Der sächsisch-preußische Konflikt im Zeitalter August II. von Polen

Brissotin

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Hier in dem Forum ist ja schon mehrfach die Frage auf die tatsächliche Macht August II., des Starken aufgeworfen worden. Da die Bewertung ohne den Vergleich zu den gleichzeitig herrschenden Hohenzollern sich ohnehin aufwerfen würde und sie doch recht nahe liegend ist, möchte ich nun endlich mich dem Thema widmen und denke, dass sich dazu eine nette Diskussion ergeben kann.

Ausgangslage

Während es Brandenburg durch die erfolgreiche Herrschaft der Hohenzollern gelungen war, schwellende Konflikte wie der mit den pommerschen Herzögen für sich zu entscheiden, so fiel auch das Herzogtum Preußen im Zeitalter der Reformation und der Glaubenskriege an die brandenburgischen Kurfürsten. Nur zögerlich ging Joachim II. 1539/40 zum Luthertum über, säkularisierte Kirchengüter.
Kurz vor dem Kriege trat Kurfürst Johann Sigismund Weihnachten 1613 so schicksalhaft zum Reformierten Bekenntnis über
. Während des Großen Krieges stand Brandenburg mit seinen 8.000 Mann an Truppen ziemlich hilflos einem Löwen aus Mitternacht gegenüber. Das vom allmächtig waltenden katholischen Kanzler Schwarzenberg geführte Brandenburg, wurde von Kurfürst Georg Wilhelm (1619-40) verlassen, um aus dem relativ sicheren Königsberg dem Treiben zuzusehen, wie sein Kurfürstentum zum Spielball der Mächte wurde und an den Bettelstab kam. Flugblätter wie das „Schwedischer Bundt/ Mit zweyen Churfürsten/ Sachsen und Brandenburg“ zeigen ein völlig falsches Bild. Zum einen konnte Georg Wilhelm nie eine vergleichbar starke Heeresmacht ins Feld stellen wie sein südlicher Nachbar, woran ihn auch der Widerstand der Stände im eigenen Lande hinderte, zum anderen fügte sich Georg Wilhelm nur mit entschiedenem Widerstreben einer Allianz Gustav Adolph; erst als dieser seine Kanonen auf das Berliner Schloss richten ließ (scheinbar war der Hausherr gerade daheim).
Georg Wilhelms Nachfolger, Friedrich Wilhelm I. (1640-1688) waren diese Schrecken wohl eingedenk. In einer Stadt wie Frankfurt, die öfter als einmal genommen wurde, lebten von 13.000 (eine der größten Städte der Mark) 1653 nur noch 2.366 Menschen.

Derweil gelang es erst dem ernestinischen und dann dem albertinischen Sachsen eine Führungsrolle innerhalb der Fürstentümer Mitteldeutschlands einzunehmen, welche sich trotz der berühmten Niederlage bei Mühlberg im April 1547, eher noch verfestigte, da nun das neue albertinische Kurfürstentum gegen das Kaisertum ebenso wie zuvor das ernestinische Partei bezog. Diese Rolle vermochte das wirtschaftlich starke Sachsen zusehends auszubauen, dass es zu Beginn des 30-jährigen Krieges dem Kaiser ein willkommener Alliierter gegen die rebellischen böhmischen, mährischen, schlesischen und Lausitzer Stände. Bautzen wurde auch sogleich durch das Heer Johann Georgs I. von Sachsen genommen. Trotz der vielen Verwüstungen (Schlachten wie Lützen, Breitenfeld 1 und 2 wurden auf sächs. Territorium ausgetragen) gelang dem Kurfürsten eine relative Unabhängigkeit durch ein Lavieren zwischen den Fronten und eine starke Armee, die sowohl auf kaiserlicher Seite wie auch auf schwedischer focht (bei Lützen bildeten die Sachsen einen Flügel der Schlachtordnung Gustav Adolphs z.B.). So wurde ihm, als er mit dem Kaiser den Prager Separatfrieden von 1635 schloss, die Lausitz belassen und zudem die magdeburgschen Ämter Jüterbog und Dahme zugesprochen. Die wirtschaftlich starke Lausitz mit den beiden wichtigsten Städten Bautzen und Görlitz sollte zur Zeit Friedrich August I. noch einmal wirtschaftlich aufblühen.

Am Ende des Krieges 1648 kam jedoch einiges anders als vom sächs. Kurfürsten erhofft. Statt des Gewinns Magdeburgs, das an Friedrich Wilhelm von Brandenburg fiel, wurden dem sächs. Kurfürsten nur die bereits erklärten Eroberungen des Prager Friedens bestätigt. Aus dem Erbfall noch während des Krieges, 1637 war das Hzm. Pommern an Brandenburg gegangen, wie aus dem weiterhin bestehenden Lehnsverhältnis durch das Herzogtum Preußen gegenüber dem König von Polen zeichneten sich frühzeitig schon die neuerlichen Konflikte ab.

Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte aus den Nachteilen der Schwäche gegenüber den Ständen und der außenpolitischen Problematik bei dem Fehlen eines schlagkräftigen Heeres gelernt. Während die Reichsarmatur von 1681 und das aufblühende Klientelwesen der kleiner nicht armierten Staaten zu den armierten Staaten ein Stehendes Heer immer erforderlicher machten, war der Kurfürst von Brandenburg der erste im Reich, der damit aufwarten konnte und sogleich einer Großmacht wie Schweden die Pranken zeigte, Pommern zu einem erheblichen Teil zurück gewann.

Während in Brandenburg der Wiederaufbau nach dem Kriege wegen der agrarischen Lage nur sehr schleppend verlief, erholte sich das Kurfürstentum Sachsen ziemlich rasch von den Zerstörungen, wenngleich nicht im ungleich härter getroffenen Bereich um Belzig und Jüterbog, wo ähnliche Strukturen wie in Brandenburg.
Jedoch nutzte Johann Georg II. (1656-80) von Sachsen diesen Vorsprung reichs- und mächtepolitisch, trotz einer ähnlichen politischen Schaukelpolitik zwischen Frankreich und Kaiser wie Friedrich Wilhelm von Brandenburg, nicht aus. Die Subsidien, im Zeitalter der Allianzkriege ein gewaltiger Teil der Staatseinkünfte (siehe dazu den Thread Friedrich I.-Friedrich II. in Preußen!) flossen hauptsächlich in eine prunkvolle Hofhaltung.

Friedrich Wilhelm von Brandenburg schuf zum Teil am Beispiel der Niederlande ein gänzlich neues Brandenburg, indem er Exilanten ins Land rief, Kanäle errichten und Brandenburg in eine neue wirtschaftliche Richtung weg vom ausschließlich agrarisch bestimmten Staat steuerte durch moderne Wirtschaftsförderung.

