Die Anfänge der Artillerie

Q

Quintus Fabius

Gast
Artillerie im Spätmittelalter und in der Neuzeit:
(abgeschrieben, gestrafft und zusammengefasst aus Waffen der Landsknechte, von Ortenburg)

Zu Beginn der Neuzeit entwickelte sich die Artillerie zum dritten wichtigen Bestandteil eines Heeres. Anfangs befand sich die Herstellung wie auch dann die Bedienung der Geschütze in derselben Hand, die Kanonengießer waren dann auch immer gleichzeitig die Geschützmeister ihrer Stücke. Es waren handwerksmäßig organisierte Büchsenmeister, die sich von der Seite der Glockengießer diesem Handwerk zugewandt hatten. Die Kunst, Geschütze herzustellen war anfangs eine Geheime, und wurde nur innerhalb einer Familie weitergegeben, sie beruhte anfangs auf rein empirischen Erfahrungen. Die Verpflichtung zur unbedingten Geheimhaltung galt noch zu Kaiser Maximilians Zeiten. Jeder Büchsenmacherlehrling mußte schwören, unter keinen Umständen das Geheimnis der Herstellung und auch der Bedienung zu verraten.

Größere Reichsstädte wie Augsburg oder Nürnberg hielten ständig solche Büchsemacher im Dienst, ebenso einzelne Fürsten wie Karl der Kühne, die die Zeichen der Zeit erkannt hatten. Obwohl diese Büchsemacher also eine feste Anstellung hatten, wurden sie in Friedenszeiten durchaus an andere Mächte vermietet oder geliehen. Die besondere gesellschaftliche Stellung der Büchsenmacher wurde dann erstmals durch einen Artikelbrief im Jahre 1444 unterstrichen, zeitgleich baute auch im Osten das Osmanenreich seine Staatsartillerie auf. Die Büchsenmacher hatten viele Privilegien, die ihnen von den Kaisern und Königen immer wieder bestätigt wurden, so durften ihre Weiber und Kinder auf den Kugelwagen mitfahren und sie hatten beim Kauf von Lebensmitteln und Alkohol in Feldlagern immer Vorrang und Vortritt vor allen anderen. Als Zeichen ihres Amtes führten sie die Zündrute mit sich, daran waren sie zu erkennen. Die meisten Büchsenmacher hatten außer ihren Familienmitgliedern auch noch 3-4 Knechte.

Im Laufe der Zeit verwischte ihre Stellung und sie waren weder schon Soldaten, aber auch nicht mehr Handwerker, und so bildeten sie eine eigene Gesellschaftsschicht. Von den Zünften der Handwerker unterschieden sie sich dadurch, dass sie weder einen Gildenmeister noch eine Zunftlade hatten. Standen Büchsenmeister nicht im festen Sold bei einem Fürsten oder einer Reichsstadt, lebten sie vom Glockengießen oder zogen auf der Suche nach einer Anstellung herum. Die Einstellung erfolgte bei Bedarf durch einen vom Fürsten oder Stadtrat ernannten Feldzeugmeister, dem die gesamte Artillerie unterstand, bei den Osmanen durch den zuständigen Befehlshaber des Artilleriekorps. Eine Staatsartillerie gab es anfangs nur bei den Burgundern und Osmanen, sowie im Bereich der Schiffe bei Venedig, die Venezianer setzten zu dieser Zeit als erste weltweit eine Kanone auf einem Schiff ein.

Bevor ein Büchsenmeister eine Anstellung fand, mußte er erst sein Können in einer Prüfung demonstrieren und einen Lehrbrief vorlegen aus dem seien bisherige Laufbahn hervorging. Die besten Leute wurden den schon sehr früh aufgekommenen Wurfgeschützen zugeteilt, aus denen sich dann die Mörser und Haubitzen entwickelten, dieser bezeichnete man anfangs als Feuerwerker, die nächstbesten kamen zu den Bombarden und sogenannten Brechgeschützen, sie nannte man anfangs Büchsenwerker oder Büchsenmeister, die dritte Gruppe bildeten dann die weniger Erfahrenen die man den Schlangen zuteilte, also den leichten Kanonen, sie nannte man Schlangenmeister oder Schlangenschützen. Diese Einteilung bestimmte auch die Höhe des Soldes. Ältere und besonders erfahrene Meister nannte man auch Alt-Feuerwerker, oder Alt-Büchsenmeister, Gehilfen und Lehrlinge dagegen auch manchmal wenn sie schon Erfahrung hatten Jung-Büchsenmeister. Daneben war der Artillerie anfangs auch noch eine Truppe von Handlangern und Erdarbeitern zugewiesen, die Gräben und Feldbefestigungen für die Geschütze anlegen konnten. Bei den Osmanen entwickelte sich daraus eine eigene Spezialtruppe.

