Die Notenoffensive Wilsons

Ich glaube, dass ich es verstanden habe: Wilson war nur bereit, mit Vertretern einer neuen Regierung zu verhandeln und auch nur mit gewählten Vertretern eines Volkes. Die monarchistische Regierung jedoch, die den Krieg gewollt und mit aller Macht geführt habe, habe sich zu ergeben - verhandelt würde mit ihr nicht werden.

Wilson war auch den massiven Druck seiner Partner Lloyd George und Georges Clemceau ausgesetzt. Verhandlungen waren von den Alliierten überhaupt nicht angedacht, sondern es ging tatsächlich um die mehr oder weniger verschleierte Bedingungslose Kapitulation Deutshlands. Erst als Deutschland über keine Druckmittel bzw. Verhandlungsmasse verfügte, wurde der Waffenstillstand seitens der Alliierten diktiert.

Da der Monarch in den Friedensverhandlungen übergegangen wird, wird er somit auch entmachtet.

Es waren nicht die Pressionen der Allierten, die Wilhelm zur Abdankung nötigten, sondern primär Hindenburg,. Hindenburg hat Wilhelm mit falschen Informationen nicht nur zum Rücktritt, sondern auch zum Übertritt in die Niederlande veranlaßt.
 
Na Utopie war das nicht, selbst für Deutschland nicht. Die Frage ist ob sie das überhaupt wollten. Ganz weit oben auf Wunschliste war erstmal ende des Krieges.

Frieden stand auf jeden Fall ganz weit oben, zusammen mit den Forderungen nach Lebensmittel und der Freilassung inhaftierter Aufständischer.

Jedoch scheint mir die Forderung nach der Abdankung der Monarchen immer auch mit der Forderung nach Abschaffung der Monarchie verbunden gewesen zu sein. In den Städten werden während der Aufstände immer auch Soldaten- und Arbeiterräte gegründet, die die regionale monarchische Führung und ihr Exekutivinstrument ersetzten. Ein anderer Monarch sollte irgendwie nie eingesetzt werden, eher wartete man auf neue Anweisungen der parlamentarischen Reichsregierung.
Die Mehrheit der Deutschen scheint sich die Abschaffung der Monarchie gewünscht zu haben, zumindest nichts dagegen gehabt zu haben, immerhin schlossen sich sehr viele den Aufständischen an. Möglich ist natürlich auch, dass sich viele erst einmal nur von der Verzweiflung über ihr Leid haben tragen lassen, ohne vorrangig politische Ziele im Sinn gehabt zu haben.
In einem Staat zu leben, der keine Monarchie ist, war für Deutschland und andere europäische Länder schon Utopie, denn es gab ja keine andere Staatsform. Nicht mal Ebert traute sich, an der Monarchie zu rütteln, dabei war er Sozialist (oder aus heutiger Sicht Sozialdemokrat). So sehr man damals die Monarchie auch kritisierte, man hat in diesem monarchischen System ganz selbstverständlich gelebt. Auf einmal kann alles anders werden und so richtig weiß man noch nicht einmal, was es sein wird. Und da vermute ich eine gedankliche Revolution: Man traut sich, auch ohne monarchische Mächte zu leben. Verzweiflung und Leid waren dermaßen angestaut, dass man das Vertraute nicht mehr wollte.

Was ich sage, ist wahrscheinlich ungeheuerlich. Doch suche ich nach einer Erklärung für die Welle von Aufständen, die innerhalb von 3 Wochen zur Absetzung aller regionalen Monarchen führt.

Menschen, die sich mit dem monarchischen System identifizierten, können diesen Umsturz natürlich nur als Verrat empfinden. Ihr Selbstbild ist über diese Identifikation an die monarchische Ordnung gebunden.

Turgot schrieb:
"Es waren nicht die Pressionen der Allierten, die Wilhelm zur Abdankung nötigten, sondern primär Hindenburg,. Hindenburg hat Wilhelm mit falschen Informationen nicht nur zum Rücktritt, sondern auch zum Übertritt in die Niederlande veranlaßt."

Guter Tipp. Ich werde die Beziehungen zwischen Wilhelm II. und Hindenburg noch einmal genauer betrachten. Ich verstehe nämlich die Reaktion Wilhelms nicht, zuerst die Reise nach Spa ins OHL-Hauptquartier Ende Oktober und dann die Flucht in die Niederlande. Hatte er Angst vor Anschlägen?

