Der Unternehmer in der Literatur

dekumatland

Aktives Mitglied
Mir ging es in der Tat eher um die Ausdeutung der idealtypischen Rolle des Unternehmers, im Sinne eines "soziologischen bzw. sozialpsychologischen Ansatzes". Der Frage, wie das Selbstbild des Unternehmers sich auf seine intrinsische Motivation auswirkt und ihn motiviert, sein Unternehmen zu entwickeln.
(...)
Das soll dabei nicht als Glorifizierung der Rolle des Unternehmers verstanden werden, sondern eher die schnelle und kontextnahe Entscheidung in den Vordergrund stellen. Also die Mechanismen, die die Marktbearbeitung beschleunigen und den Kapitalfluss und somit auch den reinvestierbaren Gewinn.
Nikolaj Gogol schrieb:
Am besten wird es sein, ihn einen Unternehmer, einen Erwerber zu nennen. Der Erwerbssinn ist an allem schuld. Ihm entspringen Geschäfte, die die Umwelt als nicht ganz sauber bezeichnet.
...dieses amüsante Zitat aus einem sehr lesenswerten (!) Roman der russischen Literatur des 19. Jhs. ist freilich keine moderne wirtschaftswissenschaftliche Fachliteratur, aber es verdeutlicht, dass sich Realitäten nicht eben selten in einiger Entfernung zu Idealisierungen und idealtypischen Rollen befinden... ;)
 
@dekumatland

Ich glaube, daß ich verstehe was Du meinst und werde daher auch nicht auf die Kriminalitätsstatistik verlinken, da Du unter "Wirtschaftskriminalität" wahrscheinlich nicht nur materielle Straftatbestände subsumieren wirst.

O.k. bleiben wir in der ökonomisch getriebenen Literaturgeschichte ;) und ich erlaube mir Dein Beispiel aufzugreifen - die Buddenbrocks.

Ein sehr schönes literarisches Beispiel zur Selbstoptimierung, beschrieben anhand des Schicksales eine Familie über Generationen.

Thomas, ein bw Looser, verläßt sich auf die althergebrachten traditionellen hanseatischen Usancen, seine Wahl zum Senator ist letztlich der Höhepunkt seines Lebens und ein Scheitelpunkt in der Unternehmensgeschichte der Fa. Mißwirtschaft und eine dramatische Fehlspekulation führen letztlich zum ökonomischen, noch nicht sozialem "aus". Er reagiert resignativ auf den scheinbaren Untergang seiner traditionellen Welt und findet nicht den Weg zur ökonomischen Optimierung, die nunmehr durch die Ergebnisse der industriellen Revolution geprägt wird und die er als makroökonomische Rahmensetzung für seinen mikroökonomisches Handeln nicht aufnehmen kann oder mag.

Hanno, meine Lieblingsfigur, verkörpert in noch viel größerem Maße die "Nicht-Optimierungsfähigkeit". In dieser Figur läßt T.M., daß Scheitern einer ganzen Gesellschaftsschicht kulminieren bzw. spiegelte ihn. Hanno war als "Homo oeconomucus" gescheitert, bevor er überhaupt "antreten" konnte.

Brutaler im Inhalt, kann literarisch die Selbstoptimierung der Marktwirtschaft kaum geschildert werden.

Wäre so mein Versuch, Literaturgeschichte und Wirtschaftsgeschichte irgendwie zusammen zu bringen.

M.
 
Thomas, ein bw Looser, verläßt sich auf die althergebrachten traditionellen hanseatischen Usancen,
...der angeliche Looser Thomas bringt die Firma allerdings auf ihren finanziellen Zenit :winke: und hinterläßt ein ansehnliches Vermögen - allerdings überflügelt ihn, Thomas, den schopenhauerisch angehauchten ex-protestantische-Ethik-Unternehmer :D, in der Geschäftswelt der gänzlich geschmack-, kultur- und ethikfreie Unternehmer Hagenström (der neue Unternehmertyp) ---- mit den Usancen ist im Ronman übrigens der Versicherungsbetrug von Toni´s Schwiegersohn gemeint.
(du nimmst mir die Kleine Korrektur der Inhaltsangabe nicht übel) :)

Brutaler im Inhalt, kann literarisch die Selbstoptimierung der Marktwirtschaft kaum geschildert werden.
einerseits ja, weil die Buddenbrooks gerade im Detail - und und besonders im unternehmerischen Zahlendetail - sehr ergiebig sind, andererseits nein, da u.a. Gogols "tote Seelen" sowie Norris "the Octopus" weitaus krassere unternehmerische Praxis ausführlich deskribieren.

(un poco ironico)...aber all das ist "nur" Literatur, also smalltalk :devil: ...wir wollen doch ein so ernstes Thema wie die "Selbstoptimierung" der (sakrosankten) Marktwirtschaft nicht verwässern durch das unqualifizierte Geschreibsel der ebenso langhaarigen wie brotlosen Damen und Herren "Künstler" :D:D
 
Dekumatland,

kennst Du "Die Waschmaschinentragödie" von Stanislav Lem?