Als die Anzahl der Geschütze in den Armeen erhöht wurde, und um den Konkurrenzkampf der Geschützmeister untereinander und deren Eifersüchteleien zu kompensieren wurde es notwendig, den nun entstehenden Artillerie Abteilungen Vorgesetzte mitzugeben. Diese Befehlshaber waren meist besonders loyale Adelige, und sie trugen den Titel Stückhauptleute, ihre Gehilfen nannte man Stückjunker. Bei den Osmanen dagegen gab es von Anfang an eine normale Militärhierarchie, zwar waren die Geschützbesatzungen anfangs auch europäische Söldnern, aber sie standen von Anfang an unter dem Befehl der ihnen vorgesetzten osmanischen Offiziere. Zudem stammten diese Offiziere meist auch aus der Artillerie Truppe, was den Söldnern ein Anreiz war, bei guter Leistung in eine hohe und gutbezahlte Position aufzusteigen, zudem hatten sie so eine größere Erfahrung mit dieser Waffengattung.

Auch in einem großen Heer war die Anzahl der Geschützmeister anfangs nie sehr groß. Karl der Kühne von Burgund hatte zum Beispiel bei der Belagerung von Neuß nur 200 Kanoniere dabei, pro Geschütz benötigte man mindestens einen Fachmann. Im Jahr 1509 führte das kaiserliche Heer 109 Radgeschütze mit sich und um 1550 rechnete Graf Reinhard von Solms auf 20 000 Knechte und Reisige 18 Brechgeschütze und 54 Schlangen, so dass man also im 16 Jahrhundert in Europa von 3 Geschützen je Tausend Mann im Durchschnitt ausgehen kann. Dieser Durchschnitt ist lange eingehalten worden, eine Ausnahme waren wieder die Osmanen, die eine numerisch stärkere Landartillerie hatten und die Venezianer und Genuesen, die in ihren Seestreitkräften ebenfalls einen höheren Geschützdurchschnitt hatten.

Auch nach dem Verwendungszweck wurde die Artillerie früh unterteilt, man stellte die Rohre möglichst nach gleichen oder zumindest ähnlichen Kalibern zusammen, und gliederte sie nach Verwendung in Feldgeschütze, Brechgeschütze für Belagerungen und Wurfgeschütze, dabei wurde in Europa darauf geachtet, dass die Zahl der Feldgeschütze so groß war, wie die Zahl der anderen beiden Gruppen zusammen. Bei den Osmanen kamen noch früh die Küstengeschütze dazu, die in der Form von gewaltigen Bombarden die Meerenge der Dardanellen und des Bosporus überwachten.

Am Anfang der Zeit wurde auch das Graben und Legen von Minen als eine Aufgabe und Teil der Artillerie gesehen, so unterstanden den Stückhauptleuten auch Bergleute und Erdarbeiter, sowie Brückenbauer. In Europa wurden diese jedoch dann von den Geschützen getrennt und als eigene Truppe betrachtet, bei den Osmanen blieben sie bei der Artillerietruppe und waren auch weiterhin in deren Befehlsstruktur eingebunden. Während des 30 jährigen Krieges führten dann die Schweden als erste eine leichte Regimentsartillerie ein, die die Infanterieregimenter begleitete und ebenfalls bei den Schweden erfolgte dann die Bedienung der Geschütze durch extra dafür ausgebildete Soldaten. Die Osmanen nahmen zwar schon früher eine Art Mittelposition zwischen dem alten System und der schwedischen Neuerung ein, behielten aber das System der Anheuerung bei, auch wenn sie noch vor den Schweden zusätzlich selber Geschütze anfertigten, so wurden diese dann den Söldnern zur Verfügung gestellt. Eine Ausnahme war die Yeniceri Artillerie und die Haseki Garde, beide bemannten ihre Geschütze schon vorher mit Yeniceri Truppen, diese erhielten aber auch zusätzliche Unterstützung durch angeheuerte Spezialisten, daher waren doch die Schweden die ersten.

Zur Weiterbildung und zur Übung der Artilleristen wurden schon früh Schießübungen abgehalten. Als erste richtete die Freie Reichsstadt Nürnberg im Jahre 1422 einen ständigen Schießplatz ein, auf dem die Artillerie dann üben konnte. Andere Städte folgten und in unregelmäßigen Abständen fanden öffentliche Schießwettbewerbe statt, die sogar, wie 1578 in Augsburg mehrer Wochen dauern konnten. Am berühmtesten aber war und blieb in dieser Epoche das Nürnberger Stückschießen, zu dem sich auch Militärexperten diverser Staaten einfanden, um dort Spionage zu betreiben oder Ausschau nach vielversprechenden Geschützmeistern zu halten. So waren diese Schießen im Endeffekt auch eine Werbungsaktion, die es den Geschützmeistern ermöglichten, sich vorzustellen und einen Arbeitgeber zu finden.

