Die erfolgreichsten Autoren und Dramatiker des 18.Jh.

Selbst dieses Urteil von Möller

" "Die Räuber", das Erstlingswerk des zweiundzwanzigjährigen frisch bestallten Regimentsmedikus, Mannheimer Nationaltheater von Dalberg uraufgeführt, machte den Namen Friedrich Schiller mit einem Schlag in ganz Deutschland bekannt; von Wien bis Berlin wurde er als Nachfahre Shakespeares gefeiert, und nie wieder sollte der Dichter eine vergleichbar breite Resonanz bekommen. Der knapp zehn Jahre später erscheinende "Don Carlos" spiegelte bereits die Wendung des ungebärdigen Dramatikers zum Humanitätsideal der Weimarer Klassik; so blieb der Erfolg literarischer Natur, die Werke erreichten nur geringe Auflagen. Das ist das Schicksal der Weimarer Klassik, denn auch Goethes "Iphigenie auf Tauris", jenes "ganz verteufelt humane Stück, blieb ein Ereignis der Bildungsschicht und erreichte niemals das breite Publikum."
*

muss man wohl eingeschränkt betrachten. Selbst "Die Räuber" liefen nicht eben lang.

Nur Schillers "Hamlet" und "Die Räuber" gelangten überhaupt unter die 30 am meisten aufgeführten Stücke am Mannheimer Nationaltheater zwischen 1779 und 1803. "Die Räuber" kamen 1784 immerhin 20-mal zur Aufführung. Zum Vergleich brachte es im Vorjahr das Lustspiel "Die beiden Billetts" von Wall-Florian auf 32 Aufführungen.** Von einem überragenden Publikumsandrang im Vergleich zu anderen Stücken kann also wohl selbst bei den "Räubern" kaum die Rede sein, und es zählte noch zu den erfolgreichsten Stücken des Dramatikers Schiller.

Da liegt beinahe die Frage nahe ob Schiller, ja ob sogar Goethe nur "One-Hit-"Autoren waren(?). Noch Napoleon wollte den "Werther"-Autoren Goethe treffen und das war deutlich mehr als 20 Jahre nach der Herrausgabe von Goethes "Werther". Die radikalsten Werke waren scheinbar diejenigen, welche bei einer Masse am ehesten ankamen, während ein Großteil der übrigen Dramen neben den Werken eines Kotzbues wie dessen Lustspielen verhältnismäßig regelrechte Flops darstellten.
Sicherlich nutzte den beiden Klassikern ungemein ihr Glück, von höherer Stelle, namentlich dem Weimarer Herzog, protegiert worden zu sein. Nicht auszudenken, was sonst mit den "Klassikern" passiert wäre... Wären sie dennoch welche geworden? Auch wenn der Erfolg mäßig war? Vielleicht wäre das ein Thema für einen eigenen Thread.:grübel:

*
Horst Möller: "Fürstenstaat oder Bürgernation 1763-1815“ Siedler, Berlin, 1998
S. 463

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Michael North: "Genuss und Glück des Lebens. Kulturkonsum im Zeitalter der Aufklärung" Köln ; Weimar ; Wien -Böhlau - 2003
S.183
 
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Erfolgreichster Dramatiker?

Wenn auch erst ganz am Ende des Jahrhunderts, aber vielleicht ist auch Kotzebue der erfolgreichste Dramatiker des 18.Jh. gewesen.

Zumindest diese Grafiken würden es nahelegen, auch wenn sie nur einen Vergleich zu Goethe und Schiller herstellen: August von Kotzebue
Das Schlegel-Zitat daraus ist ja wirklich bezeichnend:
„[...] das Deutsche Theater und Kotzebue läuft so ziem­lich auf eins hinaus.“
 
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Wenn auch erst ganz am Ende des Jahrhunderts, aber vielleicht ist auch Kotzebue der erfolgreichste Dramatiker des 18.Jh. gewesen.

