Der Angriff mit eingelegter Lanze und die Entwicklung des westeuropäischen Adels

Den Preis der Ausrüstung eines fränkischen Panzerreiters in Kühen hast du wohl bei Prietzel gelesen, zumindest hat auch er diesen Vergleich angestellt.

Er bemisst den Preis einer vollständigen Ausrüstung für einen Reiter mit 18 bis 20 Kühen, wobei ein großer Königshof zu dieser Zeit 45 Kühe besaß.

Die Preise für militärische Ausrüstungsgegenstände unterlagen in den dazwischenliegenden Jahrhunderten jedoch immer wieder Preisschwankungen, wodurch ich nicht genau zu sagen vermag wie teuer die Ausrüstung zu dieser Zeit war.

Auch wird viel Last durch Vererbung/plünderung von Waffen/Rüstungen von den Adeligen abgenommen, was auch nochmal für Viele den Gesamtpreis verringert hat.
 
Geplündert wurden vor allem Bauerndörfer, was sollte dort an Ausrüstung bzw. an Wertgegenständen zu finden sein?
Aber prinzipiell muss ich dir recht geben. Durch Gefangennahme und die Erpressung von Lösegeld, konnte einiges an Wert angehäuft werden.
 
Hat denn jemand eine Quelle, was eine Rüstung so kostete? Ich meine jetzt nicht die Prunkharnische und Turnierrüstungen, wie man sie in Museen sieht.
Irgendwo habe ich mal gelesen, was die Ausrüstung eines fränkischen schweren Reiters in Kühen wert war. Gab es da eine Inflation durch die Jahrhunderte?

Ja, der Aufwand, den Adelige für Rüstungen, Pferde und Equipment aufbringen mussten, wurde im Spätmittelalter deutlich größer. Das schlug sich auch literarisch nieder in den Epen von Hartmann von der Aue oder Konrad von Megenberg. Die Ausrüstung eines Ritters für Krieg und Turnier steigerten sich im Laufe des Spätmittelalters, so dass es gerade armen Rittern immer schwerer wurde, an Turnieren und Hoffesten teilzunehmen. Die wirtschaftlichen Einkünfte der Ritter stagnierten, während die Kosten für eine standesgemäße ritterliche Lebensführung stiegen. Der Erwerb und die Führung des Rittertitels war mit erheblichen Kosten verbunden, die sich viele adelige nicht leisten konnten, die sich mit dem Titel von "Edelknechten" (armigeri, famuli) begnügen mussten.


Josef Fleckenstein (Hrsg) Das ritterliche Turnier im Mittelalter gibt auch Auskunft über wirtschaftliche Grundlagen des Rittertums.

Artikel von Werner Rösner, Ritterliche Wirtschaftsformen und Turnier im sozialen Wandel S. 296- 338

Ortwin Gamber,

Roger Sablonier.
 
Geplündert wurden vor allem Bauerndörfer, was sollte dort an Ausrüstung bzw. an Wertgegenständen zu finden sein?
Aber prinzipiell muss ich dir recht geben. Durch Gefangennahme und die Erpressung von Lösegeld, konnte einiges an Wert angehäuft werden.

In Schlachten war auch das erste was die Herren erledigt haben, bei ihren Gegnern plündern. Das war ja oft genug gleich der Grund für die Niederlage, wenn dann frische Truppen ins Gefecht eingegriffen haben.

Da sollte einiges zusammen gekommen sein.
 
Angaben zu Kosten sind schwierig und mit Vorsicht zu bewerten. Allgemein kann man von einem Ansteigen des materiellen Lebensstandards vom Früh- zum Spätmittelalter ausgehen. Allerdings ist von einem nennenswerten Wirtschaftswachstum kaum zu sprechen, im Vergleich zu heute fällt das geschätzte Wachstum in Antike und Mittelalter äußerst mau aus, oft im Promillebereich.

