Die Rolle Polens auf dem Weg zum II. Weltkrieg

Aber im Ergebnis: wäre der befohlene Angriff tatsächlich am 26.8.1939 erfolgt (die deutsche Mobilisierung lief natürlich bereits Tage vorher), hätte er Polen vor der Mobilisierung getroffen. Das hätte natürlich am Ergebnis nichts geändert, ist aber für die Beurteilung des Ablaufs nicht unwesentlich.
das würde aber nur diese sogenannte letzte "Teilmobilmachung" betreffen, aber die vorangegangene Mobilmachung als Antwort auf die Querelen Danzig, Hetze Hitlers etc. ist doch fast wichtiger, da sie m.M.n. nur auf Infos Englands beruhen kann. Auch wenn die letzte Mobilmachung gebremst wurde... war doch eher eine symbolische Bremse, denn normal denkenden Menschen war doch klar, dass alles auf Krieg hinauslief.
 
...aber die vorangegangene Mobilmachung als Antwort auf die Querelen Danzig, Hetze Hitlers etc. ist doch fast wichtiger, da sie m.M.n. nur auf Infos Englands beruhen kann.

Die März-Vorgänge beruhen durchaus auf polnischen Informationen.

Die Abläufe wurden mW erstmals eingehend bei Denne, Ludwig: Das Danzig-Problem in der deutschen Außenpolitik 1933-39, 1956, dargestellt. Denne standen damals noch nicht die ADAP-Veröffentlichungen zur Verfügung, er griff direkt auf die AA-Akten zu.
 
Die März-Vorgänge beruhen durchaus auf polnischen Informationen.

Die Abläufe wurden mW erstmals eingehend bei Denne, Ludwig: Das Danzig-Problem in der deutschen Außenpolitik 1933-39, 1956, dargestellt. Denne standen damals noch nicht die ADAP-Veröffentlichungen zur Verfügung, er griff direkt auf die AA-Akten zu.


Der polnische Geheimdienst hat anscheinend sehr zuverlässige und umfassende Informationen gehabt. (hat nach dem Oktober 39 zu etlichen Todesurteilen im DR geführt)
Um so mehr erstaunt, mit welcher Ignoranz die Armee aufgestellt und geführt wurde.
Den Russen ist es 1914 jedenfalls nicht im Traum eingefallen, sich westlich der Weichsel beidseitig umfassen zu lassen.
 
Der polnische Geheimdienst hat anscheinend sehr zuverlässige und umfassende Informationen gehabt. (hat nach dem Oktober 39 zu etlichen Todesurteilen im DR geführt)
Um so mehr erstaunt, mit welcher Ignoranz die Armee aufgestellt und geführt wurde.
Den Russen ist es 1914 jedenfalls nicht im Traum eingefallen, sich westlich der Weichsel beidseitig umfassen zu lassen.

1. Die polnische Aufklärung hatte ein relativ korrektes Bild des deutschen Aufmarsches 1939. Die Umfassung der polnischen Streitkräfte von 3 Seiten legt die Vermutung nahe, dass Polen 39 militärisch nicht durch Polen alleine zu verteidigen war.

2. Polen verfügte über keine Tiefenrüstung, die einen längeren Konflikt ermöglicht hätte.

3. Der Aufmarsch der RA war wohl nicht korrekt aufgeklärt worden und Polen wurde wohl mehr oder minder überrascht.

4. Französiche Militärs, die 1939 in Polen waren, äußerten sich sehr negativ über den Zustand der polnischen Armee.

5. Im WW2 war der Überfallene durchweg miserabel disloziert. Polen 39, Frankreich 40, Jugoslawien 41 und die SU 41 hatten die schlechtetes Dislozierung gewählt, die man gegen die WM nutzen konnte.

Ähnliches gilt aber auch für den pazifischen Bereich und betrifft die USA, GB etc..
 
Ich denke mal, die Frage bezieht sich auf die Äußerung von Frau Steinbach. Mal ganz abgesehen davon, ob man diese Frau mag oder nicht, ich mag sie nicht, finde ich es einen schlechten Stil, daß man aus einem Meeting lediglich einen Satz oder Halbsatz nach außen transpotiert. Egal wie richtig oder falsch diese Aussage war, stand sie doch bestimmt in einem Kontext. Wenn man jetzt noch die Äußerung gegen Bartoszewski betrachtet, dann vermute ich mal, daß im Hickhack um das Vertriebenenmuseum, die Nerven von Frau Steinbach blank lagen, zumal es so weit ich es sehen kann. in ihrer Partei und bei unserer Frau Außenminister gehörige Ressantiments gegen sie gab.