Der Nachfolger Johann Georg III. (1680-91) verzichtete zwar weites gehend auf übertriebene höfische Repräsentation, schuf auch ein schlagkräftiges Heer, gleich seinem brandenburgischen Nachbar, konnte aber sein Lebenswerk nicht zu Ende führen. Der „sächsische Mars“ wie Johann Georg III. kämpfte gegen Franzosen und Türken in den Reichskriegen, ohne aber Gewinn an Land und Leuten wie Friedrich Wilhelm verbuchen zu können. Dennoch darf man in seinem Aufbau einer effektiven Verwaltung einen Schritt hin zu einem Staatswesen sehen, welches der neustaatlichen Zeit gewachsen sein sollte.

Auf Johann Georg III. folgte Johann Georg IV., der schon nach 2 ½ Jahren an den Blattern verstarb, um seinem Bruder Friedrich August I. Platz zu machen.

Die schnelle Abfolge und der frühe Tod beider recht viel versprechenden Fürsten werden bisweilen als zukunftsweisend gedeutet, als eine vergebene Chance beim Rennen der Staaten um die Vormacht. Auch kann man beobachten, dass Kursachsen nicht bei dem Zerfall des ernestinischen Sachsens im Zuge der Sekundogenitur ein Wort mitredete und nicht die Schwäche der verwandten Nachbarn ausnutzte.

Die außenpolitischen Niederlagen des ehemals führenden Staates des protestantischen Lagers zeichneten gewisser Maßen den Pfad hin in die Abhängigkeit vom Kaiser und ins katholische Lager, welches durch den Konfessionswechsel Friedrich Augusts konsequent besiegelt wurde. Da es nicht gelungen war, trotz erheblicher Anstrengungen, sich ins Reich hinein auszubreiten, orientierte sich Kursachsen nun nach Osten. Friedrich August I. griff nach der Königskrone von Polen aber dazu mehr, ein andermal oder wenn es wieder heißt: „Brissotin ist geschichtsbesessen.“

Fragestellungen sind für mich an der Stelle:
1. Gab es eine unausweichliche Entwicklung für das Sachsen ab Johann Georg II. ins kaiserliche Lager?
2. Was entschied den Konkurrenzkampf Brandenburgs und Sachsens?
3. War das recht kompakte Territorium Sachsens im Vergleich zum Flickenteppich Brandenburgs vielleicht sogar ein Nachteil, da Brandenburg eben durch diesen Flickenteppich an vielen Orten vom Rhein bis nach Preußen Einfluss besaß und seine Ambitionen geltend zu machen wusste?
 
Denn so plötzlichen Tod Kurfürst Moritz in der Schlacht von Sievershausen, 1553, sehe ich als einen entscheidenen Faktor im weiteren Verlauf der Geschichte Kursachsens. Nach ihm folgten zwar gute Verwalter und Landesväter nach, die jedoch wenig Talent in den machtpolitischen Fragen ihrer Zeit hatten.
Bereits unter August bagann Sachsens Fürhrungsrolle unter den protestantischen Ländern zu wackeln. Er war auf den Außgleich mit den Habsburgern bedacht und bezog Stellung gegen die Calvinisten die zunehmend das Heft des Handelns in die Hand nahmen. Mit dem Naumburger Vertrag, 1554, verzichtete er de facto auf Ansprüche auf die Territorien der Ernestiner und nahm sich und seinen Nachkommen so einige Optionen auf Gebietserwerbungen nach Westen. Der Versuch Kanzler Krells der zukünftigen Entwicklung entgegen zuwirken endete mit dessen Sturz und Hinrichtung.

Unter Kurfürst Johann Georg I. verspielte Sachsen seine Führungsrolle entgültig. Seine wechselvolle Politik wärend des Dreißigjährigen Krieges führten zum Ergebniss das sich Sachsen seitdem eng an das Kaiserhaus band. Auch führte Johann Georg die Praxis der Erbteilung fort die Kursachsen zusätzlich schwächte.
Die Rolle der sächsischen Stände, die stark lutheranerisch waren und eine Anlehnung an die Calvinisten verhinderten, sollte man dabei auch nicht außer Acht lassen. Überhaupt "verschliefen" die sächsischen Herrscher die Möglichkeiten die der Absolutismus ihnen als machpolitisches Werkzeug geben konnte. Die Stände sollten bis in das XVIII. Jahrhundert hinein eine bedeutende Rolle spielen. Als August der Starke die Macht der Stände brechen wollte, hatte der Absolutismus seinen Zenit bereits überschritten und ging seinem Ende entgegen.

Die Hohenzollern hingegen konnten vor und nach dem dreißigjährigen Krieg ihre Position klug und geschickt ausbauen. Durch den Erwerb Pommerns und Preußens konnten sie bedeutende Gebietsgewinne verbuchen. Zudem gelang es Friedrich Wilhelm die Macht der Stände zu schwächen und eine von dem Kaiser unabhänige Politik betreiben.

Der Erwerb der polnischen Krone für August dem Starken hingegen mag zwar ambizioniert gewessen sein, brachte jedoch keinen wirklichen Machtzuwachs. Sachsen band seine Kräfte in einen sich im Zerfall befindeten Staat und vergeudete sie im Nordischen Krieg während der Konkurent in Potsdam seine Blicke bereits auf das wirtschaftlich bedeutendere Schlesien richtete.

Sachsen mit seinen Fürsten geriet letztlich durch das Festhalten am "Reich" ins Hintertreffen. Während im Norddeutschen Raum das Reich faktisch nicht mehr existent war hielten die Kurfürsten behaarlich daran fest. Dabei stellten sie ihr Potenzial und Konzentration in dessen Dienste (wie z.B. Johann Georg III.) und ließen die Vermehrung der eigenen Hausmacht außer Acht.
Die einzige Möglichkeit Sachsens aus dem Schatten Hohenzollerns-Brandenburgs zu tretten währe die Ausrichtung seiner Politik eben gegen Brandenburg selbst. Jedoch konnte Sachsen nach dem dreißigjährigem Krieg nur noch mit den Habsburgern als nennenswerten Bündnisspartner rechnen. Allerdings hätten es sich die Habsburger zweimal überlegt ein mächtiges Sachsen an seinen Grenzen zu akzeptieren als ein schwaches an sich zu binden, dass zudem als Puffer zu den Hohenzollern dienen konnte. Und das sollte Sachsens Schicksal werden.
Eine Politik auf kosten Habsburg selbst wäre nach dem dreißigjährigen Krieg aussichtslos gewessen. Sachsen hatte seine Symphatien bei den Protestanten verloren. Zudem konnten sie mit ihrem brandenburgischen Konkurenten im Norden nicht rechnen dem ein zu starkes Sachsen sicherlich auch nicht recht gewessen wäre. Innenpolitisch wiederum mussten die Stände einen Einfluß auf die Politik entgegensehen bei einem zu starken Landesfürsten entgegen sehen, dessen einzige Option in der Konfrontation mit Habsburg ein Annähern an die Calvinisten gewessen wär.
 
