Die Themen und der Untergang des Reiches

Herakleios

Aktives Mitglied
Eine (hypothetische) Frage die mich schon seit längeren beschäftigt ist:

Hätte man mit dem Erhalt und Reform des Themensystems den Untergang des byzantinischen Reiches verhindern können?

Gruß
Herakleios:winke:
 
Das glaube ich nicht. Der Untergang des Reiches hatte höchstens am Rande mit dem Verfall der Themenordnung zu tun.

Grundsätzlich möchte ich mal anmerken, dass irgendwann jedes Reich untergeht, außer vielleicht Japan, das durch seine Insellage begünstigt ist. Selbst China und Äthiopien machten in ihrer langen Geschichte Phasen des Zerfalls durch.

Das einschneidende Ereignis waren meiner Meinung nach Mantzikert bzw. vor allem der danach ausbrechende innerbyzantinische Machtkampf, der erst so wirklich die seldschukische Landnahme ermöglichte. Dadurch ging Anatolien verloren und damit die wichtigsten Themen und das Hauptbevölkerungsreservoir der Byzantiner. Fortan mussten sie sich in hohem Maße auf Söldner verlassen, die teurer und unzuverlässiger sind. Mit Myriokephalon scheiterte dann der letzte aussichtsreiche Rückeroberungsversuch, und das Reich verlor viel an Ansehen, was vielleicht die Ritter des 4. Kreuzzugs erst zu ihrer Wahnsinnstat ermunterte.
Schuld an der Niederlage bei Mantzikert waren aber in erster Linie interne Intrigen und Verrat.
 
Das einschneidende Ereignis waren meiner Meinung nach Mantzikert bzw. vor allem der danach ausbrechende innerbyzantinische Machtkampf, der erst so wirklich die seldschukische Landnahme ermöglichte. Dadurch ging Anatolien verloren und damit die wichtigsten Themen und das Hauptbevölkerungsreservoir der Byzantiner.

Zu diesem Zeitpunt stand die Themenordnung durch zunehmende Feudalisierung bereits kurz vor dem Kollaps. Die byzantinische Armee wurde dadurch erheblich geschwächt.

Fortan mussten sie sich in hohem Maße auf Söldner verlassen, die teurer und unzuverlässiger sind.

Das verwechselst du mit der spätbyzantinischen Zeit nach der Angeloi-Dynastie. Das Heer der Kommenenzeit bestand zumeist aus zwei Dritteln aus Byzantinern.

Grundsätzlich möchte ich mal anmerken, dass irgendwann jedes Reich untergeht, außer vielleicht Japan, das durch seine Insellage begünstigt ist. Selbst China und Äthiopien machten in ihrer langen Geschichte Phasen des Zerfalls durch.

Damit hast du natürlich recht, aber ich glaube, wenn Byzanz bereits geschwächt und militärisch völlig am Boden den Osmanen dennoch bis ins späte Mittelalter widerstehen hat können, dass sie mit einem funktionierenden Heer vielleicht um einiges länger durchgehalten hätten.
 
Damit hast du natürlich recht, aber ich glaube, wenn Byzanz bereits geschwächt und militärisch völlig am Boden den Osmanen dennoch bis ins späte Mittelalter widerstehen hat können, dass sie mit einem funktionierenden Heer vielleicht um einiges länger durchgehalten hätten.
Dabei darf man aber nicht vergessen, dass das Byzantinische Reich in seinen letzten ca. 100 Jahren nur noch von osmanischen Gnaden existierte, aber deren Vasall war.