Zumindest diese Grafiken würden es nahelegen, auch wenn sie nur einen Vergleich zu Goethe und Schiller herstellen: August von Kotzebue
Das Schlegel-Zitat daraus ist ja wirklich bezeichnend:
Kotzbue ist ja vor allem aus einem Zusammenhang bekannt... dem sand attentat. sonst ist der ja gar nicht mehr präsent. ob das mit dem Attentat im Zusammenhang steht? als reaktionärer Schriftsteller gebranntmarkt?
 
Kotzbue ist ja vor allem aus einem Zusammenhang bekannt... dem sand attentat. sonst ist der ja gar nicht mehr präsent. ob das mit dem Attentat im Zusammenhang steht? als reaktionärer Schriftsteller gebranntmarkt?
Der Text im Link erklärt es recht gut. Man hatte damals unter den Zeitgenossen angeblich mehr Mitleid für den Mörder als für das Opfer des Mordes. Auch Goethe bemerkte, dass nun die Agression in Kotzebue ein Ziel gefunden hat.

Wer ihn für reaktionär hielt, hatte allerdings seine Stücke offenbar nicht gelesen, welche vor Kritik an dem Muff des Adels und der Kleinbürgerlichkeit bersten.

Ich denke, mancher konnte nicht mit Kotzebues Humor umgehen und da man dem nichts entgegen zu setzen hatte, wirkte seine Kritik an Jahn und anderen um so beißender. Sein "Literarisches Wochenblatt" mit der Kritik an den Burschenschaften scheint sein übriges getan zu haben, so dass u.a. eine Werk Kotzebues beim Wartburgfest verbrannt wurde.

Bis weit ins 19.Jh. hinein wurden aber seine Werke noch gespielt bis scheinbar zumindest in Deutschland Kotzebue als eben das angesehen wurde, was Du sagtest.
Im Ausland gab es diese Kritik an Kotzebue nicht und er scheint demzufolge der meist aufgeführte deutsche Dramatiker im Ausland gewesen zu sein.

Warum er heute nicht mehr oder kaum noch gespielt wird, kann ich nicht sagen. Es mag sein, dass der Verruf, in den er ab 1817 geraten ist, darauf immer noch hinwirkt.
Oder aber seine Ermordung steht im Zusammenhang mit den Karlsbader Beschlüssen als so vorrangig dar, dass die Person des Ermordeten und sein Werk zugedeckt werden.
Aber im Grunde ist das alles nichts so besonderes. Schau Dir mal die Musik an und wieviele wirklich Große der Vergangenheit dem Vergessen anheim gefallen sind: Graun (Brüder), Holzbauer, Hasse... Und allesamt waren sie sozusagen die Topstars ihrer Zeit (und werden zusehends wiederentdeckt).
 
Den Artikel auf dieser Seite finde ich sehr gut gelungen, da er sich eben auch gut mit den Qualitäten von Kotzebues Werk auseinandersetzt. Von Goethe bekam sein scharfer Gegner Kotzebue sogar einiges an Lob.

"Gehe ich [...] seine [Kotzebues] schriftstellerischen Wirkungen durch, so vergegenwärtige ich mir mit Vergnügen heitere Eindrücke einzelner Stellen [...]. Er hat mir Gelegenheit gegeben [...], das ganze Publikum kennen zu lernen; ja was noch mehr ist, ich finde noch öfters Anlaß, seine Leistungen, denen man Verdienst und Talent nicht absprechen kann, gegen überhinfahrende und absprechende Tadler und Verwerfer in Schutz zu nehmen."
(Goethe)

Autoren: August von Kotzebue - TourLiteratur

Die Seite legt auch offen, dass offensichtlich ein großer Teil der zeitgenössischen Kritik an Kotzebue durch Leute wie Schiller eher daher rührte, dass man sich persönlich nicht mochte, statt dass man wirklich etwas gegen die Werke des erfolgreichsten Dramatikers seiner Zeit einzuwenden gehabt hätte.