Kosten sind immer relativ und müssen ins Verhältnis zur Kaufkraft gesetzt werden, diese kann regional unterschiedlich sein. Genauso sind oft Angaben in verschiedener Münze gemacht, was Vergleiche erschwert. Das vorausgeschickt, wenigstens ein paar Angaben, ich hoffe, kundigere Leute können mehr nachschieben.

Aus dem Recht der ripuarischen Franken, ca. Mitte 8. Jhr.: Helm 6 solidi, Brustpanzer (brunia, wohl Schuppe oder Kette) 12 solidi, Schwert 3 solidi, Lanze und Schild 2 solidi, Kriegspferd 12 solidi. Das sagt wenig, scheinbar kosteten zum Vergleich ein normales Pferd 3 solidi und eine Kuh auch 3 solidi. Ein Panzer war also soviel wert wie 4 Kühe. Angaben zu Einkommen von Menschen damals habe ich leider nicht parat, das müßte man aber wissen, um die Kosten bewerten zu können. Wieviel Kühe hatte ein durchschnittlicher Bauer, wieviel ein Adliger?

Aus der Mitte 13. Jhr. in Italien: Kettenhaube 25 soldi (hat im Wert nichts mit dem karolingischen solidi zu tun), Kettenpanzer 130 soldi, einfacher Eisenhelm 35 soldi, Beckenhaube je nach Qualität 4 florin bis 21 florin (wohl 80 bis 420 soldi). In Friedenszeiten verdiente ein einfacher Wachsoldat in Florenz 25 soldi im Monat, ein Wachoffizier 40 soldi. Unerschwinglich waren Schutzwaffen also nicht, wobei in alten Zeiten immer erheblich mehr vom Einkommen für Nahrung ausgegeben werden mußte als heute, das Ansparen dauerte also.

Ein Offizier der Armbrustschützen bekam dagegen 5 florin im Monat. Mir ist nicht ganz klar, wie das Verhältnis war, ich vermute mal wie später 1 florin = 20 soldi, also hätte er 100 soldi gekriegt.

Diese Seite ist interessant, gilt aber für die 2. Hälfte 15. Jhr.: Florentine Economy


Zugegeben alles nicht sonderlich hilfreich, denn für eine Bewertung der Entwicklung müßte man die jeweilige Kaufkraft kennen. Ich habe solche Untersuchungen schon mehrfach gelesen, aber kriege keine genauen Zahlen mehr zusammen (ist über 15 Jahre her, sry), sicher haben andere aber welche bereit, hoffe ich. Mein Fazit, an das ich mich erinnere, war eigentlich, daß Schutzwaffen und Angriffswaffen relativ gesehen im Schnitt billiger wurden, was natürlich nur sehr grob gilt.

Der sonstige Lebensstil von Rittern dürfte dagegen im Laufe der Zeit kostspieliger geworden sein. Es gibt Hinweise auf Knappen, die bewußt auf die Ritterwürde verzichteten, weil sie den aufwändigen Lebenstil und dessen Verpflichtungen scheuten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Möglichkeit den Gegner mit "eingelegter Lanze" zu attackieren setzt zwei Dinge voraus;
1. das Vorhandensein von Steigbügeln (erste Erwähnungen um das Jahr 1000n.Chr.)
2. die Fähigkeit das Pferd direkt auf den Gegner anreiten zu lassen
Letzteres ist eine Frage der Übung, Ersteres stellt tatsächlich eine nicht unwesentliche militärtechnische Revolution dar.
Sicherlich wurde dadurch die Überlegenheit Hochmittelalterlicher Kavallerie über die Infanterie mitbedingt aber gewiss nicht ausschließlich.
Eines wird in diesem Zusammenhang jedoch gerne vergessen;
die Verwendung der Lanze als Stoßwaffe macht diese ähnlich wie beim geworfenen Speer zu einer einmaligen Geschichte. Selbst wenn die Lanze nicht bricht, bleibt sie doch mit großer Sicherheit im Körper des Feindes stecken und kann so schnell nicht wieder entfernt werden.
Der Reiter muss also mehrere Lanzen tragen was eher unwahrscheinlich ist oder er muss über eine Zweitwaffe verfügen die eher für den Nahkampf geeignet ist- hier kommt das Schwert ins Spiel.
 