Zu diesem Zeitpunt stand die Themenordnung durch zunehmende Feudalisierung bereits kurz vor dem Kollaps. Die byzantinische Armee wurde dadurch erheblich geschwächt.
Geschwächt wurde die Armee vor allem durch die Sparmaßnahmen der Zivilisten-Kaiser, die aus dem Beamtenadel auf den Thron gelangten, aber keinen militärischen Background und somit auch kein Verständnis für militärische Belange hatten. Begonnen hat diese Entwicklung schon mit Konstantin IX. Monomachos, der das Geld lieber für seinen Luxus als für die Armee ausgab, die durch Einsparungen geschwächt wurde - und das zu einer Zeit, als die Seldschuken zur ernsten Bedrohung wurden. Wirklich schlimm wurde es dann unter den Dukai: Konstantin X. Dukas begünstigte einseitig den Beamtenadel, verkleinerte trotz der Bedrohung durch Seldschuken, Petschenegen, Ungarn und Normannen das Heer, blähte den Verwaltungsapparat auf, begünstigte die Großgrundbesitzer und erhöhte die Steuern. Somit war er sowohl beim Volk als auch beim Heer unbeliebt. Meistens vernachlässigte er aber die Regierungsgeschäfte. Den Plünderungszügen der Seldschuken in Kleinasien sah er tatenlos zu.

Das verwechselst du mit der spätbyzantinischen Zeit nach der Angeloi-Dynastie. Das Heer der Kommenenzeit bestand zumeist aus zwei Dritteln aus Byzantinern.
Was die zahlenmäßige Verteilung anbelangt, wirst Du schon recht haben, aber Soldat ist nicht gleich Soldat. Die Komnenen setzten z. B. in hohem Maße auch auf berittene Bogenschützen, die großteils von fremden Völkern angeworben wurden. Nicht zu vergessen natürlich die Warägergarde.

Aber um noch einmal auf Deine Eingangsfrage zurückzukommen: Ich würde es eher umgekehrt sagen: Die Themenordnung ging eher unter, weil das Reich niederging und nach dem Verlust des Großteils Kleinasiens die Themenordnung gar nicht mehr wirklich funktionieren konnte.
 
Was die zahlenmäßige Verteilung anbelangt, wirst Du schon recht haben, aber Soldat ist nicht gleich Soldat. Die Komnenen setzten z. B. in hohem Maße auch auf berittene Bogenschützen, die großteils von fremden Völkern angeworben wurden. Nicht zu vergessen natürlich die Warägergarde.

Die Schwächen des byzantinischen Heeres der Kommenenzeit lag aber nicht in der Zusammensetzung der Truppenteile sondern vor allem in ihrer starken Fixierung auf die Hauptstadt und auf den Kaiser selbst.

Aber um noch einmal auf Deine Eingangsfrage zurückzukommen: Ich würde es eher umgekehrt sagen: Die Themenordnung ging eher unter, weil das Reich niederging und nach dem Verlust des Großteils Kleinasiens die Themenordnung gar nicht mehr wirklich funktionieren konnte.

Die Themenordnung konnte doch bereits vorher nicht mehr effizent funktionieren, durch den Verlust von fast ganz Kleinasien konnte die Themenordnung jedoch nicht mehr wieder eingeführt werden.
 
Stimmt. Sie ging bereits vor Mantzikert durch die zunehmende Begünstigung der Großgrundbesitzer nieder, aber es gab immer wieder Versuche, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Nach dem Verlust Kleinasiens war es auch dafür zu spät.
 
Ich sehe da übrigends eine erstaunliche Paralle zur späten Republik Roms. Auch dort verlor das Heer durch den zunehmenden Schwund an Kleinbauern an Zahl. Durch die marianische Heeresreform wurde dann, wie in der kommenischen Reform, eine Fixierung auf den Feldherren (Kaiser) üblich, die in beiden Fällen zum Fall führte.

Welch eine Ironie dass ein Reich denselben Fehler zweimal machte!
 
Dies hatte jedoch nicht dieselbe fatale Wirkung auf das Reich wie zur Zeit der Kommenen, da das Heer (relativ) dezentral angelegt war. (zumindest die themen-einheiten)
 
Ansichtssache. Die Soldatenkaiser zur Zeit der Komnenen blieben Randerscheinungen, die sich nicht durchsetzen konnten, während frühere Soldatenkaiser tatsächlich die Macht übernahmen (was freilich oft nicht unbedingt zum Nachteil des Reiches war).
 