Per Definition zählen zu den Geschützen alle Feuerwaffen, die ein Mann allein nicht mehr bewegen, bedienen und einsetzen kann, jedoch waren Anfangs die Grenzen zu den Handfeuerwaffen noch verschwommen. Die ersten Nachrichten von Geschützen in Europa stammen aus dem ersten Viertel des14 Jahrhundert, die ersten Kanonen überhaupt konstruierten aber die Mongolen unter Möngke Khan und dann unter Khublai Khan. Diese ältesten Geschütze hatten noch ein sehr kleines Kaliber. Es ist aber falsch, sie nur als psychologische Waffen zu sehen, auch wenn man damit sehr schlecht traf, so war die Waffenwirkung selbst sehr groß. Die aller ersten Geschosse hatten meist Apfelgröße und waren aus Stein, sehr früh gab es dann aber auch Bleigeschosse und solche aus Schmiedeeisen. Die Rohre selbe waren noch aus Weicheisen und wurden über einen Dorn oder einen Holzstamm geschmiedet, das Weicheisen sollte möglichst Splitter verhindern, wenn es das Rohr zerriss. Das innere der ersten Rohre war leicht konisch ausgeformt, also becherförmig, daher auch der Begriff Schießeimer oder Schießvasen.

Bald kam man zu der Erkenntnis, das die Trefferfähigkeit sich verbesserte, wenn man schwerere Geschosse verwendete und dazu der Stoß des entstehenden Pulvergases beim Abfeuern den Schwerpunkt des Geschosses traf und dieses dann über eine längere Strecke geführt wurde. Während sich in China nach dem Sturz der Mongolen die Geschütze während der Ming Zeit kaum weiterentwickelten, kam es in Europa zu einer raschen Fortentwicklung. So verengte man schon bald den Teil des Rohres, der das Pulver aufnahm während der Teil, der das Geschoß aufnahm und führte einen größeren Durchmesser bekam und damit dann größere Geschosse Verwendung fanden. Dann stellte man Rohre aus nebeneinander liegenden, miteinander verschweißten Eisenstäben her, die, ähnlich einem Faß dann außenherum durch Eisenringe zusammengehalten wurden. Große Rohre stellte man dann zweiteilig her, der hintere, engere Teil, der Pulversack wurde canone genannt, vom italienischen canno = Rohr, das weitere Vorderteil Pumhardt oder Bombard. Letzterer Begriff ging dann als Name auf das ganze Geschütz über, und dann auf die Brechgeschütze, die Bombarden sowie im Fall der Osmanen auch auf die Küstengeschütze. Der erste Begriff gab dann den kleinkalibrigeren Kanonen seinen Namen, auch wenn diese Anfangs noch Schlangen hießen.

Das Laden geschah, indem man das anfangs noch staubförmige Pulver in das Rohr füllte und es dann mit einem Holzkeil verschloß. Auch die Kugel im Vorderteil wurde mit kleinen Holzkeilchen festgesetzt, da es sich um Steinkugeln handelte, wurden sie genau an das Kaliber der Kanone maßgemeiselt. Nach einiger Zeit kam es dann zum Bronzeguß von Rohren durch Glockengießer. Diese Fähigkeit nahm ihren Ausgang am Anfang des 15 Jahrhundert im Deutschen Reich, vor allem in Nürnberg, Augsburg und Strassberg, und dann auch in den flandrischen Städten, so dass zu dieser Zeit Geschützmeister aus diesen Städten als die besten verfügbaren galten. Im 15 Jahrhundert entwickelte sich dazu auch der Eisenguß von Kanonen, mit dem dann Geschützrohre kleinerer Kaliber gefertigt wurden, Gegossene Eisengeschütze galten aber anfangs als gefährlich und unzuverlässig.

Zu dieser Zeit wuchsen, um die Reichweite und die Schlagkraft zu erhöhen die Kaliber und Größe der Brechgeschütze ins Riesenhafte, vor allem die Bombarden die Steinkugeln verschossen , die wegen der relativ geringen Dichte von Stein groß sein mussten um gegen die immer weiter verstärkten Befestigungen zu wirken wuchs ins Riesenhafte. Die Bombarden dieser Zeit erreichten durchaus Kaliber von bis zu einem Meter bei den größten Stücken, dass waren aber Einzelfertigungen, die üblichen Kaliber lagen zwischen 50 cm und 80 cm. Alle Geschütze die damals einen annähernd geraden Schuß von sich gaben, nannte man dann auch Büchsen, Bussen, Vasi oder auch Pixides. Es gab eine gleichzeitige Entwicklung zu Geschützen mit immer kleinerem Kaliber, die dann schließlich zu schwereren Handfeuerwaffen wurden. Auch wurden die Geschütze dann nach ihrer Ladeweise und Gestaltung in Kammerbüchsen und Orgelbüchsen unterteilt, oder nach den verwendeten Geschossen in Stein- Lot- Klotzbüchsen sowie Hagelbüchsen, nach der Lafettierung in Lege-, Block-, und Karrenbüchsen sowie dem Aufbau auf Kriegswägen wie bei den Hussiten unterschieden. Wie oben schon einmal erwähnt herschte durch die Individualisierung dieses Handwerk Anfangs ein heilloses Durcheinander, so dass eine Armee mit 100 Geschützen durchaus 80 Verschiedene Typen und dabei 90 verschiedene Kaliber umfassen konnte.

