke, dass es vor allem diese Abgrenzung ist, auf die sie bei ihrem Anspruch besonderen Wert legten) von diesen durchaus sehr stark unterschieden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte dieses Thema noch einmal weiterführen, weil es mich nicht nur auf seiner theoretischen, sondern ganz praktisch auf persönlicher Ebene interessiert.

Allerdings halte ich es für unumgänglich, zuvörderst einige Prämissen zu klären, um dem Thema gerecht zu werden.

Entgegen dem Wunsch des Don, hier unideologisch zu diskutieren, denke ich, daß dies unumgänglich ist. Ideologie ist ja ursprünglich auch nichts Schlechtes, nicht per se der Versuch, anderen Menschen erstarrte Gedanken aufzuzwingen, eine Ideologie ist vielmehr die Summe von Gedanken, Ideen, Überzeugungen, Meinungen und ja - auch Zweifeln oder Unsicherheiten, Unkenntnissen und Fehlern, die sowohl für Menschen als auch für Gemeinschaften Ergebnis zum Teil langer Prozesse ist.

Geschichte ist auch keine Laborwissenschaft, die in einem klinisch reinen Umfeld geschaffen wird. Jeder Historiker ist doch ein Mensch, der sowohl sozialisiert ist als auch aus einer geprägten Umgebung stammt. Wenn ich Geschichte als mehr verstehe als das Sammeln von Urkunden, so ist ihr Ziel neben dem Erfassen des Geschehenen und der Rekonstruktion von Ereignissen genauso sehr auch meine Positionierung dazu. Diese wird bestimmt durch meine Einstellungen, durch meine Möglichkeiten oder die Gegebenheiten der Fragestellung.

Nicht zuletzt ist ja bei vielen Historikern durchaus bekannt, wenn oder ob sie eine marxistische Geschichtsschreibung befürworten, ohne daß deshalb ihre gesamte Forschung diskreditiert wäre.

Objektivität ist kein Zustand, sondern eine Zielrichtung. Das läßt sich übrigens auch an der hier vorliegenden Fragestellung erkennen, denn in ihr ist die gewünschte Antwortrichtung schon angelegt. Nur als Beispiel: Wäre gefragt worden „Wie kann man Kommunismus und Demokratie vereinen?“, so wäre bereits eine ganz andere Richtung eingeschlagen worden.

An dieser Stelle halte ich es also nicht nur für angebracht, sondern für unabdingbar, für notwendig ehrlich, wenn ich von vornherein kläre, daß ich als kommunistischer Historiker argumentiere.

Zur Frage:

Natürlich sind Kommunismus und Demokratie vereinbar, ja vielmehr, wenn Kommunismus nicht demokratisch ist, dann ist er gar nicht. Eine Forderung übrigens, die ich hier nicht einfach so aus dem Leeren schöpfe, sondern die bereits bei Klassikern wie Friedrich Engels formuliert wurde.

Die Irritationen, die dabei durch den Blick auf die Regimes des 20 Jhs. entstehen, sind verständlich. Darum gleich vorneweg: Es hat bisher nie einen Kommunismus gegeben, sondern allerhöchstens die Bekenntnisse oder meinethalben auch in Ansätzen Versuche, diesen erreichen zu wollen. Da es völlig unklar ist, wie Kommunismus eigentlich aussehen soll, es gibt nämlich kein ausgearbeitetes marxistisches Konzept dazu, ist man wohl genötigt zu sagen, daß wahrscheinlich Kommunismus nie erreicht, sondern eben nur angestrebt werden kann.

Geht man die vielen verschiedenen, sich nicht unbedingt entsprechenden, manchmal auch widerstreitenden Ideen zur Umsetzung von Kommunismus durch, so ist neben den individuellen Ausprägungen doch ein klarer Unterbau sichtlich. Zumindest als theoretische Forderung geht es im Kern um die Befreiung des Menschen aus Knechtschaft und Sklaverei, eine Forderung, die logischerweise in der Demokratie ihren besten Weg finden kann. Gleichzeitig läßt sich so auch sagen, daß jeder, der diesem Grundsatz in seinem Handeln widerspricht, eben kein Kommunist ist, wie rot auch die Fahne sein mag, die er schwenkt.

