Deutsche Ostexpansion vom 10. bis 13. Jh.

balticbirdy

Ehemaliges Mitglied
Hi, über die Suchfunktion habe ich hier noch keine wirkliche Diskussion erlebt.
Wir sollten hier ruhig einmal über die Wichtigkeit der Slawen für die weitere deutsche Geschichte reden. Als Ostdeutscher habe ich nach dem Mauerfall dazu die verrücktesten Döntjes gehört.
Es geht hier nicht um Theorien zur Ethnogenese etc.
Nun, wer die Elbe quert, wird schon an den Ortsnamen merken, was einmal Sache war.
Eckdaten: 1168 fiel die letzte slawische Burg, Arkona auf Rügen. Danach Taufe und Assimilierung, die Nachfahren des letzten Obotritenfürsten Niklot regierten Mecklenburg in direkter Linie bis 1918.
Ein spannendes Thema, sollte man ruhig die Sache breitgefächert ganz links bei den Unterkapiteln angehen.
 
Ok, konkreter: Welche Rolle spielten die Slawen bei der Formung des späteren deutschen Adels?
Preussische Offiziersfamilien - Treskow, Bredow, Seydlitz, Schwerin etc., alles slawische Namen.
Also?
 
Beim mecklenburgischen Fürstenhaus ist diese slawische Abstammung belegt. Ich wage aber zu bezweifeln, daß jeder slawische Name auch auf slawische Herkunft hindeutet, genauso wie ein germanischer oder deutscher Name eine slawische Herkunft nicht zwangsläufig ausschließt. Grund für meine Zweifel ist die tw. Benennung des Adels nach Orten. Diese waren in vielen Fällen halt slawisch.
 
Warum schafft ihr nicht endlich die russischen Ortsnamen wieder ab?
(ein westdeutscher Kollege zu mir 1993):weinen:

Beorna, da die Slawen im Allgemeinen diskriminiert wurden (Wendenparagrafen) erscheint es mir wenig plausibel, dass ein Graf von und zu Helfenstein seinen Adelsnamen gegen den eines slawischen Dorfes, mit dem er belehnt wurde, eintauscht.

Dagegen ist es nachgewiesen, dass kooperierende slawische Adlige ihre Stellung und ihren Besitz als Lehen (wieder)empfingen.
Die meckl. Herzogsfamilie ist da nur die Spitze des Eisbergs.
Was die feinen Unterschiede zum gemeinen Volk ausmacht, da war man sich halt einig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das hieße aber doch, daß die Grafen von Helfenstein und Co. durchweg als solche einwanderten. Warum schließt du aus, daß ein fiktiver Berhard, Herr von Treptow, nicht mit der Zeit zu Bernhard von Treptow werden kann und ein veramter Bernhard von Treptow zu Bernd Treptow. Westlich der Elbe ist solch ein Vorgang nicht ungewöhnlich. Zudem müßte man doch annehmen, daß es dann deiner Meinung nach eine spezielle slawische Nachnamensitte gegeben hätte. Zudem, wenn Slawen wirklich so diskriminiert wurden, warum durften sie dann diese Nachnamen behalten, wieso wurden dann slawische Herren in den Herrschaftsapparat integriert, wieso wurden die "russischen Ortsnamen":rofl: nicht geändert?
 
Ok, konkreter: Welche Rolle spielten die Slawen bei der Formung des späteren deutschen Adels?
Preussische Offiziersfamilien - Treskow, Bredow, Seydlitz, Schwerin etc., alles slawische Namen.
Also?

Das waren die krummbeinigen Halbtataren.:cool:

Wenn ich das richtig sehe, kann bei sogut wie keiner der ostelbischen Adelsfamilie festgestellt werden, ob sie jetzt ursprünglich slawisch oder germanisch war.
Hans-Wratislaw von Zehdenitz-Pfuell heißt ein Romanheld bei Scholz. "Am grünen Strand der Spree" um diese gemischte Herkunft zu unterstreichen.

Abgesehen davon, Mischung der Gene hat noch nie geschadet.


OT: Zu meinem Eröffnungs-Satz, das habe ich aus einem von mir antiquarisch erworbenen regional-geschichtlichen Buch das einst im Bestand der "Dietrich-Eckart-Oberschule Rottweil" war.:rofl:So wird da märkischer Adel bezeichnet:mad:
Nee, das Vorwort ist nicht von Adolf:still:
 
Eine slawische Nachnamenstradition hat es m.W. nicht gegeben. In den verheerenden Kriegen waren sicher viele slawische Adlige gefallen, andere weigerten sich zur Kooperation oder gingen ausser Landes. Es gab also genug freie Lehen für den deutschen Adel, um sich ins gemachte Nest zu setzen.
Ich stelle mir vor, dass die "braven" slaw. Adligen, bisher einfach sagen wir mal "Mstivoj" genannt, die ihren Besitz behielten, sich dann nach der jeweiligen Lokalität benannten. Dann also "Mstivoj von Kessin". Das war insofern wichtig, weil ja nun auch die Schrift Einzug hielt und Besitzurkunden u.a. ausgestellt wurden.
In Mecklenburg gab es auch viele deutsche Neugründungen. Das sind z.B. Dörfer, die auf -hagen enden. Die alten slawischen Siedlungskammern lassen sich anhand der Ortsnamen gut erschliessen. Im unmittelbaren Umfeld von Wismar endet jedes zweite Dorf auf -ow.
Mit einem schlichten Autoatlas kann man diese Gebiete eingrenzen.
 
