Der Adler als Wappentier auf dem Gebiet des heutigen Deutschland

darchr

Mitglied
Hi,

ich soll in drei Wochen ein Referat halten über den Bundesadler, mit Schwerpunkt auf dem "ersten" im Spätmittelalter und der Entwicklung bis heute - also wofür er steht, inwiefern er sich je nach Situation in der Geschichte verändert hat.

Kennt ihr gute Literatur zu einem solchen Thema (Staatswappen etc.) ?
 
Ist zwar Hoch- und nicht Spätmittelalter, aber im Codex Manesse gibt es eine Darstellung von Heinrich VI. mit dem Reichsadler als Wappen.
 
Ist das der Quaternionenadler?

War er denn eigentlich die Grundlage für unseren heutigen Bundesadler?
 
Sind mit Reichsstände die vier weltlichen und drei geistlichen Stände gemeint (ich sehe bei dem Adler nämlich acht; vllt. wg. Symmetrie?) - oder gibt es noch viel mehr Stände, sind es praktsich alle Fürstentümer?

Könntest du ein Beispiel für die Wappen geben, also was mit den Ständen genau gemeint ist - es sind ja wahrscheinlich nicht alle.
 
Sind mit Reichsstände die vier weltlichen und drei geistlichen Stände gemeint (ich sehe bei dem Adler nämlich acht; vllt. wg. Symmetrie?) - oder gibt es noch viel mehr Stände, sind es praktsich alle Fürstentümer?...
Siehe hier:
Wiki schrieb:
Die Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren diejenigen Personen und Korporationen, die Sitz und Stimme im Reichstag besaßen.
Dies waren in der Frühen Neuzeit mehr als 300 geistliche und weltliche Fürsten sowie Freie Reichsstädte, Grafen und Ritterorden. Die Reichsstandschaft konnte durch den Kaiser auch solchen Personen verliehen werden, die über kein Territorium verfügten (Personalisten)...
Reichsstände – Wikipedia
 
Das heißt also, dass die Darstellung im doppelköpfigen Adler eigentlich nicht korrekt ist, weil lang nicht alle Reichsstände erfasst waren?
 
Achso, ja da hatte ich mich vertan - was ich aber jetzt noch nicht ganz verstehe ist, weshalb es denn überhaupt Quaternionenlehre heißt? Hier spielt ja die Zahl vier eine Rolle, aber wo soll man die in dem Adler denn wiedererkennen? Vllt. an den "Spalten", in denen jeweils vier Stände sich befinden unter dem geistlichen bzw. weltlichem Wappen? Weshalb hat man diese Vierteilung gemacht und was für Gruppen gibt es denn? Ganz links befindet sich doch mit Köln, Konstanz und Salzburg (und einer Stadt die ich incht erkennen kann) die Bauern - aber hatten die denn überhaupt Sitze im Reichstag?

Könnte man an dem Adler denn kritisieren, dass lang nicht alle 300 Reichsstände erfasst werden, sondern nur ein kleiner Teil?
 
Achso, ja da hatte ich mich vertan - was ich aber jetzt noch nicht ganz verstehe ist, weshalb es denn überhaupt Quaternionenlehre heißt? Hier spielt ja die Zahl vier eine Rolle, aber wo soll man die in dem Adler denn wiedererkennen?...Ganz links befindet sich doch mit Köln, Konstanz und Salzburg (und einer Stadt die ich incht erkennen kann) die Bauern - aber hatten die denn überhaupt Sitze im Reichstag?
Daß Bauern im tatsächlichen Sinne Sitze im Reichstag hatten, bezweifle ich. Ich hab aber was zum Nachlesen gefunden:
Die aus dem frühen 15. Jh. stammende "Quaternionenlehre" suchte unter Verwendung von Vierergruppen, die ständische Struktur des Reiches darzustellen.
Sie zeigt auf 6 Flügelfedern 48 Wappen, darunter die der "Reichsstädte" Augsburg, Metz, Aachen, Lübeck sowie der "Reichsbauern" Köln, Regensburg, Konstanz, Salzburg auf dem linken Flügel,
auf dem rechten Flügel die Wappen der "Reichsdörfer" Bamberg, Ulm, Hagenau, Schlettstadt.
Die Aufbringung des gekreuzigten Christus verlebendigt die Sakralität des "Heiligen Reiches"
kaiser
Zu den übrigen Fragen muß ich leider passen. Vielleicht weiß jemand Anderes da besser Bescheid.
 
