Arcimboldo schrieb:
Die Sehnsucht nach den alten Zielen ist geblieben , nur das Personal hat gewechselt und konnte nie und nimmer von den Weimarer Demokraten per säkularer Struktur erlöst werden.
Hitler steht auf den Schultern von WilhelmII. , da er erkannt hat was Volkes Wunsch und Sucht ist. ----- Ein starker Mann, der religiös und national verbrämt allen vorgaukeln kann genau diese Sehnsüchte zu bedienen. Die Irrationalität der Deutschen sucht sich immer wieder solche Symbole und deren Ursupatoren.
Wenn ich deine Ausführungen richtig interpretiere, konstruierst du hier eine Kontinuität zwischen dem 19. Jahrhundert, der Kaiserzeit und dem Nationalsozialismus ab 1933, die durch das Streben nach nationalen Symbolen und Sehnsüchten gekennzeichnet ist.
Eine solche Form der argumentativen Annäherung an die Thematik Machtergreifung impliziert, dass der historischen Entwicklung hin zum Nationalsozialismus der Chrakter einer gewissen Zwangsläufigkeit zugewiesen wird.
Überspitzt formuliert zeichnet deine Argumetation das Bild einer nationalsozialistischen Machtergrefung, welche uralte Sehnüchte des deutschen Volkes reaktivierte und ihnen Geltung verschaffte. In diesem auf der Kontinuitätstheorie basierenden Konstrukt ist das Projekt Weimar von vornerherien als zum Scheitern verurteilt zu betrachten und besaß keine Möglichkeit einer Veankerung innerhalb der Gesellschaft.
"konnte nie und nimmer von den Weimarer Demokraten per säkularer Struktur erlöst werden"
Auch wenn die Weimarer Republik kein der der Volksgemeinschaft adäquates Modell nationaler Einigkeit aufweisen konnte und durch Zersplitterung sowie politische Polarisierung gekenneichnet war, bot sie dennoch die Gelegenheit einer längerfristigen demokratischen Stabilisierung.
Die Suche nach scheinbar von den Nationalsozialisten verkörperten Elementen wie nationaler Einigkeit und nationaler Stärke oder spezifischen nicht - säkulären Verheißungen , hatte ihren Ursprung nicht in der Natur der Deutschen, sondern in den - nur durch ihr Zusammenwirken gefährlichen - Ereignissen wie der Weltwirtschaftkrse, des Versailler Vertrages oder der Erosion des bürgerlichen Lagers. Der amerikanische Historiker Peter Fritzsche beschreibt in seinem Buch "Wie aus Deutschen Nazis wurden" den politischen Aktivismus ab 1914 (am stärksten ausgeprägt in den Ereignisen Kriegsausbruch; Revolution; Machtergreifung) als Ursprung eines expandierenden nationalen Empfindens, dessen größtenteils unscharfe Sehnsüchte in der Person Hitlers und der NSDAP zusammenliefen.
Bereits diese Verknüpfung von politischen Aktivismus zu Kriegsbeginn und nationalsozialistischer Machteroberung 1933 halte ich - vor allem in der bei Fritzsche vorhandenen Tendenz zur Monokausalität- für problematisch.
Mit noch deutlich größerem Bedenken, betrachte ich Begründungen für den nationalsozialistischen Aufschwung, die bis in die Kaiserzeit und darüber hinaus zurückreichen und andere erklärende Elemente in den Hintergrund drängen. Auf der anderen Seite distanziere ich mich von Forschungsansätzen, die historische Einflüsse bei dem Aufstieg der Nationalsozialisten weitgehend außer Acht lassen und sich bei der Erklärung des nationalsozialistischen Phänomens auf die Jahre nach 1930 beschränkungen und der Machtergreifung den Charakter eines Betriebsunfalls zuweisen.
Ich möchte noch einmal auf die weiter oben angesprochene Chance einer längerfristigen demokratischen Stabilisierung zurückkommen, welche den Kontinuitätstheorien in gewisser Weise konträr gegenüber steht und die zugleich den Aufstieg der NSDAP verständlicher werden lässt.
Zwar verfolgten elitäre Bevölkerungsschichten oder das Militär auch nach der Revolution ausgeprägte restaurative Bestrebungen und auch die Mittelschicht stand - als proletarische Umsturzmaßnahmen in Anlehnung an die Novemberrevolution betrachteten - revolutionäen Bestrebungen reserviert gegenüber.
Dennoch engagierten sich mittelständische Unternehmer in wirtschaftlichen Interessengruppen und versuchten -durch die Einflussnahme auf etablierte Parteien- und später durch die vermehrte Gründung von Splitterparteien den politischen Prozess innerhalb der demokratischen Institutionen zu beeinflussen und verankerten auf diese Weise demokratische Strukturen innerhalb der Gesellschaft. Auch die Anfang 1933 in reaktionären Kreisen um den ehemaligen Reichskanzler von Papen vorherrschende Meinung, dass eine Politik ohne die Unterstützung des Volkes und erst Recht gegen das Volk innerhalb einer politisierten Gesellschaft nicht mehr zu verwirklichen war.
Bei einer geordneten politischen Entwicklung wäre im Verlauf der Zwanziger Jahre eine stabile demokratische Gesellschaft entstanden, deren auf Versöhnung und Ausgleich ausgerichtetes außenpolitisches Handeln im Volk eine breitere Basis und einen größeren Rückhalt gefunden hätte, als dies bei den politischen Bemühungen Stresemanns der Fall war. (Annäherung an Frankreich; Briand-Kellog-Pakt) der Fall war.
Allen negativen Vorzeichen zum Trotz; es waren die einschneidenden Ereignisse ie die Weltwirtschaftskrise, der Versailler Vertrag, der Machtverlust etablierter Parteien undeine Vielzahl weiterer Entwicklungen, die das Projekt Weimar scheitern ließen.
Politische Entwicklung ist ein von Zufälligkeiten und aktullen Enticklungen bestimmter Prozess; kein determiniertes Projekt, das aufgrund bestimmter historischer Entwicklungen, die oftmals erst im viele Jahre später als prägende Entwicklungen zu erkennen sind.
Zu den Beobachtungen zur heutigen Zeit nehme ich vielleicht demnächst noch Stellung.
Gruß,
Christoph