Das hieße aber doch, daß die Grafen von Helfenstein und Co. durchweg als solche einwanderten. Warum schließt du aus, daß ein fiktiver Berhard, Herr von Treptow, nicht mit der Zeit zu Bernhard von Treptow werden kann und ein veramter Bernhard von Treptow zu Bernd Treptow. Westlich der Elbe ist solch ein Vorgang nicht ungewöhnlich. Zudem müßte man doch annehmen, daß es dann deiner Meinung nach eine spezielle slawische Nachnamensitte gegeben hätte. Zudem, wenn Slawen wirklich so diskriminiert wurden, warum durften sie dann diese Nachnamen behalten, wieso wurden dann slawische Herren in den Herrschaftsapparat integriert, wieso wurden die "russischen Ortsnamen":rofl: nicht geändert?

Die deutschen Obersoldaten 1939 hießen Ledwitzki, Seydlitz und so, die Polen Beck und Rommel.

Die Diskriminierungen hin und her sind doch Erfindungen des 19. Jahrhunderts. Das gabs doch zuvor gar nicht.

Geht am Atlantik an, die westlicheren halten ihre Kultur immer für höherstehender wie die der östlich von Ihnen wohnenden. Die Franzosen die Deutschen, die Deutschen die Polen, die Polen die Russen... und was ist herausgekommen?
Zwei Weltkriege.
 
Ich kann mir gut vorstellen, dass ein großer Teil der ostdeutschen Bevölkerung slawischen Ursprunges ist. Nach der Unterwerfung und christinanisierung der slawischen Stämme sind diese Menschen ja nicht alle verschwunden, sondern im Laufe der Jahrhunderte zu Deutschen geworden. In meiner Leipziger Zeit habe ich mich auch gefragt woher diese ganzen Ortsnahmen mit den Endungen -itz kommen. Meines Wissens waren das doch alles slawische Siedlungen, oder ?
 
Die Diskriminierungen hin und her sind doch Erfindungen des 19. Jahrhunderts. Das gabs doch zuvor gar nicht.

Doch, die gab es. In den Wendenparagrafen wurde es Slawen untersagt, in den Städten ein Handwerk auszuüben.

982 zog Kaiser Otto II. nach Italien, um die Sarazenen zu bekämpfen. Der Sohn eines Obotritenfürsten begleitete ihn mit 1000 Reitern. Er erbat nach der Rückkehr eine Nichte des Sachsenherzogs zur Gemahlin. Dies wurde abschlägig beschieden:"Eine Blutsverwandte des Herzogs gibt man keinem Hund..."
 
Eine slawische Nachnamenstradition hat es m.W. nicht gegeben. In den verheerenden Kriegen waren sicher viele slawische Adlige gefallen, andere weigerten sich zur Kooperation oder gingen ausser Landes. Es gab also genug freie Lehen für den deutschen Adel, um sich ins gemachte Nest zu setzen.
Fragt sich für mich wohin sie, die slawischen Adeligen, wenn sie außer Landes gingen denn gehen wollten? In Zeiten, da es keine modernen Banken etc. gab, war das wertvollste Gut der Grundbesitz eben nicht transportabel und auch ein Verkauf nicht so ganz ohne weiteres machbar. Sicherlich ließ sich in Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg und Pommern viel deutscher Adel nieder und auch die Besiedlung mit deutschen Siedlern wurde gefördert. Aber ich denke nicht, dass bei einem Ansteigen der Bev.zahl im Raum jenseits der Grenzen der ehem. slawischen Gebiete, kein Bev.wachstum auch in den ehemals slawischen Gebieten existiert haben soll, welches dann auch zur Bevölkerung der städtischen Neugründungen beitrug.
 
Doch, die gab es.

Ich möchte aber doch bezweifeln, daß diese "Diskriminierung" als solche so gesehen und verstanden wurde wie heute. PC gab es sicher noch nicht. :fs:


@silesia
Axo, danke. In der engl. Wiki hatte ich nicht geschaut. Interessant für mich @offtopic, daß es für Grodno auch einen deutschen Namen gibt: Garten.
 
