Um zum ursprünglichen Thema zurück zu kommen:
Als Beweis für besonderes astronomisches Wissen in Thüringen taugt meines Erachtens die Nähe des Gosecker Sonnenobservatoriums zum vermuteten Fundort der Himmelsscheibe von Nebra nicht wirklich.
Goseck wurde vor ca. 7.000 Jahren erbaut und fällt damit in die Jungsteinzeit (genauer dem Mittelneolithikum).
Kreisgrabenanlage von Goseck ? Wikipedia
Die Himmelsscheibe von Nebra ist zwangsläufig viel jünger, da sie aus Bronze gefertigt ist. In Mitteleuropa wird der Beginn der Bronzezeit mit 1.800 vuZ datiert. Zwischen der Nutzungszeit der Anlage von Goseck und der Himmelsscheibe liegen also satte 3.200 Jahre. Hierbei eine Tradierung von astronomischem Wissen mit einer dafür erforderlichen Bevölkerungskontinuität zu behaupten, ist natürlich ein Ansatzpunkt für Kritik.
Wäre die Himmelsscheibe bei einer archäologischen Grabung gefunden worden, wäre es für die Fachwelt erheblich einfacher. Durch den nicht dokumentierten Fund ist für Manipulationen Tür und Tor geöffnet. Die Himmelsscheibe wird durch den Beifund von Schwertern datiert. Dies wiederum führt zu der Kritik, dass zumindest für zwei der von der Polizei beschlagnahmten Schwerter Vergleichsstücke aus dem heutigen Ungarn vorliegen.
Vor ein paar Jahren habe ich den Vortrag eines Laien gehört, welcher als Gegner einer bronzezeitlichen Zeitstellung der Himmelsscheibe durch die Lande zieht. Er lehnt die Datierung mittels der Schwerter ab, weil diese vom illegalen Kunsthandel als Zugabe für den Verkauf als Beifund erst arrangiert gewesen sein könnten. Und dann wird es schwierig. Die Himmelsscheibe wird - meines Wissens - einzig und allein durch die Beifunde datiert. Sein Argument:
Hätte man einem Fachwissenschaftler mit folgenden Informationen die Frage nach der Herkunft gestellt:
- Kupfer aus dem Alpenraum
- Design der Schwerter aus dem Donaugebiet
Woher stammen die Schwerter?
Kein Wissenschaftler hätte Sachsen-Anhalt genannt. Und warum ist das nun im Fall Nebra anders? Weil ein paar dubiose Gestalten einen Fundort Nebra behaupten?
Für die These Nebra spricht natürlich das Sachsen-Anhaltinische Schatzregal. Hätten die Nasen als Fundort Bayern oder B-W genannt, hätten sie es sich erheblich einfacher mit dem Verkauf gemacht.
Auch ist die Herkunftsangabe des Materials nicht so eindeutig wie postuliert. War man sich noch vor nicht so langer Zeit sicher, dass das verwendete Gold aus dem heutigen Rumänien stammt, wird nun als Herkunft Cornwall in Großbritannien angegeben.
Das Kupfer soll aus Österreich stammen. Belegt wird dies, da Professor Pernicka eine Vergleichssammlung aus 50.000 europäischen Kupferfundorte aufgebaut hat und das Kupfer mit dem aus einer österreichischen Mine identisch ist. Alle Zweifel beseitigt?
Mir ist ein Kriminalfall in Erinnerung (ich hatte diesen schon einmal als Beispiel heran gezogen), wonach man die Leiche eines nicht identifizierten Mannes als Briten ansprach. Ein Wissenschaftler hatte anhand des Zahnschmelzes festgestellt, dass das Opfer auf der britischen Insel aufgewachsen sein muss, weil nur dort ein entsprechendes Isotopenprofil im Wasser vorhanden ist, wie man es in den Zähnen des Opfers gefunden hat. Hinterher stellte sich heraus, dass der Mann aus Georgien stammte. Antwort der Wissenschaft: In der Datei gab es keine Vergleichsdaten aus dem Kaukasus. Es war bis dato nicht bekannt, dass das Wasser in der entsprechenden georgischen Region mit dem Großbritanniens isotopenidentisch ist.
Professor Pernicka belegt uns, dass das Kupfer - wenn aus Europa - nur aus der österreichischen Mine stammen kann. Wenn das Kupfer aber nicht aus Europa stammt, sondern aus einer anderen Gegend importiert wurde?
Ich habe mich jetzt nicht intensiv mit der Himmelsscheibe befasst und werde das auch nicht tun. Die Art wie diese Scheibe auf uns gekommen ist, hat mir die Freude vergällt.