Der Kaiser und die falsche Kommandogewalt der Marine

Halt stopp.

So wie ich das von Treibsand verstehe, sollte man die Dinge aus der damaligen Sicht betrachten und dann zu einer Auswertung kommen. Das bietet dann aber jede Menge grund, für Annahmen und Spekulationen.

Zumindest war das eine der ersten Anweisungen des Kaisers noch im Juni 1888 die Flotte neu zu organisieren, die Flotte war aber auch sein Untergang. Der Kreis schließt sich, oder?

Ich erwarte Gegenargumente!:red:

@Köbis :

Nein.
Wir müssen die damals gefällten Entscheidungen als Wirken der Personen
der damaligen Zeit ansehen.
Mit all deren Hintergründen und Informationsständen.Mit der Gesamtverfassung der jeweiligen Gesellschaft.
Daraus entwickelte sich der geschichtliche Ablauf.Deshalb war es so ,
wie es geschah.
Die Auswertung kann nur die Fakten selbst berücksichtigen.

Und in Bezug auf die kaiserliche Marine .....sie verlor den Krieg genauso,
wie das Heer. Denn sie konnte innerhalb der 4 Kriegsjahre keine Entscheidung zu ihren Gunsten herbeiführen.

Und hätte es vermutlich auch bei Andauern des Krieges nicht gekonnt.(meine pers.Vermutung)


Unsere heutigen Informationsstände lassen uns vieles davon als grundfalsch und unangemessen einstufen.
Wir projezieren unsere Vorstellung , wie es politisch/wirtschaftlich /strategisch/ taktisch richtig bzw. besser gewesen wäre-über die abgelaufene Geschichte hinweg. Das ist die Spekulation!
Das ist ein faszinierendes Spiel- aber nur ein Spiel .
So auch mein Hinweis , das mit einer anderen Seekriegs-Strategie
der Verlauf des Seekriegs zum ähnlichen End-Ergebnis hätte kommen
können.
 
Wir projezieren unsere Vorstellung , wie es politisch/wirtschaftlich /strategisch/ taktisch richtig bzw. besser gewesen wäre-über die abgelaufene Geschichte hinweg. Das ist die Spekulation!

Ich spekuliere nicht.

Ich sehe den Bereich der maritimen Entwicklung in Deutschland und versuche zu erkennen, an den historischen Ereignissen und Handlungen von Personen Fehler zu erkennen.
Wenn ich die die Geschichte aus der Zeit heraus betrachte, mit den Augen der damaligen Akteure, werde ich Fehler nicht erkennen. Eine Auswertung der Geschehnisse ist damit nicht Möglich.

Ich versuche hier im speziellen einen Zusammenhang zu knüpfen zwischen der Reorganisation der deutschen Marine und dem Untergang des Kaiserreichs, mit gerade dem "liebsten Kind" des Kaisers, dem revolutionären Matrosen.

Mir geht es dabei nicht um eine Spekulation, nach dem, was wäre wenn.
Sicher hätte es auch ohne Willi und Alfred ein Flotte gegeben, aber wie, das werden wir nicht erfahren.
 
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Jein, würde ich sagen.

Der Einsatz der Flotte war von 1914 bis 1918 von einem sehr hohen Verlustrisiko überdeckt.
.....

Ich sehe höchstens die Hypothese, dass andere Verantwortliche andere Schlüsse für den Baukrieg mit Großbritannien gezogen hätten, mindestens eine andere Flotte hätten bauen können.

Kann Dir in der Argumentation von a bis z uneingeschränkt zustimmen!

Ein wichtiger Aspekt, der als Randbedingung für die Marinerüstung wichtig ist, war die "vornehme" Zurückhaltung beim Ausbau des Heeres. Und das im wesentlichen, weil man um den prozentualen Anteil der Aristokratie am Offizier-Korps fürchtete.

In dieses Vakuum konnte die Marinerüstung eintreten und nur so ist der vergleichsweise geringe Widerstand zu erklären, den Tirpitz überwinden mußte und nur so konnte die entsprechende Budgetierung der Marineprojekte sicher gestellt werden.

