Der vergessene Deutsch-Dänische Krieg von 1864

Schon im Frühjahr 1866, als sich das Heraufziehen des Krieges abzeichnete, macht Bismarck den dänischen Gesandten in Berlin das Angebot, seine Regierung würde in ihrem (dänischen) Interesse handeln, wenn sie jetzt Vorschläge für eine Lösung des Konfliktes auf den Tisch läge. Der dänische Außenminister Graf Frijs winkte ab. Kopenhagen mutmaßte, man würde jetzt keine "günstiges" Resultat erwarten. Mit günstigen Resultat war natürlich Flensburg gemeint.
Auch hier haben die Dänen eine Chance verpasst, Teile Nordschleswigs zurückzuerhalten, in dem man wieder zu viel wollte.
 
...zumindest auf Helgoland ist der deutsch-dänische Krieg 1864 nicht vergessen, ja es wird an ihn erinnert (und zwar an den Umstand, dass "Schaulustige" eine Seeschlacht beobachten konnten)
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Christian IX. verheiratete in der Folge seine Tochter Alexandra mit dem Prinz of Wales, den späteren englischen König Edward VII. und seine andere Tochter Dagmar mit dem Zaren Alexander III. Eine erfolgreiche Heiratspolitik und es wäre sicher spannend zu wissen, ob, wovon auszugehen ist, und in welchem Ausmaße und Erfolg die Damen die Interessen Dänemarks gegenüber ihre Ehemännern vertreten haben.

Es war Napoleon III. der dafür Sorge trug, das der Artikel V des Nikolsburger Vorfriedens auch Eingang in den Prager Frieden fand. Weder Österreich noch Preußen legten einen gesteigerten Wert darauf; schon gar nicht nach den Erfahrungen die man mit der dänischen Außenpolitik im Zuge der Londoner Konferenz und danach machte.

Dänemark gedachte zunächst seine Maximalziele, was darunter lag wurde ja schon in der Vergangenheit abgelehnt, entweder durch Frankreich oder eines europäischen Kongresses zu erreichen.

Dänemark realisierte nicht, das man den Karren selbst in den Dreck gefahren hatte eben durch den Bruch des Völkerrechts und dann hatte man auch den Krieg verloren. Schon die englische Diplomatie, die es wirklich gut mit den Däne meinte, schüttelte über die Sturheit der Dänen am Ende nur noch mit dem Kopf.
 
Der nächste dänische Anlauf lief über die dynastische Schiene. Christian IX. aktivierte das russische Thronfolgerpaar um den Zaren Alexander II. für seine Sache zu gewinnen. Alexander II. nahm die Rolle des "Vermittlers" an. Er empfahl ,nach Rücksprache mit Gortschakow, Christian IX. möge einen Brief an Wilhelm I. schreiben und an dessen Edelmut zu appellieren. Der Brief möge an den Zaren geschickt werden, der diesen dann an den Berliner Hof weiterleiten würde.

Als der Brief dann in Petersburg tatsächlich ankam, verlor man das Interesse, da Christian IX. wieder auf seine maximalen Ziele, nämlich Alsen, Düppel, Flensburg als das ganze nördliche Schleswig einforderte. Ge Gortschakow leitete das Schreiben lustlos mit der Bemerkung weiter, Bismarck möge damit so verfahren, wie er es für richtig hielte.
 
Ein lieben Gruß an die Runde,
ich lese immer mal wieder die interessanten Beiträge hier mit :)
Vielen Dank auch für die Arbeit an Turgot.

Ein paar kleine Anmerkungen zu den Dänen. Es gibt ja immer wieder Probleme mit dem Flensburger Löwen.
Es gibt bis heute auch natioanlistische Ausfälle. Auch wenn dies nicht eine große Bewegung ist, es gibt sie.

Es mutmaßen immer mal wieder Dänen über neue Grenzziehungen.
Für die nationalistische Dänen ist dieser Krieg bis heute eine Wunde, der Dänemarks Stellung als angebliche Großmacht innerhalb Europas beschränkt hat.
Man muss aber auch dazu sagen, dass es in Dänemark auch Kritik an dieser Auffassung gibt.

Die Dänen haben es sich aber auch durch ihre nationalistische Politik nicht leicht gemacht Sympathien der deutschsprechenden Bevölkerung in ihrem Reich auf ihre Seite zu ziehen.

Ein großer Schock für die Dänen war ja das erst 2010 veröffentliche Angebot von König Christian IX 1864 Mitglied des deutschen Bundes zu werden, wenn man auf Gebietsabtretungen verzichten würden. Bismarck lehnte dies aber ab, er wollte eine Reichseinigung und nicht eine Erweiterung des deutschen Bundes.

Beinahe-Annektierung: Vor 146 Jahren wäre Dänemark fast deutsch geworden - WELT


Zu derartigen Bestrebungen:
Dänische Volkspartei will, dass Schleswig zu Dänemark gehört - WELT

Es gab aber auch andere dänische Stimmen, die ich auf die Schnelle nicht finde.
 
Ein paar kleine Anmerkungen zu den Dänen. Es gibt ja immer wieder Probleme mit dem Flensburger Löwen.
Es gibt bis heute auch nationalistische Ausfälle. Auch wenn dies nicht eine große Bewegung ist, es gibt sie.

Es mutmaßen immer mal wieder Dänen über neue Grenzziehungen.
Für die nationalistische Dänen ist dieser Krieg bis heute eine Wunde, der Dänemarks Stellung als angebliche Großmacht innerhalb Europas beschränkt hat.
Man muss aber auch dazu sagen, dass es in Dänemark auch Kritik an dieser Auffassung gibt.