Nun, Husky, wenn der Lanzenträger reiten kann, ist das entfernen der Lanze kein Problem.
Die zieht sich raus. Auch Steigbügel sind nicht notwendig. Sie erleichtern das Leben hauptsächlich beim Springen und bei engen Wendungen. zum Aufstehen aus dem Sattel sind sie auch äußerst hilfreich

Wie jeder Reitschüler bestätigen kann, es ist nämlich garnicht so einfach, die Füße in den Bügeln zu lassen. Zum Lanzenstoß braucht man die nicht
 
Lieber Wilfried,

du sprichst als hättest du selbst Erfahrung damit, was ich nicht beurteilen kann.
Aber du bist so ziemlich der Erste der behauptet, dass Steigbügel für den Lanzenstoß zweitrangig sind.
Wie erklärst du dir denn dann den offensichtlichen Zusammenhang zwischen dem Aufkommen des Steigbügels und den ersten quantitativen Quellenbezeugungen des "eingelegten Lanzenstoßes".
Die Wucht die der Aufprall eines Pferdes im gestreckten Galopp entfaltet gleicht einem kleinen, bis mittelschweren Auffahrunfall und haut mit großer Sicherheit mehr Reiter aus dem Sattel als dass er dies nicht tut (auch früher war nicht jeder Reiter ein perfekt geschulter Turnierreiter!)
Dass es heutzutage vielen "Showreitern" bei etwaigen Burgfestspielen und Ritterturnieren möglich ist das zu verhindern und vielleicht auch die Intaktheit der Lanze beizubehalten ist mir klar, spiegelt aber mit großer Sicherheit niemals die reale Kampfsituation wieder.
 
Cataphracten bzw. Clibanarii haben auch mit Lanze gekämpft (ob eingelegt oder nicht ist eine alte Diskussion) und hatten keine Steigbügel. Anbei ein Graffitti aus Dura Europos.
 

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Nun, die Gesetze der Physik???
Der Steigbügel kann nun mal nur Kräfte senkrecht bzw nahezu senkrecht zum Pferderücken übertragen. Längs zum Pferd eingebrachte Kräfte übernimmt der Sattel mit seiner Lehne. Bei der Wendung kann allerdings mit Bügel die Zentripetalkraft auch vom äußeren Bein aufgenommen werden, es hängt also nicht alles am inneren Schenkel-

Einen Zusammenhang zwischen Steigbügel und eingelegtem Lanzenstoß kann ich soo nicht sehen. Die fränkischen Panzerreiter KdGs hatten schon Bügel und von denen bis zum mittelalterlichen "Ritterturnier" ist wohl einige Zeit vergangen.

Abgesehen davon, im System der aufeinanderprallenden Reiter ist ne Menge, was den Stoß abfedert. Die Leute sitzen ja nicht starr festgebunden auf ihren Pferden und der Stoßende muß ja nun die gleiche Kraft aushalten im Arm wie der Gestoßene auf der Trefferfläche. Also die tollen Gallileofilmchen mit den Dummys spiegeln den Stoß nicht wirklich wieder.
 
Physik also?