Zuletzt bearbeitet:
Darauf wollte ich hinaus, erstmal ein Beschau der Ereignisse hauptsächlich vor dem Machtantritt Friedrich August I..:yes:
Ich bin leider mit der Landesgeschichte vor dem 17.Jh. nicht so vertraut, deswegen sind Deine Hinweise sehr nützlich. Ich schaue erstmal noch in die Richtung, bevor ich mich dann dem polnischen Projekt zuwende.

Wie würdest Du die doch relativ unabhängige Lage Sachsens unter Johann Georg I. einschätzen? Es konnte zu der Zeit noch wie Bayern zu den Schwergewichten im Reiche zählen Dennoch siehst du Schwächen, das finde ich ganz interessant, da dem "relativ" mächtigen Johann Georg I. immer mal wieder der außenpolitisch schwache Georg Wilhelm gegenüber gestellt wird. Dabei kann man vielleicht die finanzielle Macht (Erzgebirge...) Johann Georgs nicht zu hoch einschätzen. Die Einnahmen waren schlichtweg da, welche eine Aufstellung einer kostspieligen Söldnerarmee gestatteten. Das fehlte Georg Wilhelm. Indes waren die stehenden Heere vielleicht eher eine Chance Brandenburgs. :grübel:
 
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Wie würdest Du die doch relativ unabhängige Lage Sachsens unter Johann Georg I. einschätzen? Es konnte zu der Zeit noch wie Bayern zu den Schwergewichten im Reiche zählen Dennoch siehst du Schwächen, das finde ich ganz interessant, da dem "relativ" mächtigen Johann Georg I. immer mal wieder der außenpolitisch schwache Georg Wilhelm gegenüber gestellt wird. Dabei kann man vielleicht die finanzielle Macht (Erzgebirge...) Johann Georgs nicht zu hoch einschätzen. Die Einnahmen waren schlichtweg da, welche eine Aufstellung einer kostspieligen Söldnerarmee gestatteten. Das fehlte Georg Wilhelm. Indes waren die stehenden Heere vielleicht eher eine Chance Brandenburgs. :grübel:

Ich schätze die Lage Sachsens des Johann Georgs alles andere als schwergewichtig ein.
Ohne Zweifel erbte Johann Georg I. ein wirtschaftlich starkes Land, dessen politischer Einfluß jedoch bereits im schwinden war. Die Weigerung Christians II., Johann Georgs Bruder, der Union von Abhausen beizutretten hat Sachsen vom Rest der protestantischen Reichsständen entfremdet. Wobei Johann Georg noch viele Möglichkeiten offen standen, hätte er die Zeichen der Zeit erkannt und vor allem die sächsischen Stände in ihre Schranken gewiesen.
Der Außbruch des dreißigjährigen Krieges war die Gelegenheit das Heft des Handelns wieder in die eigene Hand zu nehmen und diesen Krieg, wie alle anderen auch, für die Erweiterung der eigenen Macht zu nutzen.
Und da erwieß sich Johann Georg I., anders als sein großer Vorfahr Moritz, als schlechter Machtpolitiker. Anstatt Farbe zu bekennen und sich an die Spitze der Union zu stellen (vor allem im Hinblick auf ein mögliches Bündniss mit Schweden und Brandenburg) war er auf dem Behaaren des status quo bedacht. Stattdessen übernahm sich der Pfälzer als Anführer der Union und scheiterte damit kläglich. Nicht auszudenken wie der Krieg seinen Verlauf genommen hätte, hätte Johann Georg und nicht Friedrich von der Pfalz die böhmische Krone entgegengenommen. Johann Georg verspielte Sachsens militärisches Potenzial leichfertig im ungeschickten Lavieren zwischen den Kriegsparteien. Die Siege an der Seite der Schweden, denen er sich kurzzeitig anschloss, wurden mit seinem Abfall von eben jenen wieder relativiert. Denn die Schweden sollten als Vergeltung das bisher relativ gut davon gekommene Sachsen verwüsten und dessen Armee aufreiben.

Die Schwäche des Hohenzollers, Georg Wilhelm, aber sollte das Glück Brandenburgs werden. Ohne Zweifel war sein Brandenbug zu schwach um vor und während des Krieges eine bedeutende Rolle zu spielen. Im Lande selbst herrschte dann Wallenstein, Gustav Adolf und vor allem der Krieg. Jedoch verhinderte eben jene Schwäche eine Annäherung Brandenburgs an Habsburg. Was sich als Segen führ Georg Wilhelms Sohn und Enkel erweissen sollte.
 
Und da erwieß sich Johann Georg I., anders als sein großer Vorfahr Moritz, als schlechter Machtpolitiker. Anstatt Farbe zu bekennen und sich an die Spitze der Union zu stellen (vor allem im Hinblick auf ein mögliches Bündniss mit Schweden und Brandenburg) war er auf dem Behaaren des status quo bedacht. Stattdessen übernahm sich der Pfälzer als Anführer der Union und scheiterte damit kläglich.

Es mag sein, daß ich Dich mißverstehe, aber mW war es doch so, daß Kursachsen aufgrund des Gegensatzes zur Kurpfalz nicht der Union beitrat und lieber Rückhalt beim katholischen Kaiser suchte.
Dieses Verhalten hatte man ja auch vorher bereits gezeigt (Schmalkaldischer Krieg; auch wenn Moritz nach Erlangen der Kurwürde sich sogleich auch gegen den Kaiser stellte und sich damit zum Retter des deutschen Protestantismus aufschwang).
Das Verhältnis zu den anderen protestantischen Reichsfürsten war also zum Zeitpunkt der Gründung der Union recht ambivalent, wozu - da gebe ich Dir Recht - sicherlich auch die Weigerung Kursachsens unter Christian II. bzgl. Union von Abhausen beitrug.

Ungeschicktes Lavieren zwischen den Kriegsparteien im Dreißigjährigen Krieg würde ich zudem auch nicht vordergründig unterstellen, da Kursachsen das kaiserliche Lager (mit welchem es zuvor die Lausitz während des Böhm.-Pfälz. Krieges 1618/23 gewonnen hatte) nicht einfach wegen der Invasion der Schweden verließ, sondern v.a. wegen des kaiserlichen Restitutionsedikts.

Aber wie schon erwähnt, kann ich Dich diesbezüglich mißverstanden haben...
 
