Die Römerlager an der Lippe

salvus

Aktives Mitglied
Obwohl bereits ein Thread speziell zum Lager Anreppen besteht, möchte ich hier ein neues Thema eröffnen. Ich finde diese Thematik sehr interessant, da es auch evt. neue Erkenntnisse aber auch viele Fragen gibt.

Das Lager in Haltern ist wirklich gut erforscht. Aufgrund der nachgewiesenen Innenbebauung kann man durchaus dort von einer Belegung von mehreren Kohorten (evt. 6-7) ausgehen. Die entsprechenden Gebäude, insbesondere Mannschaftsunterkünfte lassen sich gut nachweisen. Auch andere Ausgrabungen, wie z.B. das ehemalige Marschlager auf dem Silverberg, oder die Hafenanlagen sprechen für die Wichtigkeit dieses Ortes für die Römer.

Aber was ist mit den anderen Lagern?
In Oberaden ist man lange davon ausgegangen, daß neben principia und praetorium Gebäude für höhergestellte Ränge vorhanden waren. Die Mannschaften haben wohl in Zelten genächtigt. Jetzt hat man aber auch Spuren von Kasernen entdeckt. In Anreppen gibt es Nachweise für Mannschaftsunterkünfte nur im südlichen Bereich (für mehrere Centurien). Waren diese Läger evt. garnicht vollständig bebaut? Gab es Kasernenbauten nur für die Stammbesatzungen? Oder hat es in Oberaden tatsächlich fest gebaute Mannschaftsunterkünfte für 10.000 Mann gegeben? Wird dort eigentlich noch gegraben?

Hat jemand da nähere Informationen?
 
Das Lager in Haltern ist wirklich gut erforscht. Aufgrund der nachgewiesenen Innenbebauung kann man durchaus dort von einer Belegung von mehreren Kohorten (evt. 6-7) ausgehen. Die entsprechenden Gebäude, insbesondere Mannschaftsunterkünfte lassen sich gut nachweisen. Auch andere Ausgrabungen, wie z.B. das ehemalige Marschlager auf dem Silverberg, oder die Hafenanlagen sprechen für die Wichtigkeit dieses Ortes für die Römer.

In diesem Zusammenhang stellt sich noch eine andere interessante Frage:

Die Auflassung des Lagers in Oberaden wird allgemein mit der Lösung des "Sugambreerproblems" in Zusammenhang gebracht (Stichwort: Umsiedlung). Aber vieleicht war die Sache auch anders. Vieleicht hat das Lager in Haltern das Lager in Oberaden einfach abgelöst. Der Bau des Lagers in Haltern steht nicht fest - evt. um die Zeitenwende, evt. aber auch früher. Dies könnte doch durchaus eine Option sein. Fragt sich nur warum. Hatte Haltern eine bessere strategische Lage für die Römer, oder war die gewaltige Anlage in Oberaden auch zu groß?

Zumindest wäre eine mögliche Ablösung durch das Lager in Haltern doch eine Option.
 
Kann evt. jemand die folgenden Fragen bzgl. des Lagers in Oberaden beantworten:

1. Laufen dort aktuell noch Grabungen?

2. War dieses Lager komplett innen bebaut?

Wer kann mir Auskunft geben?

Vieleicht auch irgendwelche (aktuelle) Links?
 
Kann evt. jemand die folgenden Fragen bzgl. des Lagers in Oberaden beantworten:

1. Laufen dort aktuell noch Grabungen?

Weder die Seite des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) noch die der Gemeinde Bergkamen (zu Oberaden gehört) nennen Ausgrabungen. Ggf. könnte man das LWL kontaktieren.

Aber im Bereich des Lagers ist von der Stadt Bergkamen ein archäologischer Lehrpfad angelegt worden.

2. War dieses Lager komplett innen bebaut?

Wer kann mir Auskunft geben?

Vieleicht auch irgendwelche (aktuelle) Links?

Laut dem dem Artikel zu Bergkamen-Oberaden in "Die Römer in Nordrhein-Westfalen", 1987, S. 356 f.:

Zu großen Teilen war das Legionslager Oberaden nicht planmäßg bebaut worden, denn eine große Zahl der hier stationierten Truppen war in provisorischen Unterkünften untergebracht. Daß sich die Infrastruktur des Lagers zZ seiner Auflassung noch im Aufbaustadium befunden haben muß, zeigten die Grabungen der letzten Jahre im Bereich NW Lagerecke.