Steinbüchsen: BesondersGroße Kaliber hießen Hauptbüchsen, ihr Flug war länger als 2 Kaliber. Normale Bombarden waren weiter zweiteilig, mit einer Pulverkammerlänge von 2 Kalibern und einem Flug von 1,5 Kalibern. Die Geschossgewichte betrugen bis zu 900 Pfund, also bis zu einer halben Tonne. Einzelstücke sogar noch etwas mehr. Das kleinste Kaliber dass man noch zu diesem Typ rechnete war 15 cm. Verkürzte Steinbüchsen nannte man Haufnitzen, aus diesem leitete sich dann der Begriff Haubitze ab.

Lotbüchsen: Sie gebrauchten Geschosse aus Blei, (Lot) oder Schmiedeeisen und hatten Kaliber von 3cm bis 15 cm, also 0,5 bis 16 Pfund Kugelgewicht. Von den größeren Lotbüchsen hießen die längeren Schirmbüchsen, nach den beweglichen Holzschirmen bei Belagerungen, die mit kürzeren Rohren nannte man anfangs Tarrasbüchsen. Mittlere Lotbüchsen nannte man Serpentinen, in Deutschland aber Schlangen, in Burgung Couleeuvrines oder bombarde springarde. Die kleineren Lotbüchsen mit Geschossgewichten von 100 g bis 500 g Blei gebrauchte man als Handfeuerwaffen, aus ihnen entwickelten sich die Wallbüchsen, das waren also keine immer größer gewordenen Arkebusen sondern immer kleiner gewordene Kanonen.

Bei den meisten Steinbüchsen gestaltete man den Raum für die Pulverladung im Durchmesser kleiner als den Flug, und nannte ihn dann im folgenden im deutschen Bereich Kammer. Bei den Lotbüchsen dagegen war der Durchmesser des Rohres in den meisten Fällen gleich. Zum Abfeuern benützte man zuerst einen am Ende glühend gemachten Draht, das Loseisen, nach dem Jahr 1400 dann immer mehr die Lunte. Die Lafettierung war anfangs sehr einfach: Hauptbüchsen wurden auf einer Holzunterlage gelegt, das sogenannte Legstück. Den Rückstoß nahm ein Widerlager aus Holzlagen und Erde auf, kleinere Rohre saßen in ausgehöhlten Baumstämmen und waren mit eisernen Bändern befestigt. Für diese Holzlaffeten entwickelten sich dann die ersten Rädergestelle bei den Hussiten und dann im Burgundischen Heer. Auf Schiffen und Befestigungsanlagen saßen kleinere und mittlere Rohre auch auf Holzgestellen oder Drehbassen, die größeren Kaliber wurden vor allem auf Galeeren in Längsrichtung mit der Mündung nach vorne fest montiert, zum Zielen und Richten mußte man also das Schiff bewegen.

Neben der üblichen Ladeweise von Vorne gab es schon früh, und zwar zuerst bei den Burgundern und dann in Italien Geschütze, die man von hinten laden konnte. Sie hießen damals Kammerbüchsen oder Vögler, ursprünglich aber in Burgund Veuglaires, in Italien Voglero oder Petieros a braga. Bei ihnen wurde im hinteren Teil des Rohres eine vorher fertig geladene Kammer von oben in durch eine Öffnung in das Rohr eingesetzt. Da man vor dem Schießen ja mehrer solche Kammern vorbereiten konnte, schossen diese Waffen beträchtlich schneller. Die Truppen Georg von Frundsberg setzten sich in Italien nicht zuletzt wegen dieser Waffen und ihrer hohen Feuerrate durch. Desweiteren gab es die Sonderform der Klotzlotbüchsen, die besonders stabil gebaut wurden, in deren Rohre lud man dann abwechselnd mehrfach hintereinander Kugeln und Pulver, so dass mehrere Geschosse mit einem Schuss hintereinander abgefeuert wurden. Die Kugeln für diese Waffen wurden dabei durchbohrt und mit einem Schwefelfaden durchzogen. Waffen dieser Art, die mit einmal Zünden eine Kaskade von Schüssen hintereinander abgaben, wurden noch bis ins 18 Jahrhundert verwendet und hießen dann später Espignolen. Dazu gab es noch die Orgelgeschütze, wo auf einer Lafette mehrere kleinkalibrige Kanonen zusammengefasst wurden und die auch eine gemeinsame Zündung hatten, so dass sie nach und nach in einer Salve alle ihre Geschosse hintereinander von sich gaben, oder, je nach Bauart auch alle zugleich, diese wurden noch bis Anfang des 30jährigen Krieges eingesetzt, fanden aber nur wenig Verwendung.