Jetzt aber zur Aussage selbst. Die Aussage ist faktisch richtig, Polen hat am 26.März eine Teilmobilisierung durchgeführt. In welchem zusammenhang sie steht ist fraglich, einige sehen sie in Zusammenhang mit dem Einmarsch in die Rest-Tschechei. Das spielte meiner Meinung nach mit hinein. Ausschlag geben war aber wohl eher, daß Polen die Gespräche über danzig und den Korridor abbrach.

Soviel zum reinen Fakt. Wenn damit aber suggeriert werden soll, daß durch die Teilmobilisierung Polen den Startschuß zum deutschen Einmarsch gab, dann ist das natürlich absolut falsch. Hitler wollte den Krieg. Es ist nicht einmal gesagt, daß er ihn nicht durchgeführt hätte, wenn Polen allen Forderungen entsprochen hätte. Polen trägt deshalb am Ausbruch des Krieges keine Schuld.

Von einigen werden immer wieder die Diskriminierungen der deutschstämmigen Bevölkerung als Begründung hergenommen. Dies spielte für Hitler keine Rolle. Als er mit Polen Ruhe wollte, waren Pressemitteilungen zensiert. Für Hitlers Krieg spielen sie keine Rolle

Dies gilt aber nicht so generell für die deutsche Bevölkerung. Die Geschichte Polens nach 1918 ist durchzogen von Gewalt und Diktatur, sie unterscheidet somit nicht wesentlich von der Deutschlands bis 1939. So gab es bis 1921 immer noch Kämpfe im Osten Deutschlands. Sämtliche Minderheiten, aber auch die polnische Opposition wurde drangsaliert. Die Greuelmeldung und polnischen Aggressionen, die dann von den Nazis zu Propagandazwecken gestreut wurden, fielen daher, obwohl keine Kriegsfreude aufgekommen war, auf fruchtbaren Boden.

Der Grund warum Polen militärisch unterlag, war meiner Meinung nach grenzenlose Überschätzung der eigenen Kräfte. In Polen träumte man immer noch vom Großreich Polen-Litauen und von der Hegemonialstellung im Osten. Diese Aggressivität zeigte sich schon 1933, als Polen in Frankreich nachfragte, ob es eine Besetzung Oberschlesiens, Danzigs und Ostpreußen, im Stile der Besetzung des Rheinlandes hinnehmen wollte. Dies zeigt sich auch daran, daß Polen gemeinsam mit Hitler teile der Tschechei annektierte. Als nun Frankreich und England ihre Unterstützung zusagten, fühlte man sich sicher. Ich erinnere nur an die Aussage von Reich-Ranicki im Spiegel: Wir freuten uns auf den Krieg, denn wir waren uns sicher, daß wir gewinnen würden.
 
Poltische und Strategische Lage 39...

Jetzt aber zur Aussage selbst. Die Aussage ist faktisch richtig, Polen hat am 26.März eine Teilmobilisierung durchgeführt. In welchem zusammenhang sie steht ist fraglich, einige sehen sie in Zusammenhang mit dem Einmarsch in die Rest-Tschechei. Das spielte meiner Meinung nach mit hinein. Ausschlag geben war aber wohl eher, daß Polen die Gespräche über danzig und den Korridor abbrach.

Das ist insofern interessant als die Zerschlagung und Okkupation der Tschechoslowakei in einigen Veröffentlichungen als Initial für die Teilmobilmachung aufgelistet wird. An der war aber Polen, wie Sie richtig erwähnen, selbst beteiligt, wobei Polen keine irgendwie geartete diplomatische Akzeptanz für die Expansion suchte, sondern die günstige Gelegenheit militärisch wahrnahm. Das wird auch in dem Artikel der FAZ belegt.

Winston Churchill kritisierte am 5. Oktober 38 im Unterhaus die polnische 'Komplizenschaft mit Hitlerdeutschland' gegen die Tschechoslowakei. Ais genereller machtpolitischer Perspektive fürchtete man in London eine Annäherung der Staaten Osteuropas an Deutschland.
 
Das trifft es wohl ziemlich.

Die polnische Staatsführung 1918-1939 stand dem Pazifismus so fern wie ein Kampfhund.
Das Verhalten den Minderheiten gegenüber unter aller Sau.

Aber im August 1939 hätten sie machen können, was auch immer sie wollten, Hitler wollte den Krieg.
Vieles drum herum ist durchaus richtig und wahr. Letztlich aber lediglich Kulissenschieberei.
 