(Immerhin habe ich gesehen, dass derzeit doch hin und wieder Kotzebue gespielt wird. Wie: "Ganz der Papa".)
 
Wie ist in Sachen Erfolg ein Journal wie der "Teutsche Merkur" einzuordnen, der von Wieland und Jacobi herausgegeben wurde?

Über Wieland fand ich:

"Sein "Teutscher Merkur" machte seit 1775 mit fast 2000 Abonnenten Weimar zum "Zentrum einer kultivierten Diskussion" in der deutschsprachigen Welt."
*

Wie sind diese 2000 Abonnenten aufzufassen? Natürlich muss man in der Wirkung wahrscheinlich die ganzen Haushalte, vielleicht sogar den Freundeskreis der Abonnenten mit einbeziehen. Man denke an die beliebten Lesegesellschaften.

In dieser Zeit, bevor Jacobi als Professor in Freiburg zusehends aus dem Sichtfeld der internationalen Wahrnehmung kam, wurden junge Autoren wie Goethe durch das Veröffentlichen ihrer Beiträge gewissermaßen noch bekannter gemacht.
Neben Veröffentlichungen von Gedichten wurden auch Theaterstücke veröffentlicht oder kritisiert. So lobte Wieland vor allem Lessings "Emilia Galotti", hob aber auch eigene Werke wie das Singspiel "Alceste" (mit der Musik von Anton Schweitzer) hervor.**

* Markus Ventzke (Hrsg.): "Hofkultur und aufklärerische Reformen in Thüringen - Die Bedeutung des Hofes im späten 18.Jahrhundert" Böhlau, Köln - Weimar - Wien, 2002
Hier: Georg Schmidt: "Goethe, Herder und die Zukunft von Weimar"
S. 145
** ebenda
Andreas Heinz: "Wieland und das Weimarer Theater"
S. 89
 
Ich habe mal über die verschiedenen Leserzahlen und -kreise etwas gelesen, doch mir fällt leider nicht mehr ein, in welchem Buch oder Aufsatz.
In der Ausgabe seiner gesammelten Briefe gibt es im Kommentar, so glaube ich, Hinweise dazu; sicher bin ich mir aber nicht.

Bei Peter-André Alt habe ich aber dennoch interessantes zum Programm und damit mindestens zur Wirkungsabsicht des Teutschen Merkur gefunden. Nach Peter-André Alt macht Wielands Zeitschrift vor allem der pluralistische Charakter aus, der dadurch bestimmt ist, dass man in dieser Zeitschrift nicht nur Abhandlungen und Kritiken findet, sondern auch poetische Texte. Gleichzeitig war man offen für die Entwicklung der Literatur über den Zeitraum von 1773-1810. Vor allem verstand sich der Teutsche Merkur als meinungsbildende Instanz und hatte so großen Anteil an den vielen literarischen Diskussionen seiner Erscheinungszeit.
(vgl. Alt, Peter-André: Aufklärung. Lehrbuch Germanistik, Verlag J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2007 [3.Auflage], S. 48)
 
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Bei Peter-André Alt habe ich aber dennoch interessantes zum Programm und damit mindestens zur Wirkungsabsicht des Teutschen Merkur gefunden. Nach Peter-André Alt macht Wielands Zeitschrift vor allem der pluralistische Charakter aus, der dadurch bestimmt ist, dass man in dieser Zeitschrift nicht nur Abhandlungen und Kritiken findet, sondern auch poetische Texte. Gleichzeitig war man offen für die Entwicklung der Literatur über den Zeitraum von 1773-1810. Vor allem verstand sich der Teutsche Merkur als meinungsbildende Instanz und hatte so großen Anteil an den vielen literarischen Diskussionen seiner Erscheinungszeit.
(vgl. Alt, Peter-André: Aufklärung. Lehrbuch Germanistik, Verlag J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2007 [3.Auflage], S. 48)
Das Gleiche formuliert auch Andreas Heinz. Er gibt auch viele Quellen an, wie überhaupt das gesamte Buch.
(Es ist nur etwas unverständlich bzw. nur mühsam lesbar geschrieben.)
 