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tekker: Ich möchte aber doch bezweifeln, daß diese "Diskriminierung" als solche so gesehen und verstanden wurde wie heute. PC gab es sicher noch nicht. :fs:

Ausschluß aufgrund ethnischer Zugehörigkeit! Aus heutiger Sicht ist das Diskriminierung. Sicher kann man das nicht mit heute vergleichen und vielleicht hat das auch damit zu tun, das die Zünfte sich Konkurrenz vom Leibe halten wollten.

brissotin: Fragt sich für mich wohin sie, die slawischen Adeligen, wenn sie außer Landes gingen denn gehen wollten?

Belegt sind Dänemark, Pommern und Polen als Exil. Sie hofften sicher auf Rückkehr. In den Sachsenkriegen Karls suchte Widukind bekanntlich auch zeitweise Unterschlupf beim Dänenkönig Göttrik.
 
Buchempfehlung zum Thema

Herrmann, J. (1985): Die Slawen in Deutschland - Akademie Verlag Berlin

Ein ziemlicher Wälzer, der im Grunde keine Fragen offen lässt. Wenn man mal auslässt, dass durch die marxistische Brille gesehen - die Fakten stimmen und sind alle quellenbelegt.
 
Ich kann mir gut vorstellen, dass ein großer Teil der ostdeutschen Bevölkerung slawischen Ursprunges ist. Nach der Unterwerfung und christinanisierung der slawischen Stämme sind diese Menschen ja nicht alle verschwunden, sondern im Laufe der Jahrhunderte zu Deutschen geworden.

Nicht ganz zu vernachlässigen ist jedoch dabei die deutsche Besiedlungswelle (Stichwort: deutsche Ostsiedlung) während der salischen und staufischen Zeit (11. bis 13. Jh.).
Infolge dieser Besiedlung kamen Niederländer, Rheinländer und Altdeutsche - hier insbesondere aus dem Schwäbischen und aus dem Fränkischen - in die betreffenden Gebiete.
Man kann also getrost sagen, daß es sich i.d.S. um eine Mischbevölkerung handelt bzw. ihr Ursprung von verschiedenen Wurzeln herrührt. Eindeutig slawischen Ursprunges - zumal auch heute noch Slawen - sind jedoch die Sorben.

In meiner Leipziger Zeit habe ich mich auch gefragt woher diese ganzen Ortsnahmen mit den Endungen -itz kommen. Meines Wissens waren das doch alles slawische Siedlungen, oder ?

Das kommt wiederum auf die Region an...
In den Tiefländern und im Lößgebiet hast Du durchaus recht, an den Mittelgebirgsrändern bzw. in den Mittelgebirgen jedoch sind auch Siedlungen mit Endungen wie -itz oder -au deutsche Gründungen, deren Namensgebungen sich jedoch - und da wären wir wieder bei gegenseitiger Interferenz - nach Flußläufen u. dgl. richteten, welche wiederum bereits slawische Namen hatten.



Noch zu einer anderen Sache: die sogenannten Wendenparagraphen waren Zunfterlasse in einigen Städten ab dem 14. Jh., insbesondere aber dann im 15. und 16. Jh. ("eheliche Geburt und deutsche Abstammung"), durch welche Zuwanderung slawischer Bevölkerung in die Gewerbe bzw. Konkurrenz durch diese in den Gewerben ferngehalten werden sollte.
Vgl. dazu auch Wendisches Museum
Richtig ist in diesem Kontext auch, daß es ab dem ausgehenden 13. Jh. Sprachverbote gab, was jedoch wiederum einzeln erfolgte städtische Verordnungen waren.
Siehe dazu auch Deutsch als Fremdsprache in Europa ... - Google Book Search
Nicht richtig ist, daß bereits der Sachsenspiegel um die Mitte des 13. Jh. rechtliche Unterschiede sanktionierte; im Gegenteil: Eike von Repgow stellte "Sachsen und Wenden" vor Gericht gleich.
Siehe dazu auch Deutsch als Fremdsprache in Europa ... - Google Book Search
 
Nicht ganz zu vernachlässigen ist jedoch dabei die deutsche Besiedlungswelle (Stichwort: deutsche Ostsiedlung) während der salischen und staufischen Zeit (11. bis 13. Jh.).
Die Franken und Rheinländer waren mir ganz entfallen, auch wenn wir die deutsche Besiedlung der Mark (Brandenburg) auch im Unterricht hatten.

Ein bisschen sollte man aber vielleicht zwischen den Wendenkreuzzügen der Zeit Albrecht des Bären und der Besetzung Sachsens, was ja auch eingeworfen wurde, diferenzieren. Dabei ist anzumerken, dass zwar auf den Wendenaufstand von 983 die Feldzüge Otto III. im 10.Jh. folgten, aber eine eigentliche und dauerhafte Eroberung Brandenburgs erst mit dem Kreuzzugsaufruf gegen die Slawen von 1108 zu verbinden ist. Währenddessen hatten sich bspw. die Wettiner schon in Sachsen, oder was vielmehr später zum heutigen Sachsen wurde, etabliert.
 
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