Hier ein paar Links:

Römerlager Oberaden ? Wikipedia
Altertumskommission für Westfalen - Römerforschung
Archäologischer Lehrpfad
 
Na da war ein kleines Reenactmentlager an dem Wochenende, in dem Zusammenhang gab es Führung zu den Ausgrabungen.
Es waren die Suchschnitte zu sehen, viel Erde mit Verfärbungen halt, aber es soll da noch ein wenig gebaut werden,bzw experimentiert...

Sicherlich wird es noch weitere Führungen geben, vielleicht mal hier anfragen:
Stadtmuseum Bergkamen
 
Hallo Salvus,

In diesem Zusammenhang stellt sich noch eine andere interessante Frage:

Die Auflassung des Lagers in Oberaden wird allgemein mit der Lösung des "Sugambreerproblems" in Zusammenhang gebracht (Stichwort: Umsiedlung). Aber vieleicht war die Sache auch anders. Vieleicht hat das Lager in Haltern das Lager in Oberaden einfach abgelöst. Der Bau des Lagers in Haltern steht nicht fest - evt. um die Zeitenwende, evt. aber auch früher. Dies könnte doch durchaus eine Option sein. Fragt sich nur warum. Hatte Haltern eine bessere strategische Lage für die Römer, oder war die gewaltige Anlage in Oberaden auch zu groß?

Zumindest wäre eine mögliche Ablösung durch das Lager in Haltern doch eine Option.


Das Lager in Oberaden wird als Offensivlager bezeichnet. Die Funktion dieses Lagers wird direkt mit den Feldzügen des Drusus in Verbindung gebracht. Neben dem dazugehörigen Kastell Beckinghausen wird es zeitgleich möglicherweise noch weitere Versorgungseinrichtungen und Sicherungskastelle gegeben haben. Als Vergleichsobjekt passt dazu der Feldzug des Agricola. Die Offensivfestung in Ichtuthil und die sogenannten Glennblockerforts sichern die vorgeschobene Grenze und die Versorgungs- und Signallinie während des Feldzugs.
http://www.theromangaskproject.org.uk/Media/graphics/Agricoal-hecame/fig2.jpg
Ob Oberaden im Anschluss daran als Standlager geplant war bleibt offen.
Es ist auch das einzige der Lippelager, das den überlieferten Regeln für den Lagerbau weitestgehend entspricht. (Pseudo-Hygin,Polybios)

Haltern und Anreppen haben sichtliche Probleme mit den rechten Winkeln und weisen darüberhinaus Merkmale auf, die nicht recht zu einem Legionslager passen.
In Haltern sind es die überproportionale Anzahl der Offiziershäuser im Vergleich zu den Kohortenkasernen. Auch ist nicht genug Platz für eine komplette Legion. Kühlborn spricht deshalb von einem Stützpunkt der Militärverwaltung. Ich denke deshalb, dass hier eventuell Provinzialtruppen und Marineeinheiten lagen. Möglicherweise die 5 erwähnten Kohorten der Varusniederlage, also quasi die Leibwache des Statthalters...

Die Legionen lagen wahrscheinlich in eigenen Lagern mindestens paarweise zusammen. Das schliesse ich aus den schriftlichen und archäologischen Überlieferungen über die Grösse der Truppenkörper nach der Lollius-Niederlage, wonach diese möglicherweise als direkte Reaktion zuerst auf 2 bis 3 Legionen anstiegt (Lager auf dem Hunerberg und Neuss sowie die Heere des Varus und Asprenas), nach der Varus-Niederlage sogar auf 4 Legionen erhöht wurde (Tacitus). Erst spät nach Einstellung der Offensiven durch Tiberius sehen wir linksrheinisch wieder einzelne Legionen in einem Lager. (Horn Die Römer in Westfalen)

Die Lager Haltern und Oberaden hatten meiner Meinung nach also ganz unterschiedliche Funktionen und dewegen glaube ich nicht das Haltern den Platz von Oberaden eingenommen hat.

Gruss
jchatt
 
Haltern und Anreppen haben sichtliche Probleme mit den rechten Winkeln und weisen darüberhinaus Merkmale auf, die nicht recht zu einem Legionslager passen.
In Haltern sind es die überproportionale Anzahl der Offiziershäuser im Vergleich zu den Kohortenkasernen. Auch ist nicht genug Platz für eine komplette Legion. Kühlborn spricht deshalb von einem Stützpunkt der Militärverwaltung. Ich denke deshalb, dass hier eventuell Provinzialtruppen und Marineeinheiten lagen. Möglicherweise die 5 erwähnten Kohorten der Varusniederlage, also quasi die Leibwache des Statthalters...