Ein Arbeitskollege hat mir noch einige Literaturtipps gegeben, die eventuell noch etwas zu der Einordnung des Teutschen Merkur und seiner Leserzahlen etwas sagen können. Im Laufe der nächsten Woche werde ich mal in die Werke schauen.
 
Wie ist in Sachen Erfolg ein Journal wie der "Teutsche Merkur" einzuordnen, der von Wieland und Jacobi herausgegeben wurde?
Na toll, jetzt habe ich mir selbst die Antwort gefunden. :D

Laut North waren periodische Medien mit 500 bis 700 Exemplaren relativ hoch, während andere mit nur 300 zahlenden Lesern auskommen mussten.*
Der gleiche Rückgang wie beim "Teutschen Merkur" verzeichnete übrigens auch die "Allgemeine deutsche Bibliothek" in den 1790ern, welche von der Spitzenzahl von 2.548 Exemplaren 1777 zwar zurückging, aber solange sie über 1.000 Exemplaren lag noch Nicolai mehrere tausend Taler jährlich abwarf.**

* Michael North: "Genuss und Glück des Lebens" Böhlau, Köln - Weimar - Wien, 2003
S. 7

** ebenda S. 15
 
@ Rafael

Ist irgendwie der Erfolg von Johann Georg Jacobi (es gab ja noch seinen Bruder, der ebenfalls Dichter war) gut messbar?

Ich weiß nicht ganz, ob er in den Thread passt, auch wenn ich den Thread selber zusammen geschustert habe.
Seine Bühnenstücke sind entweder nur in Fragmenten erhalten oder deren Aufführung ist kaum belegt.
Am höchsten schlug sicherlich sein Einakter "Die Wallfahrt nach Compostel" Wellen(1791), welches er für die Doblersche Schauspieltruppe in Wien verfasste und dessen Verbot allerdings den Gegnern nicht gelang.
An "Der Tod des Orpheus" (1790) hatte er ein halbes Jahrzehnt und länger gearbeitet. Über einen Erfolg weiß ich leider nicht viel, wenngleich es scheinbar von der Seite des Mannheimer Theaters mit Spannung erwartet wurde (Jacobi hatte u.a. Schiller aus ersten Abschnitten vorgetragen.)
Zumindest unter seinen Dichterkollegen fand das Singspiel "Phädon und Naide" offenbar den größten Widerhall und wurde von Pfeffel sogar in einem Gedicht "Das Hirtenmädchen" aufgegriffen.
Weitere Werke für die Bühne: "Iris" (ein Ballet), "Charmides und Theone" (eine Oper, die nur als Fragment erhalten ist), "Trampagos" (ein Lustspiel).

Großer Erfolg war Jacobi allerdings mit seinen Gedichten beschieden, welche er oftmals schon in der Vorraussicht auf eine Vertonung schuf. V.a. Johann Abraham Peter Schulz (1747-1800) griff dabei Jacobis Grundbestimmung auf, dass seine Gedichte quasi von jedermann, der es nur irgendwie kann, gesungen werden sollten. Das heißt sie sollten verhältnismäßig leicht sing- und spielbar sein.
Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei wohl "Sagt, wo sind die Veilchen hin, die so freudig glänzten", wenngleich dieses Werk einem Gedicht eines sächsischen Dichters, Carl August Svabe, folgte.

Allein bis 1800 wurden über 80 Gedichte von Jacobi vertont.



