Deutschland vor dem Wiener Kongress

N

napoleon XX.

Gast
Moin! Weiß zufällig jemand in wieviele Einzelstaaten/ Fürstentümer Deutschland vor 1800 zergliedert war?
danke
 
Aufpassen! Welche staatliche Ordnung ist gesucht?

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation (existierte bis 1806)?


Die Neuordnung Deutschlands unter Napoleon (1806-1815)?


Oder Deutschland nach dem Wiener Kongress (ab 1815)?


Da gibt es schon kleine, aber bedeutsame Unterschiede.
 
Aufpassen! Welche staatliche Ordnung ist gesucht?
Da "vor 1800" gefragt ist, wohl deutlich das alte Reich.

Also geht es in die Richtung der von Scorpio genannten Zahlen.

Wobei ich seine Zahlen nicht genau nachvollziehen kann.
Im Gebhardt 11 / Verfassungsgeschichte finde ich für die Reichsmatrikel von 1792 nur 294 Reichsstände.

Mit der Formulierung "souveräne Staaten" wäre ich eher vorsichtig, ein Reichsstand war nicht wirklich souverän. Und "Staaten" , also von einem Herrscher regierte Gebiete, gab es deutlich weniger, weil ja diverse Fürsten eine ganze Reihe von Reichsständen in Personalunion führten.

Zu den Reichsrittern habe ich keine Zahlen, finde 1400 aber auch erstaunlich hoch.
 
@Tekker:
Die gesuchte Zahl muß irgendwo dazwischen liegen (obwohl ich natürlich gegen Scorpios 1400 keine Fakten vorbringen kann, nur Bauchschmerzen).

Die 350 sind auf jeden Fall nur eine Untergrenze, pro Familie sind durchaus mehrere Territorien möglich.
 
Die Frage nach der Anzahl der Territorien im alten Reich scheint alles andere als leicht beantwortet. Es ist überdies zu beachten, daß die Anzahl eben auch schwankte und nicht etwa konstant über Jahrhunderte gewesen wäre. Wie war die denn nun, nehmen wr mal das Jahr 1789?

Desweiteren muß man sich darüber klar sein, was denn eigentlich gezählt werden soll. Die "tatsächlichen Territorien", wovon aber mehrere ein und denselben Herrscher haben konnten? (Ein Beispiel hier wäre Kurköln mit Westfalen usw.) Was ist mit den Territorien geteilter Herrschaft? Die Reichsstände, welche also auf dem Reichstag vertreten waren, evtl. ungeachtet ihrer Stimmanzahl? (Bei Berücksichtigung der Stimmenanzahl tritt wiederum die Schwierigkeit von Kuriatstimmen auf.) Nur die Reichsfürsten, von denen aber nicht alle über ein Territorium verfügten? Oder etwa alle Reichsunmittelbaren? Was ist mit Nebenlinien?

:confused:

Das Thema ist bei genauerer Betrachtung imho äußerst komplex und ich würde mich an dieser Stelle über eure Ideen freuen, was und wie zu zählen sei. :)

Übrigens, die o.g. Wiki-Liste umfaßt derzeit 447 Territorien, wobei ich allerdings a) Unvollständigkeit unterstellen möchte und b) wiederum mehrere Territorien denselben Herrscher hatten.
 
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Hier meine Auslassung in einem anderen Forum dazu

Danke für den Link, Briso! :friends: Erlaube mir bitte diesen Auszug:
350 Familien, welche dem Reichsritterstand angehörten (...) verfügten in der Summe über 1700 Herrschaften
Hieran läßt sich o.g. Problem gut erkennen. Zählen wir die einzelnen Territorien oder nur die Familien? Wobei noch zu beachten ist, daß diese Reichsritter zwar reichsunmittelbar, aber beim Reichstag nicht vertreten waren. :grübel:

Zu diesem Thema hatte ich noch eine weitere, den Reichsdeputationshauptschluß betreffende Überlegung angestellt. Wer wurde mittelbar gemacht bzw. eben nicht. Mir scheint es da keine klare Linie gegeben zu haben. Kann man sagen, daß die Besitzungen der (weltl.) Reichsfürsten eben nicht mediatisiert wurden, aber alle übrigen Reichsstände gerade doch? Oder gab es da Ausnahmen? Evtl. Gründe dafür? Fragen über Fragen... :confused:
 