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Das ist insofern interessant als die Zerschlagung und Okkupation der Tschechoslowakei in einigen Veröffentlichungen als Initial für die Teilmobilmachung aufgelistet wird. An der war aber Polen, wie Sie richtig erwähnen, selbst beteiligt, ...

Nicht ganz. Man muß dabei wohl auch zwischen Tschechoslowakei (an deren teilweiser Annektion sich Polen 1938 mit der Hälfte der Stadt Teschen tatsächlich beteiligte) und "Rest-Tschechei" unterscheiden, wie sie nach dem Münchener Abkommen bestand. Wenn in diesem Zusammenhang vom Anlaß für die Mobilmachung gesprochen wird, ist der Einmarsch in ebendiese Rest-Tschechei 1939 gemeint.

(Nicht ganz uninteressant ist in diesem Zusammenhang allerdings auch, daß die Tschechei gerade erst 1919 in Teschen einmarschiert war.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Nicht ganz. Man muß dabei wohl auch zwischen Tschechoslowakei (an deren teilweiser Annektion sich Polen 1938 mit der Hälfte der Stadt Teschen tatsächlich beteiligte) und "Rest-Tschechei" unterscheiden, wie sie nach dem Münchener Abkommen bestand. Wenn in diesem Zusammenhang vom Anlaß für die Mobilmachung gesprochen wird, ist der Einmarsch in ebendiese Rest-Tschechei 1939 gemeint.

Diese Differenzierung ist faktisch richtig, aber als Gesamtprozess über 6 Momate zu sehen. Deshalb schrieb ich auch von der 'Zerschlagung und Okkupation der Tschechoslowakei ', die über die Festlegungen des Münchener Abkommens weit hinausging.

Es wäre aber in der Bewertung bigott, wenn man hieraus eine politisch-moralische Rechtfertigung für die polnische Teilmobilmachung im März 1939 ableiten würde. Denn zum einen okkupierte das polnische Militär die Gebiete schon 1938 ohne Bemühen um internationale Abkommen, die neue Qualität der Hitlerischen Expansion erst im März 1939. Zum anderen betraf die Annexion des westlichen Teils des ehem. Herzogtums Teschen nicht nur eine Halbstadt, sondern wichtige Kohleminen im Umland, die aus Ressourcenperspektive strategische Bedeutung hatten.


Das zentrale Moment ist ohnehin aus der Gesamtperspektive ein anderes.
Diese Teilmobilmachung war eben militärisch völlig zweitrangig, aber als politisches Signal brisant und deutlich. Sie war der Wendepunkt der gesamten Entwicklung in den deutsch-polnischen Beziehungen. Das lief analog zur nun vorangetriebenen Aufstellung des ‚Plans West’ als militärstrategischer Grundlage eines Kriegs im Westen Polens im selben März 1939, den es zuvor nur für die Ostgrenze Polens als ‚Plan Ost’ gab. So lehnte Beck am 26. März die von Ribbentrop noch einmal vorgebrachte "Generalbereinigung" der deutschen Ansprüche definitiv ab.

Bis zum März 39 war die polnische Führung immer von einem Angriff aus dem Osten ausgegangen, für den man den Plan Wschod (Plan Ost, letzte Fassung Februar 1939) ausgearbeitet hatte. Der Plan basierte auf dem sicheren Postulat von Pilsudski, der bis seinen Tod 1935 davon ausging, dass der Krieg vom Osten kommen würde.
 
Es wäre aber in der Bewertung bigott, ...

Nun, ich werde mich nicht dazu hinreißen lassen, hier irgendeine Bewertung vorzunehmen. Was zählt, sind einzig und allein geschichtliche Fakten (wie z.B. der tschechische Einmarsch von 1919). Anderenfalls findet man sich ganz schnell in politischen Diskussionen wieder, und diese sind hierzuforum bekanntlich unerwünscht.
 
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@vitruv:

Der wesentliche Punkt ist, dass nach dem Münchener Abkommen ein Status Quo erreicht war, der durch die Zerschlagung der Rest-Tschechei von Hitler durchbrochen wurde.

Weiterhin ist der Schwenk der Polenpolitik bemerkenswert - auch das wurde bereits angesprochen - der sich seit Januar, dann am 21.3.1939 von Hitler und Ribbentrop vollzogen wurde. Polen reagierte weder auf die Avancen, als Vasall des Deutschen Reiches die Raumpolitik im Osten zu begleiten, noch auf die Forderungen des Deutschen Reiches.

Das Mitmachen Polens bzgl. Teschener Gebiet ist - genau wie das Mitmachen Ungarn bei den Annexionen - steht dabei auf einem anderen Blatt, und ist übrigens deutscherseits gefordert und befördert worden.

Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass es nicht allein die Zerschlagung der Rest-Tschechei war, die Polen beunruhigte, sondern im Kontext weiterhin der oben angesprochene deutsche Schwenk in den Forderungen sowie ebenso wichtig die Unterwerfung der Slowakei unter den deutschen Machtbereich. Das wird gern übersehen: Das Ausgreifen des deutschen Machtbereichs bis in die Slowakei - nach dem 1.9. durch hier in der Slowakei durchziehende deutsche Truppenverbände nach Lemberg und durch die Beteiligung slowakischer Verbände am Einmarsch in Polen als konkrete Gefahr bestätigt - vollendete die Umfassung des polnischen Gebietes in den Aufmarschräumen.

Es war Mitte März 1939 der Bruch des Status Quo vom Oktober 1938, der die Situation völlig veränderte und der übrigens von Hitler bereits wenige Tage nach dem Einmarsch in den Sudetengebieten angeordnet worden war. Was sich Polen zuvor an Gebieten mit Billigung anderer Nationen aneignete, ist nachrangig. Ebenso unwichtig ist für den Fortschritt der Krisis im März 1939 die - sicher berechtigte - polnische Weigerung vom September 1938, als Durchmarschgebiet für die Rote Armee dienen zu wollen. Die moralische Bewertung ist sicher eine separate Durchleuchtung wert (und wäre - wie Ostpreuße schon angedeutet hat, auch weiter in den polnisch-tschecheslowakischen Beziehungen zurückzuführen).

Nach der deutschen Eskalation in den Polenverhandlungen, der Besetzung von Prag und der Unterwerfung der Slowakei war die Teilmobilmachung reaktiv, und im Übrigen lediglich gegen die gefürchtete, handstreichartige Besetzung des Korridors und Eingliederung von Danzig in den nördlichen Landesteilen gerichtet.

Rational Denkende in der deutschen Führung hätten damit seit März 1939 begreifen müssen (zumal nun auch die britisch-französische Garantie abgegeben wurde), dass eine weitere Veränderung des völkerrechtlichen Status Quo unmittelbar zum Krieg führen mußten bzw. ein erneuter militärischer Coup wie im Fall Prag den Europäischen Krieg bedeutet.

Interessant ist übrigens, dass die Wirkung der polnischen Teil-Mobilmachung bislang nicht problematisiert wurde.

1. Wie Gandolf vor Jahren richtig festgestellt hat, ist die Teilmobilmachung völkerrechtlich völlig unbeachtlich.
http://www.geschichtsforum.de/112729-post30.html
Entgegen anderslautenden Gerüchten ist eine Mobilmachung, wenn sie nur auf dem eigenen Staatsgebiet stattfindet, kein aggressiver Akt, der einen Präventivkrieg rechtfertigen würde. Das entschied der Völkerbund im Konflikt zwischen Italien und Äthiopien (1935). Damals haben die Äthiopier in Erwartung des italienischen Angriffs mobil gemacht und die Italiner ihren Angriff mit der Mobilmachung Äthiopiens zu rechtfertigen versucht.

2. Gibt es nicht den Hinweis darauf, dass sich die Führung des Deutschen Reichs - mit einer stehenden Armee im doppelten Umfang der polnischen - hiervon bedroht oder belästigt fühlte.

3. Interessanterweise wurden bei den diversen zeitlichen Rückgriffen bislang die aggressiven Aspekte der Weimarer Revisionspolitik seit Rapallo, die im Zuge der polnischen Unterdrückung/Ausweisungen und der Emigration der Volksdeutschen aus taktischen Gründen zurückgeschraubt wurden (zwecks Aufrechterhaltung der territorialen Revisionsansprüche), nicht erwähnt. Es wird häufig übersehen, dass Hitler hier in einer Kontinuität stand, die er lediglich für einen gewissen Zeitraum und zugunsten temporär höherstehender Ziele (Aufrüstung/Rheinland/Östereich/Sudenten/Tschechei) unterbrochen hatte.
 
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2. Gibt es nicht den Hinweis darauf, dass sich die Führung des Deutschen Reichs - mit einer stehenden Armee im doppelten Umfang der polnischen - hiervon bedroht oder belästigt fühlte.

Der Einmarsch in die Rest-Tschechei erfolgte übrigens in Friedensgliederung - also ohne jede Mobilmachung (HGr. 3 Dresden und HGr. 5 Wien).
 