Wie verhält sich das nun zu Marx und seiner Idee der Diktatur des Proletariats? Es ist hier bereits angesprochen worden, daß Marxismus und Kommunismus nicht deckungsgleich sind; Marxismus ist e i n e kommunistische Idee, die ihrerseits natürlich ihren gefaßten Zeithorizont hat. Es ist also nicht zielführend, diese eine Idee als konstituierend für die gesamte Möglichkeit des Kommunismus zu betrachten, und soweit ich dies richtig verstanden habe, handelt es sich dabei auch nur um eine Übergangslösung, denn mit dem Erreichen einer klassenlosen Gesellschaft würde ja auch das Proletariat verschwinden.

Warum aber diese Diktatur des Proletariats, also die Meinungsführung derer, von deren Arbeit die Gesellschaft lebt, im Gegensatz zu denen, die sich aufgrund von Privilegien und Vorrechten alles aneignen, ohne dafür tätig zu sein (denn so war das ja mal gedacht) nun als eine repressive Herrschaft verstanden werden muß, liegt wohl eher an der zum Teil auch erst später entstandenen Konnotation des Diktaturbegriffes. Erst bei Lenin, und das mag durchaus als langfristiger Fehler gesehen werden, wird daraus die Diktatur der Partei. Aber nochmal - niemand kann festlegen, daß Lenins Ansichten für alle Zeiten gültig sind.

Ist der Minderheitenschutz - hier im Faden auch oft als maßstäbliches Kriterium angeführt - ein Demokratiekriterium, an dem sich der Kommunismus messen lassen muß und gleichzeitig disqualifiziert?

Ähnlich wie beim Kommunismus gilt auch für die Demokratie, daß es unter allen möglichen Theorien und Konzepten keine allgemeingültige Definition, sondern allerhöchstens Zustandsbeschreibungen gibt. Unsere (sogenannte westliche, parlamentarische) Demokratie ist ein durch ihre Geschichte geprägtes Phänomen, die keinesfalls fertig oder abgeschlossen, und auch keinesfalls gesichert vor Rückschritten oder Ausfällen ist. Zu fragen, ob also marxistische Konzepte von 1860 die Kriterien von 2023 erfüllen, zerlegt sich selbst. Da müßte man eher anführen, daß bei den wenigen demokratischen Erfahrungen des 19. Jhs. in Europa gerade mal 30% der Männer wahlberechtigt waren. Vielmehr müßte man dann eher bei modernen Ideen wie bei Piketty, Badiou, Zizek oder seit neuem auch bei Seito nachschauen.

Im Übrigen - und ich ignoriere hier einfach mal die mir durchaus verständliche Angst in unserem Forum vor aktuellen Fragestellungen (die bei Pöbeleien ja auch ihre Berechtigung hat) - müßte man sich in einem politikphilosophischen Rahmen auch fragen, ob der Minderheitenschutz als Kriterium dienen kann, wenn er bis heute doch sehr fraglich ist. In der Regel handelt es sich um Gnadenakte bestimmten Gruppen gegenüber. Wenn man aber sich die europäische Asylpolitik anschaut, in der es durch parlamentarische Beschlüsse, also mit demokratischen Instrumenten, möglich ist, Länder, in denen Menschenrechte nicht existent sind, zu sicheren Staaten zu erklären, weil man halt einfach nicht hinschauen will, dann höhlt sich dieses Merkmal selbst aus.

So wenig es in der generellen Idee des Kommunismus angelegt ist, undemokratisch zu sein, so wenig ist es in der bestehenden, bestenfalls plutokratischen Demokratie angelegt, gerecht zu sein.

Also: der historische Blick mag nahelegen, daß die stalinistischen Regimes des 20 Jhs. keine Vereinbarung zwischen Kommunismus und Demokratie erreichten, weil sie beides für den eigenen Machterhalt opferten oder gar nicht erst (mehr?) anstrebten, weil sie bestenfalls kleinbürgerliche, staatskapitalistische Gesellschaften waren.

Ein anzustrebender Kommunismus muß aber, wenn er sich nicht wieder da absurdum führen will, mit einer ebenfalls weiterzuentwickelnden Demokratie unbedingt vereinbar sein.
 
Da es völlig unklar ist, wie Kommunismus eigentlich aussehen soll, es gibt nämlich kein ausgearbeitetes marxistisches Konzept dazu, ist man wohl genötigt zu sagen, daß wahrscheinlich Kommunismus nie erreicht, sondern eben nur angestrebt werden kann.