Dann entwickelte sich das Räderwerk und die Räderlafette mit dem Ziel, mehr dieser Waffen in Feldschlachten einzusetzen, und zwar wieder durch die Burgunder zuerst. Gleichzeitig kamen weitere Namen für die Geschütze auf, die ihnen nach Aussehen und Verzierungen gegeben wurden, den Höhepunkt dieser Zeit erlebte die Kaiserliche Artillerie unter Maximilian I. Die Hauptbüchsen und Bombarden hießen nun Kartaunen, lange Kartaunen, Viertelbüchsen und Halbbüchsen, Scharfmetzen, Nachtigallen und Notpüchsen - die Schlangen dann Basilisken, Wurm, Notschlangen, Mittelschlangen, Falkonettes und lange Schlangen _ die Haufnice auch Wiegengeschütz, Terrasbüchsen oder Burgunderlaffete – der Mörser auch Böller.
Erstmals wurden Geschütztypen durch den Kaiser Maximilian I auch schriflich festgelegt und Kaliber bestimmt. Grundsätzlich teilte er 4 Arten von Geschützen ein: die Hauptbüchsen (große Bombarden), die Kartaunen (kleinere Bomarden), Schlangen (Kanonen) und diese erstmals auf 20 Kalibertypen festgelegt, und die Haufnitzen.

Aus dieser ersten Aufstellung in 4 Grundtypen, ungeachtet der Namensverwirrung innerhalb dieser Typen entwickelte sich das französische System der 6 Kaliber Franreichs und das deutsche System des Kaiser Karl V. In Italien und Spanien dagegen trat kein Fortschritt ein, so zählte man in Italien bei den Venezianern immer noch 54 verschiedene Rohrgeschützarten zu dieser Zeit und es gab je Typ noch eine sogenannte männliche und eine weibliche Form, das heißt mit verstärkten Wänden oder ohne für größere Pulverladungen. Die Osmanen übernahmen im Endeffekt zu dieser Zeit das Deutsche System, da die meisten ihrer Söldner aus diesem Gebiet oder aus Italien stammten. Bei der Festlegung der Kaliber spielte die Erfindung des Kaliberstabes durch den Geschützmeister Georg Hartmann in Nürnberg im Jahre 1540 eine maßgebliche Rolle. Auf einem Metallstab waren da die Durchmesser der wichtigsten Stein- Eisen- und Bleikugeln eingeritzt. Die Maße waren daher Europaweit anfangs in Nürnberger Zoll (24,3cm) oder Nürnberger Pfund (0,51kg) angegeben. Als Rohrwerkstoff setzte sich in der zweiten Hälfte des 15 Jahrhundert Zinnbronze durch. Sie wurde daher auch als Geschützmetall oder einfach nur als Das Metall bezeichnet. Erst im 16 Jahrhundert und während des 30jährigen Krieges setzte sich von Schweden kommend dann das Gusseisen für die Kanonen durch. Das wurde durch bessere Gusstechniken ermöglicht, vorher gab es beim Eisengießen viel zu oft Hohlräume und Gaseinschlüsse, so dass die Rohre dann beim Schießen zerplatzten, dazu bildete sich bei Eisenrohren ein Vielfaches an Splittern bei einem solchen Unfall im Vergleich zu einem Bronzerohr.

Abgesehen von den größten Bombarden, die weiter auf Legestücken ausgerichtet wurden, verwendete man bald für alle Geschütze Lafetten. Darunter verstand man Schießgestelle (Laden) in denen die Rohre befestigt wurden. Für den Einsatz im Feld hatten die Lafetten große Räder, die ersten die Lafetten mit Rädern verwendeten waren die Hussiten. Zuerst erlaubte der Wagen selber das Höhenrichten durch Heben und Senken des Karren oder des Ladefußes. Eine enorme Verbesserung wurde dann die Wiegenlafette, (die man auch wegen ihrer Herkunft Burgunderlafette nannte) die aber immer noch die über der Kanone befindlichen Laden zum Richten benötigte, erst die Erfindung des Schildzapfens, der gleich an das Rohr angegossen wurde, machte die Laden entbehrlich. Diese Verbesserung fand im letzten Drittel des 15 Jahrhundert in Burgund statt. Damit kamen dann die viel einfacheren Wandlafetten auf, um ein besseres Fahren zu ermöglichen legte man den Lafettenschwanz auf ein eigenes Rädergestellt, die Protze. Dadurch konnte das Geschütz wie ein Wagen fahren, diese Neuerung kam wohl von den Osmanen, die sich mehr als die Europäer um den Transport ihrer Geschütze über weite Strecken zu Land kümmern mußten.
Bei der Kaiserlichen Artillerie Maximilians I strich man alle Holzteile erstmals einheitlich schwarz an, und alle Eisenteile Rot. Nur die Protze blieb ohne Anstrich.