Es mag sein, daß ich Dich mißverstehe, aber mW war es doch so, daß Kursachsen aufgrund des Gegensatzes zur Kurpfalz nicht der Union beitrat und lieber Rückhalt beim katholischen Kaiser suchte.
Dieses Verhalten hatte man ja auch vorher bereits gezeigt (Schmalkaldischer Krieg; auch wenn Moritz nach Erlangen der Kurwürde sich sogleich auch gegen den Kaiser stellte und sich damit zum Retter des deutschen Protestantismus aufschwang).
Das Verhältnis zu den anderen protestantischen Reichsfürsten war also zum Zeitpunkt der Gründung der Union recht ambivalent, wozu - da gebe ich Dir Recht - sicherlich auch die Weigerung Kursachsens unter Christian II. bzgl. Union von Abhausen beitrug.
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Eben dieser Gegensatz des lutheranischen Sachsens zur calvinistischen Pfalz trieb Sachsen unnötigerweise wieder ins Lager Habsburgs.
Unnötigerweise deshalb weil Sachsen eben dadurch seine, durch Moritz erreichte, Führungsrolle im protestantischen Lager aufgab. Die Nachfolger Moritz hätten alles daran setzen müssen die Gegensätze innerhalb der Protestanten zu glätten, zumal den calvinistischen Ländern ein, im Gegensatz zur Pfalz, starkes wenn auch lutheranerisches Sachsen als Anführer ihrer Sache wessentlich bedeutsamer gewessen wär. Die Kurfürsten, allen voran Christian II. und Johann Georg I. hätten dies erkennen müssen. Stattdessen haben sie sich diese Chance aus religionspoltitischen Gründen leichtfertig verspielt.


timotheus schrieb:
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Ungeschicktes Lavieren zwischen den Kriegsparteien im Dreißigjährigen Krieg würde ich zudem auch nicht vordergründig unterstellen, da Kursachsen das kaiserliche Lager (mit welchem es zuvor die Lausitz während des Böhm.-Pfälz. Krieges 1618/23 gewonnen hatte) nicht einfach wegen der Invasion der Schweden verließ, sondern v.a. wegen des kaiserlichen Restitutionsedikts.

Aber wie schon erwähnt, kann ich Dich diesbezüglich mißverstanden haben...

Dem sehe ich nicht so.
Der Gewinn der Lausitzen, im Bunde mit Habsburg, kann man nur als Trostpflaster in Hinsicht auf die böhmische Krone (und damit Schlesiens) sehen. Der Wechsel auf die Seite Schwedens war richtig. Ein Versuch noch einmal selbstständig in diesem Krieg zu agieren. Umso verhängnisvoller der Abfall von Schweden, 1635. Denn auch nach dem Tod Gustav Adolfs war das schwedische Heer noch stark genug um zumindest im Nordosten des Reiches großen Einfluß zu sichern. Dadurch hätte Sachsen weitaus besser profitieren können (wie es Brandenburg tat) als durch die Wiederannäherung an Habsburg nach dem Frieden von Prag.
Für die Schweden wäre das stärkere Sachsen ein weitaus besserer Bündnisspartner im Reich gewessen als Brandenburg. Zudem wären die Chancen auf einen Gewinn Magdeburgs für Sachsen im Bunde mit Schweden weitaus günstiger gewessen.
 
Stimmt der Prager Friede war nicht nur übereilt, sondern erwies sich gerade zum Ende des Krieges hin als verhängnisvoll. Andersrum konnte Johann Georg I. nicht wie Georg Wilhelm in weit vom Krieg entfernte Teile seines Reiches fliehen. Vielleicht ließ das den Sachsen weniger Überblick bewahren.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass Brandenburg politisch mehr Glück als eigenes Geschick während des Krieges hatte. Das sture Beharren an der Seite Habsburgs bis zum Geht nicht mehr, siehe meinen ersten Beitrag (!), hätte den Kurfürst beinahe alles gekostet. Er hätte einfach aus seinem Land vertrieben werden können. Die protestantischen Fürsten erwiesen sich ja schon rasch für Schweden als ein äußerst unzuverlässiger Bündnispartner. Sicherlich war Brandenburg auch bei dem Konflikt um die polnische Krone der Wasa indirekt bedroht gewesen und hatte mehr als ein Sorgenkind.

Währenddessen wollte Sachsen am Beginn des Krieges schlichtweg die Schwäche seiner Anrainer ausnutzen, dass die Habsburger ihre Lausitz aufgeben würden, war nicht die schlechteste Option und erwies sich zumindest zum Zeitpunkt der polnischen Königswürde für das Haus Wettin als ein Glücksfall - der Handelsweg auf Neiße und Oder war wohl bekannt und die wichtige Königsstraße führte dortlang. Außerdem war die Gegend um Görlitz eine der reichsten des Reiches allein wegen der Textilproduktion, was sehr gut in das sächsische Konzept passte. (Zu dem Thema schrieb ich indirekt schon im Thread über die Wirtschaftspolitik FW I.: http://geschichtsforum.de/showpost.php?p=205741&postcount=20 ) Ich kann nicht genau beurteilen wie da frühere Begehrlichkeiten eine Rolle spielten.

Für mich lassen sich zwischen der Kurpfalz und dem Verlust der Vorherschaft im Westen des Reiches mit der Katholisierung und dem Verlust der Vormacht im Osten des Reiches durch Sachsen gewisse Parallelen ziehen, auch wenn man religigiöse Intoleranz ein wenig ausklammern darf im Falle Sachsens.
 
OK; wir haben jetzt hier wohl wirklich ein wenig aneinander vorbeigeredet... :rotwerd:

Was ich mit meinem Beitrag sagen wollte, ist folgendes: Für diesen politischen Kurs Kursachsens bzw. bis zum Ende des Schmalkaldischen Krieges des Hzm. Sachsen gab es doch ganz konkrete Gründe. Und - abgedroschener Spruch (Fünf Euro ins Phrasenschwein!) - hinterher ist man bekanntlich immer schlauer... ;)

Die Gründe dafür waren doch folgende - und im zeitlichen Kontext durchaus nachvollziehbar:
  1. Die Parteinahme für den Kaiser im Schmalkaldischen Krieg - Nutzen: Gewinn der Kurwürde.
  2. Danach dann Distanz zum Kaiser - Nutzen: Demonstration der eigenständigen reichsfürstlichen Politik & Rückgewinn des Ansehens bei den anderen protestantischen Reichsfürsten.
  3. Ablehnung der Union von Abhausen - Nutzen: Wieder Rückhalt beim Kaiser gewonnen, zumal man im Augsburger Religionsfriede sein Ziel erreicht hat.
  4. Nichtbeitritt zur Protestantischen Union, sondern wieder Rückhalt beim Kaiser - Grund: Der grundsätzliche Gegensatz zur Kurpfalz.
  5. Im 30-jährigen Krieg Einmarsch auf Seiten der Kaiserlichen in böhmisches Gebiet - Nutzen: Gewinn der Lausitz.