Kraft=Masse x Beschleunigung
Natürlich ist die Beschleunigung vektoriell und wirkt sich damit auf die Achse des sitzenden Reiters zum Pferd aus, ist aber im Verhältnis zur Masse deutlich kleiner und kann daher nicht so stark ins Gewicht fallen.
Hinzu kommt folgendes: Druck= Kraft/Fläche
Je kleiner die Fläche also, desto größer der Druck.
Sowohl die Spitze als auch der "Griff" einer Lanze haben eine sehr kleine Fläche wobei ja die Kraft aus einer sehr großen Masse und einer wie bereits gesagt nicht ganz so entscheidenden Beschleunigung resultiert.
Worauf will ich hinaus? Der Druck der gegen den Reiter wirkt ist beachtlich und muss in jedem Fall ausgeglichen werden. Dass der Sattel dabei gute Dienste leistet stellt ja niemand in frage, aber alles kann auch er nicht.
Allein seine senkrechte Anbringung am Pferd kann dem horizontal wirkendem Druck nicht standhalten. Steigbügel sind meines Wissens nach frei beweglich und ein Reiter kann dadurch dass er sich nach vorne lehnt und die Bügel schräg ausrichtet einen Teil des Aufpralls abfangen.
Dass er nicht statisch im Sattel sitzt versteht sich von alleine, bekräftigt aber nur was ich sagen will. Der Steigbügel ermöglicht es den Druck umzulenken und da er ja letzten Endes ohnehin mit dem Sattel verbunden ist, auf diesen zu verteilen.
Ob Steigbügel bereits 600 oder erst 1000n.Chr. existierten ist Haarspalterei, da man zumindest für Westeuropa sagen kann, dass die Bedeutung schwerer Kavallerie (meinetwegen in Form der ominösen fränkischen Panzerreiter)
genau dazwischen ihren Ursprung hat (Karl Martell, Tours und Poitiers, 732n.Chr. nur mal als Beisiel).
Zu guter letzt noch zu den erwähnten Kataphrakten.
Trotz ihrer schweren Panzerung (wie immer die ausgesehen haben mag) wurde ihre Kampfweise mehrheitlich als Hit-and- Run Taktik beschrieben.
Der Begriff des berühmten "Partherschusses" ist denke ich geläufig und steht in engem Zusammenhang mit genau diesem Truppentyp.
Außerdem wurde immer noch nicht die Frage beantwortet, warum der eingelegte Lanzenstoß zeitlich so auffällig mit dem Aufkommen der Steigbügel zusammen fällt.
 
Marcus Junkelmann, ein erfahrener Reiter mit großen experimentellen Kenntnissen wendet sich gegen die These, das allein der Steigbügel den Angriff mit eingelegter Lanze ermöglicht hätte. Bdaian hat bereits auf das Grafitto von Dura Europos verwiesen, und auch die Römer stellten Cataphracti und Clíbanarii auf. Der römische Hörnchensattel verlieh dem Reíter genug Stabilität, und beim Angriff mit eingelegter Lanze war der hohe Hinterzwiesel des Sattels, nicht der Steigbügel entscheidend.

Dennoch ist der Steigbügel nicht zu unterschätzen, denn er erlaubt dem Reiter, sich mit diagonal ausgestreckten Beinen gegen den Hinterzwiesel zu stemmen, was ohne Steigbügel gar nicht möglich ist. Der Steigbügel erlaubt dem Reiter nicht nur einen besseren Sitz, sondern erleichtert auch die Hilfen auf das Pferd. Die meisten Hobbyreiter kämen ohne Steigbügel in arge Verlegenheit. Den Trab kann man in einem hohen Sattel aussitzen, Was auf einem Pritschensattel sehr unbequem ist.

Filme zeigen stets Kavalkaden im gestreckten Galopp, was in Wirklichkeit meist in gestrecktem Trab geschah, weil sonst die Formation in Unordnung kommt. Seydlitz und andere preußische Kavallerieoffiziere brachten es durch Drill und hartes Training dazu, 200 m im Galopp in geschlossener Formation zurücklegen zu können.

Dennoch ist die Aufprallwucht immer noch beachtlich, ein Pferd kommt in scharfem Trab, leichtem Galopp auf ca 25- 35 km/h Ein Treffer schleudert einen Reiter aus dem Sattel, und Todesfälle und Verletzungen waren bei Turnieren durchaus keine Seltenheit. Die Lanze ist dann aber meistens für den Reiter verloren. Es ist übrigens der Gebrauch einer Reiterlanze sehr schwierig und erfordert große Übung und jahrelanges Training.