Während zu dieser Zeit die Steingeschosse bei den Bombarden und Schlangen verschwanden, blieben sie bei den Haufnitzen und Mörsern noch weiter in Gebrauch. Dann kam im 15 Jahrhundert die Kartätsche auf, die man anfangs Hagelschuß nannte, der Erfinder waren wiederum die Geschützmeister im Dienste der Osmanen. Dazu verdämmte man anfangs die Pulverladung mit einem Holzklotz den man an vielen Stellen ansägte und legte davor kleinere Kugeln, Kieselsteine, und bleierne Handrohrkugeln, aber auch Nägel, Glas und Dreck sowie Fäkalien. Um das Laden zu erleichtern, packte man diese schon vorher in kleine Säckchen ab, aus diesen Säckchen entwickelten sich dann die Kartätschen. Mit der verbesserten Gusstechnik im 16 Jahrhundert gelang es dann, hohle Eisenkugeln herzustellen, die Osmanen nutzen vorher schon Glaskugeln oder Kugeln aus Bronze, letztere fanden dann auch bei den Kaiserlichen früh Verwendung. In diese füllte man Pulver und versah sie mit einer Zündschnur, aus diesen Bomben entwickelten sich sowohl die Granaten zum Werfen wie auch zum Schuß mit dem Mörser oder der Haubitze. Geworfen oder Verschossen wurde die im inneren befindliche Pulverladung nach einer vorher bestimmbaren Zeit dann zur Explosion gebracht, vorausgesetzt die Kugel war kein Blindgänger. Der Zünder/Zündschnur konnte vor dem Schuß extra angezündet werden, so machten das die Kaiserlichen und die Osmanen, dann nannte man das ein Schießen mit zwei Feuern, oder er zündete von selbst durch den Schuß, dass kam in Frankreich auf, und wurde so auch in Spanien und später dann überall üblich. Das nannte man dann ein Schießen aus dem Dunst.

Schon früh unterschied man auch Schussarten, so bereits 1471 den Kernschuß, bei dem das Rohr horizontal stand, den Visierschuß, bei dem die Visierlinie über den höchsten Punkt am vorderen und hinteren Teil des Rohres ging, oder auf das Ziel geschossen wurde, auf dass das Rohr zeigte, den Hohen Schuß, ballistisch mit Hilfe einer Quadranteneinrichtung oder den Göllschuß, den man später Rkoschetteschuß nannte, bei dem die Kugel abprallte und in Sprüngen weiter über den Boden zieht oder Rollt.
Dagegen nannte man einen Schuß wenn die Rohrmündung größer als 45 grad war nicht Schuß, sondern Wurf. Schließlich wurden im 16 Jahrhundert erstmals ballistische Berechnungen vorgenommen und das Schießen ging nicht mehr nur empirisch vonstatten. 1538 kam in Venedig das erste Ballistische Fachbuch der Welt heraus, es trug den Titel
`Queriti et inventioni diveres` und wurde Tartaglia aus Brescia gechrieben.
In der zweiten Hälfte des 16 Jahrhundert gelangten dann die bisher so uneinheitlichen Geschützbezeichnungen langsam in ein gewisses System. Gleichzeitig verschwanden die übergroßen Bombarden, die Legstücke und die Steingeschosse vollständig. Nur die Osmanen hielten sie als Küstengeschütze weiter bei. Auch sämtliche Belagerungs- und Brechgeschütze lagen nun auf Räderlafetten und es entstanden 8 bis maximal 10 verschiedene Geschütztypen. In dieser Zeit trat in der Kriegsführung die Feldschlacht gegenüber der Belagerung stark zurück und zwar wegen der Dominanz der Artillerie auf dem Schlachtfeld und wegen der allgemein defensiven Strategie dieser Zeit. In dieser Zeit führten die Franzosen nur noch 6 Kaliber, und am Ende des Jahrhunderst beschränkten die Niederländer als aller erste ihre Artillerie auf nur 4 Kaliber.

Im 30jährigen Krieg bildeten sich aber erst dann die modernen Einteilungen heraus, die dann weiter Gültigkeit haben sollten, die kaiserlichen Streitkräfte behielten die alten Namen noch eine Zeitlang bei, so teilte Wallenstein seine Artillerie 1617 in Ganze Kartaunen, Halbe Kartaunen, Viertel Kartaunen und Achtel Kartaunen auf. Diese 4 Teilung wurde dann als Neues Deutsches System bezeichnet. Durch die Schweden entstand dann wie obig schon erwähnt eine neue Form der Feldartillerie, die Gustaph Adolph von Schweden seinen Infanterieverbänden zuteilte. Vor allem lebten die Kartätschen und die verkürzten Feldkanonen auf, daneben gab es auch wieder Versuche mit Hinterladergeschützen, die sich aber wegen ihrer Empfindlichkeit nicht für größere Pulverladungen und damit Reichweiten eigneten. Am Ende des 30 jährigen Krieges stand dann die Dreiteilung in die Typen Kanone, Haubitze und Mörser, die dann jeweils einige wenige unterschiedliche Kaliber hatten, so z.b. nach dem Deutschen System 4 Kalibergrößen für die Kanonen von 9,1 cm bis 18,1 cm. Die Anfangs- und Entwicklungszeit der Geschütze war damit beendete und der Weg zur modernen Artillerie beschritten.
 