Die Legionen lagen wahrscheinlich in eigenen Lagern mindestens paarweise zusammen. Das schliesse ich aus den schriftlichen und archäologischen Überlieferungen über die Grösse der Truppenkörper nach der Lollius-Niederlage, wonach diese möglicherweise als direkte Reaktion zuerst auf 2 bis 3 Legionen anstiegt (Lager auf dem Hunerberg und Neuss sowie die Heere des Varus und Asprenas), nach der Varus-Niederlage sogar auf 4 Legionen erhöht wurde (Tacitus). Erst spät nach Einstellung der Offensiven durch Tiberius sehen wir linksrheinisch wieder einzelne Legionen in einem Lager. (Horn Die Römer in Westfalen)

Die Lager Haltern und Oberaden hatten meiner Meinung nach also ganz unterschiedliche Funktionen und dewegen glaube ich nicht das Haltern den Platz von Oberaden eingenommen hat.

Haltern und Oberaden sind zeitlich und geografisch zu dicht beieinander, als dass man annehmen könnte, es gebe keine Beziehungen zwischen ihnen. Die Unterschiede bezüglich der Bauart und der Größe der maximal dort zu stationierenden Soldaten kann man besser mit den unterschiedlichen Phasen der Lagergründung erklären: Oberaden war eine reine Militärbasis, von der aus ein bedeutender Feind besiegt werden sollte. Haltern war eine Garnison in dem gleichen, inzwischen aber weitgehend befriedeten Gebiet, das verwaltet werden musste. Anreppen hatte meiner Meinung nach wieder eine andere Funktion: Vorbereitung des Aufmarsches gegen die Markomannen.
 
Anreppen hatte meiner Meinung nach wieder eine andere Funktion: Vorbereitung des Aufmarsches gegen die Markomannen.

Das ist wirklich interessant! Unter diesem Blickwinkel habe ich Anreppen bisher nicht betrachtet. Aber ist das wirklich möglich?:grübel:

Mit ziemlicher Sicherheit ist Anreppen jenes Lager, welches Patercullus in seinem Werk erwähnt. Also sollte der Bau des Lagers im Jahr 4 n.Chr. zu datieren sein. Offensichtlich wußte der Errichter des Lagers (Tiberius), daß er mindestens ein weiteres Jahr benötigen würde um einen germanischen Aufstand niederzuschlagen (immensum bellum). Ich denke, daß dieses Lager genau dafür errichtet wurde und wahrscheinlich zwei Jahre später aufgelassen wurde. Der Aufstand war niedergeschlagen, das Lager hatte seinen Zweck erfüllt. - Vergleiche hierzu auch Kühlborn.

Zurück zu Haltern.

Der Argumentation von jchatt kann man durchaus folgen. Allerdings gilt es wohl die gesamte Entwicklung von Haltern zu betrachten. Zunächst gab es dort wohl ein Marschlager von über 30ha Größe. Dies muß man wahrscheinlich in die Drusus Feldzüge datieren Dies würde auch von der Größe (2 Legionen) passen - vergleiche Holsterhausen und Oberaden. Das Hauptlager in Haltern wurde auf dem Gebiet des ehemaligen Marschlagers errichtet, muß also jünger sein. Allerdings gibt es Spuren eines Spitzgrabens auf dem Gelände des Marschlagers, welche noch älter sein müssen. Der Stützpunkt Haltern war den Römern also schon sehr lange bekannt und wohl auch strategisch sehr wichtig. Auch die Marinebasen weisen mehrere Ausbauphasen auf.
Der gesamte Standort hat sich also stetig weiterentwickelt bzw. er wurde ständig ausgebaut. Dies gilt auch für das eigentliche Hauptlager, dessen Grundfläche ebenfalls erweitert wurde. Ganz zu schweigen von den Anlagen auf dem Annaberg, sowie dem Ostlager, welche heute noch (bezügl. der Datierung und genauer Bedeutung) Rätsel aufgeben.

Zu den 5 Kohorten:
Anzunehmen ist, daß es sich dabei um Hilfstruppen handelte. Außerdem gibt es in Haltern ein interessantes Fundstück: Einen Bleibarren mit Einritzungen der XIX Legion. Das deutet darauf hin, daß zumindest Teile dieser Legion dort wohl stationiert waren.