Am interessantesten finde ich die Geschichte um "Im Sommer".
Das Gedicht war 1776 anonym von Jacobi in seiner "Iris" erschienen. Da es im selben Jahrgang auch zu Veröffentlichungen von Gedichten von Goethe in der "Iris" kam - offenbar war Goethe zu der Zeit noch nicht so schlecht auf Jacobi zu sprechen (!) - war dies der Anlass scheinbar zu einer Verwechslung. So nahm der Verleger Himburg 1779 Jacobis "Im Sommer" in eine Sammlung von Goethe-Gedichten auf.
Es kam aber noch besser! Neben dieser unrechtmäßigen und von Jacobi wohl keinesfalls gestatteten Veröffentlichung, wurde das Gedicht noch 1815 in eine Werkausgabe von Goethe in der Abteilung Lieder aufgenommen, welche von ihm offiziell abgesegnet worden war.
Bereits Reichardt hatte es als Goethe-Lied 1788 in seine "Deutschen Gesänge" aufgenommen.
Angeblich soll dann 1826 Goethe auf diesen Fehler hingewiesen worden sein und "mit einem beinahe feierlichen Suum cuique" das Gedicht ausgestrichen haben.
Genutzt hatte das wenig, denn das Gedicht wurde lange Zeit weiterhin von vielen, so auch Felix Mendelssohn-Bartholdy für ein Werk Goethes noch bis weit in das 19.Jh. hinein gehalten.

Was sagt uns das nun? Man scheint keinen qualitativen Unterschied zwischen Jacobi und Goethe festgestellt zu haben, wenn man anschaut wie lange auch Fachleute von damals das Gedicht von Jacobi als Werk von Goethe durchgewunken haben.
Das steht allerdings einem eklatanten Gegensatz zur Abscheu Goethes welche er Jacobi gegenüber zeigte. Diese hatte soweit geführt, dass er neben seinen vernichtenden Urteilen über den Dichter auch eine Satire "Das Unglück der Jacobis" verfasst haben soll, das allerdings (vielleicht zum Glück und zur Ehrrettung eher für den Verfasser;):cool:) nicht erhalten geblieben ist.
Allerdings habe ich noch keine Reaktion von Jacobi auf die feindliche Haltung Goethes finden können. Vielleicht übersah er sie so großmütig wie Wieland, Jacobis Wegbegleiter mit dem "Teutschen Merkur".

Relativ deutlich abgrenzbar sind Gegner und Freunde bis Verehrer von Jacobis Werken.
Gegner waren: Goethe, Bodmer, Herder, Lenz.
Wobei zumindest Goethe damit gewissermaßen seine Haltung komplett änderte, hatte es ihm ja zuvor offenbar nichts ausgemacht in den 1770ern (siehe oben) in der "Iris" einen Beitrag zu leisten. (Doppelzüngigkeit oder schlechtes Gedächtnis?:grübel:)
Seine Freunde, die ihn zu einem großen Teil als Genie feierten waren: Klopstock, Gleim, Heinse, Michaelis und Werthes.
Wobei diese Begeisterung auffälligerweise bis zu seinem Tod anhielt und sogar Dichter einer jüngeren Dichtergeneration wie Karl Nehrlich (1773-1849) den "holden Sänger" in Dichtergedichten feierten. Dabei spielte der scheinbar veraltete Stil Jacobis eine seltsame Rolle. Wurde er von seinen Gegnern als unzeitgemäß und v.a. "Französgen" verschrien, führte doch gerade sein alter Duktus der Empfindsamkeit dazu, dass man ihn nach 1800 als alten, weisen Dichter pries - er und seine Vorbilder der Antike, v.a. die anakreontische Dichtung, wurden somit in der Wahrnehmung eins.

Gewissermaßen können wir also zweifach von einem Erfolg seiner Dichtung (auch schon im 18.Jh.) sprechen. Zum einen haben wir eine Beliebtheit beim allgemeinen Publikum, aber auch eine bei einem nicht zu unterschätzenden Teil der Dichterkollegen.:yes:

Es wäre aber für mich, gerade als Freiburger, interessant, ob dieser Erfolg vielleicht in Zahlen noch besser greifbar ist?
(Ganz abgesehen vom Erfolg vom "Teutschen Merkur", an welchem er sicherlich auch keinen zu unterschätzenden Anteil hatte.)
 