Sososo...Geschütze, die man von hinten laden kann, heißen also Vögler, wie?
Wußt ich's doch... :D

Tschuldige, Quintus, den konnt ich mir einfach nicht verkneifen.
Ganz hervorragend, dein Beitrag. Geballte Info ohne zuviel Nebensächlichkeiten - that's the way. Vielen Dank. :yes:
 
(War da nicht ein Eintrag von Cassiodor ???? Wo ist der hin ?? Bitte hier wieder herstellen wenn’s möglich ist, oder gibt es da einen Grund warum der jetzt weg ist)

askan schrieb:
Könnte man das berühmte griechische Feuer der Byzantiner auch zur Artillerie zählen?

Das ist nur eine Frage der Definition des griechischen Feuers, denn es wurde sowohl verspritzt, als auch kompakt verschossen und auch von Hand eingesetzt, in letzterem Fall wäre es dann eben keine Artillerie. Wenn man es mit einem Katapult verschossen hat, dann ja, im Fall des Versprühens mit dem Siphon ist das eine Definitionsfrage, in dem Fall eher nicht, da muß man es als Sonderwaffe einordnen.

Das griechische Feuer selbst ist also mehr ein Waffenmittel, denn eine spezielle Waffe, sehr gut vergleichbar mit Schwarzpulver.

Du wirst doch z.B. auch nicht fragen, könnte man das Schwarzpulver zur Artillerie zählen?
Also, je nachdem wie das griechische Feuer verwendet wurde, fand es Verwendung durch die Artillerie, durch Spezialwaffen oder durch Handwaffen.

askan schrieb:
Habe ich dich jetzt falsch verstanden? Kanonen sind Nahkampfwaffen?

Ja, da hast du ihn falsch verstanden. Wenn man unter Artillerie eben nur so etwas wie Gechütze versteht, wie eben z.B. auch Kanonen, dann zählt keine Form in der das griechische Feuer verwendet wurde zur Artillerie, wenn man den Begriff Artillerie weiter fasst, dann zählt das mittels Geschützen ausgebrachte griechische Feuer dazu.

Bombarden:

Noch mal gesondert was zu Bombarden, den großen Steinbüchsen, auch Brechbüchsen genannt. Diese entwickelten sich ja rasch zu immer größeren Kalibern weiter, während dabei anfangs die Notwendigkeit größerer Geschosse stand, um die verstärkten Mauern zu brechen, kam es alsbald gerade bei diesem Geschütztyp zu einer Weiterentwicklung in Richtung Größer aus Prestigegründen, jeder wollte die größte Bombarde haben, viele wurden dann viel zu groß, so dass ihr praktischer Nutzen schon wieder sank.

Die gewaltigsten dieser Mauerbrecher waren so etwas wie Atombomben ihrer Zeit, die unfassbar gewaltige Pulvermenge für nur einen Schuß war höchstgradig gefährlich und man hätte mir ihr mehrere kleinere Geschütze den ganzen Kampf lang betreiben können. Fürsten und Reiche Städte stellten mit solchen Mega Bombarden ihren Reichtum und ihre Macht zur Schau, die Fähigkeit mit nur einem Schuß beliebige Mauern in Schutt zu schießen demonstrierte so direkt ihre Macht. Es war sicher ein eindrucksvolles Schauspiel, wenn eine solche Bombarde dann von einem riesigen Troß begleitet von dutzenden Ochsen gezogen langsam durchs Land gezogen wurde.

Trotz ihrer Größe und Schwerfälligkeit funktionierten auch die Riesen Bombarden immer noch als Waffen, sie waren weder plump noch primitiv, konnten das gar nicht sein, ohne das Leben der Bedienung und anderer im weiten Umkreis zu gefährden. Als einmal so ein Ungetüm im Kaliber 48 cm explodierte und das Rohr als Splitter in die Gegend verteilte, kamen dabei auf einen Schlag fast 60 Mann der eigenen Seite um. Die älteste der Groß Steinbüchsen befindet sich heute auf dem Freitagsmarkt in Gent. Die ebenfalls erhalten gebliebene Mons Ment, die heute vor dem Eingang des Edinburgher Schlosses steht, ist schon 406 cm lang und hat ein Kaliber von 50,5 cm bei einem Gewicht von 7 Tonnen. Sie konnte nachweislich eine Steinkugel mit dem Gewicht von 152 kg insgesamt maximal 3 km weit verschießen, was die Leistung dieser eigentümlichen Waffen zeigt.