Das habe ich weder gesagt noch gemeint. Die Kav. hatte seinerzeit durchaus noch ihre Berechtigung. So war sie beispielsweise in Punkto Marschgeschwindigkeit der Infanterie haushoch überlegen. Auch war schwieriges Gelände für sie nicht wirklich ein Problem. Und für's Gefecht wurde - auch da hast Du Recht - abgesessen.

Und trotzdem fiel sie der zunehmenden Motorisierung zum Opfer und wurde im Verlauf des Krieges abgeschafft...

Das Thema hatten wir hier schon einmal in einer anderen Diskussion. Die Sowjets haben Kavallerie sehr erfolgreich bis Kriegsende eingesetzt. Die deutsche Wehrmacht hatte Kavallerieeinheiten zu Beginn des Krieges, löste diese später auf um die Pferde an die Artillerie abzutreten, und reorganisierte sie 1944 erneut unter dem Eindruck der sowjetischen Kavallerieeinsätze.

Hier zu lesen, vor allem ab Beitrag 45:

http://www.geschichtsforum.de/f76/kavallerie-einheiten-der-neuzeit-5553/index3.html
 
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Die Geschichte Polens nach 1918 ist durchzogen von Gewalt und Diktatur, sie unterscheidet somit nicht wesentlich von der Deutschlands bis 1939.
Diese These schließt beinahe nahtlos an das an, was unter der Überschrift http://www.geschichtsforum.de/f56/faschistische-bewegungen-polen-32217/ vor einigen Monaten diskutiert wurde: Dort wurde der Versuch gemacht, die Wirkmächtigkeit einer die polnische Politik prägenden Faschismus-Variante nachzuweisen, und hier wird die Differenz zu Deutschland für "nicht wesentlich" erklärt.

Ich habe dazu eine Meinung, beabsichtige aber nicht, die frühere Diskussion hier fortzusetzen, zumal nicht anhand eines so schwierigen Topos wie Wesen/wesentlich. Gleichwohl drängt sich die quasi diskursanalytische Frage auf:
  • Welche Funktion hat die eingangs zitierte These für die Diskussion des Themas "Weg zum II. Weltkrieg"?
Oder anders gefragt:

  • Ist Polens "Rolle" - bzw. die "Rationalität" seiner politisch Verantwortlichen - unterschiedlich zu bewerten, je nachdem, ob dieser Staat ein (proto-)faschistischer war oder nicht?
 
Motive und Perspektiven...

@vitruv:

Der wesentliche Punkt ist, dass nach dem Münchener Abkommen ein Status Quo erreicht war, der durch die Zerschlagung der Rest-Tschechei von Hitler durchbrochen wurde.

Weiterhin ist der Schwenk der Polenpolitik bemerkenswert - auch das wurde bereits angesprochen - der sich seit Januar, dann am 21.3.1939 von Hitler und Ribbentrop vollzogen wurde. Polen reagierte weder auf die Avancen, als Vasall des Deutschen Reiches die Raumpolitik im Osten zu begleiten, noch auf die Forderungen des Deutschen Reiches.

Das ist gut vorgetragen, nur wer liefert die Definition des ‚Status Quo’. Das ist viel zu apologetisch. Denn wie Sie schon richtig schreiben, war die Lösung der Frage des ‚Korridors’ ein zentrales Ziel der deutschen Außenpolitk seit 1919 gewesen. Wer Verständnis für einen polnischen Zugang zu einem Hafen hat, dem müsste auch klar sein, dass die ostpreußische Exklave mittelfristig ohne gesicherten Landzugang nicht entwicklungsfähig war.

Warschau hatte seit Anfang der Zwanziger Jahren alles daran gesetzt und unter enormer Kraftanstrengung ein kleines Fischerdorf an der Ostsee zu einem Export-Hafen auszubauen, der 1939 ca. 30.000 Einwohner zählte- Gdingen. Ob Polen Vasall geworden wäre, oder eben nur über einen Vertrag (Beitritt Antikominternpakt) die zahlreichen Parallelen in den deutsch-polnischen Interessen abgesichert hätte, ist eine offene Frage.

Denn wie gezeigt war die gesamte polnische strategische Planung basierend auf dem Postulat Pilsudskis aufgebaut, der den Versuch einer Grenzrevision im Osten erwartete. Hier hatte die Warschauer Militärjunta enorme Anstrengungen unternommen, die Gebiete zu polnisieren. Die Erfolge trotz einer starken ukrainischen Untergrundtätigkeit waren beindruckend: Es gelang in knapp 20 Jahren den polnischen Anteil an der Gesamtbevölkerung von 25% auf ca.39% zu erhöhen. Dies ist mit einem weiteren großen infrastrukturellen und ökonomischen Aufwand verbunden gewesen, die Repression gegen die ukrainische Mehrheit in den Gebieten eingeschlossen.