Da würde ich die Frage stellen, inwiefern ist das völlig unklar?
So verschieden die Ideen der letzten rund 200 Jahre im Hinblick darauf, wie man sich Kommunismus/Sozialismus (weniger in Form des Realsozialismus im Ostblock, als mehr bei den Frühsozialisten des 19. Jahrhundrts), sind doch im Kern zwei Elemente weitgehend identisch.

Die von dir genannten Emanzipationsbestrebungen (die in Teilen mit denen der bürgerlichen Demokratiebewegungen der jeweiligen Zeit durchaus vergleichbar sind) und darüber hinaus der Gedanke, dass Produktionsmittel auf irgendeimen Weg (darüber gehen die Meinungen dann wieder auseinander) für den Nutzen der gesamten Gesellschaft nicht nur den privater Eigentümer nutzbar gemacht werden sollen.

Setzt man das an diese beiden Elemente an dieser Stelle voraus, könnte man die Grundfrage des Fadens eigentlich auch umdrehen, denn dann liefe die Frage ob Demokratie und Kommunismus miteinander vereinbar seien letztendlich auf die Frage hinaus, ob Demokratie uneingeschränktes Privateigentum an den Produktionsmitteln zur zwingenden voraussetzung hat oder nicht.

Warum aber diese Diktatur des Proletariats, also die Meinungsführung derer, von deren Arbeit die Gesellschaft lebt, im Gegensatz zu denen, die sich aufgrund von Privilegien und Vorrechten alles aneignen, ohne dafür tätig zu sein (denn so war das ja mal gedacht) nun als eine repressive Herrschaft verstanden werden muß, liegt wohl eher an der zum Teil auch erst später entstandenen Konnotation des Diktaturbegriffes.

Ich denke da müsste man sich durchaus auch begriffsgeschlichtlich damit beschäftigen, ab wann der Begriff "Demokratie" überhaupt als Gegesatz zum Begriff "Diktatur" verstanden werden kann.
Ich würde mal die steile These aufstellen wollen, zu behaupten, dass bis zum Ende des 1. Weltkriegs und der gesellschaftlichen Transformation der 1920er und 1930er Jahre, das in diser Form gar keinen Gegennsatz darstellt, weil Demokratie in der politischen Praxis meinte, dass politische Entscheidungen zwar nach dem Willen einer größeeren Gruppe gefällt wurden, die quantitativ weit über Kreis der Inhaber überkommener feudaler Privilegien hinausging, im Rahmen der Gesamtgesellschaft allerdings eine deutliche Minderheit bildete.

Vor dem 1. Weltkrieg, gab es so weit mir bekannt nirgendwo ein Frauenwahlrecht, damit waren ca. 50% der erwachsenen Bevölkerung schonmal außen vor.
Dann kommen dazu die diversen Bestimmungen im 19. Jahrhundert, die das Wahlrecht bei Männern zunächst mal an die Bedingung des Grundbesitzes oder im Sinne des Zensuswahlrechts an das Steueraufkommen knüpften, Bestimmungen zum für das Wahlrecht qualifizierenden Mindestalter, die häufig deutlich über der jeweiligen Grenze zum Eintritt in das Erwachsenenalter lag, hinzu kommt das Thema Kolonien, deren Einwohner ebenfalls kein Mitspracherecht hatten, hinzu kommen landesspezifisch diskriminierte Gruppen, wie eben die Afro-Amerikaner in den USA, denen auf Grund rassistischer Kriterien die gleichbeerechtigte Mitwirkung veersagt blieb.

Insofern sich sich dadurch ergab, dass vor dem 1. Weltkrieg in mehr oder minder jedem Land mehr als 50% der nach dem Gesetz erwachsenen Bevölkerung von der politischen Partizipation von vorn herein ausgeschlossen war und für das Erringen einer politischen Mehrheit in den parlamentarisierten Ländern ein nochmal deutlich kleinerer Anteil notwendig war, wird man wenn man unter Diktatur die Herrschaft durch eine von einer Minderheit getragenen Gruppe verstehen möchte nicht um die Erkenntnis herum kommen, dass sämtliche Systeme, die sich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert "demokratisch" nannnten, de facto nach unserem Verständnis Diktaturen waren und das der Gegensatz Demokratie vs Diktatur im 19. Jahrhundert so überhaupt nicht zwingend gegeben war.
 
Ich denke da müsste man sich durchaus auch begriffsgeschlichtlich damit beschäftigen, ab wann der Begriff "Demokratie" überhaupt als Gegesatz zum Begriff "Diktatur" verstanden werden kann.

