Die Rolle des Täufers

Ich halte den Katechismus der RKK auf jeden Fall für "offizieller" bzgl. der Position der RKK als einen Wikipedia Artikel.
Einige "Wunder" werden von der RKK auch als Dogma gesehen .. z.B. die jungfräuliche Geburt Marias, Fleischwerdung beim Abendmahl - quasi ein immer wieder stattfindendes "Wunder" in jeder Kirche etc.

"Symbole" findet man eher bei der Evangelischen Kirche - z.B. beim Abendmahl
 
Ohne das Wunder der Auferstehung könnten die Kirchen auch dichtmachen, würden sie daran nicht glauben.
 
Das Dogma der Jungfrauengeburt und der Glaube an die Wiederauferstehung Christi sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Thema des Threads ("Die Rolle des Täufers") sind sie beide nicht. Dennoch erlaube ich mir festzuhalten, dass die Auferstehung natürlich auch für Baptisten und Lutheraner verbindliche Glaubensinhalte sind. Das Christentum ist eine Religion (mit vielen Konfessionen) und keine philosophische Richtung. Wenn man zentrale Glaubensinhalte negiert, kann man nicht mehr Teil der religiösen Gemeinschaft sein, auch dann, wenn man deren Werte teilt. Aber wie gesagt, das ist nicht das Thema dieses Threads.

Die Überschrift des Fadens kann man natürlich in verschiedenen Weisen verstehen: historisch (wie war sein Verhältnis zu Jesus und dessen Anhängern, was voraussetzen würde, dass die Evangelien in allen Punkten oder doch zumindest in allen real erfahrbaren Punkten immer nur die Wahrheit berichteten), soteriologisch (wie ist seine Rolle in der Erlösung der Menschheit zu bemessen? Aber das wäre eine theologische Frage, die von einem Glaubensbekenntnis ausgehen würde und daher hier nicht ihren Diskussionsort findet) und - ich nenne es mal so - metahistorisch, nämlich welche Rolle er für die Evangelisten und die frühe Kirche in ihrem theologischen Gebäude einnahm. Um diese "metahistorische" Fragestellung geht es hier.
 
Um mal wieder zum threadthema zurückzukommen:
Wenn man die Figur und Rolle Johannes des Täufers unter historischen Gesichtspunkten untersuchen will ist die Beschränkung auf christliche Bibeltexte m.E. der falsche Weg, zumal die Bibeltexte ,wie wir wissen ja nicht von Zeitgenossen verfasst wurden.
Man kann die biblischen Texte also höchstens auf ideologische Bestandteile abklopfen um den Sachgehalt herauszufiltern.
Wichtiger ist m.e. die Suche nach zeitgenössischen Texten aus möglichst unterschiedlichen Quellen.

Tatsache ist,daß im Verlauf des 1.Jahrhunderts in Palästina starke ,aus dem Judentum hervorgegangene Täuferbewegung existierte, die neben den Christen auch Sekten wie die Baptisten , Hemerobaptisten ,Masbuthäer,Nazoräer, Elchsaiten und Mandäer/Sabäer umfassten.
Letztere berufen sich auf Johannes den Täufer und in ihrem heiligen Buch, dem Sidra Rabba oder Ginza , heißt es :
„Wenn Johannes in jenem Zeitalter Jerusalems lebt, den Jordan nimmt und die Taufe vollzieht, kommt Jesus Christus, geht in Demut einher, empfängt die Taufe des Johannes und wird durch die Weisheit des Johannes weise. Dann aber verdreht er die Rede des Johannes, verändert die Taufe im Jordan und predigt Frevel und Trug in der Welt. Christus wird die Völker spalten, die zwölf Verführer ziehen in der Welt umher. In jenem Zeitalter bewährt euch, ihr Wahrhaftigen.“

Wenn man diese Darstellung der christlichen gegenüberstellt,so haben wir zwar eine Gemeinsamkeit, nämlich die Taufe Jesu durch Johannes, aber dann eine differierende Interpretation des weiteren Geschehens.
Daraus lässt sich m.E. durchaus ableiten,dass es innerhalb der Täuferbewegung eine Kontroverse und eine Aufspaltung über die Frage gab ,wer der wahre Messias sei, Christus oder Johannes, und wer der Adept.
Da die Mandäer in der weiteren Entwicklung größere gnostische Einflüsse aufweisen als das Christentum könnte es auch darum gegangen sein.
 