Doch was lieferte das Initial für die Teilmobilmachung März 1939, die politisch ein starkes Signal der Abgrenzung und der beginnenden Eskalation war? Klaus Wiegrefe hat Polen einen ‚Juniorpartner’ der Hitlerschen Expansion genannt. Das galt eben bis zu jenem März 39. Die neue Qualität der NS-Expansion lag ja in der Tatsache, dass man bisher immer Abkommen zur Regelung der Ansprüche gesucht hatte und die waren meist unter Druck sämtlich zustandegekommen, zuletzt im Memelland. Der Einmarsch in Prag geschah ohne vertragliche Abstimmung, das war die neue Qualität. Aber dies hatte Polen schon bei der Besetzung der Kohlegruben im Teschener Land praktiziert. Am 1.10.38 erging ein Ultimatum der polnischen Militärjunta an Prag, am 2.10.38 marschierten polnische Truppen ohne jede Grundlage ein.

Strategisch war die Situation aus Warschauer Perspektive nun hochbrisant und wurde unkontrollierbar. Im Osten rüstete die Sowjetunion enorm auf, betrieb eine ebenso aggressive Außenpolitik wie Hitlerdeutschland und in der Tat eine Politik der Revision, um die von Pilsudski-Polen annektierteren Gebiete zurückzuerhalten. Dagegen war das Problem der deutschen Minderheit ungleich geringer. Es drohte ein Zweifrontenkrieg, den Polen auf keinen Fall erfolgreich bestehen konnte. Gegen einen Angreifer aus dem Osten hatte man strategisch eine viel günstigere Position. Die strategisch wertvolle Schwerindustrie für die Waffenproduktion lag sämtlich im Westen nahe der deutschen Grenze. Der Osten war agrarisch strukturiert, hier konnte man in den Raum zurückweichen, hier lagen auch Befestigungswerke. Wenn die polnische Führung in jenen Tagen nicht rein hormonbestimmt war, dann müssen diese Fragen debattiert worden sein.

Die britischen Historiker Martin Gilbert und Richard Gott haben ja nachgewiesen, dass die britische Garantieerklärung für Polen eigentlich für Rumänien gedacht war, dass fälschlicherweise behauptete vom Deutschen Reich zu Handelseinschränkungen gezwungen worden zu werden. Hierfür brauchte man einen Land-Zugang, den man über eine Annäherung an Polen erreichen wollte. London erfuhr zwar schnell, dass die rumänische Behauptung falsch war, hatte nun aber eine Koalition mit der Macht, die Churchill vor Monaten noch zu Recht der Komplizenschaft bezichtigt hatte. Dies war ein zweifelhafter Coup der Beck’schen Außenpolitik, der in London geschickt aufgetreten war. .

Strategisch konnte dies alles nur unter zwei Bedingungen funktionieren: Spaltung der deutschen Kräfte in einen Zweifrontenkrieg, dafür hatte sich Polen eine Garantie zur Eröffnung eine Offensive der Westmächte 15 Tage nach Beginn von Kampfhandlungen geben lassen und Ruhigstellung der Sowjetunion im Falle von Kampfhandlungen. Beides traf nicht ein und führte in das militärische Desaster.

Grüße

Vitruv
 
Diese These schließt beinahe nahtlos an das an, was unter der Überschrift http://www.geschichtsforum.de/f56/faschistische-bewegungen-polen-32217/ vor einigen Monaten diskutiert wurde: Dort wurde der Versuch gemacht, die Wirkmächtigkeit einer die polnische Politik prägenden Faschismus-Variante nachzuweisen, und hier wird die Differenz zu Deutschland für "nicht wesentlich" erklärt.


Ich habe dazu eine Meinung, beabsichtige aber nicht, die frühere Diskussion hier fortzusetzen, zumal nicht anhand eines so schwierigen Topos wie Wesen/wesentlich. Gleichwohl drängt sich die quasi diskursanalytische Frage auf:
  • Welche Funktion hat die eingangs zitierte These für die Diskussion des Themas "Weg zum II. Weltkrieg"?
Oder anders gefragt:

  • Ist Polens "Rolle" - bzw. die "Rationalität" seiner politisch Verantwortlichen - unterschiedlich zu bewerten, je nachdem, ob dieser Staat ein (proto-)faschistischer war oder nicht?

ich habe diese Diskussion nicht verfolgt, kann daher auch dazu nicht weiter etwas sagen. Letzlich ist es Spekulation, ob ein friedliches und demokratisches Polen nicht überfallen worden wäre oder ob es in der deutschen Bevölkerung und der Wehrmacht mehr Gegenwehr gegen den Angriff gegeben hätte.
Letztlich haben die Aufstände und teilweise unter Zwang oder zumindest Druck erzwungene Auswanderung vieler Deutscher die Stimmung gegenüber Polen nicht gefördert und sogar die Stabilität der jungen deutschen Republik geschädigt. Ohne Freikorps wäre Deutschlands Weg evtl. anders verlaufen.
 
