Die Sage vom Lurley/der Loreley

FoxP2gen

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Eine der bekannteren Gestalten aus der deutschen Sagenwelt dürfte die Lorelei oder Loreley sein.

Ich habe mir jetzt zwei verschiedene Sagen von der Loreley zu Gemüte geführt, sowie das Gedicht von Heinrich Heine und Werke von anderen Dichtern. Hier findet sich ein interessanter Link dazu.

Ich finde das Thema sehr interessant, angesichts der Tatsache dass mit Lurley oder Loreley eigentlich etymologisch gesehen nur der Felsen am Rhein gemeint ist (Lur-Ley heißt soviel wie Flüsterfelsen - wegen des Echos, das er früher erzeugte, heute wird es durch die Geräuschkulisse der Zivilisation übertönt). Die Nixe, die angeblich in den Felsen gebannt ist, ist eine hinzuerfundene Geschichte, wie das des Öfteren mal vorkommt. Gerade wenn man bedenkt, dass der Rhein anno dazumal an dieser Stelle sehr gefährlich war durch Untiefen und Felsen, an denen Schiffe schnell zu Schaden kamen.

Ich habe nun gelesen, dass die Nixe Lorelei von Clemens Brentano erfunden wurde. Allerdings fand ich sowohl auf dem oben genannten Link als auch in einem Buch mit deutschen Sagen eine Sage von der Loreley.

Mich würden nun zwei Dinge brennend interessieren :D :

1. Hat Clemens Brentano wirklich den Mythos geschaffen, oder gab es früher schon Sagen um die Loreley?
2. Weiß jemand vielleicht einen Link oder ein Buch mit einer Sammlung der verschiedenen Volkssagen (so es welche gibt) von der Nixe am Rhein?

P.S. ich hab das jetzt einfach mal in die Literatur-Ecke geschrieben, wenns verkehrt ist, bitte richtig einsortieren, liebe Mods :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Brentanos Nachlass liegt ein paar Häuser von mir entfernt im Archiv, sein Grab ca 100 m Luftlinie weiter, ein recht guter Bekannter von mir also.
Du darfst hier Wiki vertrauen:

Nach einer 1978 von Werner Bellmann veröffentlichten Interpretation handelt es sich bei der Lore Lay-Ballade um eine Variation des antiken Echo-Mythos. (Echo wird aus Gram über ihre verschmähte Liebe zu Narzissus zu einem Fels, aus dem ihre Stimme als Widerhall ertönt.) Gestützt hat sich Brentano bei der Konzeption seines Gedichts auf eine im Jahre 1631 veröffentlichte versifizierte Paraphrase der Ovidschen „Metamorphosen“, die sich in seinem Besitz befand und die er für mehrere lyrische Passagen des Romans „Godwi“ herangezogen hat. Die Lore-Lay-Ballade ist nach Bellmanns These eine - von Brentano erfundene - aitiologische Lokalsage, die, anknüpfend an den antiken Echo-Mythos, die Entstehung des Echos am Loreley-Felsen bei St. Goarshausen „erklärt“
Loreley ? Wikipedia

Und die meisterliche Übersetzung von Mark Twain
http://www.goethezeitportal.de/file...ansichten/loreley/Loreley_Twain__836x600_.jpg
 
Danke Mercy :) also kann ich im Endeffekt davon ausgehen, dass die Sagen, die ich so finde, alle auf das Gedicht zurückgehen... :)
 
Also, die erste die ich gelesen habe, steht in

Heinrich Pleticha (Hrsg.), "Das große Sagenbuch", Thienemann Verlag, Stuttgart/Wien, 2003.

Nach jeder "Volkssage" steht ein kurzer Kommentar des Herausgebers, welher Erläuterungen enthält; im Fall der Loreley steht da, dass das Märchen von einem Dichter (Clemens Brentano) erfunden wurde und zum ersten Mal Anfang des 19. Jahrhunderts erzählt wurde.

In dem Link den ich im Eingangsthread schrieb, findet sich die zweite Version der Sage und viele verschiedene Gedichte/Balladen zu dieser Figur, das Älteste ist jedoch eben Clemens Brentanos "Rheinmärchen" (vom Datum das Älteste).

Ich habe diesen Thread aufgemacht, weil es mir komisch vorkommt, dass zwei verschiedene Sagen aus einem einzigen Gedicht hervorgingen. Ich nahm daher an, dass Brentano eventuell älteren Sagenstoff aufgearbeitet hat...
 
Bei google-books bin ich noch auf eine ganz andere Variante gestoßen:
Untersuchungen zur Geschichte der ... - Google Buchsuche
Mit den verschiedenen Schreibweisen der Loreley gibt es dort noch mehr Treffer. Ob sie dir weiterhelfen ist eine andere Frage. Ich würde nur nach Volltexttreffern suchen, von den anderen hast du direkt ja nichts.
 
Also "ley" ist wohl der (Schiefer)Felsen.

