Die Quinquereme von Vettor Fausto - die größte Galeere aller Zeiten?

Gegenkaiser

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[FONT=&quot]Da Schiffahrtsthemen auf reges Interesse zu stoßen scheinen, möchte ich kurz die venezianische Quinquereme von Vettor Fausto vorstellen, die leider fast in Vergessenheit geraten ist, weswegen ich leider nicht viel über das Schiff zusammentragen konnte. Aber das Wenige ist bereits höchst interessant:

1. Es handelt sich womöglich um die längste Galeere ihrer Zeit (75 m lang bei 10 m Breite) mit der stärksten Bewaffnung (300 Geschütze)

2. Das Schiff scheint eines der ersten zu sein, bei dessen Bau nach wissenschaftlichen Kriterien vorgegangen wurde. Also nicht tradiertes Erfahrungswissen kam zum Einsatz, sondern Bauzeichnung und genaue Kalkulationen wurden im voraus von Fausto angefertigt. Die Quinquereme hat den Quellen nach dann die schnellste Galeere der Venezianer im direkten Wettstreit besiegt.

Was ich an Daten zusammentragen konnte:
- 75 m lang, 10 m breit, 300 Geschützen (Ernst Berninger: Der Übergang zur Renaissance, in: Uta Lindgren (Hrsg.): Europäische Technik im Mittelalter. 800 bis 1400. Tradition und Innovation, 4. Aufl., Berlin 2001, ISBN 3-7861-1748-9, S.551-568 (561))

- For a reconstruction of the attempt to rebuild a quinquireme, see ENNIO CONCINA, L'Arsenale della Repubblica di Venezia. Tecniche e istituzioni dal medioevo all'età moderna, Milano, Electa, 1988, p. 108

- 1529, fast 75m lang, 10 m breit, 200 Ruderer, an die 300 Geschütze (Klemm, Friedrich: Die Technik der italienischen Renaissance, in: Technikgeschichte 32, Nr. 3, 1965, 221-243 (238))

- Lane, F. Ch.: Venetian Ships and Shipbuilders of the Renaissance, Baltimore 1934, Sl. 146, S. 64ff. (Urquelle?)

Der Lane müßte in Google Books einsehbar sein: Google Book Search

Wer weiß mehr zu berichten?
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[FONT=&quot]- 1529, fast 75m lang, 10 m breit, 200 Ruderer, an die 300 Geschütze (Klemm, Friedrich: Die Technik der italienischen Renaissance, in: Technikgeschichte 32, Nr. 3, 1965, 221-243 (238))[/FONT]

Hm, wieder sehr ominös. 300 (!) Geschütze? Galeeren hatten nur sehr wenige, die meist in Fahrrichtung feuerten. Hat man Arkebusen als Kanonen gezählt?
 
Höchst ominös. Man kann mir nicht erzählen, dass die "Syrakosia" oder das "Navis Mirabilis" aus der hohlen Hand heraus gebaut wurden; die Funde des Schiffs von Marsala legen dar, dass die Karthager mit vorgefertigten Bauteilen gearbeitet haben - m. E. ein deutlicher Hinweis darauf, dass Planung ein Ding ist, das mit Schriftlichkeit Hand in Hand einhergeht (genauso wie Bürokratie).
 
...die Funde des Schiffs von Marsala legen dar, dass die Karthager mit vorgefertigten Bauteilen gearbeitet haben...

Interessant, Modultechnik. Woher hast du das?

Aber um es gleich vorwegzunehmen, Module lassen sich mit einem Minimum an Schriftlichkeit an der Baustelle produzieren (siehe klassische griechische Tempelbauten, bei denen der Triglyph das Normteil war).
 