Ich vermute, daß Haltern wirklich Oberaden abgelöst haben könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Anreppen hatte meiner Meinung nach wieder eine andere Funktion: Vorbereitung des Aufmarsches gegen die Markomannen.

Ich glaube, darüber hatten wir zwei schon einmal eine Auseinandersetzung, kann das sein?

Ich halte diese These jedenfalls für abwegig.
1.) Ein Aufmarschlager für ein Ziel, welches über 500 km entfernt ist?
2.) Ein Aufmarschlager von dem aus man noch mindestens zwei Gebirge überqueren muss, um zum Feind zu kommen - durch unsicheres Gebiet?
3.) Die Lippe diente als Aufmarschgebiet, weil man über Flüsse so schön Güter transportieren kann. Leider aber fließt kein Fluss von Anreppen in das Herz der Tschechei, da hätte man schon die Elbe zu sichern müssen.
 
Wenn man das Mehrlegionen Lager in Oberaden mit einem Feldzug des Drusus in Verbindung bringt, dann muss man für den Markomannenzug ein ähnliches Lager annehmen. Wahrscheinlich sogar grösser als Oberaden, denn es wird von 6 Legionen berichtet die Saturninus befehligte. Denn die Sueben waren nach Tacitus der volkreichste Stamm. Es ist also logisch, dass wir hier abermals eine Steigerung der Truppenkörper sehen. (siehe meinen Beitrag oben).

Wenn man den Wegeplan des LWL nimmt

und versucht durch symmetrische Rückführung ein Ideallager zu ermiiteln,
könnte man soetwas bekommen:
jchatt-albums-r-merlager-oberaden-picture2007-oberaden-ideal.jpg


Die Unterschiede zeigen, dass von dem Ideallager ausgehend offenbar nur in einer Dimension angepasst wurde (grüne Pfeile):
jchatt-albums-r-merlager-oberaden-picture2008-oberaden-ver-nderung.jpg


Unser gesuchtes Markomannenlager hätte also wahrscheinlich die gleiche Breite des Lagers von Oberaden. Die Länge könnte aber um ein vielfaches der Länge zweier(Symetrie!) Cohortenplätze variieren. Mit jeder Verlängerung um eine Cohortenlänge käme der Platz für 16 Cohorten hinzu. Überzähliger Platz würde wie in Oberaden an den Ecken abgeschnitten.

Genau so ein Gebilde befindet sich direkt auf dem unter Römerverdacht stehenden Hellweg in Geseke in Form der erkennbaren Reste der ehemaligen Stadtmauer. An dieser Stelle macht der Hellweg nach kilometerlangem schnurgeraden Verlauf einen leichten schwenk Richtung Norden. Im Stadtgebiet und direkter Umgebung entpringen zahlreiche Bäche, die sich in die Lippe ergiessen.
Das ist meiner Meinung nach das Winterlager des Tiberius.
Es ist archäologisch zwar nicht fassbar aber dafür über Logik.

Gruss
jchatt
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich bin da jetzt nicht genau informiert, aber wäre es nicht logischer wenn Tiberius für den Markomannenfeldzug einen südlicheren Weg genommen hätte? Also von Mainz aus?
 
Diese These halte ich aus denselben Gründen für anzulehnen, wie die Anreppener These. Um dies aber hier nicht auszuwalzen schlage ich die Öffnung eines Threads vor, etwa: Aufmarschwege des Markommenkrieges.

Wer sich dafür interessiert, kann dann ja ein paar Thesen aufstellen und vielleicht auch ein paar Textstellen versuchen zu deuten.
 
Ich bin da jetzt nicht genau informiert, aber wäre es nicht logischer wenn Tiberius für den Markomannenfeldzug einen südlicheren Weg genommen hätte? Also von Mainz aus?

Die sechs Legionen des Saturninus waren ja nicht so einfach verfügbar. Ursprünglich sollten sie den nördlichen Teil der Germania Magna befrieden und gleichzeitig die Provinz Gallia schützen.
Das Aufmarschgebiet für den Markomannenkrieg wird also möglicherweise
ein Gebiet sein, dass die vorhandenen Versorgungswege der bisherigen Stationierungsgebiete möglichst lange effizient nutzte und gleichzeitig das Suebengebiet bedrohte.

Die scheinbar friedliche Lage in Germanien (Velleius) spiegelt sich nicht in den römischen Truppenstationierungen wieder. Trotz Pannonischem Aufstand werden 5 Legionen in Germanien belassen und die kriegsnotwendigen Truppen aus weiter entfernteren Reichgebieten aquiriert. Also verblieb die stärkste Truppenkonzentration des Imperiums , nach Pannonien, in Germanien. Das sieht nicht gerade nach einer entspannten Situation aus.