Um mal wieder zum threadthema zurückzukommen:
Wenn man die Figur und Rolle Johannes des Täufers unter historischen Gesichtspunkten untersuchen will ist die Beschränkung auf christliche Bibeltexte m.E. der falsche Weg, zumal die Bibeltexte ,wie wir wissen ja nicht von Zeitgenossen verfasst wurden.
Man kann die biblischen Texte also höchstens auf ideologische Bestandteile abklopfen um den Sachgehalt herauszufiltern.
Wichtiger ist m.e. die Suche nach zeitgenössischen Texten aus möglichst unterschiedlichen Quellen.

Tatsache ist,daß im Verlauf des 1.Jahrhunderts in Palästina starke ,aus dem Judentum hervorgegangene Täuferbewegung existierte, die neben den Christen auch Sekten wie die Baptisten , Hemerobaptisten ,Masbuthäer,Nazoräer, Elchsaiten und Mandäer/Sabäer umfassten.
Letztere berufen sich auf Johannes den Täufer und in ihrem heiligen Buch, dem Sidra Rabba oder Ginza , heißt es :
„Wenn Johannes in jenem Zeitalter Jerusalems lebt, den Jordan nimmt und die Taufe vollzieht, kommt Jesus Christus, geht in Demut einher, empfängt die Taufe des Johannes und wird durch die Weisheit des Johannes weise. Dann aber verdreht er die Rede des Johannes, verändert die Taufe im Jordan und predigt Frevel und Trug in der Welt. Christus wird die Völker spalten, die zwölf Verführer ziehen in der Welt umher. In jenem Zeitalter bewährt euch, ihr Wahrhaftigen.“

Wenn man diese Darstellung der christlichen gegenüberstellt,so haben wir zwar eine Gemeinsamkeit, nämlich die Taufe Jesu durch Johannes, aber dann eine differierende Interpretation des weiteren Geschehens.
Daraus lässt sich m.E. durchaus ableiten,dass es innerhalb der Täuferbewegung eine Kontroverse und eine Aufspaltung über die Frage gab ,wer der wahre Messias sei, Christus oder Johannes, und wer der Adept.
Da die Mandäer in der weiteren Entwicklung größere gnostische Einflüsse aufweisen als das Christentum könnte es auch darum gegangen sein.

Die Briefe, zumindest die echten paulinischen, sind zumindest noch einigermaßen zeitgenössisch, auch wen Paulus selbst Jesus nie begegnete. Der Anlass für die Niederlegung der Evangelien dürfte der Tod der Zeitzeugen bzw. der zu erwartende Tod der Zeitzeugen sein. Sie sind also noch einigermaßen zeitnah (so ähnlich, wie heute historische Institute verzweifelt versuchen noch möglichst viele Zeitzeugen zum Thema Nationalsozialismus zu befragen, bevor alle verstorben sind). Die hier angeführte Quelle, das Sidra Rabba ist aber etwa zeitgleich oder noch nach dem Qur'an entstanden. Gerade der Bezug zu Jesus und den zwölf Aposteln in dem angeführten Textausschnitt zeigt, wie wichtig für das Selbstverständnis dieser Religion das Christentum ist. Sie definiert sich geradezu durch die Ablehnung des Christentums.

Auffällig ist auch, dass es einen Abendmahlsritus gibt, der Sonntags gefeiert wird. Scheint also eine ziemlich abnorme Form einer Abspaltung des Christentums zu sein. Abnorm deshalb, weil Christus, obwohl es sich um eine Abspaltung handelt, abgelehnt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass das Sidra Rabba etwa zeitgleich oder kurz nach dem Qur'an entstanden ist ist klar, allerdings geht es auf ältere Überlieferungen zurück .Insoweit würde ich Deine These , es scheine sich um eine Form einer Abspaltung des Christentums zu handeln ,so nicht unterschreiben.Die Frage ist doch ,wer sich von wem abgespalten hat.
Folgt man den übereinstimmenden Überlieferungen beider Religionen, so war die Täuferbewegung des Johannes ja zuerst da und Jesus, war zumindest zeitweise ein Teil von ihr.Das bedeutet,das Christentum hätte sich von dieser Täuferbewegung abgespalten.