Mich würde mal ein Bild, wenn es eines gibt, von diesem Schiff interessieren. Hier habe ich eines von einer regulären Galeere.
galeere.jpg
Mit der Zahl der Kanonen ist es schon merkwürdig, weil die sich, in Breitseitenaufstellung, mit den Riemen ins Gehege kommen würden. Vielleicht waren es leichtere Drehbassen, mit denen man Streuladungen verschoss. Diese konnte man im Bedarfsfall auf- und abmontieren.
drehbasse.jpg
 
75 m lang, 300 Geschütze. Macht rein rechnerisch, verteilt auf die Längsseiten 1 "Geschütz" auf 50 cm. Wie soll das gehen? Nee, das waren die Musketen samt Schützen oder es war keine Galeere.
 
Kann man die 75m Länge für die Galerere unterlegen?

Die bei Lepanto verwendeten Galeassen waren rd. 50 Meter lang.
Und verfügten über stärkere Geschütze als die Galeeren.
 
Vor allem unter dem Gesichtspunkt, die Schnellste gewesen zu sein. Dann braucht man sich nicht mit mehreren Decks etc. wegen der Feuerkraft herauszureden. Ich bleibe bei meiner Behauptung: Die "Geschütze" waren Arkebusen. Zumal Galeeren aufgrund der Ruder keine Breitseiten feuern konnten.
 
Zuletzt bearbeitet:
In einem Buch über Schiffstypen habe ich folgendes zu Galeeren gefunden:

Das Vorschiff trug eine Plattform mit Schleudern und Wurfmaschinen; später bei Geschützbewaffnung wurden Mitschiffs die stärkste Bugkanone und seitlich davon je 3 weitere kleinere Kanonen aufgestellt. Weitere leichtere Drehbassen konnten an den Bordseiten durch Lücken zwischen den Riemen feuern.

Eine leichtere Drehbasse wird wohl nur geringfügig größere Geschosse als eine Arkebuse verschossen haben. Es wäre also jetzt die Frage zu klären, wieviel Ruderbänke es gab und wie sie angeordnet waren.
Ob nun Arkebusen und Drehbassen schon als Geschütze zählen, kommt wohl auf das Auge des Betrachters an. Eine Breitseite wäre aber möglich gewesen.
Im selben Buch steht:
Im 16. Jh. begann in den bedeutenden europäischen Staaten der Nachbau der größeren venezianischen Galeeren mit 32 Ruderbänken auf jeder Bordseite. Aus diesen großen Fahrzeugen wurde später die Galeasse entwickelt.
und
Normalgroße Galeeren hatten etwa 200 t Wasserverdrängung bei etwa 50 m Länge, 6 m Breite und 1,5 m Tiefgang.
 
Na ja, wenn man sich obrige Bild von mir anschaut, dann bleibt wirklich kein Platz für schwereres Geschütz. Was mir noch einfällt, sind Wallbüchsen. Ich habe aber keinen Hinweis, dass die zur See eingesetzt wurden. Die hatten ein Kaliber von ungefähr 3 cm und konnten Eichenbohlen auf 50 m Entfernung locker durchschlagen. Damit könnte man die Ruderreihe einer Galeere unter Feuer nehmen und so dem Schiff den Antrieb nehmen.
Allerdings die Taktik der Galeeren war Rammen und Entern. Die Geschütze auf der Back waren eher für die Gefechtsvorbereitung bestimmt. Bevor man den Gegner angeht, ihm noch einen auf den Pelz braten. Die oft großen Geschütze konnten in der Regel wärend des Gefechtes auch nicht nachgeladen werden.
 
Na ja, wenn man sich obrige Bild von mir anschaut, dann bleibt wirklich kein Platz für schwereres Geschütz.

Also schweres Geschütz können wir m.E. ausschließen. Allerdings habe ich auch bei Arkebusen oder Drehbassen mit 300 von ihnen meine Probleme.