Ich hoffe, dass ich Turgot richtig verstanden habe: Eine wirkliche Verhandlung wurde gar nicht angestrebt. Die Friedensbedingungen waren so formuliert, dass die Reichsregierung sie gar nicht annehmen konnte und sie so lange den Kampf weiter anführen musste, bis sie kapitulieren würde?
Das würde bedeuten, dass Wilson damit gerechnet hat, dass die Reichsregierung die Friedensverhandlungen in dem Moment abbrechen wird, wenn sie erfährt, dass er mit der alten Regierung nicht verhandeln möchte.
Das könnte natürlich sein. Bei Ludendorff hats ja geklappt. Doch stellt sich auch hier die Frage nach dem Warum? Erst will Ludendorff, dass eine neue, aus den Mehrheitsparteien gebildete Reichsregierung die Friedensverhandlungen übernimmt und auf einmal will er sie abbrechen?
Ich glaube, dass Ludendorff die Forderung als Entmachtung des Monarchen empfand. Wilson wollte nur mit gewählten Vertretern eines Volkes verhandeln. Nur diese sollten also über Frieden und so auch Krieg - absolutes Privileg des Monarchen und seiner Vertreter - verhandeln. Nicht eine Abdankung war implizit gefordert, sondern die Übertragung der Regierungsgewalt auf die parlamentarischen Mächte.
Ich weiß, dass ich zu keinen neuen Ergebnissen komme. Doch finde ich in Lehrbüchern immer nur, das Wilson "implizit", "verklausuliert" die Parlamentarisierung forderte. Jetzt verstehe ich, warum die Historiker zu dieser Interpretation kamen.
 
Manja schrieb:
Guter Tipp. Ich werde die Beziehungen zwischen Wilhelm II. und Hindenburg noch einmal genauer betrachten. Ich verstehe nämlich die Reaktion Wilhelms nicht, zuerst die Reise nach Spa ins OHL-Hauptquartier Ende Oktober und dann die Flucht in die Niederlande. Hatte er Angst vor Anschlägen?

Das kommt der Sache schon ziemlich nahe. Hindenburg hat ihn darüber in Kenntnis gesetzt, das revolutionäre Trupps unterwegs wären und keine Truppen, und das war definitv falsch, zur Abwehr bereitstünden.
 
Ich hoffe, dass ich Turgot richtig verstanden habe: Eine wirkliche Verhandlung wurde gar nicht angestrebt. Die Friedensbedingungen waren so formuliert, dass die Reichsregierung sie gar nicht annehmen konnte und sie so lange den Kampf weiter anführen musste, bis sie kapitulieren würde?
Das würde bedeuten, dass Wilson damit gerechnet hat, dass die Reichsregierung die Friedensverhandlungen in dem Moment abbrechen wird, wenn sie erfährt, dass er mit der alten Regierung nicht verhandeln möchte.

Die Waffenstillstandsbedingungen sind gemeint. Ziel der Alliierten war es gewesen, Deutschland überhaupt vor der Anbahnung von Verhandlungen hinsichtlich des Waffenstillstandes alle "Faustpfänder" aus der Hand zu nehmen. Das ganz lief auf eine bedingungslose Kapitualtion Deutschlands hinaus, was ja auch in der Praxis erreicht wurde.

Menschen, die sich mit dem monarchischen System identifizierten, können diesen Umsturz natürlich nur als Verrat empfinden. Ihr Selbstbild ist über diese Identifikation an die monarchische Ordnung gebunden.

Für das Offizierkorps ist eine Welt zusammengebrochen bzw. untergegangen, denn der Monarch, hier der Kaiser, war ihr oberster Dienstherr. Auf ihm haben sie ihren Eid geschworen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ich sage, ist wahrscheinlich ungeheuerlich. Doch suche ich nach einer Erklärung für die Welle von Aufständen, die innerhalb von 3 Wochen zur Absetzung aller regionalen Monarchen führt.