Die Divergenz besteht eigentlich nur über die Art und die Umstände der Abspaltung.
Nach mandäischer Version war Jesus ein Abtrünniger ,der seine eigene Bewegung aufmachte, nach christlicher Version war er der legitime Nachfolger des Johannes .
 
Zuletzt bearbeitet:
In der christlichen Überlieferung ist Johannes der letzte Prophet, der Jesu erscheinen ankündigt und ihn schließlich auch noch identifiziert. Zudem soll er ein Verwandter Jesu gewesen sein (ihre Mütter wären der christlichen Überlieferung nach Cousinen).
Das hier gebrachte Zitat ist so deutlich auf das Christentum bezogen, dass man es geradezu als Negativ-Abdruck davon bezeichnen kann. Deshalb mein Hinweis, dass sich diese Gruppe offenbar über die Ablehnung des Christentums definiert. Und Historiker sollten ja immer die Abhängigkeiten der Quellen untereinander interessieren. Diese Quelle hier ist ganz klar abhängig von einer christlichen Tradition.
Zum zweiten habe ich nicht umsonst den Sonntag fett hervorgehoben: Der wichtigste Tag der Woche für die Juden war der Sabbat. Jesus ist zwei Tage vor dem Pascha-Sabbat verhaftet worden (Donnerstag), am Rüsttag (Freitag) wurde er gekreuzigt und starb (1. Tag). Dann soll er nach christlicher Auffassung am 3. Tage (Sonntag!) wieder auferstanden sein, weshalb sich der wichtigste Tag der Woche vom Sabbat auf den Sonntag verschiebt. Und an eben diesem Wochentag feiern auch die Mandäer ihre Liturgie in deren Mittelpunkt eine Abendmahlsfeier steht. Also zwei aus dem Judentum entstandene Gruppierungen, von denen die eine das Christentum als Negativfolie für ihr eigenes Selbstverständnis benutzt, und beide verschieben den Tag, an dem die Arbeit niedergelegt und der für Gott reserviert sein soll auf den Sonntag?!
 
Frage zur Authentizität des Täufer: wo wird Johannes außerhalb der Bibel erwähnt? Ich meine, bei Josephs? Gibt es andere Quellen?
 
Ja, bei Josephus. Der erwähnt, dass Johannes in Machairos, am Ostufer des Toten Meeres gefangen gehalten wurde, eine Info, die christliche Quellen nicht kennen. Antiquitates 18,119.
 
Ja, bei Josephus. Der erwähnt, dass Johannes in Machairos, am Ostufer des Toten Meeres gefangen gehalten wurde, eine Info, die christliche Quellen nicht kennen. Antiquitates 18,119.

Was die Funktion der Taufe betrifft, gibt es eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen den christlichen Quellen (namentlich: Markus) und Josephus.

Markus 1 schrieb:
Johannes der Täufer war in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.
Josephus schrieb:
Die Taufe werde sich als Gott wohlgefällig erweisen nicht als Vergebung begangener Sünden, sondern zur Heiligung des Leibes, da die Seele ja durch Gerechtigkeit schon zuvor gereinigt worden sei.

Ich halte Markus in dieser Frage für glaubwürdiger.
Dass Jesus sich von Johannes taufen ließ "zur Vergebung der Sünden", war für die frühen Christen ja offensichtlich (vgl. Mt 3,14-15) ein Problem.
 
Mir selbst scheint Markus hier nicht vertrauenswürdiger, weil bei ihm wohl ein ganzes Stück Ironie drinsteckt, wie Mk 1,5 andeutet: "Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Leute von Jerusalem und ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden."