Auf deinem Bild sind ja 18 Ruder / Bordseite, meine Quelle spricht von 32 Rudern / Bordseite bei großen venezianischen Galeeren und einreihiger Ruderanordnung. Bei einer Quinquereme müßten es aber 5 Reihen sein.
Bei 200 Ruderern währen das 20 Ruderer pro Reihe wenn ich von einer gleichmäßigen Verteilung und einem Mann pro Ruder ausgehe.

Theoretisch kann man natürlich zwischen die Ruderbänke ein "Geschütz" stellen. Nur ist der Kahn dann wirklich noch so schell?

Pro "Geschütz wenigstens 1 Mann, dann noch Seeleute und Aufpasser für die Sklaven und noch Soldaten die bei Bedarf zum Entern übergehen oder Enterer abwehren. Denn die Schützen kommen von ihren Plätzen zwischen den Ruderern nun mal nicht so schnell zum Bug oder Heck. Alle Soldaten noch mit der damals üblichen Rüstung + Handwaffen + Munition.
Erschein mir doch etwas zweifelhaft.
 
Arkebusen sind frühe Handfeuerwaffen, keine Geschütze. 300 Schützen an Bord, gut möglich.
Arquebus - Wikipedia, the free encyclopedia

300 Drehbassen machen hingegen keinen Sinn.
Swivel gun - Wikipedia, the free encyclopedia

Das Wort "Geschütze" stand im Ausgangspost, das es ausser auf dem Vorschiff alles Geschütze waren bezweifele auch ich.
Arkebusen hast du ins Spiel gebracht.

Wieso machen 300 Drehbassen keinen Sinn? Sinnvoll wären sie schon
allerdings gab es m.E. keinen Platz für 300 von der Sorte.
 
Zunächst sollte man die angebenen Maße stark anzweifeln. Der venezianische Chronist Sanuto beschreibt das Schiff des Fausto mit ca 50 Meter Länge und 6 Meter Breite. Auch bestand die Quinquireme nicht aus mehreren Ruderebenen. Die venezianischen Galeeren des frühen 16. Jh. wurden noch als Triremen nach dem sogenannten Zenzile-Verfahren gerudert. D.h. je Bank drei Ruderer, wovon jeder einen Riemen bediente (Bei Biremen waren es zwei).
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Fausto verlängerte die Bänke und setzte noch zwei Mann daneben, sodass bei zwanzig Bänken 100 Riemen auf jeder Bordseite vorhanden waren. Die Quinquireme fuhr, in Gegenwart des Dogen, ein Rennen gegen die Trireme Cornera und gewann. Daraufhin wurde sie zur Verstärkung der Flotte nach Kreta geschickt. Auf der Fahrt dorthin geriet das Schiff in einen mehrtägigen Sturm mit Hagel und eisigem Regen. Viele der schutzlosen Ruderer überlebten die Kälte nicht. Als Unglücksschiff verrufen wurde sie bald darauf wieder demontiert und es wurde keine weitere Quinquireme mehr gebaut. Das war sicher auch ein Grund dafür, dass man von diesem Schiff keine Gemälde anfertigte. Auch die Bewaffnung mit 300 Kanonen kann man in das Reich der Sage verbannen. Keine Galeere konnte an den Bordseiten Geschütze tragen, da sich dort die Ausleger für die Riemen befanden. Sie hatten aber meist einige Petreros(Hakenbüchsen) zwischen den Riemen , eine große Kanone(Canone di Corsia)und vier Feldschlangen auf der Kanonenback am Bug. Selbst die Lepanto-Galeassen(umbebaute Handelsgaleeren) kamen auf ungefähr 30 Geschütze, wovon auch ein großer Teil Drehbassen waren. Die schweren Kanonen befanden sich auch bei diesen Schiffen in dem runden Kastell am Bug.
Da für zenzile-geruderten Galeeren ,bezahlte Fachkräfte als Ruderer nötig waren und immer weniger Venezianer für diese verachtete Arbeit zu begeistern waren, ging man ab der Mitte des 16. Jh. zum Scaloccio-Verfahren über( vier bis 6 Mann an einem schweren, überlangem Riemen). Hierfür konnte man auch ungelernte Sträflinge, Sklaven und Halbfreie verwenden. Die Grundform der Galeere änderte sich aber bis ins frühe 18.Jh. nicht mehr. Ein schmaler extrem langer Rumpf mit einem Rechteckigen Auslegergestell darüber, einem Mittelgang(Corsia) und den schrägstehenden Ruderbänken und zwei schmalen Laugängen an den Dollborden, Eine Befehlsplattform (Espale) am Heck und eine Gefechtsstation am Bug(Rambade) blieben bis zum Ende des Galeerenzeitalters unverändert.
Die Modulbauweise war das größte Erfolgsgeheimnis der Venezianer. Das Arsenal könnte man als ersten großen Industriebetrieb bezeichnen. Die venezianischen Galeeren glichen sich alle aufs Haar. Man unterschied nur zwischen Galia Sottil(schmale Galeere) mit ca 40 Meter Länge und der Galia Capitana (Flaggschiff) mit ca 50 Metern Länge. Seit dem 15. Jh. verwendeten die Venezianer auch noch Handelsgaleeren(Galia grossa) für den schnellen Transport von hochwertigen Luxusgütern, die in Kriegszeiten zu bewaffneten Galeassen umgerüstet werden konnten..
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Handelsgaleere
 