Hier spielen sicher so einige Aspekte eine Rolle. Wichtig dürfte gewesen sein, das die deutsche Bevölkerung schlicht kein Vertrauen in die Monarchie mehr hatte, als sie vollkommen unvorbereitet davon erfuhr, das der Krieg verloren war. Dann die "Flucht Wilhelms" erst von Berlin nach Spa, die Abdankung als Kaiser von Deutschland und König von Preußen, und dann etwas später der Übertritt in die Niederlande. Die Bevölkerung hat ja hierzu auch keine Einzelheiten erfahren. Dann der Versuch der Marineleitung angesichts der desolaten militärischen Gesamtlage noch eine Schlacht herbei zu führen, führte zunächst zu Meuterein bei den Matrosen. Hier ist der Funke, der dann später auf andere Teile Deutschlands übergesprungen war.
 
Frieden stand auf jeden Fall ganz weit oben, zusammen mit den Forderungen nach Lebensmittel und der Freilassung inhaftierter Aufständischer.

Lebensmittelimporte waren erst ab Sommer 1919 wieder möglich, das Großbritannien die Seeblockade aufrecht hat, um diese als Druckmittel gegen Deutschland zu gebrauchen, bis die Unterschrift unter dem Vertrag von Versaille gesetz worden war.
 
Die Waffenstillstandsbedingungen sind gemeint. Ziel der Alliierten war es gewesen, Deutschland überhaupt vor der Anbahnung von Verhandlungen hinsichtlich des Waffenstillstandes alle "Faustpfänder" aus der Hand zu nehmen. Das ganz lief auf eine bedingungslose Kapitualtion Deutschlands hinaus, was ja auch in der Praxis erreicht wurde.

Hatten die militärischen, deutschen Kräfte überhaupt noch "Faustpfänder"? Deutschland kapitulierte, als die OHL eingestand, die militärische Stellung nicht mehr halten zu können. Hätte die OHL die Friedensresolution des Reichstages 1917 akzeptiert, wäre ein Verständigungsfrieden möglich gewesen.
Es lief nicht auf eine Kapitulation heraus, sondern war eine Kapitulation. Die Allierten würden nur harte Waffenstillstandsbedingungen anbieten können, da die Bitte um Waffenstillstands- bzw. Friedensverhandlungen das Eingeständnis der Niederlage in sich trägt (ansonsten hätten Friedensverhandlungen ja schon 1917, spätestens aber nach dem Frieden mit Russland beginnen können). Deutschland stand völlig ohne Verbündete dar. Um mal zu übertreiben: Vielleicht hätten sie die Alliierten noch mit einer Atombombe erpressen können, die sie auf dem nordamerikanischen Kontinent abzuwerfen gedachten, natürlich nur, wenn sie als einzige gerade eine erfunden hätten und es nichts Gleichwertiges geben würde.

Wilson sollte günstigere Friedensbedingungen anbieten, als von den Alliierten bzw. Foch zu erwarten gewesen war. Doch was machte Wilson? Er sprach von Verhandlungen mit Volksvertretern und nur mit Volksvertretern. Die Volksvertreter sollen also die Rolle des Monarchen übernehmen, womit der Monarch überflüssig werden würde. Wilson verlangte die Entmachtung der monarchischen Mächte.

An der Stelle kapitulierte wahrscheinlich Ludendorff. Er hatte keinen Handlungsspielraum mehr. Die eine Seite würde harte Waffenstillstandsbedingungen verlangen, wodurch das Vertrauen in die monarchischen Entscheidungsträger verloren gehen würde (denn die Soldaten haben ja alles getan, was in ihren Kräften stand), die andere Seite verlangte die Entmachtung der Monarchie. Ludendorff verlor den Krieg, egal was passieren würde.
 
Manja schrieb:
Hatten die militärischen, deutschen Kräfte überhaupt noch "Faustpfänder"?

Oh ja. Der unbeschränkte U-Boote Krieg oder die von Deutschland besetzten Gebiete Europas, wie beispielsweise das besetzte Belgien, Gebiete Frankreichs und große Gebiete Russlands waren duchaus Faustpfänder.

Hätte die OHL die Friedensresolution des Reichstages 1917 akzeptiert, wäre ein Verständigungsfrieden möglich gewesen.

Wie kommst du denn zu dieser Schlußfolgerung?

Es lief nicht auf eine Kapitulation heraus, sondern war eine Kapitulation. Die Allierten würden nur harte Waffenstillstandsbedingungen anbieten können, da die Bitte um Waffenstillstands- bzw. Friedensverhandlungen das Eingeständnis der Niederlage in sich trägt (ansonsten hätten Friedensverhandlungen ja schon 1917, spätestens aber nach dem Frieden mit Russland beginnen können).