Seit es den Begriff überhaupt gibt. Schon in der römischen Republik, wo es zunächst zeitlich begrenzte Amt des Diktators gab, war klar, dass das im Gegensatz zur normalen Funktionsweise der Republik (die ja auch keine Demokratie in unserem Sinne war) stand. Und bei den Diktaturen von Sulla und insbesondere von Caesar war klar, dass die zeitlich unbegrenzte Diktatur im Prinzip das Ende der Republik bedeutete.

Was man sicher konstatieren kann, ist, dass das Wort Diktatur im 19. Jahrhundert noch nicht so stark negativ konnotiert war wie heute, da man die Alleinherrschaft einer Person oder einer kleinen Gruppe von Personen aus der Monarchie und insbesondere dem Absolutismus gewohnt war und man noch nicht die negativen Erfahrungen mit den Diktaturen des 20. Jahrhundert gemacht hatte.

Ich würde mal die steile These aufstellen wollen, zu behaupten, dass bis zum Ende des 1. Weltkriegs und der gesellschaftlichen Transformation der 1920er und 1930er Jahre, das in diser Form gar keinen Gegennsatz darstellt, weil Demokratie in der politischen Praxis meinte, dass politische Entscheidungen zwar nach dem Willen einer größeeren Gruppe gefällt wurden, die quantitativ weit über Kreis der Inhaber überkommener feudaler Privilegien hinausging, im Rahmen der Gesamtgesellschaft allerdings eine deutliche Minderheit bildete.

Insofern sich sich dadurch ergab, dass vor dem 1. Weltkrieg in mehr oder minder jedem Land mehr als 50% der nach dem Gesetz erwachsenen Bevölkerung von der politischen Partizipation von vorn herein ausgeschlossen war und für das Erringen einer politischen Mehrheit in den parlamentarisierten Ländern ein nochmal deutlich kleinerer Anteil notwendig war, wird man wenn man unter Diktatur die Herrschaft durch eine von einer Minderheit getragenen Gruppe verstehen möchte nicht um die Erkenntnis herum kommen, dass sämtliche Systeme, die sich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert "demokratisch" nannnten, de facto nach unserem Verständnis Diktaturen waren und das der Gegensatz Demokratie vs Diktatur im 19. Jahrhundert so überhaupt nicht zwingend gegeben war.

Das ist in der Tat eine steile These. Dann kann man es sich auch einfach machen und alle Regierungsformen, die keine perfekten Demokratien in unserem Sinne sind undifferenziert als Diktaturen einordnet.

Dann gab es z. B. antiken Griechenland einfach nur Diktaturen, egal, ob die Macht wie im Athen der klassischen Zeit bei der Volksversammlung lag oder bei einem Rat der Vierhundert oder gar bei einem einem Monarchen oder Tyrannen.

Das ist mir aber zu undifferenziert. Imho liegen zwischen der attischen Demokratie, bei all ihren Mängeln und z. B. der Tyrannis in Syrakus unter Dionysios I. Welten. Es ist eben allein von der Idee her schon ein gewaltiger Unterschied zwischen der Herrschaft eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe oder der Herrschaft des Volkes, auch wenn letztere in der Praxis meistens nicht perfekt umgesetzt wurde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist der Minderheitenschutz - hier im Faden auch oft als maßstäbliches Kriterium angeführt - ein Demokratiekriterium, an dem sich der Kommunismus messen lassen muß und gleichzeitig disqualifiziert?

Ich denke schon, allerding wird man dann die Begriffe des Minderheitenschutzes und auch der Grundrechte breiter diskutieren müssen, als sie in unserer Gesellschaft mit ihren Traditionen als konsequenz der Geschichte des frühen 20. Jahrhunderts angelegt sind.

Selbst bei Marx sehe ich da nicht zwingend einen Widerspruch zur Idee des Minderheitenschutzes per se, sondern lediglich zu den in unserer Gesellschaft realen Ausprägungen davon.


Ich denke ob man das für vereinbar halten kann, hängt ganz maßgeblich davon ab, ob man die marx'sche Arbeitswertlehre akzeptiert oder nicht.
Wenn man der marx'schen Vorstellung dass menschliche Arbeit auf die Produktion von Mehrwert und kapitalistische Arbeitsorganisation auf deren Abschöpfung ond Konsum durch den Bourgeois, in der marx'schen Setzung also "Ausbeutung" hinausläuft folgte, würde sich doch letztendlich die Frage aufdrängen, ob es möglicherweise angemessen sei, den Schutz vor dieser Form von Ausbeutung zu einem Grundrecht zu erheben.