In den napoleonischen Kriegen waren die Franzosen von der geschicklichkeit der Kosaken mit der Lanze beeindruckt, und sie stellten eigene,oft polnische Lanciers auf. Diesem Beispiel folgten die Briten mit Lancers und noch Ende des 19. Jahrhunderts verordnete Wilhelm II. seiner Kavallerie Lanzen und verwandelte Dragoner und Kurassiere zu Ulanen.

Bei den Kavalleristen stieß das auf gemischte Gefühle, und ein hochbetagter Veteran, der ein hervorragender Reiter war, gestand, dass er und seine Kameraden trotz langem Drill nur eine mäßige Geschicklichkeit erreichten.
 
An Scorpio

Ein schöner Beitrag, der dieser leidlichen Hypothesenschlacht hoffentlich ein Ende macht!
Eines nur noch zu der Erwähnung moderner Lanzierer oder Ulanen.
Sie mit früh- und hochmittelalterlichen Heeren zu vergleichen ist gewagt.
Die Erfahrungen die diese Soldaten machten und auch so oft dankbarer Weise notierten sind eines, die Situation zur Zeit Karls d.Gr. und Co. etwas ganz anderes.
 
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Filme zeigen stets Kavalkaden im gestreckten Galopp, was in Wirklichkeit meist in gestrecktem Trab geschah, weil sonst die Formation in Unordnung kommt. ....

Das hört und liest man häufig, m.W. bezieht es sich jedoch hauptsächlich auf die späte französische Kavallerie der Naoleonischen Ära. Mangels brauchbarer Pferde und mit viel unerfahrenen Rekruten in den Reihen, ist man vom Galopp auf den Trab herunter gegangen.

Seydlitz und andere preußische Kavallerieoffiziere brachten es durch Drill und hartes Training dazu, 200 m im Galopp in geschlossener Formation zurücklegen zu können.

Gemäß der zeitgenössischen Werke soll der "Chok" sogar in der "Karriere"also dem gestrecktem Galopp stattfinden.

Dennoch ist die Aufprallwucht immer noch beachtlich, ein Pferd kommt in scharfem Trab, leichtem Galopp auf ca 25- 35 km/h Ein Treffer schleudert einen Reiter aus dem Sattel, und Todesfälle und Verletzungen waren bei Turnieren durchaus keine Seltenheit. Die Lanze ist dann aber meistens für den Reiter verloren. Es ist übrigens der Gebrauch einer Reiterlanze sehr schwierig und erfordert große Übung und jahrelanges Training.

In den napoleonischen Kriegen waren die Franzosen von der geschicklichkeit der Kosaken mit der Lanze beeindruckt, und sie stellten eigene,oft polnische Lanciers auf. Diesem Beispiel folgten die Briten mit Lancers und noch Ende des 19. Jahrhunderts verordnete Wilhelm II. seiner Kavallerie Lanzen und verwandelte Dragoner und Kurassiere zu Ulanen.

Bei den Kavalleristen stieß das auf gemischte Gefühle, und ein hochbetagter Veteran, der ein hervorragender Reiter war, gestand, dass er und seine Kameraden trotz langem Drill nur eine mäßige Geschicklichkeit erreichten.

Ich kannte einen Unteroffizier der "Granaderos a Caballo" also der argentinischen Präsidentengarde. Argentinien hatte große Kavallerieformationen bis in die 60.er Jahre und die Granaderos haben den Lanzendrill noch einige Jahre danach weiter geübt. Er erzählte auch dass dieses nicht einfach sei, vor allem das herausziehen der Lanze nach dem Treffer, was man mit einer Drehung des Oberkörpers und dem Heben des Führungsarms realisierte, während man am Gegner vorbeiritt.