Das Stichwort hier lautet Bedingungslose Kapitulation. Die Allierten insbesondere Frankreich und Großbritannien haben überhaupt gar kein Interesse an Verhandlungen gehabt. Es ging um den totalen Sieg bzw. die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.

Wilson sollte günstigere Friedensbedingungen anbieten, als von den Alliierten bzw. Foch zu erwarten gewesen war. Doch was machte Wilson? Er sprach von Verhandlungen mit Volksvertretern und nur mit Volksvertretern

Wilson hat einen ganz anderen Ton angeschlagen, als dieser Fühlung mit seinen Allierten aufnahm. Es waren ja noch nicht einmal Waffenstillandsverhandlungen, sondern die Reichsregierung hat lediglich um die Einleitung derselben gebeten. Clelmenceau und George haben dann gegenüber Wilson durchgesetzt, das daraus eine bedingungslose Kapitulation wurde.

Die OHL hat am 25.Oktober 1918 eigenmächtig ein Armeebefehl herausgegeben, aus dem umißverständlich hervorging, der Kampf müsse
nun mit allen Mitteln fortgesetzt werden. Das Primat der Politik haben die Herren Hindenburg und Ludendorff großzügig übergangen. Am 26.Oktober wurden sie vom Kaiser einbestellt. Dort gab es dann Zoff zwischen Ludendorff und Wilhelm wegen des eigenmächtigen Voprgehens vom Vortage. Ludendorff erbat und erhielt dann seinen Abschied.
 
Das Stichwort hier lautet Bedingungslose Kapitulation. Die Allierten insbesondere Frankreich und Großbritannien haben überhaupt gar kein Interesse an Verhandlungen gehabt. Es ging um den totalen Sieg bzw. die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.

Clelmenceau und George haben dann gegenüber Wilson durchgesetzt, das daraus eine bedingungslose Kapitulation wurde.

Bei Wiki findet man unter Kapitulation die
1. "(bedingte oder ehrenvolle) Kapitulation, bei der der Unterlegene Bedingungen nennt, von denen die Einstellung der Kampfhandlungen abhängig ist; meist sind dies die Schonung der Freiheit („Freier Abzug“) oder zumindest des Lebens der Unterlegenen – „Freier Abzug“.[...]",
2. "die bedingungslose Kapitulation, bei der außer der militärischen Kapitulation auch die staatlich-politische Kapitulation vollzogen wird. Die Befehlsgewalt über alle Einrichtungen des Militärs geht dabei auf den Gegner über. [...]
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Begriff der bedingungslosen Kapitulation 1943 auf der Konferenz von Casablanca zum ersten Mal von den Alliierten gegenüber Deutschland und Japan verwendet. Damit wurde die Möglichkeit eines Waffenstillstandes auch mit einer anderen politischen Führung ausgeschlossen. Der Gegner sollte entwaffnet, das Land besetzt und eine Militärregierung der Alliierten installiert werden."

Nach meinen Kenntnissen konnte Erzberger auf die Waffenstillstandsbedingungen auch ein wenig einwirken. So setzte er eine Verlängerung der Rückzugsfrist durch. Es war also nicht ganz eine bedingungslose Kapitulation. War es tatsächlich eine staatliche, politische Kapitulation? Worin glaubst du, eine bedingungslose Kapitulation zu erkennen?

Zu chrditt am Anfang: "Warum sie auslaufen sollte ist nicht genau bewiesen. Kann auch sein das sie nur Stärke zeigen sollte um eine besser position bei den kommenden Friedensverhandlungen zu erlangen."
Bei Haffner habe ich gelesen (2007, Die deutsche Revolution 1918/1919), dass für die Offiziere das Aufgeben Schande war, während die Mannschaften nicht mehr bereit waren, ihr Leben zu geben, nachdem die OHL aufgab (57). ("Die Mannschaften aber wollten nicht mehr sterben - nicht mehr jetzt, nachdem der Krieg verloren gegeben war, und nicht um einer Ehre willen, die eine Klassenehre war, an der sie nicht teilhatten und die ihnen nichts bedeutete", 57). Den Offizieren soll es nicht um günstigere Waffenstillstandsbedingungen gegangen sein, da "die furchtbaren Blutopfer einer Seeschlacht, ganz gleich wie sie ausging, [...] die Erbitterung und den Kriegwillen der Feindmächte noch einmal zur Weißglut anfachen und alle Hoffnungen auf einen schnellen und glimpflichen Waffenstillstand, wie ihn die deutsche Regierung dringend erstrebte, zunichte machen" würde (Haffner, 61). Das finde ich sehr überzeugend.