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War die Länge von 75 m über alles, d.h. vom Bugspriet bis Hecklaterne?
Eine Kiellänge von über 50m war meines Wissens bei Holzschiffen bautechnisch nicht zu verwirklichen.
 
War die Länge von 75 m über alles, d.h. vom Bugspriet bis Hecklaterne?
Eine Kiellänge von über 50m war meines Wissens bei Holzschiffen bautechnisch nicht zu verwirklichen.
Das stimmt, Holzschiffe waren selten länger als 50 Meter. Die größten Galeeren, die französischen Realen Ludwigs XIV., mit 31 Ruderbänken pro Seite, maßen vom Vorder- bis zum Achtersteven 57 Meter. Auf Grund ihres extremen Verhältnisses von Breite zu Länge 1:8, waren Galeeren ziemlich instabil. Eine maltesische Galeere brach im 18. Jh., bei einem Gefecht gegen osmanische Schiffe, während einem Wendemanöver , in der Mitte durch und versank.
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Großmeistergaleere der Johanniter Ende 17. Jh.
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französische Reale
75 Meter waren auch wenn man den Rammsporn und den Platz des Steuermannes mit einrechnet, viel zu lang. Die Reale maß über den wirklich sehr langen Sporn 63 Meter. Am Beginn des 16. Jh. waren die Rammen kürzer und dicker gebaut, da sie noch ihren Zweck erfüllen mußten, als Enterbrücken zu dienen. Bei den späteren Galeeren war der Sporn nur noch Dekoration.
 
Der Thread ist zwar schon uralt aber ich bin beim lesen über Venedig, noch einmal über die "Quinquereme ala Fausto" gestolpert. Als die Osmanen 1570 Zypern belagerten, wurde die erste hl. Liga gegründet. Daran beteiligt waren neben den Venezianern, die Genuesen und der Kirchenstaat. Venedig rüstete seine längst ,im Arsenal brach liegende Galeerenflotte neu aus. Dabei wurde auch noch einmal die alte Quinquereme aufgerüstet und an den Papst verkauft. Dessen Flottenbefehlshaber, Marc- Antonio Colonna bekam sie als Flaggschiff. Nachdem sich auf Kreta die Venezianer mit dem Genuesen Gianandrea Doria entzweit hatten, fuhren die Flotten unverrichter Dinge wieder heimwärts. Die Fausto-Galeere erwies sich wieder als Unglücksschiff. In einem mehrtägigen Sturm wurde sie vom Blitz getroffen und versank der 41 Jahre alte Schiffsgigant endgültig in der Adria.
 
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