"Die gute alte Zeit?"

M

Melon

Gast
wir haben in geschichte eine hausaufgabe aufbekommen. in dieser geht es darum, warum die leute nach dem ersten weltkrieg das deutsche kaiserreich als die gute alte zeit bezeichnen. in meinem geschichtsbuch finde ich nichts darüber. wär nett wenn mir jemand schnell antworten könnte, da die ha zu morgen ist! danke schon mal im voraus
 
Das hat zu einem guten Teil mit den Reparationszahlungen nach dem Krieg 1870/71 und nach dem Ersten Weltkrieg zu tun. Nach dem Krieg 1870/71 musste Frankreich an Deutschland Reparationen zahlen, was zu einem Wirtschaftsaufschwung führte. Nach dem 1. Weltkrieg musste Deutschland Reparationen zahlen, so dass die wirtschaftliche Lage einige Jahre sehr schlecht war. 1923 kam es dann zu einer Inflation, in der viele Leute ihre Ersparnisse verloren.
Reparationen ? Wikipedia
Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg ? Wikipedia
Gründerzeit ? Wikipedia
Die Gründerzeit
 
Man sollte es imho nicht nur an der Wirtschaft festmachen, es ist ja auch ein gesellschaftlicher Wandel eingetreten. Die zwanziger Jahre waren schon etwas anders in dieser Hinsicht, als das Kaiserreich, denke ich.
Auch sollte man eine "gute alte Zeit" unter dem Blickwinkel des persönlichen Empfindens betrachten, der Ausdruck ist ja nicht für den genannten Zeitabschnitt allein gebräulich, sondern findet sich auch heute noch (z.B. auch Stichwort "DDR-Nostalgie"), bzw. läßt sich soetwas in anderen Epochen ebenfalls ausmachen.
 
Ich ergänze mal weiter und richte den Blick auf die Politik.

Zwar gab es auch im Kaiserreich politische Streitigkeiten in nicht geringem Umfang - in der Weimarer Republik kam es allerdings teilweise zu Auseinandersetzungen, die im Vergleich zur "guten alten Zeit" sicher von manchen Zeitgenossen als bürgerkriegsähnlich wahrgenommen wurden.
 
Die politischen Auseinandersetzungen waren Folge der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse schon während des 1. WK.
Der gesellschaftliche Wandel bestand wesentlich darin, dass nicht mehr der Adel, sondern das in der Gründerzeit aufgestiegene (Groß-)Bürgertum gesellschaftlich bestimmend wurde. "Gekrönte Häupter", Könige, Prinzessinnen lösten aber immer noch märchenhaft-nostalgische Gefühle aus. Das funkioniert ja bei nicht wenigen auch heute noch.
 
Auch sollte man eine "gute alte Zeit" unter dem Blickwinkel des persönlichen Empfindens betrachten, der Ausdruck ist ja nicht für den genannten Zeitabschnitt allein gebräulich, sondern findet sich auch heute noch (z.B. auch Stichwort "DDR-Nostalgie"), bzw. läßt sich soetwas in anderen Epochen ebenfalls ausmachen.
Weshalb ich auch den Buchtitel bezeichnend finde:
"Report einer guten alten Zeit" (Mit Vorwort von Golo Mann)
Hier ist die zweite Hälfte des 18.Jh. gemeint gewesen, andere meinen mit "die gute alte Zeit" einen anderen Zeitabschnitt, ein jeder kürt sich das, worauf für ihn diese Bezeichnung zutrifft. Deswegen gefällt mir auch die Betonung auf "EINER guten alten Zeit".
 
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