Schwierig, aber grundsätzlich nicht unmöglich. Für die argentinische Kavallerie hatte diese Waffe einen großen Traditionswert, da sie die Hauptbewaffnung sowohl während der Befreiungskriege gegen die Spanier so wie in den nachfolgenden inneren Konflikten so wie gegen Brasilien und Paraguay. Feuerwaffen waren dort bis Ende des 19. Jahrhunderts eher knapp also kämpfte man mit dem was man hatte. Dabei ist zu bemerken, dass die Indianer aus der Pampa auch mit Lanzen kämpften (dazu sehr lange Exemplare) und auch keine Steigbügel verwendeten bzw. nur eine sehr rudimentäre Form davon, die aus einem Stäbchen an einem Lederstreifen bestand, das zwischen die Zehen gesteckt wurde. (Zugegeben, das ist jetzt etwas sehr OT).

Ein schöner Beitrag, der dieser leidlichen Hypothesenschlacht hoffentlich ein Ende macht!
Warum ist diese "Hypothesenschlacht" leidlich und warum sollte man ihr ein Ende machen?

Eines nur noch zu der Erwähnung moderner Lanzierer oder Ulanen.
Sie mit früh- und hochmittelalterlichen Heeren zu vergleichen ist gewagt.
Die Erfahrungen die diese Soldaten machten und auch so oft dankbarer Weise notierten sind eines, die Situation zur Zeit Karls d.Gr. und Co. etwas ganz anderes.
Warum? Hoch zu Ross eine Lanze handzuhaben dürfte sich nicht grundsätzlich geändert haben. Die erforderlichen Fertigkeiten und Prinzipien bleiben die selben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu guter letzt noch zu den erwähnten Kataphrakten.
Trotz ihrer schweren Panzerung (wie immer die ausgesehen haben mag) wurde ihre Kampfweise mehrheitlich als Hit-and- Run Taktik beschrieben.
Der Begriff des berühmten "Partherschusses" ist denke ich geläufig und steht in engem Zusammenhang mit genau diesem Truppentyp.
Da vermengst Du aber etwas:
Der "Partherschuss" wurde von berittenen Bogenschützen durchgeführt, die meist nur leicht oder gar nicht gepanzert waren und primär Fernkampfeinheiten waren.
Die Kataphrakten, insbesondere die Clibanarii, hingegen waren schwer gepanzerte Reiter (auch die Pferde waren meist gepanzert), die mit einer Stoßlanze und einem Schwert, mitunter auch einer Keule, ausgestattet waren und für Schockangriffe eingesetzt wurden. Für eine Hit-and-run-Taktik waren sie schon aufgrund ihres Gewichts, das die Schnelligkeit beeinträchtigte und schneller zur Ermüdung von Pferd und Reiter führte, nicht geeignet. Übrigens gibt es auch einen literarischen Beleg dafür, dass sie mit eingelegter Lanze angriffen.
 
Kurze Korrektur!

Ravenik hat Recht, die Kataphrakte waren schwere Kavallerie und keine berittenen Bogenschützen; der Partherschuss entfällt.
Aber darum geht es hier letzten Endes auch nicht.
Nun zu dem vorangegangenen Kommentar von Scorpio:
Moderne Lanzenreiter (Ulanen) waren keine schwere Kavallerie und ihre Ausbildung war mit Sicherheit eine komplett andere als die eines frühmittelalterlichen Panzerreiters, sofern man bei diesem überhaupt von irgendeiner Art einheitlicher Ausbildung sprechen kann.
Macht euch doch nichts vor; in den verschiedensten Quellen wird immer wieder die fehlende Disziplin aber vorallem die fehlende, übergeordnete Ordnung feudaler Heere unterstrichen. Der Ritter, auch wenn ich diesen Terminus für zu ungenau halte, war ein Einzelkämpfer der darauf ausgelegt war Feinde zu isolieren und dank seiner überlegenen Ausrüstung und seiner Erfahrung im Umgang mit der Waffe, auszuschalten. Die Lanze bot sich dabei deshalb vorrangig an, weil sie die nötige Distanz erzeugt um das eigene Leben nicht unnötig in Gefahr zu bringen. Je mehr der Umgang mit ihr perfektioniert wurde desto klarer wurde es, dass der eingelegte Stoß wesentlich effektiver ist als der Oberarmstoß oder der Stoß mit ausgestrecktem Arm, das ist nun leider einfach mal so wenn man die Gesetze der Anatomie und der Physik nicht einfach leugnen will.
Das Risiko dabei aus dem Sattel geworfen zu werden ist wiederum erheblich und wurde erst durch bessere Haltungsmöglichkeiten negiert (Sattel und Steigbügel, so weit waren wir ja schon einmal.)
Wo ist da jetzt noch das Problem?
Alles worauf ich hinaus wollte ist zu betonen, dass die Überlegenheit abendländischer, schwerer Kavallerie über die Infanterie ein Produkt waffentechnischer Entwicklung war bei gleichzeitiger sozioökonomischer Unbeholfenheit derjenigen, die kein Pferd besaßen oder besitzen durften.
Erst die Schweizer drehten bekanntlich den Spieß wieder rum.
 