Daß dies im Nachhinein ein Fehler war, weil Kursachsen damit sich selbst schwächte - hinzugefügt sei aber hier politisch, nicht wirtschaftlich und kulturell -, steht natürlich auf einem anderen Blatt... :friends:

Und noch eine Anmerkung zum Schluß: Man darf bei der Betrachtung des Kontextes im Zeitalter der Glaubensspaltung trotz des Umstandes, daß die konfessionelle Spaltung eine grundlegende Ursache für die Spaltung der Reichsfürsten und den späteren Krieg war, auch keinesfalls übersehen, daß sich die konfessionellen Abgrenzungen aus rein (macht-)politischen Gründen verwischten. Die angesprochenen Schweden traten selbstredend lt. Gustav II. Adolf auch an, um ihre "deutschen Glaubensbrüder" zu retten; das Bündnis mit dem katholischen Frankreich (welches zuhause selbst gerade wieder ansetzte, seine Protestanten (Hugenotten) aus dem Land zu jagen, wurde dabei gern verschwiegen...
 
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Währenddessen wollte Sachsen am Beginn des Krieges schlichtweg die Schwäche seiner Anrainer ausnutzen, dass die Habsburger ihre Lausitz aufgeben würden, war nicht die schlechteste Option und erwies sich zumindest zum Zeitpunkt der polnischen Königswürde für das Haus Wettin als ein Glücksfall - der Handelsweg auf Neiße und Oder war wohl bekannt und die wichtige Königsstraße führte dortlang. Außerdem war die Gegend um Görlitz eine der reichsten des Reiches allein wegen der Textilproduktion, was sehr gut in das sächsische Konzept passte. (Zu dem Thema schrieb ich indirekt schon im Thread über die Wirtschaftspolitik FW I.: http://geschichtsforum.de/showpost.php?p=205741&postcount=20 ) Ich kann nicht genau beurteilen wie da frühere Begehrlichkeiten eine Rolle spielten.
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Zu Zeiten Johann Georgs I. war die polnische Krone jedoch noch weit entfernt.
Sicher übernahmen die Wettiner mit der Lausitz eine wirtschaftlich starke Region, doch wirklichen Nutzen im Konzert der Großen sollte sie nicht bringen, auch für August dem Starken nicht. Schlesien war da von erheblich höherer Bedeutung. Der fehlende Wille dieses Territorium wärend des Krieges zu erringen hatte letztlich auch negative Auswirkungen für die Politik Augusts des Starken. Desweiteren muss man bedenken das man in Sachsen begann den finanziellen Gewinn maßgeblich in eine teure baroke Hofhaltung zu investieren anstatt in Verwaltung und Militär.

Der Verlauf und Ausgang des dreißigjährigen Krieges bestimmte letztlich die weitere Zufunft Sachsens wie auch Brandenburgs bis zur französischen Revolution.
Brandenburg mag zwar verwüstet und entvölkert gewessen sein, jedoch warten die Kurfürsten des Hauses Hohenzollern im Schatten Schwedens eine unabhängige Stellung über das Kriegsende hinaus. Dies ermöglichte zum einen den Wiederaufbau in eigener Hand und die Stärkung des Kurfürsten gegenüber den Ständen. Letzlich wurde Brandenburg stark genug um sich in einem Waffengang (1674-1679) gegen Schweden emanzipieren zu können. (Hinter)Pommern und Preußen waren für Brandenburg gesichert. Zudem verspielte sich Habsburg Sympathien bei den Hohenzollern da sie diese im Frieden von St. Germain nicht unterstützten.
 
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Die Gründe dafür waren doch folgende - und im zeitlichen Kontext durchaus nachvollziehbar:
  1. Die Parteinahme für den Kaiser im Schmalkaldischen Krieg - Nutzen: Gewinn der Kurwürde.
  2. Danach dann Distanz zum Kaiser - Nutzen: Demonstration der eigenständigen reichsfürstlichen Politik & Rückgewinn des Ansehens bei den anderen protestantischen Reichsfürsten.
  3. Ablehnung der Union von Abhausen - Nutzen: Wieder Rückhalt beim Kaiser gewonnen, zumal man im Augsburger Religionsfriede sein Ziel erreicht hat.
    [*]Nichtbeitritt zur Protestantischen Union, sondern wieder Rückhalt beim Kaiser - Grund: Der grundsätzliche Gegensatz zur Kurpfalz.
    [*]Im 30-jährigen Krieg Einmarsch auf Seiten der Kaiserlichen in böhmisches Gebiet - Nutzen: Gewinn der Lausitz.
Daß dies im Nachhinein ein Fehler war, weil Kursachsen damit sich selbst schwächte - hinzugefügt sei aber hier politisch, nicht wirtschaftlich und kulturell -, steht natürlich auf einem anderen Blatt... :friends:
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Genau darauf wollte ich hinaus.:friends:

Die Herrscher Sachsen sollten es immer verstehen ihr Land wirtschaftlich und kulturell auf einem hohen Niveau zu halten.
Politisch jedoch sollten sie (zu sehen in den Punkten 3-5) im Gegensatz zu den Brandenburgern ins Hintertreffen geraten. Vobei ihnen Moritz ein so vielversprechendes Fundament (Punkte 1&2) führ eine weitaus bedeutendere Zukunft gelegt hatte.
 
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...man darf bei der Betrachtung des Kontextes im Zeitalter der Glaubensspaltung trotz des Umstandes, daß die konfessionelle Spaltung eine grundlegende Ursache für die Spaltung der Reichsfürsten und den späteren Krieg war, auch keinesfalls übersehen, daß sich die konfessionellen Abgrenzungen aus rein (macht-)politischen Gründen verwischten.....

sehe ich auch so:

....Die Leipziger Teilung Sachsens hat aus einer Großmacht, die sich vom Erzgebirge bis zum mittleren Elbraum erstreckte und- neben den habsburg. Ländern- Deutschlands mächtigste war, zu zwei Fürstentümern mittlere Ranges entwickelt, die beide nicht über ein kompaktes Staatsgebiet verfügten.
Die Räte, die den Teilungsplan entworfen haben zielten zwar auf künftige prinzipielle Unteilbarkeit des wett. Besitzes und verteilten die Landesteile so, dass einvernehmliches Handeln der beiden Linien erzwungen wurde, doch erwies sich gerade dieser Umstand als verschärfender Faktor bei den kommenden Konflikten der Reformation.
Mit diesen Fakten sah sich der 20-jährige Herzog Moritz 1541 beim Amtsantritt des albert. Sachsen konfrontiert und hatte durch seine Erziehung tiefen Einblick in das Für-und Wider
der theologisch-konfessionellen Fragen und deren politischen Konsequenzen....