Ich würde das nicht überbewerten, es gibt auch in Deutschland Anhänger einer bestimmten Partei, die wahlweise das Elsass, Ostpreußen und/oder Österreich "heim ins Reich" holen wollen.
Und der eine oder andere Trønder träumt von der Wiedervereinigung mit "Ost-Trøndelag" (heute schwedisch).
Das ist etwa die gleiche Kategorie - am besten gar nicht drauf eingehen.

Gruss, muheijo
 
Was heißt überbewerten?
Es gibt gelegentlich derartige Meinungen. Die Dänen sind patriotischer als die Deutschen und sprechen über derartige Themen auch "lockerer" als man es in Deutschland tuen würde. Dieser verlorene Krieg ist tatsächlich nicht nur in nationalistischen sondern auch in konservativen Kreisen immer mal wieder ein Thema.
Wichtiger ist, dass der Vorsitzende der grenznahen dänischen Region hierauf entgegnete, für seine Region wäre es besser, dass sie wieder zu Deutschland gehören würde, da die Region vor dem ersten Weltkrieg von Deutschland massiv modernisiert und unterstützt wurde, während sie heute in Dänemark als rückständige und vergleichsweise arme Region im Land gilt und kein besonderes Prestige hat.

Dass die NPD in Deutschland keine Rolle spielen darf, sollte aber in diesem Strang kein Thema sein.
 
Als man 1868/69 verhandelte, wurde von Preußen Schutz der deutschen Minderheit verlangt; der recht weit ging. Begründung hierfür waren die Erfahrungen der letzten 20 Jahre.

Dänemark hatte daran wenig Interessen, signalisierte aber deutlich, je mehr Territorium Dänemark von Preussen rückerstattet bekommt, desto weiter würde Dänemark entgegenkommen.

Es ist nicht einfach, die dänische Haltung zu verstehen. Dänemark hat durch seine Missachtung der Londoner Protokolle das Völkerrecht gebrochen. Den anschießenden Krieg hat man verloren. In dem zwischenzeitlichen Waffenstillstand, wo in London verhandelt wurde, hatte Dänemark nichts anderes das Maximum verlangt; die Rückkehr zu den Londoner Protokollen, die man selbst gerade gebrochen hatte. Jedenfalls hat sich gerade die englische Regierung sehr für Dänemark bemüht, aber Kopenhagen war einfach stur. Das Scheitern der Verhandlungen geht zu Lasten Kopenhagens. Der Krieg wurde dann endgültig verloren und der Wiener Friede fiel für Dänemark nicht mehr so günstig aus, wie man ihn in London hätte bekommen hätte können. Jedenfalls wurde einvölkerrechtlich verbindlicher Friedensvertrag geschlossen.

1866 wurde dann in Prager Frieden, Napoleon III. beliebte es sich massiv einzumischen, der Artikel 5 aus dem Vorfrieden von Nikolsburg übernommen. Dieser sah im Prinzip in den nördlichen Distriken von Schleswig eine Abstimmung der Bevölkerung vor, zu welchem Staat sie gehören möchten. Entscheidend dabei war,das es sich um ein Vertrag zwischen Österreich und Preußen handelte. Dieses beiden Vertragspartner konnten also Ansprüche aus dem Vertrag gegenüber den Anderen stellen.

Nun wurden die Dänen aber sehr rührig und forderten von Preußen künftig die Einhaltung des Artikel 5; obwohl sich völkerrechtlich dazu eigentlich gar kein Recht hatten. Aber auch und vor allem Frankreich und Russland wurden immer wieder für Dänemark tätig; wobei Petersburg das noch auf eine sehr höflich Art machte.

Als Bismarck sich dann dazu bequemte endlich mit den Dänen die Verhandlungen aufzunehmen, scheitern diese, genau wie in London 1864, an den Froderungen Dänemarks. Man wollte Alsen, Düppel und auch Flensburg zurück. Oder eben gar nichts. Kopenhagen war nicht bereit weniger zu nehmen. Dann lieber gar nichts. Gleichzeitig insistierte man in Petersburg und Paris. Kopenhagen wollte, das die anderen Großmächte die eigenen Kastanien aus den Feuer holten. Nur, hat man dann nicht bemerkt, das dies der vollkommen falsche Weg ist.
 
Hierzu:
Ich glaube die Dänen, ein Problem war, dass die Dänen die deutsche Minderheit zwingen wollte, ihre Sprache zu lernen. Theodor Storm ist ja ein bekanntes Beispiel hierfür.

Eine Anekdote am Rande, die Großschreibung gab es auch in Dänemark und in Norwegen. Nachdem Norwegen unabhängig wurde, wurde sie dort aufgegeben, weil man sie als ein Element der dänischen Besatzung empfand.
In Dänemark wurde nach dem verlorenen Krieg 1866 auch die Großschreibung aufgegeben, weil man sie als deutsch verstand.
 
Ja, aber:
1870 erschien dessen Dansk Retskrivnings-Ordbog, worin nicht nur das å verwendet wurde, sondern auch die gemäßigte Kleinschreibung.

Aber gut, ich möchte mich nicht aus dem Fenster lehnen, vielleicht habe ich das auch falsch in Erinnerung gehabt. Wenn ich mich vertan haben sollte, bitte ich um Entschuldigung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Anekdote am Rande, die Großschreibung gab es auch in Dänemark und in Norwegen. Nachdem Norwegen unabhängig wurde, wurde sie dort aufgegeben, weil man sie als ein Element der dänischen Besatzung empfand.
In Dänemark wurde nach dem verlorenen Krieg 1866 auch die Großschreibung aufgegeben, weil man sie als deutsch verstand.

Wann war denn das in Norwegen? So weit ich weiß, kam das Land doch nach dem Wiener Kongress als "Kompensation" für Finnland und die pommerschen Besitzungen zu Schweden, bevor es im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts unabhängig wurde?
 
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