Die Burgunder setzten bereits - mal wieder als Vorreiter in diesen Dingen – im Jahre 1411 die sogenannte Dulle Griet, die Faule Grete ein, die so genannt wurde, weil das Laden so lange dauerte, dass man nicht so oft schießen konnte. Sie hatte 6 m Länge und ein Kaliber von 63 cm. Ein Augenzeuge beschreibt, wie die Burgunder dieses Geschütz auf das Haupttor von Bourges abfeuerten:

„Sie verschoß Steine von gewaltiger Größe und Gewicht, was Unmengen an Schießpulver forderte und der doch immerhin sehr erfahrenen Bedienung eine reichlich gefährliche und schwierige Arbeit abverlangte. Fast zwanzig Mann bedurfte es, um sie zu bedienen wenn sie in Stellung war. Wenn sie abgefeuert wurde, konnte man den Donnernden Lärm noch in vielen Meilen Entfernung vernehmen und er versetzte die einheimische Bevölkerung so in Schrecken, als ob es der Wiederhall der Hölle wäre. Mit dem ersten Schuß wurden die Grundmauern eines der Türme direkt neben dem Tor teilweise zerstört. Am nächsten Tag feuerte die Kanone ein paar Mal auf das Tor, zwei Kugeln brachten den Turm komplett zum Einsturz, durchschlugen ihn und zerstörten dahinter weitere Gebäude, die anderen rissen das Tor komplett nieder.“
 
Da Artillerie einen Lateinisch-französischen Ursprung hat, wäre eine Begriffsklärung von Nöten.
lat. ars und tollere (telorum) : Kunst des Werfens

Somit werden unter Artillerie wohl auch schon die Wurfmaschinen der Antike verstanden.
Ab dem 15.Jahrhundert kam dann die Rohrartillerie dazu/abgelöst.
 
kanone_1.jpg
Ich habe da mal eine Illustration zu dem Thema.
 
Mal eine Frage: Wie verhielt es sich denn mit mechanischen Belagerungswaffen (Ballista, Katapult, Trebuchet)? Diese wurden ja noch einige Zeit parallel zu den Geschützen benutzt (so benutzten die Osmanen 1453 vor Konstantinopel auch gewöhnliche Belagerungswaffen).
 
Da Artillerie einen Lateinisch-französischen Ursprung hat, wäre eine Begriffsklärung von Nöten.
lat. ars und tollere (telorum) : Kunst des Werfens

Somit werden unter Artillerie wohl auch schon die Wurfmaschinen der Antike verstanden.
Ab dem 15.Jahrhundert kam dann die Rohrartillerie dazu/abgelöst.


Vielleicht kann ich aushelfen? Aus dem Buch "Vergessene Feuerwerkerei". Dieser Beitrag zur Geschichte der Artillerie ist 130 Seiten lang, zu lang für's Forum:

Zur Geschichte der Artillerie


Ob das Artis tollere (lat.), die Kunst zu schießen, der mit Pulvergeschützen ausgestatteten Waffengattung der Streitkräfte tatsächlich ihren Namen lieh, wie die k.k.-österreichische Artillerieschule meint, habe ich etymologisch nicht belegt gefunden. Im 17. Jahrhundert setzte sich das Wort in der französischen Lautform artillerie (Gesamtheit der großen Feuerwaffen, Geschützwesen) gegen zahlreiche, im 15. und 16. Jahrhundert übliche Formen wie artalarei, artolerei, artellerei, artellari, artigleria usw. allmählich durch. Der Formenreichtum beruht auf dem Einfluß von artigleria (ital.) und artilleria (span.). Das altfranzösische Verb artillier bedeutete „mit Maschinen, Kriegsgerät, ausrüsten“; vermutlich in Anlehnung an das noch heute gebräuchliche art (Kunst, Geschicklichkeit, daher auch: Artist) umgebildet aus dem älteren altfranz. atillier (schmücken, ausstatten, ausrüsten, sich bewaffnen).
Im deutschen Sprachraum verstand man ab 1773 unter Artillerist ganz allgemein einen Soldaten bei der Artillerie. Aus dem Mittelfranzösischen floß im 16. Jahrhunderts das Wort munition in die deutsche Sprache ein: das bedeutete die Gesamtheit der zum Kriegführen nötigen Mittel, wie Waffen, Sprengstoff, Geschoßvorrat, aber auch Proviant). Auch hier treten lateinische Sprachwurzeln hervor: munitio (Genitiv munitionis) bedeutet Befestigung, Verwahrung, Errichten eines festen, schützenden Ortes, Befestigungsmittel oder auch Befestigungswerk.
Im Hochmittelalter verengte der Sprachgebrauch die Bedeutung des Stamm-wortes und fügte im weiteren europäischen Sprachkreis die Vorsilbe »ad« hinzu (franz. »admunition«, engl. »ammunition«). Die Bedeutung des Wortes dehnte sich auf die Befestigungsanlagen und später auf alle Mittel der Verteidigung aus. Das lateinische muniri bedeutete anfangs den Schutz einer Mauer oder Wand.
Der deutsche Adel hielt für passend, sich nach der von der hohen Geistlichkeit verursachten Feststellung seines Gottesgnadentums auch sprachlich von seinen Untertanen abzuheben. Friedrich der Große, der Alte Fritz, benötigte „nur so viel deutsch, damit mein Pferd mich versteht.“ Das erklärt den Einfluß des Französischen auf die deutsche Sprache, vor allem auf die Kriegstechnik und den verhältnismäßig großen Anteil darin, der umgangssprachlich oft schon gar nicht mehr als fremd erkannt wird.

Gruß
histor
 
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