Die Kelten in Bayern

C

Cherusker

Gast
In der Zeit von 500 v.Chr. bis ungefähr 100 n.Chr. gab es eigenständige keltische Stämme im heutigen Bayern.
Ein Stamm der auch höchstwahrscheinlich mit der Namensgebung der Bayern verbunden wird, sind die Boier. Dieser Stamm siedelte zusammen mit den Insubrer auch in Oberitalien. Die bedeutendsten Orte sind Bononia (Bologna) und Mediolanum (Mailand). Um das Jahr 220 v.Chr. bricht in Oberitalien der Keltenkrieg der Römer aus. Die Römer besiegen 190 v.Chr.die Kelten in Oberitalien und "säubern" das Gebiet. Von nun an findet man die Boier nur noch nördlich der Alpen. Zur gleichen Zeit werden im heutigen bayrischen Gebiet Burgen und Befestigungsanlagen gebaut, die aber nicht gegen die Römer gerichtet sind, sondern gen Norden! Die Kelten errichten einen Verteidigungsgürtel, der vom "nördlichen" Harz bis nach Bayern reicht.
Und tatsächlich um 120 v.Chr. kommen die Kimbern und Teutonen aus dem Norden und es kommt zu den ersten schweren Zusammenstößen zwischen Germanen und Kelten. Nach Siegen über die Römer (Noreia) ziehen die germanischen Eindringlinge nach Süden ab.

Nach Cäsar seiner Eroberung Galliens sitzen nur noch im Alpenraum unabhängige keltische Stämme. Diese aber setzen den Römern immer wieder zu. So ist die römische Nordgrenze z.Zt. des Kaisers Augustus keinesfalls gesichert. Häufige keltische Überfälle auf römische Dörfer und Städte führen schließlich zu einer römischen Gegenreaktion als Römer und ihre Bundesgenossen, die durch ihr Land reisen auch angegriffen werden.
Die Kelten sollen sich durch besondere Grausamkeit hervorgetan haben (wen wundert es nach der früheren römischen "Säuberung"). Es wird berichtet: "Wenn sie ein Dorf oder eine Stadt erobert haben, so töten sie nicht nur alle wehrhaften Männer, sondern gehen selbst bis zur Ermordung der kleinen Knaben, und auch dabei noch nicht aufhörend, ermorden sie sogar alle schwangeren Frauen, von denen die Wahrsager verkünden, daß diese Frauen einmal Knaben gebären werden."

Augustus beauftragt Nero Claudius Drusus mit einen Feldzug gegen die Alpenkelten. Im Jahre 15 v.Chr. kommt es zu mehreren Schlachten gegen die Vindeliker im Raum um Brixen/Bozen. Die Römer siegen schließlich und die Kelten (Breonen, Cennen und Vindeliker) können die Bergwelt nicht militärisch für sich nutzen. Nach diesen einzelnen Erfolgen in den Bergen zieht Drusus über den Brenner und dann am Inn entlang nach Bayern. Allerdings fallen die zurückweichenden Kelten jetzt in Gallien ein und verwüsten es. Augustus ist über diese keltische Strategie konsterniert und schickt seinen zweiten Adoptivsohn Tiberius mit starken römischen Truppen nach Norden.
Tiberius bezieht Stellung auf einer Insel im Bodensee (vielleicht Lindau?) und es kommt zu einer Seeschlacht mit den Kelten. Diese schließlich entscheiden die Römer für sich und Tiberius soll in einem Tag zu den Donauquellen gezogen sein (ca.60km?).
Als Erstes werden die Räter bezwungen. Drusus und Tiberius belagern daraufhin viele Städte und Burgen und besiegen dann in einer offenen glücklichen Feldschlacht die zahlreichen keltischen Stämme. Diese Schlacht fand am 1.August im Jahre 15 v.Chr. statt. Es ist zu vermuten, daß diese Entscheidungsschlacht in der Nähe von Manching stattfand, da die Römer häufig die feindlichen "Hauptstädte" in einem Krieg eroberten. Der Ort ist in den römischen Quellen aber nicht genannt. :confused:

Warum haben die Kelten auf heimischen Gebiet diese Niederlage bezogen und warum hat nur ein Feldzug die Entscheidung gebracht? Cassius Dio schreibt dazu, daß die Kelten einen entscheidenden taktischen Fehler begangen. Sie teilten ihre Streitkräfte zu sehr auf, so daß die Römer die einzelnen Stämme leicht besiegen konnten.
Damit ist die Niederlage der Kelten in Süddeutschland besiegelt. Die Vindeliker bestanden aus den Einzelstämmen der Cosuaneten, Rukinaten, Likatier und Caternaten.