Kotzebue

Kotzebue selbst unterschätzte zwar wohl nicht die Qualität seiner Werke, aber deren Quantität. So schätzte er sie selbst, offenbar am Ende seines viel zu kurzen Lebens, auf 211, während die heutige Forschung auf stolze 227 kommt. Dazu ist zu sagen, dass er selbst ein solch komplexes Werk wie "Die Stricknadeln" im Zuge einer Wette binnen 36 Stunden geschrieben haben soll.

Jedenfalls schrieb er nicht nur viel, sondern auch derart erfolgreich, dass er nicht nur von seinem Erzfeind August Wilhelm Schlegel "Theaterpräsident" genannt wurde, sondern auch mehrfach Verwaltungsposten aufgeben konnte, da er vom Erfolg seiner Feder zu leben vermochte. Seine Werke waren für die Bühne, v.a. für das Liebhabertheater, dem er viele Jahre lang verbunden blieb, gedacht. Nicht umsonst sah selbst sein erklärter Gegner Goethe in ihm den Dramatiker, der mit seinen Tragödien, Schauspielen und Lustspielen vermochte
"die Zuschauer zu unterhalten und der Kasse zu nutzen."

Ursprünglich hatte sich Kotzebue mit Goethe wohl sehr gut verstanden, auch standen beide zusammen in Goethes "Geschwistern" 1776 gemeinsam auf der Bühne, mit Kotzebues Schwester übrigens auch. Auch förderte Kotzebue selbst die Werke von Goethe, welche er loben musste; so ließ er die Erstaufführung von Goethes "Iphigenie" in Versen in seiner Funktion als Quasidirektor des Burgtheaters 1800 bewerkstelligen. Der Grund für die Feindschaft zwischen Goethe und Kotzebue kommt wohl zum guten Teil von Goethes Rechthaberei, worunter selbst einige der Weimarer Hofgesellschaft übrigens seufzten. Jedenfalls wird das auch in der 1. Ausgabe des "Freymüthigen" von Kotzebue (Jan. 1803) deutlich:
"Fern sei es von mir, Goethe den liebenswürdigen Verfasser von "Iphigenie" und "Tasso" verkleinern zu wollen, aber Goethe, den Despoten des Geschmacks, darf ich nicht ehren. ..."

Schlimmer war aber sicherlich Kotzebues Hader mit A.W. Schlegel, verbreitet auch durch allerhand zeitgenössische Abbildungen. Immerhin konnte sich Kotzebue damit schmeicheln, dass er der weitaus erfolgreichere war, was er auch durchaus deutlich zu machen vermochte. Über die "deutschen Kleinstädter" (1802 in Wien uraufgeführt) schrieb er:
"Ich glaube, ein gutes Lustspiel gemacht zu haben, so gern es auch A.W. Schlegel zur Plattheit herabwürdigen möchte, und fordere ihn auf, es mir mit seinen bleiernen Witzen nachzutun."
Hiermit traf Kotzebue allerdings einen wunden Punkt der Klassiker und Romantiker, sie konnten ihm an Witz und Bühnenerfolg unter keinen Umständen das Wasser reichen, was aber zu den Anfeindungen ihm gegenüber als absolut beherrschenden Dramatiker seiner Zeit eher noch mehr beitrug - der Neid.

Selbst seine selbstkritische Reflexion "Wie kommt es, daß ich so viele Feinde habe?" lässt, wie mir scheint, nochmalen ein Feuerwerk an gelungenem Spott und Ironie anzünden. So hier:
"Hätte ich, wie Goethe und Schiller, es über mich gewinnen können, Angriffe nie zu erwidern, so würden diese Angriffe kaum bemerkt worden sein. Aber ich konnte nicht schweigen, und dadurch habe ich selbst verschuldet, daß meine Feinde sich mehrten."
Das kann doch nur halb Selbsterkenntnis halb bissige Ironie sein. Man denke an Goethes und Schillers Gekeife in dem "Horen"-Streit, man denke an Goethes "Helden, Götter, Wieland", man denke an die "Xenien", jenem Versuch der (leider sehr unlustigen) Abrechnung mit den Feinden der "Jenaer und Weimarer Sudelköche". Oder liege ich da falsch? Keine bissige Ironie? Kein Augenzwinkern?