Zur Erinnerung: Knapp 30 Jahr vorher wurde dieses Gebiet nur von einer einzigen Legion bewacht.

Gruss
jchatt
 
Ich bin da jetzt nicht genau informiert, aber wäre es nicht logischer wenn Tiberius für den Markomannenfeldzug einen südlicheren Weg genommen hätte? Also von Mainz aus?

Diese These halte ich aus denselben Gründen für anzulehnen, wie die Anreppener These. Um dies aber hier nicht auszuwalzen schlage ich die Öffnung eines Threads vor, etwa: Aufmarschwege des Markommenkrieges.

Wer sich dafür interessiert, kann dann ja ein paar Thesen aufstellen und vielleicht auch ein paar Textstellen versuchen zu deuten.

Meinetwegen gern. Ich glaube nur nicht, dass es dazu viel zu sagen gibt. Also kann man es meiner Ansicht nach auch als Exkurs in der Diskussion über die Lippelager abhandeln. Anreppen liegt an der Lippe, unterscheidet sich aber deutlich von den anderen Lagern: Es zeichnet sich durch gewaltige Lagerkapazitäten aus. Man kann es deshalb als Nachschublager auffassen, von dem aus ein groß angelegter Feldzug versorgt werden sollte.

Gut, formuliere ich mal Thesen:

Anreppen könnte mit dem "Immensum Bellum" in Zusammenhang stehen. Ich zweifle daran aber, weil nur Paterculus berichtet, dass dieser Krieg "immens" gewesen sein soll. Man könnte das als Huldigung für sein Idol Tiberius ansehen. Zudem wäre für die Niederschlagung eines Aufstands in den besetzten germanischen Gebieten ein "zentraler" gelegenes Nachschublager sinnvoller gewesen. Schon Drusus hat sich ja nicht ohne Grund für den Standort Oberaden entschieden.

Was mich auf die Idee bringt, dass Anreppen mit den Markomannen zu tun hat, ist die Zeitstellung des Lagers. Nach meinen Informationen wird Anreppen auf das Jahr 4 datiert. In den Jahren 5/6 sollte der Feldzug gegen die Markomannen starten. Dafür mussten im Vorfeld Aufmarsch- und Versorgungsbasen geschaffen werden. Noch eine Randbemerkung: Der "Immensum Bellum" war offenbar nicht mal so immens, dass er die Vorbereitungen für den Krieg gegen Marbod auch nur verzögert hätte.

Zudem ist der Aufmarsch gegen Marbod nicht nur aus einer Richtung erfolgt. Der Hauptvorstoß sollte von Süden direkt gegen Marbod vorgetragen werden. Dieser Vorstoß musste abgesichert werden, indem man die weiter im Norden wohnenden Stämme, die mit Marbod verbündet oder ihm gar unterworfen waren, militärisch gebunden hat - damit die nicht zur Unterstützung Marbods nach Süden ziehen oder ihrerseits Störangriffe gegen römische Gebiete westlich ihrer Wohngebiete starteten. In erster Linie sind hier die Elbgermanischen Stämme zu nennen. Parallel zu den Aktionen der Hauptstreitmacht mussten also nördlich des zentralen Markomannengebiets römische Angriffe von Westen nach Osten erfolgen. Dafür haben die Römer zwei Basen eingerichtet: Anreppen und Marktbreit. Anreppen in der Verlängerung der Lippe-Linie, Marktbreit in der Verlängerung der Main-Linie. Beide Lager konnten über die Flüsse mit Nachschub versorgt werden. Damit hätten die beiden Lager eine ähnliche Funktion gehabt, wie sie in einer früheren Phase des Krieges den Lagern Vetera und Mainz zukamen: Ausgangspunkt für Vorstöße weiter nach Osten. Und dort war zu diesem Zeitpunkt niemand anderes als Marbod und "seine" Stammesgruppe. Gestützt wird diese These dadurch, dass sowohl Anreppen als auch Marktbreit nur kurze Zeit in Benutzung waren und - vermutlich - zeitgleich mit dem Abbruch des Markomannenkrieges aufgegeben wurden.

MfG
 
Anreppen liegt an der Lippe, unterscheidet sich aber deutlich von den anderen Lagern: Es zeichnet sich durch gewaltige Lagerkapazitäten aus. Man kann es deshalb als Nachschublager auffassen, von dem aus ein groß angelegter Feldzug versorgt werden sollte.