........Die Schmalkaldische Reichspartei war es schließlich, die jegliche Kompromisse beendete und durch ihre Absage an das vom Kaiser und Papst geladene Trienter Konzil Reichsrecht brach........

siehe weiter :

http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=5076
 
.....zu Friedrich-Wilh. I. und August d. Starken wäre noch interessant, daß Fr.-W. I. in seinem Testament seinen künftigen Nachfolgern empfahl mit Polen zwar stets in guter Nachbarschaft zu leben, aber im poln. Sejm stets eine preuß. "Partei "zu haben, um Beratungen abbrechen zu können, wenn es die preuß. Interessen erforderten.. Vorallem sollte die Stärkung August II. (v.Polen ) verhindert werden. Diese Politik -und die Erwerbung Stettins und Vorpommerns 1720 provozierten einen Wirtschaftskrieg, der mit den gegenseitigen Besuchen der Könige in Dresden und Berlin, sowie dem Handelsvertrag von 1728 nur eine vorübergehende Entschärfung brachte.
 
Die Regierung Friedrich August I. begann vorahnungsvoll:

Johann Georg IV., Friedrich Augusts Bruder starb, da er sich am Sterbelager seiner Mätresse Mademoiselle von Neitsch eine tödliche Krankheit zugezogen hat.
Pöllnitz sagt darüber in „Das galante Sachsen“ 1735:
„... Ich weiß nicht, ob dieses alles wahr ist, aber soviel ist gewiß, daß der Eigensinn des Churfürsten, nicht von seiner Maitresse zu lassen, ihm fünf Tage darauf die Blattern auf den Halß gezogen hat woran er auch den siebenden Tag verstarb. ...“

Mit dem Tod des noch jungen Johann Georg IV. verließ Kursachsen endgültig seine ehemalig recht bescheidenen außenpolitischen Bahnen, indem sich der 24-jährige Friedrich August sogleich 1695/96 in den Krieg gegen die Türken stürzte, um sich wie sein Vorgänger der sogenannte „Sächsische Mars“ militärisch hervor zu tun. Wie auch später in seinen Kriegen blieben seine Bemühungen recht erfolglos. Schon 3 Jahre nach der Übernahme des sächsischen Kurhutes, marschierten sächsische Truppen in Polen ein, um dem Thronstreben ihres Kurfürsten Nachdruck zu verleihen.

Russland und Österreich unterstützten das schon fast traditionell mit dem Kaiserhaus verbundene Sachsen bei dem Kampf um die Krone gegen die Partei um den französischen Prinzen von Conti. Am 15.09.1697 war Friedrich August I. als August II. in Krakau gekrönt.

Die Allianz mit dem Kaiser machte aus August II., den natürlichen Verbündeten auch des Hauses Brandenburg. Beide Staaten ähnelten zu dem Zeitpunkt einander an militärischer Macht mit Heeren von zwischen 30 und 40.000 Mann.

Anlässlich des Nordischen Krieges kam es zu einem Dreikönigstreffen in Berlin zwischen dem preußischen, dänischen und sächsischen König. http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=205761&postcount=8
Die preußischen Streitkräfte waren allerdings noch im Spanischen Erbfolgekrieg gebunden und konnten erst danach auch im Sinne Sachsen-Polens marschieren, was aber bereits zu einem Zeitpunkt geschah, als mit Poltwawa die Wende im Nordischen Krieg eingetreten war.

Nicht unähnlich zu Preußen unter Friedrich I. und Friedrich Wilhelm I. kam es in Sachsen zu bedeutenden Reformen innerhalb der Verwaltung wie der Schaffung einer Oberrechenkammer 1707 und ähnliches. Manufakturen wurden gefördert, die Herstellung von Luxusgütern bekam nicht nur mit Dresdener Spitze und Meißener Porzellan einen enormen Aufschwung. Die Gründung von Manufakturen kann in dieser Zeit als herausragend in Kursachsen gesehen werden, Brandenburg kam da wirtschaftlich nicht hinterher und das trotz der hohen finanziellen Belastungen durch die Kriege (erhebliche Plünderungen im Nordischen Krieg) und die Handsalben an die polnischen Adeligen.

Die Konvertierung Friedrich August I. zum katholischen Glauben führte zu einem scharfen Gegensatz zwischen der Religion in der Bevölkerung in Sachsen und dem herrschenden Haus Wettin, welcher schwerlich zu kitten war. Anders herum verstärkte sie, die Bindung an das Kaiserliche Lager. Nur zu bereitwillig gestattete dann auch der Kaiser Reichsfürstentitel für die Mätressen eines August II. und sah auch über noch so wunderliche Scheidungen und wiederum Annullierungen wie im Falle der Gräfin Cosel hinweg. Trotz der religiösen Abwendung vom Luthertum, blieb das kath. Haus Wettin nominell Oberhaupt der evangelischen Landeskirche im sächsischen Kreis.

Der Glaubenswechsel führte zu einer Entfremdung gegenüber ehemaligen Partnern im protestantischen Teil des Kurkollegium, in dem nur noch zwei Vertreter nunmehr saßen. Das Blutgericht von Thorn 1724 führte zu einer noch tiefgreifenderen Anfeindung mit Preußen, dass sich auch schon in der Pfalz wegen religiöser Verfolgungen eingemischt hatte.

Die Nähe und schließliche Abhängigkeit vom Kaiser sollte wohl auch einen Ausgleich zum Erstarken Preußens mit erheblichen Gebiets- und Einflussgewinnen im Nordischen Krieg schaffen. Mit der Ehe des Kurprinzen mit Maria Josepha aus dem Hause Österreich gedachte der Reichsvikar versuchte August II. seiner seits einen Einfluss auf den starken Alliierten zu gewinnen. Für eine energische Politik und ein Projekt, den Kaiser Karl VI. beiseite zu drängen und eigene Ambitionen auf den Kaiserthron geltend zu machen, dafür fehlte Friedrich August I. am Ende die Energie. Dennoch kann man Zeit seiner Herrschaft eine rege Reichspolitik beobachten, trotz der erschöpfenden Verwicklungen in Polen.

In dem Streit von 1725 um die Interessen der Magdeburger Ritterschaft, tat sich August II. ,als Vertreter kaiserlicher Autorität hervor. Der Zollkrieg zwischen Sachsen und Preußen hatte sich seit 1721 verschärft. (-> ein Blick auf die Wirtschaftspolitik FW I. wäre da sinnvoll: http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=205741&postcount=20 ) Diese schweren Zwiste überlagerten zusehends die Freundschaftsbekundungen zwischen Friedrich August I. und Friedrich Wilhelm I., die sogar bis zu Heiratsplänen Friedrich August I. mit Prinzessin Wilhelmine gediehen waren. Hingegen sollte Preußen den sächs. Kurfürsten zu einer Erbmonarchie in Polen verhelfen.