Interessant ist noch zu erwähnen, daß die 19.Legion (die später unter Varus unterging) bei diesen Kämpfen beteiligt war. In einem keltischen Heiligtum wurden zahlreiche Weihegaben gefunden, die römischen Legionären gehörten. Darunter waren 3Katapultpfeilspitzen auf denen ein Stempel der 19.Legion war. Diese Gegenstände wiesen Beschädigungen und Gebrauchsspuren auf und stammen höchstwahrscheinlich aus einer Schlacht in der Nähe vom heutigen Oberammergau.

Die Besiedelung im bayrischen Raum war recht unterschiedlich. In der späteren Latenezeit war der Streifen entlang des Alpennordrandes stärker besiedelt, während das übrige Alpenvorland bis zur Donau dagegen schwach besiedelt war.
Wenn man eine Karte betrachtet und die gefundenen keltischen Kultanlagen (Viereckschanzen) zu grunde legt, dann gibt es verstärkte Konzentrationen in bestimmten Gebieten (Kelheim, Wolfratshausen, Kaufbeuren, Erding und Krumbach). Vielleicht gab es den Einschlag eines Himmelskörpers (um 200v.Chr.), der angeblich einige Teile Bayerns verwüstet hat? Und daher waren bestimmte Gegenden fast menschenleer.

In Bayern reichte dann das römische Gebiet bis zur Donau und dem erbauten Limes. Nur nördlich des Limes konnten sich noch unabhängige keltische Stämme bewahren. Aber diese bekamen immer mehr Druck von den Germanen. So haben die Markomannen die Kelten (Boier) aus Böhmen vertrieben, so daß es um die Zeitenwende keine Kelten mehr im heutigen Prag gab.

Strabo schreibt, daß die Boier, die Nachbarn der Vindeliker waren und er weist ausdrücklich daraufhin, daß sie nicht im Gebirge lebten, sondern in der anschließenden Ebene. Ptolemäus weist daraufhin, daß die Boier nach der Vertreibung aus Böhmen westwärts siedeln und er nennt einen Ort Boiodurum (Vorstadt von Passau).
Um 624 n.Chr. schreibt der Abt Jonas von Bobbio, daß die die Boier sich jetzt "Baiern" nennen (Boiae, qui nunc Baioarii vocantur). In dem Reichsgesetz der frühen Franken (LEX RIPUARIA) werden die Baiern auch Boier genannt. Und auch der Chronist Widukind von Corvey setzt die Bayern und Boier gleich. usw....
Die Wissenschaft streitet sich noch heute, ob die Boier den Bayern den Namen gegeben haben....aber woher kommen sonst die kleinen stämmigen untersetzten stiernackigen Menschen? :winke: ;)
 
Nur einige Anmerkungen: Manching war vermutlich schon 35 - 40 Jahre vorher verlassen worden, als die Römer ihren Alpenfeldzug starteten.

Die ethnische Zuordnung der Stämme in diesem Raum ist ganz besonders schwierig. Zwar waren tatsächlich viele keltische dabei, doch die Räter waren meines Wissens z.B. keine Kelten. Das berühmte Siegesdenkmal in den Alpen nennt viele dieser Stämme, keltische wie nichtkeltische.

Ich würde die geringe Besiedlung in großen Teilen Bayerns zumindest nicht allein auf einen Meteoriteneinschlag zurückführen. Denn auch in der Römerzeit war Rätien viel geringer besiedelt als seine Nachbarprovinzen und Germania Inferior.

Immerhin liegt auch die Blütezeit von Manching erst nach 200 v. Chr., einer der größten keltischen Siedlungen überhaupt.
 
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