Falls nicht, vermute ich, dass Du sie mit großem Vergnügen lesen würdest.

hatl
 
...der angeliche Looser Thomas bringt die Firma allerdings auf ihren finanziellen Zenit :winke:

Das ist doch bei Diederich Heßling nicht viel anders, der aus lauter Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn eine Kaltschnäuzigkeit und geheuchelte Moral an den Tag legt, aus der väterlichen Papiermanufaktur ein Industrieunternehmen zaubert und damit in die höchsten Gesellschaftsschichten aufsteigt und schließlich - in Die Armen - sogar indirekt geadelt wird.
 
Das ist doch bei Diederich Heßling nicht viel anders
Heinrich Mann schrieb:
Diederich Heßling war ein weiches Kind
und dieses weiche Kind von Heinrich, dem Bruder Thomas´, angesiedelt im Kaiserreich nach 70/71, speist sich nicht aus protestantischer Ethik wie zumindest der Herkunft nach (geistig schon nicht mehr) der Konsul Thomas Buddenbrook -- der Heßling ist eher mit dem Unternehmertyp der Hagenströms aus den Buddenbrooks vergleichbar.
 
klar kenne ich Lems "vollautomatische Waschmaschine"!!! :):):)

Eine köstliche Story.
Die Waschmaschinenfabrikanten Nuddleg und Snodgrass liefern sich einen erbitterten Innovationskampf um Marktanteile (Selbstoptimierung der Marktwirtschaft).
...schließlich entgleist die entstandene Dynamik spektakulär.
 
...der angeliche Looser Thomas bringt die Firma allerdings auf ihren finanziellen Zenit :winke: und hinterläßt ein ansehnliches Vermögen - allerdings überflügelt ihn, Thomas, den schopenhauerisch angehauchten ex-protestantische-Ethik-Unternehmer :D, in der Geschäftswelt der gänzlich geschmack-, kultur- und ethikfreie Unternehmer Hagenström (der neue Unternehmertyp) ---- mit den Usancen ist im Ronman übrigens der Versicherungsbetrug von Toni´s Schwiegersohn gemeint.
(du nimmst mir die Kleine Korrektur der Inhaltsangabe nicht übel) :)


einerseits ja, weil die Buddenbrooks gerade im Detail - und und besonders im unternehmerischen Zahlendetail - sehr ergiebig sind, andererseits nein, da u.a. Gogols "tote Seelen" sowie Norris "the Octopus" weitaus krassere unternehmerische Praxis ausführlich deskribieren.

(un poco ironico)...aber all das ist "nur" Literatur, also smalltalk :devil: ...wir wollen doch ein so ernstes Thema wie die "Selbstoptimierung" der (sakrosankten) Marktwirtschaft nicht verwässern durch das unqualifizierte Geschreibsel der ebenso langhaarigen wie brotlosen Damen und Herren "Künstler" :D:D


Behind every fortune, there is a crime (Honore´ de Blazac) mit diesem Zitat fängt Mario Puzos Mafia- Epos "The Godfather" an, und wenn in punkto Skrupellosigkeit Bendix Grünlich, Hugo Weinschenk, Hermann Hagenström und selbst Dietrich Heßling geradezu Chorknaben verglichen mit den Corleones sind, so ist doch deren Aufstieg auch ein unternehmerischer.

Wenn der Spruch kommt, "I´ll make him an offer, he can´t refuse"
weiß der Zuschauer, dass es Leichen gibt. Während sein Vater noch ein Padrino, ein paternalistischer Kümmerer ist, der für seine Klienten sorgt, sind Michael Corleone und sein Geschäftspartner inzwischen zu smarten Amerikanern geworden, die nach Legalität streben. Bei Roths Geburtstagsfeier wird gleich ganz Kuba aufgeteilt. Lange vorbei sind die Zeiten, in denen die Corleones bei Tisch nicht über Geschäfte sprachen, bei Familienfeiern werden riesige Checks verteilt, und die Sierra Sängerknaben singen ein Loblied auf "Mr.Wonderful" Michael Corleone. Der alte Caporegime Frank Pentangeli versteht die Welt nicht mehr, denn die Welt der Corleones ist amerikanisiert worden. Statt einer Tarantella kennen die Musiker nur das Kinderlied "Pop goes the Weasel".

Am Ende (des 2. Teils) hat Micheal Corleone alles gewonnen und zugleich alles verloren. Er hat alle Rivalen aus dem Feld geschlagen, seinen Schwager und seinen Bruder ermordet und seine Frau verstoßen, die Familie liegt in Trümmern und nur noch seine Schwester, die er zur Witwe gemacht hat, hält noch zu ihm.
 
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