Ich habe einfach angenommen, dass ein Frieden 1917 bessere Friedensbedingungen, tatsächlich auch ohne Annexionen, gebracht hätte. Aus meiner heutigen Sicht sieht es so aus, als hätte ein Verständigungsfrieden 1917 die Kapitulation verhindert. Zwar besetzte Deutschland Gebiete, doch scheint das Militär die alliierten militärischen Kräfte, auch auf diesen besetzten Gebieten, nicht mehr zurückhalten bzw. zurückdrängen zu können. Doch genaue Aussagen könnte ich natürlich nur treffen, wenn ich mir den Frontverlauf 1917 und 1918 genauer anschauen würde. Vielleicht haben die Mehrheitsparteien auch auf einen Verständigungsfrieden gedrängt, um die Streikenden zu beruhigen. Diesem Gedanken kann ich momentan nicht nachgehen.
 
Manja schrieb:
Nach meinen Kenntnissen konnte Erzberger auf die Waffenstillstandsbedingungen auch ein wenig einwirken. So setzte er eine Verlängerung der Rückzugsfrist durch. Es war also nicht ganz eine bedingungslose Kapitulation.

Das war, mit Verlaub, doch vergleichsweise nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dieses Gewähren hat den Alliierten wirklich nichts gekostet.

Die Allierten waren 1918/19 in der Lage die überaus harten Bedingungen für eine vorläufige Waffenruhe und später für den Frieden komplett zu diktieren, denn sie haben Deutschland in einer Lage versetzt, in der es nicht mehr im Stande war, den Alliierten militärischen Widerstand zu leisten.

Deutschland war kein Verhandlungspartner in Versailles, sondern lediglich nur Objekt der Verhandlungen der Alliierten, welches die ultimativen Bedingungen zu akzeptieren hatte. Der deutschen Delegation wurden die Bedingungen, besser gesagt die Abrechung, präsentiert. Die Deutschen hatten lediglich die Option, nimm oder stirb. Deutschland wurde in Versailles wie ein Paria behandelt. .
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Allierten hatten jedoch nicht vor, eine eigene politische Führung einzusetzen. Auch besetzten sie nur ein Teil des Landes. Hätte eine bedingungslose Kapitulation nicht verlangt, dass sie das Land auch vollständig besetzten und regierten?
Die Waffenstillstands- bzw. Friedensbedingungen waren sehr hart, da die Sieger sie den Besiegten diktieren konnten. Ich erlebe sie jedoch nicht als ungewöhnlich, da die Deutschen ja kapitulierten und nicht einen Verständigungsfrieden schlossen. So hatte u.a. auch die deutsche Regierung vor, die Franzosen und Engländer im Falle eines Sieges zu Reparationszahlungen zu verdammen, die ja, so glaube ich zumindest, auch die Auszahlung der Kriegsanleihen ermöglichen sollten.

Aus heutiger Sicht mit Blick auf die spätere Geschichte hätte sich die OHL zu einem Verständigungsfrieden durchringen müssen, als die USA in den Krieg eintrat. Die Deutschen hatten keine Verbündeten, die permanent Material und Menschen stellen konnte. Doch ermöglicht wahrscheinlich erst der zeitliche Abstand und meine persönliche Distanz so eine Einschätzung.
 
Manja schrieb:
Aus heutiger Sicht mit Blick auf die spätere Geschichte hätte sich die OHL zu einem Verständigungsfrieden durchringen müssen, als die USA in den Krieg eintrat. Die Deutschen hatten keine Verbündeten, die permanent Material und Menschen stellen konnte. Doch ermöglicht wahrscheinlich erst der zeitliche Abstand und meine persönliche Distanz so eine Einschätzung.

Schon auf der Pariser Wirtschaftskonferenz im Sommer 1916 haben sich Großbritannien und Frankreich darauf festgelegt, das für sie nur ein Sieg in Frage kommt. Deutschland war künftig so zu schwächen, das es fortan keine Großmachtstellung mehr einnehmen konnte und außerdem sollte Deutschland nach Beendigung des Krieges wirtschaftlich so bekämpft werden, das es beispielsweise nicht alle erforderlichen Rohstoffe in der erforderlichen Menge importieren kann. Das waren schon sehr weit gespannte Pläne für die Zeit nach dem Kriege.