Zitate nach:
Otto C.A. zur Nedden "August von Kotzebue" Nachwort zu:
August von Kotzebue: "Die deutschen Kleinstädter" Reclam, Stuttgart, 2008
 
Dieses Jahr im Mai wurde wenigstens ein ganz klein bisschen, dem 250. Geburtstag Kotzebues in Weimar mit Lesungen gedacht.
Bezeichnenderweise gab es aber nicht sowas wie eine große Sonderausstellung für das ganze Jahr. Naja.:nono:

Das hier werde ich mir auf jeden Fall anschauen, wenn ich in Weimar bin, ich meine das Haus und offenbar nur von außen (innen, moderne Kunstgalerie): Weimar-Lese | August von Kotzebue
 
Lessing schrieb:
Wer wird nicht einen Klopstock loben?
Doch wird ihn jeder lesen? – Nein!
Wir wollen weniger erhoben
und fleißiger gelesen sein.

trotz dieser Schelte Lessings, zählte auf seine Weise der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) zu den erfolgreichsten seiner Zeit.

...aber das ist so eine Frage, wie man erfolgreich beurteilt:
in der zeitgenössischen Rezeption?
aus heutiger Perpektive?
 
...aber das ist so eine Frage, wie man erfolgreich beurteilt:
in der zeitgenössischen Rezeption?
aus heutiger Perpektive?
Mir geht es zumindest, als Ersteller des Threads, um die harten Fakten: Wie oft wurden die Stücke damals aufgeführt? Wieviel wurden die Werke gelesen? Welche Auflagen erreichten dementsprechend die Romane, Dramen, Gedichtbände, Almanache und so weiter?

Die heutige Rezeption oder die Bekanntheit in einem breiteren Leserkreis heute, hat doch viel mit der späteren Einschätzung, mit Lehrplänen und einigem mehr zu tun. Weder Qualität noch Unterhaltungswert scheinen mir dafür die plausibelsten Gründe.


Ansonsten stimme ich Dir zu. Der Widerhall der Werke von Klopstock sowohl unter zeitgenössischen Autoren (Goethe z.B. im "Werther", J.G. Jacobi in seiner Hymne auf Klopstock) wie im Publikum ist unmissverständlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir geht es zumindest, als Ersteller des Threads, um die harten Fakten
ein quasi naturwissenschaftlich erscheinender Ansatz, oder eher eine etwas zackig-zünftige Formulierung für einen ganz geläufigen Bestandteil einer rezeptionsgeschichtlichen Materialsammlung? :winke:

Wie oft wurden die Stücke damals aufgeführt?
hier wäre zu fragen, ob man für das 18.Jh. tatsächlich restlos alle Theaterdaten eruieren kann - ich fürchte, das kann man nicht komplett, sondern es werden Sekundärquellen einfließen (so a la XY schreibt in seinem berühmten YZ, dass der XX derzeit so in Mode und bekannt und viel gespielt sei)

Wieviel wurden die Werke gelesen?
das wird man nie herausfinden können -- hatte Goethe Moritzens Anton Reiser einmal, zweimal, viermal gelesen?

Welche Auflagen erreichten dementsprechend die Romane, Dramen, Gedichtbände, Almanache und so weiter?
wobei zu bedenken ist, dass im frühen 18. Jh. noch etwas weniger gedruckt wurde als im späten - - d.h. solche Zahlen können nur innerhalb des jeweiligen Kontextes ausgewertet werden, und es gilt natürlich auch, Raubdrucke und deren Häufigkeit zu sichten.

______________

mir fällt noch ein sehr beliebter und sehr bekannter Theaterautor des 17. Jh. ein: da Ponte!
 
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