Zunächst noch einige Anmerkungen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Endgültigkeit - zur Thematik des Adlers als Wappentier bzw. seiner historischen Entwicklung auf dem Gebiet des heutigen Deutschland (denn darum geht es ja wohl eigentlich)...

Dazu einige Passagen aus Ottfried Neubecker "Heraldik. Wappen - Ihr Ursprung, Sinn und Wert" - Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt/M. 1977; S. 124 ff.
Ottfried Neubecker schrieb:
Der deutsche Königsadler geht seinerseits unmittelbar auf die Römer zurück. Als Karl der Große am Weihnachtstag im Jahr 800 mehr oder weniger überrascht zum Kaiser gekrönt wurde, zog er daraus eine zeichensetzende Folgerung. Er pflenzte den imperialen Adler auf seine Kaiserpfalz in Aachen. Seine Nachfolger (im karolingischen Frankenreich, dem Ostfrankenreich und später im Heiligen Römischen Reich - Anm. von mir) "heraldisierten ihn so nachhaltig, daß er, nur vom zeitgeschmack modisch beeinflußt, wenn auch mit Unterbrechungen, bis zur Stunde Wappen Deutschlands auch als Republik geblieben ist. Eine dieser Unterbrechungen ist die seit dem 13. Jh. (Hochmittelalter - Anm. von mir) allgemein verbreitete, aber erst 1401 (Spätmittelalter - Anm. von mir) von Kaiser Sigismund sanktionierte Auffassung, der Adler des Kaisers habe zwei Köpfe, der des künftigen Kaisers, der sich nur Deutscher (seit dem Spätmittelalter - Anm. von mir) oder auch Römischer (bis ins Spätmittelalter - Anm. von mir) König zu nennen hatte, begnüge sich mit einem Kopf, der den Hohenstaufen (Staufer - Anm. von mir) boch genügt hatte, obwohl auch sie dem oströmischen Kaisertum (Byzanz - Anm. von mir) nacheiferten und es oft kopierten. Dort war ein zweiköpfiger Adler Staatsenblem geworden oder geblieben... als das byzantinische reich 1453 seine letzte nennenswerte Bastion an die Türken verlor, da schmückten sich die Erben mit goldenen Doppeladlern auf rotem Grunde, seien es die genealogischen Erben wie die Markgrafen von Montferrat, sei es ein politischer Erbe, um nicht zu sagen Prätendent oder Ursurpator, der Großfürst von Moskau (und damit das spätere Russische Zarenreich, von dem das heutige Rußland dieses Wappen wieder übernahm - Anm. von mir), der seine Ansprüche allerdings auch mit einer Versippung begründete...
...
Der einköpfige Reichsadler hatte neben dem Doppeladler (der durch Übernahme vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation als Symbol des Kaisertums im späteren Kaiserreich Österreich bzw. Österreich-Ungarn weiterhin existierte - Anm. von mir) die Zeiten bis heute bei jenen Städten überdauert, die sich als "Reichsstädte" von der in Deutschland (genauer müßte man sagen im Heiligen Römischen Reich bzw. im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation - Anm. von mir) überhandnehmenden landesherrlichen Hoheit hatten freihalten oder freimachen können. So kommt es, daß die Städte Aachen, Deventer, Dortmund, Goslar und Oppenheim das gleiche Wappen wie die Bundesrepublik Deutschland führen. Andere ehemalige Reichsstädte fügtem dem Adler noch ein weiteres Zeichen bei, meist einen kleinen Brustschild...

Ansonsten dazu noch folgender Grobüberblick: Adler (Wappentier) – Wikipedia
(Aber nicht einfach den Artikel kopieren!)



Zu einer anderen Sache:
(gerne auch unter Verschiebung der letzten, dieses Thema betreffenden Beiträge in einen passenderen Pfad)

Das ist nicht so einfach, denn
1. ist die Themeneröffnung auf den Adler als Wappentier bezogen, dabei aber epochenübergreifend, und
2. ist es äußerst schwierig, ja eigentlich unmöglich, einzelne Beiträge abzutrennen, da die bisherigen Beiträge doch aufeinander aufbauen.

Aber Du hast insofern Recht, daß es ein geeigneteres Unterforum für diese Thematik gibt; ich habe mir aus diesem Grund erlaubt, den Thread umzubenennen und ins Unterforum zur Heraldik zu verschieben.
:fs:
 
Zuletzt bearbeitet:
Dazu einige Passagen aus Ottfried Neubecker "Heraldik. Wappen - Ihr Ursprung, Sinn und Wert" - Wolfgang Krüger Verlag, Frankfurt/M. 1977; S. 124 ff.

