Zum Russlandfeldzug lese ich gerade zum 2.Mal ein schønes Buch von Adam Zamoyski, der alle møglichen Quellen ausgewertet hat.
Es gab, wie hier im Thread schon erwæhnt, kein einheitliches Oberkommando und interne Querelen bei der russischen Fuehrung.
Alexander selbst konnte sich zur Uebernahme des Oberbefehls ueber die Armeen dann doch nicht entschliessen, die Kommando-Struktur war mehr als ungluecklich:
Barclay war Kriegsminister und Kommandeur der 1.Armee, aber nicht explizit zum Oberkommandierenden ueber alle Streitkræfte ernannt worden.
Bagration fuehrte die 2.Armee, fasste dies als selbstændiges Kommando auf und berichtete nur an den Zaren, nicht an Barclay.
Zwischen den beiden gab es eine tiefe Abneigung.
Es gab noch einen ganzen Haufen "Berater" ohne næher spezifizierte Stellung im Umkreis Alexanders, z.B. Benningsen.
Ebenso wirkte sich die grosse Zahl an Auslændern (Deutsche, Franzosen) nicht positiv auf die Stimmung aus. Von "Verrat" war im Laufe des Feldzuges nicht nur 1x die Rede.
Zu den russischen Kriegsplanungen kann man das hier wohl als bestætigt ansehen:
Nach Tarlé war der sofortige Rückzug nicht geplant:
Die 3 Armeen waren grenznah in Angriffsposition aufgestellt, Hauptquartier war in Vilnius - ein von Anfang an GEPLANTER Rueckzug war nicht vorgesehen und wære auch politisch nicht durchsetzbar gewesen.
Man muss aber beruecksichtigen, dass es verschiedenste Meinungen und Ideen gab, DEN einen militærischen Plan, den dann Alexander verfolgt hætte, gab es nicht. Hætte es ihn gegeben, wurde er durch die Wirklichkeit ueberholt:
Der Angriff der Grande Armee liess zunæchst nur einen Rueckzug zu, obgleich dies widerwillig ausgefuehrt wurde und auch nur soweit wie nøtig.
Die Legende vom von Anfang an geplanten Rueckzug ins Landesinnere war einfach ein Klischee, dass man bediente, um Feinde von einem Angriff abzuschrecken. Dieses Zitat ist auch so einzuordnen:
(....) Bei der Unermesslichkeit unseres Hinterlandes und mit unserer gut organisierten Armee werden wir uns keine Blöße geben. In unserer Lage wird man mit uns niemals zu einem Friedensschluss zwingen können, was für Niederlagen wir auch erleiden mögen. Dagegen kann man den Sieger zum Frieden zwingen."
Vor Beginn der Krieges existierten hauptsæchlich folgende Plæne:
Barclay, Bagration, Benningsen hatten einen ælteren Plan formuliert, nachdem zunæchst nach Polen, dann Preussen "befreit" werden sollten.
Speziell Bagration bat Alexander, so zu agieren.
Barclay unterstuetzte diesen Plan zwar auch, hatte aber alternativ eine Verteidigung længs des Njemen in Planung.
1811 noch hatte Barclay eine andere Idee, die einen Angriff zwar vorsah, aber nicht auf konventionelle Weise, sondern mit flexiblen Manøvern von leichten Truppen, die die Franzosen støren und demoraliseren, den Feldzug hinauszøgern und eine Entscheidungsschlacht meiden sollten, alles auf feindlichem (polnischen) Gebiet.
Der wohl einzige, der ernsthaft ueber einen vorbereiteten Rueckzug nachdachte, war der preussische General Phüll. Er wollte die 1.Armee bis Dryssa zurueckziehen, die Franzosen somit "mitnehmen" und die 2. Armee sollte dann den Franzosen in die Flanke und den Ruecken fallen.
In der Tat hat man sogar begonnen, Feldstellungen an diesem Punkt zu errichten.
Welcher Plan Alexander favorisierte, ist letztendlich nicht gewiss zu sagen, klar ist, dass er an mehreren "Baustellen" gleichzeitig arbeitete.
Gegen den planmæssigen, quasi "unendlichen" Rueckzug spricht wie gesagt der grenznahe Aufmarsch, die Versorgungsdepots in Næhe zum aufmarschierten Heer, die ueberwiegende Zahl der Plæne, die allgemeine Stimmung im Kommando und auch der Bevølkerung und auch z.B. die Furcht von Aufstænden der Leibeigenen.
Dass es dann doch zum Rueckzug bis sogar nach Moskau kam, war eine Verkettung verschiedener Umstænde, die wir auch gerne næher beleuchten kønnen.
Klar ist, dass der Rueckzug politisch immer schwerer durchsetzbar wurde, insbesondere nachdem man fruehere polnische Provinzen aufgab und sich im eigentlichen Russland befand.
Næher eingehen kønnte man gerne mal hierauf:
Das halbherzigen diplomatische Geplänkel im Vorfeld können wir vernachlässigen.
Da gibt es schon einiges Interessantes, beispielsweise ein Angebot Alexanders an Poniatowski (!) ueber eine "Befreiung" Polens.
Gruss, muheijo