Im Dezember 1916 hat Bethmann dann im Reichstag der Entente Friedensverhandlungen angeboten und zwar kur nach dem Fall von Bukarest. Ebenfalls im Dezember 1916 kam Wilson mit seiner Friedensiniative an die Öffentlichkeit. Wilson wollte einen Verständigungsfrieden Weg bahnen. Die deutsche Seite hat dümmlicherweise noch vor GB und F, mit dem Hinweis auf die eigene Initiative, abgewinkt, viel zu schnell und damit Frankreich und Großbritannien einen sehr großen Gefallen getan, die ohnehin eine gewisse Nähe zwischen den deutschen und amerkanischen Bemühungen witterten und dann ganz entspannt abgelehnt haben.


Natürlich waren die Vorstellungen der OHL auch nicht besonders gut dafür geeigent, mit GB und F einen Verständigungsfrieden zu erreichen.


So hatte u.a. auch die deutsche Regierung vor, die Franzosen und Engländer im Falle eines Sieges zu Reparationszahlungen zu verdammen, die ja, so glaube ich zumindest, auch die Auszahlung der Kriegsanleihen ermöglichen sollten.

Deutschland hat ja schon mit den brutalen Diktatfrieden von Brest vorgemacht, wie es mit einenm Kriegsgegner umgesprungen war. Dieses radikale Vorgehen, hat Deutschland mit Sicherheit im Ausland sehr viel an Ansehen gekostet und hat das ohnehin schon ziemlich negative Bild in den USA noch unnötigerweise weiter verschärft.

[Die Allierten hatten jedoch nicht vor, eine eigene politische Führung einzusetzen/QUOTE]

Dafür haben sie aber doch daraufhin gewirkt, das in Deutschland ein politischer Systemwechsel erfolgt. Das war natürlich nicht gerade der dafür beste Zeitpunkt.

Hätte eine bedingungslose Kapitulation nicht verlangt, dass sie das Land auch vollständig besetzten und regierten?

Nö, nicht wirklich. Die Alliierten waren auch so mit ihrer Drohkulisse im Stande, die Bedingungen zu diktierenn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schon auf der Pariser Wirtschaftskonferenz im Sommer 1916 haben sich Großbritannien und Frankreich darauf festgelegt, das für sie nur ein Sieg in Frage kommt. Deutschland war künftig so zu schwächen, das es fortan keine Großmachtstellung mehr einnehmen konnte und außerdem sollte Deutschland nach Beendigung des Krieges wirtschaftlich so bekämpft werden, das es beispielsweise nicht alle erforderlichen Rohstoffe in der erforderlichen Menge importieren kann. Das waren schon sehr weit gespannte Pläne für die Zeit nach dem Kriege.

Ich glaube, dass ich verstanden habe. Ein Verständigungsfrieden wäre nicht unbedingt möglich gewesen, weil GB und Frankreich diesem verneinend gegenüberstanden. Es ging ihnen schon sehr früh um die größtmöglichste Schwächung Deutschlands. Es war möglicherweise eine bedingungslose Kapitulation, da Deutschland auf die Bedingungen nur einen geringen Einfluss hatte.

Wie hätte eine Kapitulation ausgesehen, die keine bedingungslose gewesen wäre? Rückzug aus den besetzten Gebieten, Freilassung der alliierten Gefangenen, Rücknahme der Friedensverträge von Russland und Rumänien? Jedoch keine vorläufigen Reparationszahlungen (Lokomotiven, Waggons, LKWs), keine Entwaffnung (schwere Geschütze, U-Boote, Seekriegsschiffe) und keine Besetzung der linksrheinischen Gebiete?
 
Meine Examensarbeit liegt jetzt hinter mir. Vielen Tag für die hilfreiche Diskussion, Turgot. Es ist doch noch mal was anderes, auf die Zweifel und Gedanken eines Anderen eingehen zu müssen, als sich allein auf die Erarbeitung eines Themengebietes zu konzentrieren.
 
Interessant ist, dass das Deutsche Reich eigentlich nicht durch Wilson Forderung nach einer parlamentarisch gewählten Regierung überrascht sein konnte.