In einer Buchbesprechung fand ich diesen Hinweis:

Wissenswertes zur Loreley
^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
Der Lurinberg, der in unserer Geschichte eine große Rolle spielt, heißt heute Loreleyfelsen. Früher sagte man auch Lurleberg oder Lorberg zu ihm. Erstmals tauchte der Name im 9. Jahrhundert auf. Ebenso wie der Berg verschiedene Namen trug und Schreibweisen erfuhr erging es dem Namen Loreley. "Ley" kommt wohl aus dem Rheinischen und bedeutet so viel wie Fels oder Schieferfels. "Lore" ist eher ungewiss und kann vielfach ausgelegt werden. So wird das Wort zum Beispiel auf den Zwergenkönig Laurin oder die Flussgöttin Lohra sowie das mittelhochdeutsche Wort für lauern "lur" oder "lure".
Das starke Echo des Felsens war schon im 13. Jahrhundert berühmt, während hingegen "Loreley" als Person erst gegen 1800 auftauchte. Zu verdanken haben wir das dem Dichter Clemens Brentano, der über das Mädchen Lore Ley eine Ballade verfasste. Also ist diese Sage keineswegs so alt wie man eigentlich denkt.
Dann noch dies: Wer schuf die Fantasie-Gestalt Loreley? - Märchen & Sage - decido

Interessant finde ich auch diese

Ähnlich wie im Mittelhochdeutschen bedeutet "lure" im modernen Englisch, das sprachhistorisch bekanntlich dem Mittelhochdeutschen nahesteht, verlocken, ködern, bezirzen, verführen.
Projekt Loreley - Gilbert Dietrich: Lureley Strukturen

als auch jene Aussage interessant.

Übrigens hat der Name des berühmten Gesteins auch eine volkstümliche Bedeutung: Der Legende
nach soll man in mondhellen Nächten schon Elfen – mittelhochdeutsch: „Lure" genannt
– beim Tanz auf dem Felsen „Lei“ gesehen haben ...
http://www.uni-saarland.de/mediadb/Studium/zis/veranstaltungen/grhein.pdf

Vielleicht kann jemand, der des Mittelhochdeutschen mächtig ist mal erläutern, ob "Lure" nun tückisch, lauernd u.ä. oder Elfe bedeutet.

Das hab ich noch schnell ergoogelt.
 
Vielleicht kann jemand, der des Mittelhochdeutschen mächtig ist mal erläutern, ob "Lure" nun tückisch, lauernd u.ä. oder Elfe bedeutet.

Mein "Lexer", der des Mittelhochdeutschen mächtig ist, sagt folgendes:

lûre swstf. nachwein, tresterwein (lat. lora, lorea).
lûre, lûr stf. lauer, hinterhalt.
lûre swm. schlauer, hinterlistiger mensch.
lûren swv. lauern (mit gen., ûf).
Matthias Lexers Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 37. Auflage, Stuttgart 1983
 
Naja, so wie ich das verstanden habe, bedeutet Lur-Ley oder auch Lure-Ley soviel wie Flüsterfelsen, wegen des (siebenfachen) Echos, dass früher dort zu hören war.

Angeblich wagten sich besonders mutige Schifer nah an den Felsen und riefen ihm Fragen zu, die das Echo beantwortet haben soll.

Lauern würde auch passen, angesichts der ehemaligen dortigen Untiefen und Strudeln, in denen mehr als ein Schiff zu Schaden kam.
 
Ich bin über diesen Faden gestolpert, als ich mich genau mit diesem Thema beschäftigt habe. Ich krame ihn mal hervor.

Soweit ich das sehe, ist Brentano der Erfinder der Figur Loreley. Auf Wiki steht dieser Abschnitt:

Der Ballade nach saß eine Nixe Loreley genannt, auf dem gleichnamigen Felsen und lockte mit ihrer Stimme die Rheinschiffer an, die wegen ihres schönen Gesangs die gefährliche Strömung und die Felsenriffe nicht beachteten und mit ihren Schifferbooten zerschellten. Ihr langes blondes Haar kämmte sie mit einem goldenen Kamm.

In Brentanos Gedicht ist keine Rede von "Nixe" oder "Haare kämmen". Weiß jemand, ob Heine diesen Aspekt später einfach hinzugedichtet hat, oder bezieht er sich auf einen mündlichen Loreley-Mythos?
 
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In Brentanos Gedicht ist keine Rede von "Nixe" oder "Haare kämmen". Weiß jemand, ob Heine diesen Aspekt später einfach hinzugedichtet hat, oder bezieht er sich auf einen mündlichen Loreley-Mythos?
So weit mir bekannt, gibt es keinen mündlichen Loreley-Mythos, sondern die Loreley ist Brentanos Erfindung (möglicherweise von Ovid inspiriert) und erscheint in seinem langen Gedicht als eine Art Hexe oder Verzauberte (die Handlung des Gedichts ist in einem romantischen Mittelalter angesiedelt)

Eichendorff veränderte diesen Stoff in seinem "Waldesgespräch"

Heine ironisiert dann die typisch romantischen Elemente der beiden Vorgänger - die "Nixe" wie auch "kämmt ihr güldenes Haar" sind Heines Zutaten.

Kurios ein paar an den Haaren herbeigezerrte Versuche im 19. Jh., die Loreley zu einem germanischen Mythos zu erklären.
 
Danke für die Antwort. Ich habe noch etwas weiter gelesen und es scheint mir auch so, dass die Loreley von Brentano stammt und von ein paar anderen Dichtern weiterentwickelt wurde. Faszinierend, dass sie heute dennoch als ein deutscher Mythos angesehen (zumindest meinem Eindruck nach, mag mich irren). Aber irgendwo müssen solche Mythen ihren Anfang haben.
 
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