Deutsch: Wer im Grenzgebiet nicht Romanisch sprach, war thiudisk

Imperator

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Warum heißen 7000 Deutsche "Deutsch", oder "Deutschmann" oder gar "Deutschländer"? Wenn einer aus Garmisch nach Köln oder aus Nürnberg nach Hamburg zieht, ist es ganz natürlich, daß man ihn Bayer oder Franke nennt. Aber "Deutsch" in Deutschland?
 
"nicht"

Auszüge:

Imperator schrieb:
Über die Herkunft des Wortes "Deutsch" (...) (Es) ist wohl im romanisch-germanischen Grenzgebiet entstanden und meint als "thiudisk" - darin steckt das althochdeutsche diot, deot, das Volk bedeutet - Sprache und Gebräuche der nicht romanisch sprechenden Franken. Der Gegensatz dazu ist "walhisk" (welsch).
Die Romanen übernehmen das Wort. In ihrem Munde wird es zur Volksbezeichnung für ihre germanischen Nachbarn: "Tiesche langue" (Sprache), "tiesche gent (Volk), "tiesche terre" (Land). Im Annolied (1080) finden wir es in althochdeutscher Gestalt: "diutschiu lant". In der lateinischen Kanzleisprache wird es zu "theodiscus", später zu "teutonicus" umgebildet. In der Regensburger Kaiserchronik (12.*Jahrhundert) erscheint es zum ersten Mal als Volksname: "die Diutiscen" (die Deutschen). Walther von der Vogelweide (1170-1230) endlich findet "in allen tiuschen Landen" seine sprachlich-nationale Identität. Aber Luther erst spricht und schreibt "deutsch". (...)


"tiesche und welsche"... das klingt so schön, einfach und wertfrei nach "diese und welche"... diese, die eine andere Sprache sprechen als welche... (Bitte als Sprachspiel auffassen!)

Imperator schrieb:
In den östlichen Grenzgebieten hießen die Deutschen polnisch "Niemiec" oder tschechisch "Nemec" für die Stummen - die nicht slawisch Sprechenden. Daraus entstanden unsere Familiennamen "Nemetz", "Nemitz", "Niem(i)etz", "Niemz" und "Nim(t)z".


Das gab mir immer schon zu denken:

Der slawische Wortstamm "ne-/nie-/nje-" ist Verneinung, Gegensatz, das "nicht" und "un-" ...

Tschechisch (mit Hatschek überm e) "nemy" = "stumm" / "nemecky" = "deutsch" ...

"Nemec" = "nicht sprechend, ohne Sprache" - "unsere" dazugedacht - wurde im gesamten slaw. Spachraum zum Begriff für "deutsch"...

"Nemka" für "Deutsche" hat sich dann gewiss so verselbständigt, dass man heutzutage keine besonderen Gedanken daran verschwendet,- und DOCH ist sein Wortstamm einer Verneinung, Ausschließung, Abgrenzung, (einer Ablehnung?) entsprungen...


Und uns ist dies selbstverständlich völlig unbewusst, aber unsere europ. Nachbarn lesen über der Landkarte von Deutschland im eigentlichen Sinne ein "Nicht-" oder ein "Un-Wort"!


Eine traurige ->Geschichte,..."nem"? (um hier das ungarische "Nein" noch anzufügen)


Darum: ein besonders lieber Gruß nach Ost und West (und Nord und Süd)!
 
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Nemecky = die Stummen

ning schrieb:
Das gab mir immer schon zu denken:

Der slawische Wortstamm "ne-/nie-/nje-" ist Verneinung, Gegensatz, das "nicht" und "un-" ...

Tschechisch (mit Hatschek überm e) "nemy" = "stumm" / "nemecky" = "deutsch" ...

"Nemec" = "nicht sprechend, ohne Sprache" - "unsere" dazugedacht - wurde im gesamten slaw. Spachraum zum Begriff für "deutsch"...

Daß die deutschen Ostsiedler für die einheimische Bevölkerung "die Stummen" oder "die nicht Sprechenden" waren, dürfte wesentlich daran gelegen haben, daß unsere Ostsiedler die Sprache der Einheimischen, nicht angenommen haben und nicht annehmen wollten.

Als Sohn von Vertriebenen aus der ehmaligen Tschechoslowakei ist mir von den Großeltern bekannt, dass der Buchstaben "W" in dem dort gesprochenen deutschen Dialekt nicht vorkommt. Dieser Dialekt stammt also aus dem Mittelalter, als es auch in Deutschland den Buchstaben "W" noch nicht gab.

Unsere Ostsiedler haben also ihre angestammte Kultur (z.B. Siebenbürger Schwaben, Moldau Deutsche etc.) und ihre angestammte Sprache über mehr als 600 Jahre in fremden Landen in fremder Umgebung bewahrt.