Gut, formuliere ich mal Thesen:

Anreppen könnte mit dem "Immensum Bellum" in Zusammenhang stehen. Ich zweifle daran aber, weil nur Paterculus berichtet, dass dieser Krieg "immens" gewesen sein soll. Man könnte das als Huldigung für sein Idol Tiberius ansehen. Zudem wäre für die Niederschlagung eines Aufstands in den besetzten germanischen Gebieten ein "zentraler" gelegenes Nachschublager sinnvoller gewesen. Schon Drusus hat sich ja nicht ohne Grund für den Standort Oberaden entschieden.

Ich will mal eine Gegenhypothese formulieren: Du hast möglicherweise Recht, wenn Du den immensum bellum als reine Huldigung des Tiberius durch VP siehst. Wie schon oben formuliert, eignet sich Anreppen aufgrund seiner Lage nicht wirklich als Nachschublager, von dem aus längere Feldzüge nach Innergermanien oder gar nach Böhmen unternommen werden sollen, da es am Ende der schiffbaren Lippe liegt, die Quelle ist kaum 20 km weiter östlich.

Wozu also die großen Lagerkapazitäten? Ich behaupte, um Rohstoffe (Holz, Blei) und germanische Produkte (in Form von Handelswaren und Tributen) zu sammeln und mit den Prahmen, die zur Lebensmittelversorgung nach Anreppen kommen an den Rhein zu bringen. Kneblinghausen und damit die Verbindung zu den Bleierzminen bei Brilon lag 30 km südlich von Delbrück. Die Ruhrroute war zum damaligen Zeitpunkt nur bis Mülheim, vielleicht bis Essen schiffbar (sagt Wikipedia, belastbare Quellen habe ich nicht bemüht).
Wir müssen also möglicherweise umdenken, Anreppen war kein Verteilerzentrum sondern eine Sammelstelle.

Auf der anderen Seite kann man auch sagen, dass Anreppen, als weitestes vom Rhein entferntes Großlager vielleicht auch schlicht lang genug Belagerungen standhalten sollte.

Dafür haben die Römer zwei Basen eingerichtet: Anreppen und Marktbreit. Anreppen in der Verlängerung der Lippe-Linie, Marktbreit in der Verlängerung der Main-Linie. Beide Lager konnten über die Flüsse mit Nachschub versorgt werden. Damit hätten die beiden Lager eine ähnliche Funktion gehabt, wie sie in einer früheren Phase des Krieges den Lagern Vetera und Mainz zukamen: Ausgangspunkt für Vorstöße weiter nach Osten. Und dort war zu diesem Zeitpunkt niemand anderes als Marbod und "seine" Stammesgruppe. Gestützt wird diese These dadurch, dass sowohl Anreppen als auch Marktbreit nur kurze Zeit in Benutzung waren und - vermutlich - zeitgleich mit dem Abbruch des Markomannenkrieges aufgegeben wurden.

Zur Versorgung ihrer Legionen brauchten die Römer Flüsse, ansonsten hätten sie Maultiertrosse organisieren müssen, die sie unbeweglich gemacht hätten. Eine Vergleichbarkeit von Anreppen und Marktbreit ist von der Lage her nicht gegeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Versorgung ihrer Legionen brauchten die Römer Flüsse, ansonsten hätten sie Maultiertrosse organisieren müssen, die sie unbeweglich gemacht hätten. Eine Vergleichbarkeit von Anreppen und Marktbreit ist von der Lage her nicht gegeben.

Velleius berichtet für das Jahr 4/5 n.Chr? von der Flotte, die mit reichlich Proviant bestückt aus dem Gebiet der Chauken mit dem Heer des Tiberius an der Elbe zusammentrifft.
Dort hätten wir also eine sogar schriftlich belegte mögliche Versorgungsroute.
Das Sechslegionenheer des Tiberius im Markomannenfeldzug startete von Carnuntum. Von dort fliesst die March ins Markomannengebiet. Zwei Heere die an Elbe und March flussaufwärts gezogen wären, hätten sich also aufeinanderzubewegt.
Anreppen wäre also nur für die Etappe bis zur Elbe wichtig gewesen und
diese Infrastruktur bestand ja schon seit Drusus. (Hedemünden)
Allerdings spricht Velleius ausdrücklich, dass sich Saturninus durch das Gebiet der Chatten kämpfte.
 
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