Ottfried Neubecker
Der deutsche Königsadler geht seinerseits unmittelbar auf die Römer zurück. Als Karl der Große am Weihnachtstag im Jahr 800 mehr oder weniger überrascht zum Kaiser gekrönt wurde, zog er daraus eine zeichensetzende Folgerung. Er pflenzte den imperialen Adler auf seine Kaiserpfalz in Aachen. Seine Nachfolger (im karolingischen Frankenreich, dem Ostfrankenreich und später im Heiligen Römischen Reich - Anm. von mir) "heraldisierten ihn so nachhaltig, daß er, nur vom zeitgeschmack modisch beeinflußt, wenn auch mit Unterbrechungen, bis zur Stunde Wappen Deutschlands auch als Republik geblieben ist. Eine dieser Unterbrechungen ist die seit dem 13. Jh. (Hochmittelalter - Anm. von mir) allgemein verbreitete, aber erst 1401 (Spätmittelalter - Anm. von mir) von Kaiser Sigismund sanktionierte Auffassung, der Adler des Kaisers habe zwei Köpfe, der des künftigen Kaisers, der sich nur Deutscher (seit dem Spätmittelalter - Anm. von mir) oder auch Römischer (bis ins Spätmittelalter - Anm. von mir) König zu nennen hatte, begnüge sich mit einem Kopf, der den Hohenstaufen (Staufer - Anm. von mir) boch genügt hatte, obwohl auch sie dem oströmischen Kaisertum (Byzanz - Anm. von mir) nacheiferten und es oft kopierten. Dort war ein zweiköpfiger Adler Staatsenblem geworden oder geblieben... als das byzantinische reich 1453 seine letzte nennenswerte Bastion an die Türken verlor, da schmückten sich die Erben mit goldenen Doppeladlern auf rotem Grunde, seien es die genealogischen Erben wie die Markgrafen von Montferrat, sei es ein politischer Erbe, um nicht zu sagen Prätendent oder Ursurpator, der Großfürst von Moskau (und damit das spätere Russische Zarenreich, von dem das heutige Rußland dieses Wappen wieder übernahm - Anm. von mir), der seine Ansprüche allerdings auch mit einer Versippung begründete...

Hier sind einige Anmerkungen bzw. Fragen zu diesem Thema:

  • Die Übernahme des römischen Adlers paßt in den Zusammenhang der Politik der Renovatio Imperii Karls des Großen
  • Der Reichsadler des HRR Reichsadler ? Wikipedia ist lt. Wiki erstmals im 12. Jh. heraldisch belegbar:
    Die erste heraldische Darstellung des deutschen Adlers findet sich auf einer Münze Friedrich Barbarossas aus den Jahren 1172 bis 1190, die erste farbige Wiedergabe (schwarz in goldenem Feld) unter Kaiser Otto IV. (1198–1218).
    D. h. erst knappe 400 Jahre nach Karl d. G. wird wieder der Adler als Wappentier benutzt. Gab es in der Zwischenzeit keine Symbole des HRR bzw. (Ost-)Frankenreichs?
  • Wie war das in der Zeit vor Karl d. G.? Kam das Frankenreich denn ohne Staatssymbole aus?
 
Der Reichsadler des HRR Reichsadler ? Wikipedia ist lt. Wiki erstmals im 12. Jh. heraldisch belegbar: D. h. erst knappe 400 Jahre nach Karl d. G. wird wieder der Adler als Wappentier benutzt. Gab es in der Zwischenzeit keine Symbole des HRR bzw. (Ost-)Frankenreichs?

Die Heraldik hatte sich ja erst im Lauf der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts herausgebildet. Seit die Gesichter der Ritter hinter dem Eisen ihrer Topfhelme verschwanden, spannten sie Wappen auf ihre Schilde um auf dem Schlachtfeld ja auch erkannt zu werden.

Wenn der Adler zuvor schon als Erkennungszeichen geführt wurde, dann wohl als Banner, Standarte oder plastisches Feldzeichen. Nach der Schlacht von Bouvines 1214 haben bspw. die Franzosen dem von Kaiser Otto IV. mitgeführten Adler die Schwingen abgeschlagen.

In Westfranken/Frankreich trugen die Könige kern die Erkennungszeichen der von ihnen bevorzugten Schutzheiligen voran. Wie den graublauen Mantel des heilihen Martin aus der Abtei Saint-Martin von Tours oder aber 1119 die rotgoldene Oriflamme, das Banner der Abtei Saint-Denis. Das Banner Karls des Großen hieß Montoje und soll angeblich mit der Oriflamme identisch gewesen sein.
 
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