Danke für den Link, Briso! :friends: Erlaube mir bitte diesen Auszug:
Hieran läßt sich o.g. Problem gut erkennen. Zählen wir die einzelnen Territorien oder nur die Familien?
Ich denke, dass ich schon die Territorien zählen würde. Die Familien sind ja weit verzweigt. Sachen gibt's da, die glaubt man nicht, so dass schonmal ein Adeliger die Rangerhöhung einer anderen Linie der Familie auf die eigene übertragen ließ, während die eigene sich selbst abgestuft hatte. Nee von daher halte ich Familien zwar für wichtig, aber die Zahl der reichsunmittelbaren Territorien für noch wichtiger. Manchmal kapiere ich nämlich nicht, ob bei einem Reichsritter auch immer reichsunmittelbare Territorien dahinter standen oder eben nicht. Viele Reichsritter, die mir in Recherchen begegnet sind, besaßen zwar Titel und Anspruch auf die Anrede "Reichsfreiherr" oder "Reichsritter", ihre Gebiete hatten sie aber von einem Lehnsherren, während ein anderer Teil des reichsritterlichen Geschlechts wirklich reichsunmittelbare Territorien besaß. Wenn man also diese zwar nicht reichsunmittelbaren Territorien hinzu rechnet, welche ebenfalls im Besitz und Einfluss von Reichsrittern lagen, dann erhöht sich deren Einfluss als Schicht im Heiligen Römischen Reich noch deutlich, von der Bedeutung über die Verwaltung und das Militär im Dienste des Kaisers ganz abgesehen.
 
Was wollen wir aber unter "Territorium" verstehen, lieber Briso?
Jede einzelne Herrschaft.
Ich habe da leider momentan keinen "typischen" Reichsritter zur Hand. Wir könnten aber die Stauffenbergs hernehmen. Jede der Herrschaften sind oben in der Wikipedialiste aufgeführt. Stauffenberg (Adelsfamilie) - Wikipedia Also jede dieser Herrschaften würde ich als ein Territorium ansehen, wenn ich das richtig verstanden habe: Amerdingen, Jettingen usw..
 
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Amerdingen, Jettingen usw..

Oha... Beachte bitte noch mein Edit oben. :D

Es geht ja auch nicht nur um die Ritterschaft. Wie gesagt, äußerst komplex diese Sache. Hat sich denn noch nie jemand mit der Frage nach der Territorienanzahl befaßt? "Viele Kleinstaaten", "Flickenteppich" usw. hört man ja stets, aber das war's dann wohl auch... :S

(wieder) edit und offtopic:
Bei deinem Link oben kann man sehr schön sehen, daß ein Wappen durchaus unterschiedlich dargestellt werden kann. :)
 
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1. Es geht ja auch nicht nur um die Ritterschaft. Wie gesagt, äußerst komplex diese Sache. Hat sich denn noch nie jemand mit der Frage nach der Territorienanzahl befaßt? "Viele Kleinstaaten", "Flickenteppich" usw. hört man ja stets, aber das war's dann wohl auch... :S

2. (wieder) edit und offtopic:
Bei deinem Link oben kann man sehr schön sehen, daß ein Wappen durchaus unterschiedlich dargestellt werden kann. :)
1. Ich denke, dass Territorien der Reichsritter halt innerhalb der Zählweise der Territorien des Reiches nicht mitgerechnet werden, sondern dass bei diesen Territoren nur Reichsgrafschaften, Landgrafschaften ... usw. dabei sind. Hier gibt es einige Literaturhinweis dazu von Herold: http://www.geschichtsforum.de/f288/das-hrrdn-im-18-jh-reichsaufgebote-u-kompetenzen-11758/ Also das ist 100 % ein kompliziertes Thema und ich weiß nicht, ob ich ganz tief da einsteigen will, befürchte aber, wenn man das Thema immer nur so streift oder nur soviel weiß wie in den Ausstellungskatalogen der HRR-Ausstellung in Berlin 2006 steht, dann hat man eben nur die Hälfte der Wahrheit präsent und kommt leicht zu falschen Schlussfolgerungen. Im Endeffekt muss man für einen vollständigen Überblick vielleicht Rechts-, Verfassungs- oder Landeshistoriker sein, jedenfalls ein Fachmann, mir ist das auch ganz schön zu kompliziert. :gruml:
2. Ja es ist ein schönes Wappen und ich finde immer wieder verschiedene Darstellungsweisen extrem interessant, sei es als dekorativer Hausschmuck/ am Portal einer Festung (auch ein spannendes Thema), als Stickerei(Fahnen, andere Textilien aller Art z.B. in der Nähe vom Thron), auf einer Wappenrolle, einem Stammbaum, einem Schild...
 
