vor Jahren habe ich einmal gelesen, dass die Ausgabe der ersten Staatsanleihen durch die Bank von England im Jahre 1693 ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratie gewesen seien. Erstmals konnten die Bürger Teile ihres Staats besitzen, sozusagen "Aktionäre" des Staats werden.
Das ist ein ziemlich "schräger" Einstieg in die Diskussion der Demokratisierung, so meine These.
Das Zeichnen von Staatsanleihen sagt mehr aus über die Entwicklung von Kapitalmärkten, aber nichts über die Qualität von "Demokratie-Arenen".
Hinter dieser Entwicklung steht die Entwicklung zum steuerfinanzierten "kameralististischen" Zentralstaat (vgl. z.B. die Diskussion in K. Beyme: Geschichte der politischen Theorien in Deutschland 1300 - 2000,S. 543ff).
Und das Verweis auf das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft und den sich wandelnden Vorstellungen, welchem dieser beiden Antipoden die Priorität in der Politikarena zukommen solle.
Und das verweist auf die Frage der Sammlung und Formulierung von Interessen und der Durchsetzung als "praktische Politik" und somit auch der Fähigkeit, diese praktische Politik als die "übergeordnete" quasi neutrale Politik des Staates darzustellen.
Und genau an diesem Punkt der Fähigkeit der Durchsetzung und der mehrheitlichen Legitimation entscheidet sich die Frage von Demokratie.
Vor diesem Hintergrund ist die Ausgabe einer Staatsanleihe absolut kein Indikator für den Prozess der Demokratisierung.
Was allerdings richtig ist, es ist unter Umständen ein Hinweis auf die wirtschaftliche Fundierung politischer Systeme, wie bei Acemoglu, Why Nations fail. Und konkret ist dieser Vorgang historisch - vermutlich - wichtig, die anglo-amerikanische Form von Wirtschafts-Demokratie in ihrer historischen Entwicklung zu erklären.
Aber wie gesagt, nicht als universelle Erklärung für die Entwicklung von Demokratie. Andernfalls dürfte es keine Demokratie geben in Gesellschaften, die keine "Staatsanleihen" kennen, wie beispielsweise bei indigenen Völkern in Nord-Amerika (so mein Kenntnisstand)