(Jedwede Übereinstimmung mit Erfahrungen aus Eingliederungsversuchen türkischstämmiger Mitbürger oder Mitgliedern moslemischen Glaubens sind rein zufällig und frei erfunden. Anm. d. Red.)

Die Berwertung, wo es herkommt, dass man nichts von seinen Nachbarn annimmt und sich nicht anpasst, lasse ich mal offen.
 
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Ähnlich habe ich auch schon gehört, aber in Bezug auf das V, bis heute sprechen z.B. Süddeutsche witzigerweise den Buchstaben V wie ein F aus.
 
Soviel ich weiß, bedeutet teutsch in etwa "einer von unserem Volk" (wörtlich: der gehört zu uns) oder "einer dem man trauen kann". Ein teutscher Mann war aufrichtig und allen als solcher bekannt. Ein unteutscher war unehrlich, wurde nicht als ehrlich angesehen bzw. als feindlich erachtet und musste seine Einstellung dem Volke gegenüber erst unter Beweis stellen bevor er zu den Teutschen gezählt wurde.

Deutschland heißt daher "Land unseres Volkes" oder "Land der achtenswerten Leute" oder "Land der Aufrichtigen" (je nach Auslegung)...
 
Die Entstehung des Buchstaben "W"

hyokkose schrieb:
Also was soll es nun im Mittelalter nicht gegeben haben? Das W oder das V?

Waren die "vrouwen" also "vrouen" oder "rouwen"?

Für die Einführung des Buchstaben "W" habe ich noch keine konkretere Datierung gefunden. Was ich bisher gelesen habe deutet auf eine Entstehung um das 10. Jhdt. n. Chr.

Nun ich habe mich schon immer gefragt warum der Laut "W" im Dialekt meiner Großeltern "fast" nicht vorkommt.

Das wort "wohin" z.B. wird mit einem angehauchten "B" als "Bodor" ausgesprochen. Dies trifft den Grundwortschatz in diesem Dialekt.

Es gibt aber, und hier muss ich mich korrigieren, Ausnahmen. Begriffe, die offensichtlich später übernommen wurden. Das "W" kommt z.B. in "Badewanne" vor. Wobei ich die "Wanne" als "Metallwanne" ansehe, und die Übernahme dieses Begriffes wohl in späterer Zeit erfolgte, da man vorher zum Baden hölzerne "Bottiche" oder "Zuber" verwendete.

Glücklicherweise habe ich eben einen Eintrag bei Wikipedia gefunden, der den Werdegang des Buchstabens "W" über den Buchstaben "V" kurz zusammenfasst. Er zeigt auch, dass der Buchstabe "V" als eine Art Allround Buchstabe zur Darstellung der Laute "F", "V", "U" und "W" etc. herangezogen wurde

Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/V
 
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"Wie schreibt man drivial - mit einem debbisch-d oder einem debbischen d?" (sächsisch)
Hochdeutsch:
"Wie schreibt man trivial - mit einem Teppich-T oder einem deppischen D?"

Nu aber zurück zum Thema!
 
Theodisk

Was bedeutet "Theodisk"? Ich kenne die Übersetzung "diejenigen, die die Volkssprache sprechen". Ansonsten kann es auch einfach "Volk" meinen (?). Das hier die Wurzeln für "deutsch" liegen, darüber sind sich sicher alle einig. Was mich interessiert: Ist "Theodisk" (Thiuda, Þeudo) ein rein linguistischer Term oder kann er auch ethnisch gesehen werden? Man findet dazu ja allerhand Material, je nach Zeitgeist, wird es mal so mal so gedeutet. Mich würde eine Herleitung überzeugen.

Was mich immer stutzig macht. Wenn "Theodisk" schon "diejenigen, die die Volkssprache sprechen" meint, was bedeutet dann Lingua Theodisca? Ist das dann "Die Sprache derer die die Volkssprache sprechen"? Klingt doppelt gemoppelt.

Anschließend will ich die Frage stellen, woher *theo kommt, was sind die Wurzeln hierfür?
 
Was bedeutet "Theodisk"? Ich kenne die Übersetzung "diejenigen, die die Volkssprache sprechen". Ansonsten kann es auch einfach "Volk" meinen (?). Das hier die Wurzeln für "deutsch" liegen, darüber sind sich sicher alle einig. Was mich interessiert: Ist "Theodisk" (Thiuda, Þeudo) ein rein linguistischer Term oder kann er auch ethnisch gesehen werden? Man findet dazu ja allerhand Material, je nach Zeitgeist, wird es mal so mal so gedeutet. Mich würde eine Herleitung überzeugen.