Greifen wir aber das was-wäre-wenn-Argument auf und unterstellen, dass sich die "radikalen" Militärs um Ludendorf 10 Jahre früher durchgesetzt hätten, dann wäre es zu einer deutlichen Ausweitung der Heeresrüstung gekommen mit entsprechenden Rückwirkungen auf die zur Verfügung stehenden Budgets für andere Militärprojekte.

Es gehört wenig Phantasie dazu, das "S.M." sich nicht getraut hätte, gegen die Forderungen des Heeres "seine" Marine so auszubauen, wie es Tirpitz unter "repressiver Toleranz" von Seiten des Heeres später tatsächlich durchführen konnte.
 
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Es gehört wenig Phantasie dazu, das "S.M." sich nicht getraut hätte, gegen die Forderungen des Heeres "seine" Marine so auszubauen, wie es Tirpitz unter "repressiver Toleranz" von Seiten des Heeres später tatsächlich durchführen konnte.

Eine gute Beschreibung der Interaktivität!

Die Forcierung der Bauprogramme unter Tirpitz ist wohl kaum denkbar ohne die vornehme Zurückhaltung des Heeres (dem die entscheidende Rolle 1914ff. zufallen sollte). Bedeutend ist der Zeitraum 1906/11, bei dem die Marine Zugewinne zu Lasten des Heeres hatte. Das änderte sich wesentlich erst kurz vor Ausbruch des Krieges, 1912/13/14.

Die Quoten hatten wir zB hier, nach Witt:
http://www.geschichtsforum.de/405599-post33.html
 
Die neue Organisationsstruktur besaß für Wilhelm den Vorteil, dass das Oberkommando frei von Verwaltungsangelegenheiten und Eingriffen des Reichstages, wie etwa der Generalstab des Heeres, entzogen war.

Bei der Debatte der entsprechenden Regierungsvorlage im Reichstag hat Eugen Richter diese Maßnahme als eine verhängnisvolle abgelehnt. Er berief sich dabei auf den früheren Chef der Admiralität von Stosch und seines Vizes von Batsch.Diese Herren erinnerten an die schlechten Erfahrung von 1861-1871, in denen sich das Oberkommando und die Marineverwaltung gegenübergestanden hätten, wie zwei feindliche Brüder. Richter meinte des Weiteren, das die Analogie mit dem Heer nicht zähle, weil hierbei die Unterschiede zwischen Heer und Marine außer Acht gelassen würden. Außerdem meinte Richter, dass es unmöglich sei gegenüber dem Auswärtigen Amt, eine Trennung zwischen Oberkommando und Verwaltung zu begründen, wenn das Oberkommando eine Politik nach eigenem Interesse betreibe.

Reibungen an der Spitze der Marine blieben in der Folge nicht aus. Der spätere Chef des Marinekabinetts Georg Alexander von Müller meinte gegenüber Tirpitz, er könne nur einen ernsten Rückschritt konstatieren.

Nach Beginn des Krieges forderte Tirpitz, der ja an der Zerschlagung des Oberkommandos der Marine im Jahre 1899 nicht soo ganz unbeteiligt gewesen war, der Kaiser möge doch das Oberkommando doch wieder abgeben und verlangte widerholt die Einrichtung eines einheitliches Oberkommandos. Jedenfalls hat sich diese Dezentralisierung für den Seekrieg alles andere als vorteilhaft ausgewirkt. Tirpitz meinte in seinen Erinnerungen dazu: “Was uns am meisten fehlte, war die einheitliche Admiralität.“

Ich denke, den Beteiligten Profis durchaus klar gewesen war, was für fatale Folgen die Zergliederung der Marinespitze im Ernstfall möglicherweise bedeuten könnte; nur sie haben eben möglicherweise Wilhelm unterschätzt, der sich eben nicht mehr so leicht beiseiteschieben ließ. Ich meine, das Beispiel der Royal Navy war den Herren sich geläufig und dort konnte die größte Marine der Welt ohne weiteres durch ein einheitliches Oberkommando geführt werden. Wilhelm hat sich wohl die Macht über sein „Spielzeug“ sicher wollen und hat seine eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten schlicht überschätzt. Als er endlich einlenkte, war der Krieg schon verloren.

Fischer, Admiral des Kaisers
 
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