Ließe man sich darauf ein, würde dieses Grundrecht, in Konkurrenz zum Schutz des Privateigentums, mindestens im Hinblick auf die Produktionsmittel stehen und alles weitere mit der Klärung der Frage stehen und fallen, welchem der Vorrang zu geben wäre.
Denn würde auf diesem Weg das Modell der kapitalistischen Arbeitsorganisation selbst als Eingriff in die Rechte anderer interpretiert wäre es nicht zu halten, womit nicht nur das System selbst, sondern auch die Bourgeoisie und das Proletariat (in der marx'schen Definition) verschwinden und das Thema "Diktatur des Proletariats" wäre damit auch vom Tisch.


Unsere Gesellschaft hat sich für einen anderen Weg entschieden, nach dem dass in dieser Form nicht möglich wäre, allerdings lautete die Frage ja nicht dahin ob Kommunismus oder Marxismus mit dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland und ihren Setzungen, was als Grundrecht zu gelten hat und wie weit Minderheitenschutz geht, vereinbar wäre, sondern ob er mit der Demokratie im Allgemeinen vereinbar wäre.

Das läuft auf die Frage hinaus ob Demokratie zwangläufig Privateigentum an den Produktionsmitteln voraussetz oder nicht.
Das wäre wahrscheinlich die eigentlich interessantere Frage.
 
Gut, zugestanden, ein Land.
Auch in Finnland (das als Großfürstentum noch mit Russland verbunden war).

Insofern sich sich dadurch ergab, dass vor dem 1. Weltkrieg in mehr oder minder jedem Land mehr als 50% der nach dem Gesetz erwachsenen Bevölkerung von der politischen Partizipation von vorn herein ausgeschlossen war und für das Erringen einer politischen Mehrheit in den parlamentarisierten Ländern ein nochmal deutlich kleinerer Anteil notwendig war, wird man wenn man unter Diktatur die Herrschaft durch eine von einer Minderheit getragenen Gruppe verstehen möchte nicht um die Erkenntnis herum kommen, dass sämtliche Systeme, die sich im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert "demokratisch" nannnten, de facto nach unserem Verständnis Diktaturen waren und das der Gegensatz Demokratie vs Diktatur im 19. Jahrhundert so überhaupt nicht zwingend gegeben war.
Diese Betrachtungsweise halte ich für viel zu streng. Wenn man schon nicht von einer Demokratie sprechen möchte, dann doch zumindest von einer Oligarchie.
Aber auch dagegen hätte ich Bedenken: Es gibt meines Wissens bis heute auf der ganzen Welt keine "Demokratie", in der wirklich die gesamte Bevölkerung wahlberechtigt wäre. Junge Menschen sind bis zu einem bestimmten Alter generell ausgeschlossen, dazu meist (zumindest bis zu einem gewissen Grade) Ausländer, oft auch Häftlinge, mitunter außerdem Angehörige der Sicherheitskräfte. (Dass in unseren alternden Gesellschaften Kinder und Jugendliche nur einen geringen Bevölkerungsanteil ausmachen, ändert nichts daran, dass das in vielen afrikanischen und manchen asiatischen Ländern ganz anders ist und der altersbedingt nicht wahlberechtigte Teil der Bevölkerung durchaus mal bis zu 40% ausmachen kann.)
Das Wesen der "Demokratie" besteht darin, dass der "Demos" die Macht ausübt, aber wer zum "Demos" gehört, ist Ansichts- und Definitionssache und Wandlungen in der Anschauung unterworfen. Letztlich ist es in jeder Demokratie Definitionssache, wer als willensbildungsbefähigt und -berechtigt angesehen wird. In den griechischen Demokratien, aber auch noch vielfach im 19. Jhdt., erschien die Vorstellung, Frauen (oder Sklaven) wählen zu lassen, den meisten Männern wohl ähnlich absurd wie uns ein Wahlrecht für Kindergartenkinder.
Die Abgrenzung zwischen Demokratie, Oligarchie und Diktatur sollte man daher wohl eher danach vornehmen, ob die gesamte grundsätzlich als willensbildungsbefähigt angesehene Bevölkerung am Willensbildungsprozess teilnehmen darf oder ein erheblicher Teil ausgeschlossen wird oder fast alle ausgeschlossen werden.
 
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