Was mich immer stutzig macht. Wenn "Theodisk" schon "diejenigen, die die Volkssprache sprechen" meint, was bedeutet dann Lingua Theodisca? Ist das dann "Die Sprache derer die die Volkssprache sprechen"? Klingt doppelt gemoppelt.

Anschließend will ich die Frage stellen, woher *theo kommt, was sind die Wurzeln hierfür?

Þiuda ist das Volk, Þiudisk das das Volk betreffende, also z.B. die Sprache des Volkes.
 
... aber wäre eine solche Bezeichnung nicht enthnozentrisch?

Selbst vom Standpunkt jener, die damit die "volkstümliche" Sprache bzw. "Volkssprache" derer unterscheidend bezeichneten, die als Laien kein Latein beherrschten (s. erste Erwähnung von theodisce im Bericht einer englischen Synode von 786, wo sich das Wort auf Altenglisch/Angelsächsisch bezieht), oder aber später derer, die eine andere Sprache sprachen als die von den Westfranken gesprochene romana lingua (aus der später das Altfranzösisch sich entwickelte), kann es mE trotzdem nicht als Ethnozentrismus - lt. Def. (politische) Einstellung, die die Werte (z.B. Religion) und die Besonderheiten (z.B. Hautfarbe) der eigenen Volksgruppe (Ethnie) über die anderer Völker stellt bzw. zur Bewertungsgrundlage nimmt - gesehen werden, da die Grundlage zur Differenzierung nun einmal explizit linguistisch ist, d.h., auf die rein sprachlichen Unterschiede abzielt.

Hier etwas Lesestoff dazu, den ich bereits in einem anderen Thread verlinkt hatte: Sprachgeschichte: Ein Handbuch zur ... - Google Buchsuche
 
Ja, aber wäre eine solche Bezeichnung nicht ethnozentrisch?:scheinheilig:

Wenn ich Dich richtig verstehe, þiuda nur das eigene Volk betreffend, dann ein klares Nein! Lukas 7, 5 in der Wulfila-Übersetzung:
"unte frijoþ þiuda unsara, jah swnagogein is gatimrida unsis."

Johannes 18, 35 - 39:
"andhof Peilatus: waitei ik Iudaius im? so þiuda þeina jah gudjans anafulhun þuk mis; hva gatawides? andhof Iesus: þiudangardi meina nist us þamma fairhvau; iþ us þamma fairhvau wesi meina þiudangardi, aiþþau andbahtos meinai usdaudidedeina, ei ni galewiþs wesjau Iudaium. iþ nu þiudangardi meina nist þaþro. þaruh qaþ imma Peilatus: an nuh þiudans is þu? andhafjands Iesus <qaþ>: þu qiþis ei þiudans im ik. ik du þamma gabaurans im jah du þamma qam in þamma fairhvau ei weitwodjau sunjai. hvazuh saei ist sunjos, hauseiþ stibnos meinaizos. þanuh qaþ imma Peilatus: hva ist so sunja! jah þata qiþands <aftra> galaiþ ut du Iudaium jah qaþ im: ik ainohun fairino ni bigita in þamma. iþ ist biuhti izwis ei ainana izwis fraletau in pasxa; wileidu nu ei fraletau izwis þana þiudan Iudaie?"

þiudanon heißt 'beherrschen'. Zum Volks- und Sprachnamen Deutsch findet also eine semantische Verschiebung statt.
 
Also was soll es nun im Mittelalter nicht gegeben haben? Das W oder das V?

Das V und W wurde in fruehen altdeutschen Dialekten schriftlich durch das U ausgedrueckt. U entsprachen V, UU entsprach W. Im Englischen buchstabiert man das W daher bis heute als "Double U"

Das Wort "deutsch" (frueher tysk, wie noch heute in skandinavischen Sprachen) leitet sich wie folgt beschrieben von Tyr ab. Die Sued-Germanen wurden nach Ihrer damals obersten Gottheit Tyr (auch Tius, Tiw, Tiwaz, Ziu) benannt (oder nannten sich selbst so). Deutschland war Tyska Land (auch Tyskland oder Tyskrland). Tyr war der Himmelsgott. Der Name bedeutet einfach "Gott". Vergleichbar mit dem griech. Theos, dem lat. deus (daher auch der Name "Zeus"), in Sanskrit dyaus...
Spaeter vollzog sich, wohl durch die Verschmelzung mit nordgermanischen Vorstellungen, der Wandel zu Odin/ Wodan (auch Godan, God) als oberster Gottheit. Dazu gibt es sogar Bezuege in der Nordischen Mythologie, wo Tyr die rechte Hand, also die Eidhand verliert und daher nicht mehr der "Koenig" der Goetter sein kann. Daher spricht man in allen mit dem Germanischen verwandten Sprachen bis heute von God oder Gott. In Romanischen Sprachen hingegen ruft man immer noch "Dios mio!" oder "Mon Dieu!"
Die alten Roemer verglichen Tyr mit Ihrem Mars. Diesen Aspekt bezog man spaeter auch auf den Erzengel Michael, der wie Tyr auch mit Schwert dargestellt wird. Daher spricht man auch vom Deutsche als dem "Deutschen Michel".
 