Bei Markus lässt sich ja der Gegensatz zwischen dem - vereinfacht gesagt - "bösen" Judäa/Jerusalem und dem "guten" Galiläa finden. Dass nun ausgerechnet nur die ersteren (aus Judäa und Jerusalem) zu Johannes kommen, von diesen aber wiederum "alle" (so auch im griechischen Originaltext), und ihre Sünden bekennen, scheint doch eher als vom Autor beabsichtigte Aussage als historische Tatsache zu sein.

Gleichwohl finde ich das Taufverständnis bei Josephus (nur zur "Heiligung des Leibes") ebenfalls ungewöhnlich, denn jüdischen Traditionen (von Reinigungsriten bis zu Essenern) entspricht das wohl kaum.
 
Mir selbst scheint Markus hier nicht vertrauenswürdiger, weil bei ihm wohl ein ganzes Stück Ironie drinsteckt, wie Mk 1,5 andeutet: "Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Leute von Jerusalem und ließen sich von ihm taufen im Jordan und bekannten ihre Sünden."
Ich bin mir nicht sicher, ob Markus so wörtlich genommen werden will. Solche übertreibenden Floskeln finden wir bei allen Synoptikern an den verschiedensten Stellen. Da erschrickt "ganz Jerusalem", Jesus predigt in "allen Städten und Dörfern", da geht "die ganze Stadt" Jesus entgegen, und die Kunde von einer Heilung verbreitet sich in "ganz Syrien".

Ich denke, Markus will verdeutlichen, dass Johannes einen sehr großen Zulauf hatte. Das scheint ja auch bei Flavius Josephus durch.

Bei Markus lässt sich ja der Gegensatz zwischen dem - vereinfacht gesagt - "bösen" Judäa/Jerusalem und dem "guten" Galiläa finden. Dass nun ausgerechnet nur die ersteren (aus Judäa und Jerusalem) zu Johannes kommen, von diesen aber wiederum "alle" (so auch im griechischen Originaltext), und ihre Sünden bekennen, scheint doch eher als vom Autor beabsichtigte Aussage als historische Tatsache zu sein.
Da bin ich mir auch nicht sicher. Wenig später schreibt Markus ja, dass Jesus eine große Menge folgte, nicht nur aus Galiläa, sondern auch aus Judäa und Jerusalem und anderswoher.


Gleichwohl finde ich das Taufverständnis bei Josephus (nur zur "Heiligung des Leibes") ebenfalls ungewöhnlich, denn jüdischen Traditionen (von Reinigungsriten bis zu Essenern) entspricht das wohl kaum.

Mit "in dieser Frage" meinte ich ganz speziell die Frage nach der Funktion der Taufe, nicht das ganze Johannes-Geschichte mit allem Drum und Dran.
 
Ich bin mir nicht sicher, ob Markus so wörtlich genommen werden will. Solche übertreibenden Floskeln finden wir bei allen Synoptikern an den verschiedensten Stellen. Da erschrickt "ganz Jerusalem", Jesus predigt in "allen Städten und Dörfern", da geht "die ganze Stadt" Jesus entgegen, und die Kunde von einer Heilung verbreitet sich in "ganz Syrien".

Ich denke, Markus will verdeutlichen, dass Johannes einen sehr großen Zulauf hatte. Das scheint ja auch bei Flavius Josephus durch.

Ja, hinsichtlich der Menge muss ich passen. :yes: Galiläa, Judäa und Jerusalem verwendet Markus aber immer ganz bewusst. Diese Begriffe sind bei ihm nie konturenlos.

Da bin ich mir auch nicht sicher. Wenig später schreibt Markus ja, dass Jesus eine große Menge folgte, nicht nur aus Galiläa, sondern auch aus Judäa und Jerusalem und anderswoher.

Die Luther bringt für Mk 3,7f: "Aber Jesus entwich mit seinen Jüngern an den See und eine große Menge aus Galiläa folgte ihm; auch aus Judäa und Jerusalem, aus Idumäa ... und Sidon kam eine große Menge zu ihm, die von seinen Taten gehört hatte."