Wilson hatte am 27.Septermber 1918 in New Vork eine Rede gehalten, aus der unmissverständlich hervorgeht, das man mit den Regierungen der Zentralmächte nicht über einen Frieden verhandeln könne. "Sie haben uns überzeugt, dass sie ohne Ehre sind und keine gerechtigkeit beabsichtigen. Sie beachten keine Verträge, erkennen keinen Grundsatz als nur die Gewalt und ihre eignen Interessen an. Wir können uns mit ihnen nicht einigen. Sie haben dies unmöglich gemacht. Das deutsche Volk muss endlich inne werden, dass wir das Wort derer, die uns diesen Krieg aufgezwungen haben, nicht annehmen können. (1)

Die Regierung des Prinzen Max von Baden geriet schon am 09.Oktober 1918 in eine Krise, da die Schweizer Freie Zeitung einenn Provatbrief des Prinzen veröffentlichte, der die expansionistische Haltung Max von Badens ein Jahr zuvor beinhaltet. (2) Das war natürlich unangenehm, da ja gerade die Waffenstillstandverhandlungen liefen.

(1) Schulthess`Europäischer Friedenskalender, N.F., 34, Jg.1918, S.590

(2) Max von Baden, Erinnerungen und Dokumente, S.397ff
 
Interessant ist, dass das Deutsche Reich eigentlich nicht durch Wilson Forderung nach einer parlamentarisch gewählten Regierung überrascht sein konnte.

Wilson hatte am 27.Septermber 1918 in New Vork eine Rede gehalten, ...

Das ist ein sehr guter Hinweis!

Was ist eigentlich zu der angeblichen Verschärfung von Wilsons Forderungen in dem Notenwechsel bekannt?

Dass die Versenkung der RMS Leinster außer der Forderung nach sofortiger Einstellung des U-Boot-Krieges eine Verschärfung als Folge gehabt hat, wird in der älteren Literatur behauptet. Andere Stellen sind dubios und oberflächlich, weisen sogar falsche Opferzahlen (aufgrund der fehlerhaften Nachkriegspublikation des HMSO) auf:
Armistice 1918 - Google Bücher
 
Die "Leinster" wurde am 10.Oktober 1918 torpediert und unter den sechshundert Opfern waren auch viele Amerikaner. Die Wellen schlugen in den USA und Großbritannien genauso hoch, wie bei der Lusitania. Am 16.Oktober 1918 traf die dritte Note Wilson ein, die gemäßt Staatssekretär Haußmann wie eine bombe eingeschlagen war. Ich denke, der Zusammenhang zwischen der Versenkung und der Verschärfung den Waffenstillstandsbedinungen ist ganz offenkundig.
 
Bzgl. der Versenkung und ihres Einflusses auf den Notenwechsel scheint es tatsächlich in der älteren Literatur eine Kontroverse gegeben zu haben.

Auswirkungen behauptet iW Klaus Schwabe, Woodrow Wilson, Revolutionary Germany and Peacemaking 1918-1919 - Missionary Diplomacy and the Realities of Power, 1985, der von einigen anderen Autoren zitiert wird.

Dabei stützt er sich - wie die übrige befürwortende Literatur - lediglich auf den engen zeitlichen Zusammenhang und die Aufnahme nach Stopp des U-Boot-Krieges.

Eine völlig andere Version bietet Thomas J. Knock: To end all Wars - Woodrow Wilson and the Quest for a New World Order, 1992.

Demnach war es die weiche deutsche Note mit Bezug auf Wilsons 14 Punkte, die in der amerikanischen Politik vor allem von Seiten der Republikaner für die Forderung nach einer deutlichen Verschwärfung des Tones führte. In diese Kerbe schlugen bereits vor Bekanntgabe der Versenkung die wesentlichen Zeitungen ein, so dass Wilson unter Druck geriet, "eine amerikanische Antwort" zu geben. Diese Verschärfung wurde von ihm geradezu erwartet, und diesem Druck auf Umsetzung der "unconditional surrender" folgte Willson in der scharfen Antwort. Ursache für die Empörung war insbesondere die von deutscher Seite eingeworfene "gemischte Kommission" für die besetzen Gebiete. Demnach nahm er die Passage zum UBootKrieg nur aus aktuellem Anlass der Versenkung der RMS Leinster auf. Der Druck der Empörung bestand schon vor dieser Information.
 
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