Militärisch protzte August II. gern mit Stärke wie beim Zeithainer Lustlager. Besonders prunkvolle Waffen und Rüstungen der kurzzeitigen orientalischen Spielereien des Kurfürsten haben sich erhalten (im Zeughaus Dresden). Militärisch hatte Sachsen durchaus aufgerüstet und stellte nach Preußen den Staat mit der höchsten Soldatenquote im Verhältnis zur Einwohnerzahl dar. Daneben hatte es auch organisatorisch Veränderungen in Form einer Heeresreform gegeben. Anders wären die Einmärsche in Polen und die damit verbundenen Anstrengungen im Nordischen Krieg bei der verhältnismäßig schwachen und unzuverlässigen polnischen Armee nicht zu meistern gewesen. Dennoch hatte Sachsen unter Friedrich August I. vornehmlich empfindliche militärische Niederlagen gegen die Schweden hinnehmen müssen, welche auch durch diplomatische Leistungen ausgeglichen werden mussten.

Insgesamt kostete die Erlangung der polnischen Königswürde dem markantesten und beeindruckensten Wettinerherrscher und Sachsen zuviel. So musste das ernestinische Erbe Sachsen-Lauenburg verschachert werden, um nur ein Beispiel zu nennen. Trotz erheblicher Mittel blieben die Erfolge um eine Festigung der Macht in Polen verschwindend gering, vor allem im Verhältnis zum guten Verhältnis zu ehem. Bündnispartnern, welches dadurch eingebüßt wurde. Die Erhaltung der Krone hatte auch die Stärkung Russlands forciert und somit selbst Polen geschwächt. In dem Zusammenhang schuf August II. Mocny selber die gefährlichen Voraussetzung, welche zum desaströsen Finale unter der Regierung eines Grafen Brühl führen sollte.

Einige wichtige Aspekte wie die kulturellen Leistungen in Sachsen und die Tätigkeit der berühmtesten Künstler habe ich erst mal ausgelassen.
 
Zweierlei finde ich bemerkenswert:
1. Während Preußen sich im Nordischen Krieg zurückhält, da es 3/4 seiner 44.000 Mann im Westen einsetzt und immer wieder Neutralität mit Karl XII. ausmacht, bis der König stirbt und dann Vorpommen mit Stettin bis zur Peene preußisch werden, da griff August II. an und erzielte keinerlei Erfolge.
Das Deffensivbündnis mit Schweden hatte Friedrich I. gar 1696 verlängert und auf das Hzm. Preußen (in seinem Sinne) und auf Livland (im Sinne Schwedens) ausgedehnt, 1707 wurde das 1686 auf Zehn Jahre, also noch unter Friedrich Wilhelm dem Großen Kurfürst, abgeschlossene Bündnis nochmals verlängert nunmehr als "ewiges Bündnis". In Anbetracht der schwedischen Siege von Narwa und Klissow wohl verständlich. So klar ist also eine gegen Schweden gerichtete Politik Preußens nicht einmal erkennbar. Als die Russen dann nach Stralsund marschierten, um mit Dänen, Polen und Sachsen vorzugehen, da zog Friedrich I. angesichts einer großen zaristischen Militärpräsenz seinerseits Truppen zusammen, welche die Kurmark gegen russisch-polnische Begehrlichkeiten schützen sollten. Diese Neutralitätspolitik Preußens könnte man sogar genauer besehen, als Politik kontra seinem südlichen Nachbarn sehen.

2. Der Konflikt zwischen Sachsen und Preußen, der sich in den 1720ern noch zuspitzte, ist ganz interessant unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass ja oftmals davon ausgegangen wird, dass der preußische Hof von kaiserlich-sächsischen Agenten beherrscht worden sein soll. Seckendorf ist schon genannt worden. Also muss wohl die Politik Friedrich Wilhelm I. doch weniger stetig gewesen sein, richtete sie sich im Falle des Magdeburger Streites eindeutig gegen den Kaiser...:grübel:
 
Zweierlei finde ich bemerkenswert:
1. Während Preußen sich im Nordischen Krieg zurückhält, da es 3/4 seiner 44.000 Mann im Westen einsetzt und immer wieder Neutralität mit Karl XII. ausmacht, bis der König stirbt und dann Vorpommen mit Stettin bis zur Peene preußisch werden, da griff August II. an und erzielte keinerlei Erfolge.
Das Deffensivbündnis mit Schweden hatte Friedrich I. gar 1696 verlängert und auf das Hzm. Preußen (in seinem Sinne) und auf Livland (im Sinne Schwedens) ausgedehnt, 1707 wurde das 1686 auf Zehn Jahre, also noch unter Friedrich Wilhelm dem Großen Kurfürst, abgeschlossene Bündnis nochmals verlängert nunmehr als "ewiges Bündnis". In Anbetracht der schwedischen Siege von Narwa und Klissow wohl verständlich. So klar ist also eine gegen Schweden gerichtete Politik Preußens nicht einmal erkennbar. Als die Russen dann nach Stralsund marschierten, um mit Dänen, Polen und Sachsen vorzugehen, da zog Friedrich I. angesichts einer großen zaristischen Militärpräsenz seinerseits Truppen zusammen, welche die Kurmark gegen russisch-polnische Begehrlichkeiten schützen sollten. Diese Neutralitätspolitik Preußens könnte man sogar genauer besehen, als Politik kontra seinem südlichen Nachbarn sehen.
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Preußen konnte sich in diesem Konflikt doch nur zurücklehnen, abwahrten und profitieren, während sich die nordische Großmacht (und alter Rivale) Schweden und der ambitionierte Nachbar im Süden, Sachsen, sich gegenseitig schwächten. Einzig eine allzustarke Präsenz des erstarkenden Russlands im polnischen Raum, zwischen Brandenburg und Preußen, musste als Bedrohung angesehen werden. Letztlich aber konzentriert sich Zar Peter auf die finnisch-baltische Region und ließ im "polnischen Vakum" den geschwächten Kurfürsten von Sachsen zurück. Was für Preußen natürlich nur von Vorteil sein konnte.
Ein Defensivbündnis mit Schweden lag für Preußen nahe. Bis Poltawa war Schweden dominierend in diesem Krieg und Preußens Truppen waren im sp.-Erbfolgekrieg gebunden. Zudem konnte Preußen nach Poltawa sich auch hier eine positive Wende in seinem Sinne abzeichnete.
Die Beteiligung Augusts des Starken in diesem Krieg muss man als Fehler sehen. Vor allem deshalb weil er sich in diesem Krieg in erster Linie auf seine sächsischen Ressoursen stützen konnte da ihm der polnische Reichstag ihm die Unterstützung verwehrte. Auch sind mir seine Motive schleierhaft. Er hatte die polnische Krone gerade erst übernommen. Seine ganze Aufmerksamkeit hätte in der Konsolidierung und Stärkung seiner Position in Polen selbst gelten müssen.
 