Markus verwendet hier für "folgte" ἠκολούθησεν (êkolouthêsen) wie an den zentralen Nachfolge-Stellen in Mk 8,34 (Von der Nachfolge) und in Mk 10,28 (Lohn der Nachfolge), also im streng-theologischen Sinn, für "kam" ἦλθον (êlthon), ein gewöhnliches Kommen. Daher ist zwischen dem "Nachfolgen" der Galiläer und dem "Zu-ihm-kommen" der Judäer, der Jerusalemer usw. meines Erachtens ein großer Unterschied. (Lustigerweise gibts in Mk 3,7f ein ziemliches Kuddelmuddel, was den griechischen Grundtext anbelangt, die Luther bringt aber die Hauptlesart, u.a. Codex Vaticanus und Alexandrinus; im Siniaticus und Ephraemi "folgen" Galiläer und Judäer, nur die anderen "kommen", Bezae hat gar kein "folgen", da kommen auch die Galiläer. - Apropos: Bitte nicht denken, ich könnte altgriechisch, ich puzzle mir das nur mit nem Haufen Übersetzungshilfen zusammen ;))

Mit "in dieser Frage" meinte ich ganz speziell die Frage nach der Funktion der Taufe, nicht das ganze Johannes-Geschichte mit allem Drum und Dran.

So hatte ich das auch verstanden und meinte, darauf geantwortet zu haben. Wo liegt unser Missverständnis?
 
Ich möchte meine These noch ein wenig schärfer fassen:

Johannes der Täufer: Manche der Erzählungen über den Täufer ergeben m.E. nur in zwei Fällen Sinn: Entweder sie stimmen :S oder aber Johannes der Täufer hatte noch Anhänger, die man von der Wahrheit des Christentums überzeugen wollte.

Wir können natürlich hingehen und dem Evangelientext in seinen Einzelheiten (die Wunder mal außen vor gelassen) Glauben schenken. Demnach wäre Johannes der Cousin (2. Grades) Jesu gewesen, Jesus hätte sich im Jordan von Johannes taufen lassen und ihn sogar vor seiner Hinrichtung - laut Josephus in Machairos, auf der Ostseite des Toten Meeres - im Gefängnis besucht.
Kann man alles glauben, muss man aber nicht. Als Historiker frage ich mich, warum ein Konkurrent Jesu so eine prominente Stellung in den Evangelien einnimmt, also nach dem Grund der Narration.
Wir "wissen" von der Verwandtschaft der beiden, wir "wissen" von der Taufe im Jordan, wir "wissen" davon, dass einige der Apostel zunächst Jünger des Täufers waren, von Jesus quasi abgeworben wurden; wir "wissen", dass Jesus seine Jünger fragte, für wen ihn die Leute hielten und er zur Antwort erhielt "einige halten dich für Elias, andere für Johannes den Täufer".
Wenn ich das zusammennehme, dann komme ich zu dem - freilich rein hypothetischen - Schluss, dass in den ersten Jahrzehnten nach dem Tod der beiden, eine gewisse Konkurrenz zwischen zwei messianischen Bewegungen bestanden hat und es Anliegen der stärkeren dieser beiden messianischen Bewegungen war, für die übrigen Anhänger der schwächeren der beiden messianischen Bewegungen sinnstiftend eine Brücke zu bauen, ihnen quasi zu sagen: Ihr seid schon dem richtigen gefolgt, aber er war halt nur ein Prophet, der den eigentlichen Messias angekündigt hat.

Wenn man es ganz genau nimmt, dann ist es doch verwunderlich, dass Jesus sich von Johannes hat taufen lassen. Wenn der Narrativ nicht ganz von den Evangelisten erfunden wurde, dann muss man doch fragen, warum sie ihn so gestalteten, wie sie ihn gestalteten. Sie gestalten ihn so, dass Johannes seinen Jüngern predigt, dass nach ihm einer kommen werde, der größer sei als er. Als Jesus dann zu ihm kommt, sich taufen zu lassen, stellt er fest, dass er (Johannes) es nicht wert sei, ihm (Jesus) die Schuhe zu schnüren. Mir kommt das fast so vor, als hätten die Evangelisten ihren Narrativ hier so gestaltet, um Jesus aus einem eigentlichen Schüler des Johannes den Messias zu machen, denn eigentlich ergibt es ja keinen Sinn, dass Johannes Jesus tauft, wenn nicht den, dass Jesus ursprünglich ein Jünger des Johanes war. Da gab es Erklärungsbedarf, der in der Gestaltung des Narrativs endete.
 