Ich denke, dass Territorien der Reichsritter halt innerhalb der Zählweise der Territorien des Reiches nicht mitgerechnet werden, sondern dass bei diesen Territoren nur Reichsgrafschaften, Landgrafschaften ... usw. dabei sind.

Dann wären wir wieder dabei, nur beim Reichstag vertretene Stände zu zählen. Was die Virilstimme angeht, konnte ein Fürst ja durchaus mehrere Stimmen haben, eben für jedes (stimmberechtigte) Territorium eine. Bei den Kuriatstimmen wiederum müßte jeder gezählt werden, der in seiner Bank stimmberechtigt war, sofern er ein Territorium hatte. Wieder die Frage, wie wir das zu definieren haben.

Ich geb dir Recht -> :gruml:
Das is irgendwie wie -> :fruchtgrapscher:
:S

Zu 2: Ja, so ist das. :)
 
Bei den Kuriatstimmen wiederum müßte jeder gezählt werden, der in seiner Bank stimmberechtigt war, sofern er ein Territorium hatte. Wieder die Frage, wie wir das zu definieren haben.
Hieße: Ein Reichsgraf Lehndorff Lehndorff - Wikipedia oder ein Reichsgraf von Gotter Gustav Adolf von Gotter - Wikipedia hätten vermutlich eh nichts zu sagen und deren Titel ist eigentlich Schall und Rauch, ausgenommen vielleicht Rangstreitigkeiten unter der Masse von Grafen z.B. anlässlich eines Zeremoniells, Balls usw.. Da mögen dann die für das Reich unbedeutenden Reichsgrafen, die also in Regensburg auch nicht vertreten wurden, gegenüber den Oberburggrafen und was es nicht alles gab, eine Rolle gespielt haben.
Leider lässt sich Wikipedia zu den Reichsgrafen wie Gotter und Co nicht aus: Graf - Wikipedia
 
Mmh... Sackgasse?
Ich weiß nicht, ich kann noch in besagten Ausstellungsband schauen, aber der soll ja die ganze Frühe Neuzeit bis hin zum Ende des HRR 1806 umfassen, da kann er also kaum auf die Besonderheiten der letzten Jahrzehnte eingehen. Gewöhnlich war ein Reichsgrafenstand ja schon mit einem Lehen durch den Kaiser verbunden, welches dann eben reichsunmittelbar war. Ich kann mir nur vorstellen, dass es bei abnehmender Macht des Kaisers zusehends schwieriger wurde einem solchen Titel entsprechende Lehen aufzutreiben, auch wenn der Titel an sich den Leistungen desjenigen, der damit beehrt wurde, durchaus entsprechen mochte.
Damit ist man nämlich wiederum bei einer der wirklichen Zwickmühlen des Adels des 17. und 18.Jh., der Diferenz zwischen Titel und tatsächlichem finanziellen oder territorialen Hintergrund. Normalerweise schickte man ja vor allem seinen Hochadel als Gesandte etc. an die fremden Höfe. Dieser "Dienst" für seinen Herren zahlte sich aber in Wahrheit finanziell oft nicht aus. So spielte neben der Eignung des Standes für einen Gesandtendienst (ein Herzog oder Graf als Gesandter kann leichter mit einem König verhandeln, als ein Ritter oder dergl.) eben auch der mit diesem Stand verbundene gewöhnliche finanzielle Hintergrund eine erhebliche Rolle. Viel von den Kosten für die Repräsentation an dem fremden Hof und die Reise musste nämlich der Gesandte selbst zahlen, wenn er dies nicht großzügig von dem besuchten Landesvater geschenkt bekam. So ruinierte sich Knyphausen für seinen König Friedrich II. an den Höfen (u.a. London!) dermaßen, dass er bei einem Aufenthalt in Berlin eingestehen musste, dass er für Dienste am Wiener Hof nicht mehr genug Geld habe. Daraufhin wurde er vom verständnislosen König entlassen und ersetzt(!).
 
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