Vielleicht meinte August II. sich im Falle eines Gewinnes von Livland auch als großer Sieger aufspielen zu können. Die Allianz mit Dänemark und Russland war eigentlich recht vielversprechend, außerdem waren die sächsischen Kräfte nicht im Westen gebunden. Während sich Friedrich I. in einem Krieg verbrauchte in dem es scheinbar, aus der Sicht August II., nichts zu gewinnen gab, wollte August Polen zur beherrschenden Macht des Baltikums machen, von dessen Getreideexporten immer noch ein Teil Westeuropas abhing.

Friedrich I. nannte diesen Kampf im Nordischen Kriegen
"ein gar zu grosses Hasard"
und sollte Recht behalten. Dennoch wird er von Historikern wie Droysen auch gescholten, er hätte "im Westen Krieg ohne Politik, im Osten Politik ohne Armee" gemacht. Unterm Strich zeigt sich, dass Friedrich I. zum einen zum Bündnis mit dem Kaiser schon durch die Verträge seines Vaters gezwungen war, Zweitens dadurch seine rheinischen Besitzungen schützen konnte, Drittens keine Angriffe durch Schweden zu befürchten hatte, das sich ja an das Deffensivbündnis hielt und Viertens später noch abräumen konnte, als sich Sachsen wie allerdings auch Dänemark verausgabt hatten, zu sehr verausgabt hatten, um am Vertragstisch noch einmal das Ruder herum reißen zu können. Die Künste des Feldmarschalls Flemming hatten dem König von Polen August II. nur Atempausen verschafft. :fs:

Vielleicht hatte August II. den Willen zu weitgespannter Großmachtpolitik, aber eben nicht die politische Weitsicht, die man letzten Endes Friedrich I. nicht abstreiten kann.
 
Vielleicht wurde der schwedische Gegner von den Allierten auch sträflich unterschätzt. Zwar galt Schweden vor dem Krieg als die bestimmende Ostseemacht, jedoch zeigte Brandenburg 25 Jahre zuvor das es möglich ist gegen Schweden bestehen zu können. Die drei Verbündeten rechneten wohl nicht damit, dass Schweden unter Karl XII. noch einmal eine Schlagkraft wie einst unter Gustav Adolf erreichen konnte. Russland jedoch konnte die Rückschläge der ersten Kriegsjahre bis Poltawa hinnehmen. Das "kleine" Sachsen jedoch konnte die Niederlage seiner Armee bei Klissow, 1702, nicht wieder wett machen.

König August II. erwies sich wirklich nicht als weitblickender Machtpolitiker. Schweden hat er sich unnötig zum Feind gemacht wo es doch ein idealer Bündnisspartner hätte sein können. Besonders im Hinblick auf (Ost-)Preußen, dass immerhin einst ein polnisches Lehen war.
 
Besonders im Hinblick auf (Ost-)Preußen, da(s)s immerhin einst ein polnisches Lehen war.
Und im Titel August II. nach wie vor vorkam(!). Ich weiß nicht in wie weit damit Westpreußen gemeint war oder ob die Ansprüche doch noch unterschwellig blieben. An der Seite Schwedens sich an Russland zu bedienen, wäre aus polnischer Sicht nicht nur logischer, sondern auch traditionell vernünftiger gewesen, wobei es fraglich ist, in wie weit Karl XII. als Bündnispartner geeignet war, da er selber kaum weit gestreckte Opperationen überschauen konnte, was für mich sein Marsch nach Poltawa beweist.

Gegen Brandenburg war ein Krieg ausgeschlossen. Schließlich gehörten beide der selben Partei an und Brandenburg hätte vor dem Reich als Opfer auf jeden Fall Hilfe erlangen können und wäre Sachsen militärisch überlegen gewesen, letztlich vor allem wegen der Unzuverlässigkeit der polnischen Truppen (die unter Johann Sobieski noch einiges bewirkt hatten :grübel: ).
 
Ich habe jüngst von Karl Czok "August der Starke und seine Zeit" gelesen, was zwar den preußisch-sächsischen Konflikt recht gut beleuchtet, aber das Thorner Blutgericht unbeachtet lässt. Ist das Buch dennoch ansonsten gut geschrieben?
Was mir gefällt ist, dass auch Primärquellen wie das von mir zitierte Werk vom Freiherrn von Pöllnitz "Das galante Sachsen" und die Memoiren der Prinzessin Wilhelmine durchaus kritisch betrachtet werden und auf den Wahrheitsgehalt untersucht, wozu vertrauenserweckendere sächsische Quellen heran gezogen werden.

Lange Zeit ging ich von einem relativ guten Einverständnis zwischen August II. und Friedrich Wilhelm I. aus, das ja auch durch die Gemälde von Silvestre und Pesne suggeriert wird. In Wirklichkeit allerdings waren die Fronten sehr verhärtet. Die gegenseitigen Freundschaftsbekundungen konnten daran nichts ändern, sondern sollten die Probleme nur übertünchen. August II. hatte bei seinem Regierungsantritt vor dem Sejm beschworen, die verlorenen Gebiete für Polen wieder zurück zu gewinnen, was zwar 1699 hinsichtlich der südlichen Gebiete gelang, aber betreffend Livland misslang, denn dieses ging an Russland, was nur vorgeblich ein Verbündeter Sachsen-Polens gewesen war.
Einige Streitpunkte waren neben dem sehr brutalen Wirtschaftskrieg - bis zu 30 % der Waren mussten Händler abdrücken(1746), wenn sie durch preuß. Gebiet zur Leipziger Messe reisen wollten; preuß. Agenten, die Facharbeiter abwerben sollten, wurden inhaftiert - die Landverbindung zwischen Sachsen und Polen, die schon allein wegen der preußischen Zölle wie bei Krossen erhoben, von imenser Bedeutung für den schon traditionell eklatant wichtigen Sachsen - Polen-Handel war, sowie das gegenseitige Wettrüsten. Bei dem Besuch am Ende seiner Herrschaft in Berlin hatte FW I. wohl seinem Nachbarn durch sein Militär beeindrucken wollen. Auf dem Tempelhofer Feld hatten 16.000 Mann vor den beiden Monarchen 1728 paradiert. Im Gegenzug führte August II. das Zeithainer Lager 1730 und das von Czerniachow 1732 durch. Am Ende formulierte August II. mehrfach, dass eine weitere Vermehrung des Heeres elementar sei. Diese Einsicht kam wohl auch daher, weil August II. zusehends erkennen musste, dass die Nachbarn Russland und Preußen nicht zu einer Unterstützung, nicht einmal zu einer Toleranz, eines Absolutismus in Polen bereit waren. Dies musst August II. besonders nach den Erfahrungen des Nordischen Krieges bewusst machen, dass nur eigene militärische Stärke, dazu in der Lage war, fremde Begehrlichkeiten zurück zu weisen. Leider für August II. starb er nur, bevor er diese Entwicklung zum Ende führen konnte und mit August III. wurde das Streben nach einer sächsischen Militärmacht entgültig beendet.
 
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