Es gibt eine Erzählung aus der Apostelgeschichte, die El Quijotes These stützt. Paulus begegnet hier in der Nähe von Ephesus einigen Johannesjüngern (Apg 19, 1ff.): Zu denen sprach er: Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie sprachen zu ihm: Wir haben noch nie gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt. Und er fragte sie: Worauf seid ihr denn getauft? Sie antworteten: Auf die Taufe des Johannes. Paulus aber sprach: Johannes hat getauft mit der Taufe der Buße und dem Volk gesagt, sie sollten an den glauben, der nach ihm kommen werde, nämlich an Jesus. Als sie das hörten, ließen sie sich taufen auf den Namen des Herrn Jesus. Und als Paulus die Hände auf sie legte, kam der Heilige Geist auf sie und sie redeten in Zungen und weissagten.

Offensichtlich gab es also zur Zeit von Paulus‘ Wirken oder der Abfassung der Apg noch Johannesjünger im Umfeld christlicher Gemeinden, die eigene Glaubensgemeinschaften bildeten und auf die sich missionarische Bestrebungen der Christen richteten.
 
Nein, wiederherstellbar gelöscht.

Womit ich kein Problem habe. Ich denke aber, dass einer meiner gelöschten Posts nur zufällig von der Löschung betroffen war, und bin so frei, ihn deutlich erweitert noch einmal zu platzieren.

Zur Rolle des Täufers in textnaher Deutung:

Eine wichtige Funktion ist im JohEv seine Zeugenschaft der Göttlichkeit des Jesus. Das ergibt sich den zwei Stellen Joh 1,7 f. und 1,19 f.:

6 Gott schickte einen Boten, einen Mann, der Johannes hieß.
7 Er sollte die Menschen auf das Licht hinweisen, damit alle durch seine Botschaft an den glauben, der das Licht ist.
8 Johannes selbst war nicht das Licht. Er sollte die Menschen nur auf das kommende Licht vorbereiten.
Die wichtigste Funktion ist die Rolle des Täufers als wiedergekehrter Prophet Elia, die in den synoptischen Evangelien bejaht, im Johannesevangelium aber, um die besondere Stellung des Christus herauszuheben, durch Selbstaussage des Täufers verneint wird. Die Bedeutung der Identifizierung des Täufers mit Elia ergibt sich aus der im damaligen Judentum weitverbreiteten Vorstellung (zurückgehend auf Maleachi 3), dass der Ankunft des Messias die Wiederkehr des Elia unbedingt vorausgehe. Die Identifizierung des Täufers mit Elia – gleich ob von historischen Akteuren oder den Synoptikern vorgenommen – war also notwendiger Bestandteil des Kerygmas.

Im Mt wird diese Rolle als faktisch anerkannt. In Mt 17,10 f. gibt Jesus zu verstehen, dass Elia mit dem Täufer identisch ist. Auch in Mt 11,14 bezeichnet Jesus den Täufer als Elia. Anders als bei Joh, wo der Täufer Jesus bezeugt, wird bei Mt somit der Täufer durch Jesus bezeugt. Auch in Lk 1,17 wird der Täufer als Elias identifiziert, allerdings aus dem Mund eines Engels noch vor der Geburt des Täufers. In Joh wird dem Täufer durch eine Selbstaussage (1,21 "Bist du vielleicht Elia?" Johannes verneinte auch das.) die Elia-Identität bestritten. Mk beschreibt die Verhältnisse am kompliziertesten. In Maleachi 3,1 heißt es über die Wiederkehr des Elias aus Jahwes Mund:

Siehe, ich will meinen Boten senden, der vor mir her den Weg bereiten soll.
Diesen Satz hat Mk in Mk 1,2 als Hinweis auf den Täufer adaptiert. Mk 1,6 beschreibt das Outfit des Täufers offensichtlich in Anlehnung an 2 Kön 1,8, das auf das Äußere von Elia eingeht.