Letzlich ist es Spekulation, ob ein friedliches und demokratisches Polen nicht überfallen worden wäre oder ob es in der deutschen Bevölkerung und der Wehrmacht mehr Gegenwehr gegen den Angriff gegeben hätte.

Nein, es ist keine Spekulation. Die Gesellschaftsform Polens hat in der Entscheidung Hitlers zum Angriff auf Polen aus dem März 1939 absolut keine Rolle gespielt. Hitler hätte Polen in jedem Fall überfallen.

Polens außenpolitische Doktrin ging von der "Aquidistanz" zu Berlin und Moskau aus und konnte aus grundsätzlichen Überlegungen dem Angebot und später der ultimativen Forderung Hitlers, sich dem 3. Reich zu unterwerfen, nicht beugen.

Zumal die polnische Außenpolitik von dem Dogma ausging, dass es aufgrund der ideologischen Gegensätze zwischen dem nationalsozialistischen 3. Reich und der bolschewistischen UdSSR zu keiner Übereinkunft kommen könnte.

Im Gegensatz zu der obigen Darstellung waren in Polen durchaus unterschiedliche politische Kräfte, von links bis rechts, vorhanden und einen Einfluß nahmen auf bestimmte Entscheidungen. So beispielsweise in der einhelligen Ablehnung eines militärischen Bündnisses mit der SU inklusive Durchmarschrechte als Konsequenz der Gespräche der Westalliierten mit der SU.

Mit der Annahme der britischen Garantieerklärung durch Polen war die eigentlich qualitative Veränderung in den Beziehung zwischen dem 3. Reich und Polen eingetreten und nicht wie oben von "Vitruv" behauptet mit der Teilmobilmachung. Eine Veränderung, die dadurch zustande kam, dass Chamberlain sich veranlasst sah, die politischen Kosten eventueller Offensivaktionen Hitlers durch die Garantie für Polen zu erhöhen.

Wohlwissend, dass es sich im wesentlichen um eine politische Geste, ein Pokerspiel, handelte, der keine militärischen Handlungen folgen konnten.

In der Konsequenz aus der Annahm der Garantie war für Hitler mehr als durch die Ablehnung seiner Vorschläge (Beitritt Anti-Komintern etc.) ersichtlich, dass Polen die Rolle eines Schildes im Osten gegenüber der SU nicht spielen würde und ihm den Rücken bei einem Konflikt mit den Westmächten freihalten.

Polen war eben nicht der Juniorpartner, sondern sie haben in einem begrenzten Umfang eigene, sicherlich auch revisionistische Ziele, verfolgt. Aber immer in deutlicher Abgrenzung zum 3. Reich, weil s.o. "die Doktrin der "Äquidistanz" die Außenpolitik Polens gesteuert hat.

Somit wurde Polen, quasi über Nacht, von einem potentiellen, taktischen!!!, zeitlich begrenzten potentiellen Bündnispartner zu einem Sicherheitsrisiko, das ausgeschaltet werden mußte.

Und belegt, wenn man es auf den Politiker Hitler projiziert, in welch hohem Maße Hitler in der Lage war weitreichende weltanschauliche Planungen, kurzfristigen strategischen Überlegungen zu unterwerfen.

Diese Veränderung führte zu einer Eskalation der Situation und hat die Kriegsvorbereitungen der WM vom potentiellen Krieg im Westen zu einem Krieg im Osten gegen Polen umdirigiert.

Da haben die Maßnahmen Polens im Bereich der Teilmobilisierung einzelner Divisionen überhaupt keine Rolle gespielt und insofern ist diese ursprüngliche Steinbach-These wohl eher politisch motiviert oder in völliger Unkenntis formuliert worden.
 
Nein, es ist keine Spekulation. Die Gesellschaftsform Polens hat in der Entscheidung Hitlers zum Angriff auf Polen aus dem März 1939 absolut keine Rolle gespielt. Hitler hätte Polen in jedem Fall überfallen.