Der Stoß mit der eingelegten Lanze ist im Europäischen Raum das erste Mal auf Darstellungen aus der frühen römischen Kaiserzeit belegt. Zu dieser Zeit hatten die Reiter noch keine Steigbügel. Die ältesten Darstellungen dieser Einsatzweise einer Lanze finden sich bei den Parthern, bzw. im iranischen Raum, wo sie zuerst entwickelt wurde.

In der Völkerwanderungszeit gibt es keine Belege mehr für diese Kampfweise in Europa, die dann erst wieder über die Araber (und eventuell byzantinische Truppen in Italien) dann erneut verbreitet wurde.

huski:

dass die Bedeutung schwerer Kavallerie (meinetwegen in Form der ominösen fränkischen Panzerreiter)
genau dazwischen ihren Ursprung hat (Karl Martell, Tours und Poitiers, 732n.Chr. nur mal als Beisiel).

Die Schlachten von Tours und Poitiers wurden nicht durch schwere Kavallerie, sondern durch Infanterie entschieden, die den größten Teil der fränkischen Truppen ausmachte.

Außerdem wurde immer noch nicht die Frage beantwortet, warum der eingelegte Lanzenstoß zeitlich so auffällig mit dem Aufkommen der Steigbügel zusammen fällt

Diese Einsatzweise fällt eben nicht mit dem Aufkommen der Steigbügel zusammen. Der Steigbügel war schon lange Zeit in Gebrauch, bevor sich der eingelegte Lanzenstoß dann schlagartig stark verbreitete und durchsetzte.

Moderne Lanzenreiter (Ulanen) waren keine schwere Kavallerie und ihre Ausbildung war mit Sicherheit eine komplett andere als die eines frühmittelalterlichen Panzerreiters,

In Bezug auf die Einsatzweise der Lanze entsprachen Ulanen (über Polen eine Linie zu den Osmanen und von diesen zur byzantinischen Kampfweise) durchaus dem, wie man Lanzen im Frühmittelalter einsetzte. Gerade der Einsatz der Lanze im Frühmittelalter ist dem Einsatz der Lanze bei den Ulanen u.ä. sehr ähnlich.

Macht euch doch nichts vor; in den verschiedensten Quellen wird immer wieder die fehlende Disziplin aber vorallem die fehlende, übergeordnete Ordnung feudaler Heere unterstrichen

Nur mal ein einziges Gegenbeispiel von vielen die möglich wären: die Normannischen Heere in Süditalien waren extrem diszipliniert und straff von oben her durchorganisiert und rein feudaler Struktur.

Je mehr der Umgang mit ihr perfektioniert wurde desto klarer wurde es, dass der eingelegte Stoß wesentlich effektiver ist als der Oberarmstoß oder der Stoß mit ausgestrecktem Arm, das ist nun leider einfach mal so wenn man die Gesetze der Anatomie und der Physik nicht einfach leugnen will.

Er überträgt lediglich mehr Energie. Aber das bedeutet nicht zwingend im Umkehrschluss, dass er im Nahkampf effektiver ist.
 
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