Interessant ist eine gewisse Parallelität zwischen dem Täufer-Narrativ und der Isebel-Elia-Episode ab 1 Kön 18 ff. Sie wird u.a. von Ernst Lohmeyer, „Das Evangelium des Markus“/ Eduard Schweizer, „Das Evangelium nach Markus“ / Rudolf Pesch, „Das Markusevangelium“ gesehen, ist in der Fachliteratur aber nicht unumstritten. Eine Bezugnahme, ja Abhängigkeit des Mk-Autors zum Buch Esther kann bezüglich des Versprechens des Königs an Herodias´ Tochter mit absoluter Sicherheit angenommen werden:

Buch Esther 5:
5 Der König sprach: Eilet, dass Haman tue, was Esther gesagt hat! Da nun der König und Haman zu dem Mahl kamen, das Esther zugerichtet hatte, 6 sprach der König zu Esther, da er Wein getrunken hatte: Was bittest du, Esther? Es soll dir gegeben werden. Und was forderst du? Auch die Hälfte des Königreichs, es soll geschehen.
Zum Vergleich Mk 6:

22 Da trat hinein die Tochter der Herodias und tanzte, und gefiel wohl dem Herodes und denen, die am Tisch saßen. Da sprach der König zu dem Mägdlein: Bitte von mir, was du willst, ich will dir's geben. 23 Und er schwur ihr einen Eid: Was du wirst von mir bitten, will ich dir geben, bis an die Hälfte meines Königreiches.
Insofern sind Zweifel an der Historizität des kompletten Schüssel-Kopf-Szenarios durchaus berechtigt. Abgesehen vom eindeutigen Bezug zum Estherbuch ist es auch kaum vorstellbar, dass ein von Rom abhängiger Herodes öffentlich ein solches Versprechen nur wegen eines Tanzes gegeben hat, betrunken oder nicht.

Wie auch immer: Man kann eine Parallele zwischen dem auf Herodias zurückgeführten Enthauptungsmotiv bei Mk und der Bedrohung des Elia durch die polytheistische Gattin des Ahab, Isebel, sehen, die wegen der Tötung von Baalspriestern durch das ´Schwert´ des Elia schlecht auf den Propheten zu sprechen ist (1 Kön 19,2):

Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du diesen getan hast!
Der Baalskult war laut 1 Kön von Isebel selbst im Königreich eingeführt worden. Wie erkennbar, gibt Isebel dem Propheten aber eine Chance, sein Leben zu retten und zu entkommen, die er angsterfüllt (19,3) auch nützt. Alles spricht dafür, dass "morgen um diese Zeit" Elia mit einem Schwert enthauptet würde, falls er bliebe. Die Analogie besteht hier zwischen Elia-Täufer, Isebel-Herodias und Ahab-Herodes. Aus neutraler Sicht steht Isebel hier zwar moralisch integer da, hat in der christlichen Interpretation allerdings wegen ihres polytheistischen Einflusses auf Ahab einen negativen Stellenwert ähnlich wie Herodias als Feindin des Täufers. Was Herodias vom Täufer zur Last gelegt wurde, nämlich inzestuöse Ehe mit einem Onkel, stand in jüdischen Augen stellvertretend für Polytheismus, also die ´Sünde´ der Isebel. Präzisiert ist die Analogie also wie folgt:

Elia / Täufer: ersterer attackiert den Polytheismus, letzterer eine polytheistische Praxis

Herodias / Isebel: erstere schlägt mit dem Schwert zurück, letztere droht das an

Ahab / Herodes: beide sind von ihren Frauen ´negativ´ beeinflusst

Ein Kontext zwischen Elia und dem Täufer wurde u.a. von Origenes, Gregor von Nyssa, Ambrosius und Joachim von Fiorie gesehen, weil in 1 Kön 18,34 f. Elia drei Mal Wasser über einem Altar ausgießt, woraufhin im Zuge eiens Gottesgerichts Feuer vom Himmel fällt, was an das dreimalige Ausgießen von Wasser bei der christlichen Taufe erinnert. In Mt 3,11 ist dann auch von der Taufe "mit Feuer" durch Jesus die Rede, wobei der ´Heilige Geist´ mit Feuer parallelisiert wird:

Ich taufe euch nur mit Wasser (zum Zeichen) der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
 
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