Betrachte mein posting Nr. 25. Es war Hitlers Wille Polen zu überfallen. Es ging mir hierbei darum, daß es Spekulation bleibt, ob ihm Volk und Heer gegen ein friedliches und demokratisches Polen gefolgt wären. Schließlich brauchte ja auch Hitler eine zumindest vorgeschobene Legitimation, sonst hätte er ja keine Zwischenfälle konstruiert. Meine Aussage ging also nicht dahin, daß ich Polen eine Mitschuld gebe, dies hatte ich ja in posting 25 ausgeschlossen.
 
Wie @thanepower völlig richtig den Stand der Dinge analysiert: Polens innere Verfassung hatte keinerlei Einfluß auf Hitlers Ziele. Selbst die laufende Drangsalierung der Volksdeutschen wurde erst in dem Moment aufs Tablett gehoben, als Polen "an die Reihe kam". Ebenso wenig spielten militärische Stärke und außenpolitischens Verhalten (bis auf die rigorose Ablehnung der Eroberungspartnerschaft bzw. -vasallenschaft - übrigens vor (!) der britischen Garantie und für den, der zuhören konnte, bereits Ende 1938. Ribbentrop konnte offenbar nicht zuhören und reiste im Januar zur 5-Jahres-Feier (!) des dt.-poln. Nichtangriffspaktes nach Warschau, um es erneut buchstabiert zu bekommen, ebenso der ungläubige Hitler bei Heranzitieren von Beck) eine Rolle.


... nur wer liefert die Definition des ‚Status Quo’.[1] ...Denn wie Sie schon richtig schreiben, war die Lösung der Frage des ‚Korridors’ ein zentrales Ziel der deutschen Außenpolitk seit 1919 gewesen. [2+3]Wer Verständnis für einen polnischen Zugang zu einem Hafen hat, dem müsste auch klar sein, dass die ostpreußische Exklave mittelfristig ohne gesicherten Landzugang nicht entwicklungsfähig war.[4]

1. Ironisch könnte man sagen: Hitler selbst (letzte territoriale Forderung)
2. Völkerrechtlich war das Müchener Abkommen bindend; wie der Tage später ergehende Befehl Hitlers zur Zerschlagung des Resttschechei (bereits im Kontext 1938: "Tschechoslowakei muss von der Landkarte verschwinden") zeigt, interessierten ihn Abkommen kaum.
3. Die Revisionspolitik der Weimarer Republik und die Tonverschärfung durch Hitler ist Polen nicht verborgen geblieben: schon einmal über die Folgen des Wirtschaftskrieges der 20er Jahre und der revisionistischen Ströme auf die Lagerbildung in Polen nachgedacht?
4. Die "mangelnde Entwicklungsfähigkeit" Ostpreußens ist propagandistischer Unsinn, der reichlich von Goebbels und Konsorten verbreitet wurde und bis auf "mangelnde Lebensfähigkeit" zugespitzt wurde.


Doch was lieferte das Initial für die Teilmobilmachung März 1939, die politisch ein starkes Signal der Abgrenzung und der beginnenden Eskalation war? Klaus Wiegrefe hat Polen einen ‚Juniorpartner’ der Hitlerschen Expansion genannt. Das galt eben bis zu jenem März 39.

Da wird er wohl auflagenstärkende Worte im Sinn gehabt haben. Es gibt reichlich wissenschaftliche Monographien von 1933 zur Krise 1939: welche Partnerdienste hat Polen denn Hitler mit welchen meßbaren Auswirkungen geleistet? (bitte einen Hinweis zur Münchener Abkommen und Teschen ersparen!)

Die britischen Historiker Martin Gilbert und Richard Gott haben ja nachgewiesen, dass die britische Garantieerklärung für Polen eigentlich für Rumänien gedacht war, dass fälschlicherweise behauptete vom Deutschen Reich zu Handelseinschränkungen gezwungen worden zu werden.

Bitte einen analytischen Nachweis oder eine Fundstelle zum Anlesen. :winke:

Wenn das da so steht, ist das Unsinn und auf den Kopf gestellt: nur fast falsch war das Gerücht über die Bedrohung Rumäniens, was im kopflosen Budapest gestreut wurde. "Fast falsch" deshalb, weil zumindest etwas daran war, allerdings falsches timing. Aber das führt hier vom Thema weg und hatte mit der Autarkiepolitik des Deutschen Reiches und den deutschen Aktivitäten in Rumänien zu tun. "gedacht war" ist schließlich völliger Unsinn, da eine Garantie auch hier erfolgte.
 
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