Das V und W wurde in fruehen altdeutschen Dialekten schriftlich durch das U ausgedrueckt. U entsprachen V, UU entsprach W. Im Englischen buchstabiert man das W daher bis heute als "Double U"

Nicht nur im Deutschen. Überall, wo man lateinisch schrieb alternierten -u- und -v-. Auf der iberischen Halbinsel hatte das sogar phonetische Folgen. Aus dem cabdiello (von lat. capitellum, Köpfchen) wurde der caudillo (Franco, el caudillo), aus der griechischen Kolonie Heptá Adélphia welche die Römer in Septem Fratres lehnübersetzten, wurde die arabische Stadt Sabta, welche nach wie vor auf Arabisch so heißt, von den Spaniern, zu deren Staat die Stadt politisch gehört, aber Ceuta genannt wird. Das alles nur, weil die Spanier und Portugiesen phonetisch nicht zwischen v und b unterscheiden und bis ins 16. Jahrhundert, wie alle übrigen lateinisch schreibenden Europäer, graphisch nicht zwischen u und v.

Das Wort "deutsch" (frueher tysk, wie noch heute in skandinavischen Sprachen) leitet sich wie folgt beschrieben von Tyr ab. Die Sued-Germanen wurden nach Ihrer damals obersten Gottheit Tyr (auch Tius, Tiw, Tiwaz, Ziu) benannt (oder nannten sich selbst so). Deutschland war Tyska Land (auch Tyskland oder Tyskrland). Tyr war der Himmelsgott.

Das ist etymologisch schlicht falsch. Das oberdeutsche und damit standarddeutsche /d/ leitet sich von dem stimmlosen dentalen Frikativ ab /θ/, den wir im Englischen noch als -th- erhalten haben und der auch als Rune und Graphem -þ- bekannt ist. Deutsch kommt von þiudisk, 'zur Untertanenschaft gehörig'. Dies wurde latinisiert zu theodiskus und über diese Latinisierung zu tedescho /te'desko/ im Italienischen und vermutlich auch über das Lateinische zum Skandinavischen tysk. Das altgermanische /t/ wird im Standarddeutschen regelmäßig zu /ts/ bzw. /z/.

Diesen Aspekt bezog man spaeter auch auf den Erzengel Michael, der wie Tyr auch mit Schwert dargestellt wird. Daher spricht man auch vom Deutsche als dem "Deutschen Michel".
Die Kontinuität von einer germanischen Gottheit zum Deutschen Michel hat schon mal jemand hier im Forum behauptet.

Das ist ja interessant. Das P im kyrilischem wird als R ausgesprochen.
Weil das Kyrillische eine aus der griechischen Schrift weiterentwickelte Schrift ist (unsere Lateinische im Übrigen auch) und das griechische -P- ein "Rho" ist, also ein /r/.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dem altnordischen etymologischen Lexikon von de Vries ist folgendes zu entnehmen:

"Volk" heißt "þjóð", altdänisch "Thiuth", gotisch "Þiuða", altenglisch "deod" usw.
Als zu Grunde liegend wird "þýða" = Freundschaft, "þýðr" = das richtige Verhalten des Mannes in der Gemeinschaft, also tugendhaft angenommen. Die Gemeinschaft scheint das verbindende Charakteristikum zu sein.

Alexander Jóhannesson schreibt, "þýzkr" (Adjektiv), althochdeutsch "diutisc zunga" = "lingua vulgaris" im Gegensatz zum Latein, später als Bezeichnung für das deutsche Volk. Er weist noch auf gotisch "þiudisko" = "heidnisch" hin und auf die Verwendung als Übersetzung für das Griechische εθνικως sowie die Bedeutung angelsächsisch "þéodisc" = "Heide" hin.

Also "Zur Untertanenschaft gehörig" scheint mit aus verschiedenen Gründen nicht plausibel. Nicht nur passt es nicht zur geschilderten Begriffs-Konnotation, sondern zur Zeit der Entstehung des Wortes gab es Freie und Sklaven, aber noch keine "Untertanen".
 
Ich dachte wegen got. þiudanon - 'beherrschen', das Volk also als Gruppe der Beherrschten. Kann natürlich sein, dass ich hier eine falsche semantische Zuordnung getroffen habe und das þiuda morphologisch nicht in þiudanon steckt.
 
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