Der Untergang des Reiches hatte höchstens am Rande mit dem Verfall der Themenordnung zu tun.
Eine nähere Analyse ist sicher notwendig, aber dem Grundsatz nach stimme ich Deiner These zu. In Ergänzung des bisher Gesagten hier noch die Meinung von Nicol [1]:
Der Verfall "wurde von mehreren Faktoren verursacht: die Zerstückelung des Reiches durch den Vierten Kreuzzug; den Fehlschlag des Versuchs, die Regierung wieder wie einst in Konstantinopel zu konzentrieren; den Zusammenbruch der Wirtschaft und die Vorherrschaft der Italiener über den Handel von Byzanz; den Verlust von ganz Kleinasien an die Türken und schließlich das Übergreifen der Serben und Türken auf die wenigen verbliebenen europäischen Provinzen."
Persönliches Versagen bei einigen der Palaiologen beschleunigte den Verfall.

...dass irgendwann jedes Reich untergeht, außer vielleicht Japan, das durch seine Insellage begünstigt ist.
Japan hat andere Probleme, insbesondere geotektonische...:D [2]

[1] in Maier (Hg.): Byzanz. (Fischer Weltgeschichte, 13). Frankfurt 1973, S. 348.
[2] Vgl. Komatsu: Japan sinkt. Wissenschaftlich-phantastischer Roman. Berlin 1979.
 
Der Verfall "wurde von mehreren Faktoren verursacht: die Zerstückelung des Reiches durch den Vierten Kreuzzug;
Wenn die Themenordnung (hypothetisch) zu dieser Zeit noch bestanden hätte, hätte Alexios III. bereits bei der Eroberung von Abydos durch die Kreuzfahrer eine Heer heranführen können.

den Fehlschlag des Versuchs, die Regierung wieder wie einst in Konstantinopel zu konzentrieren;
Durch Reformen des Themensystems (Schutz und Begünstigung der Themen-Bauern gegen Großgrundbesitzer) hätte man auch dem entgegenwirken können. (Wenn du mit deinem Argument die einflußreiche Stellung mancher Großgrundbesitzer und Adeliger meinst)

den Verlust von ganz Kleinasien an die Türken und schließlich das Übergreifen der Serben und Türken auf die wenigen verbliebenen europäischen Provinzen."
Die Themen waren bereits bei der Verteidigung KLeinasiens im Zuge der islamischen Expansion äußerst effektiv. Ich glaube dass sie auch hier wirkungsvoll gewesen wären.

(Wie gesagt ist das alles natürlich reine Spekulation)
 
Wenn die Themenordnung (hypothetisch) zu dieser Zeit noch bestanden hätte... hätte man auch ... gewesen wären ... reine Spekulation
Ich bin selbst ein reiner Spekulant, manchmal jedenfalls, und habe Sympathie für Dein Anliegen.:winke:

Die Frage ist: was geben Quellen und Literatur dazu her? Welche Folgen hatten die Veränderungen in der Struktur der Themata mittel- und langfristig? War z.B. die "Aufteilung" in Drungariate, Katepanate, Dukate, Archontien und Kleisuren letztlich effektiv? [1] Wie wirkte sich die Überlassung von Gütern anstelle einer regelmäßigen Besoldung der Soldaten aus? Was veränderte sich, als aus den kleinen Landgütern, welche die Stratioten besaßen, größere Güter wurden? Und schließlich: Spielte die Frage der Themenverfassung nach Mantzikert überhaupt noch eine maßgebliche Rolle?


[1] Vgl. die Hinweise in Maier, aaO, S. 195 f.
 
Ich bin selbst ein reiner Spekulant, manchmal jedenfalls, und habe Sympathie für Dein Anliegen.:winke:

Schön einen Bruder im Geiste zu haben!:friends:

Wie wirkte sich die Überlassung von Gütern anstelle einer regelmäßigen Besoldung der Soldaten aus?

Pro:

> Dem Staat kostet es außer Land nichts, sodass auch ein z.T. finanziell sehr angeschlagener Staat, welcher das byzantinische Reich öfters war, relativ viele Soldaten aufstellen konnte.

> Der Bauernsoldat war vorwiegend dem Staat und Kaiser loyal, da er seinen Besitz von den beiden hatte, und nicht Feldherren oder Adelige die vlt. andere Interessen als der Kaiser verfolgten.

> Im militärischen Verteidigungsfall kämpfte dieser Bauernsoldat auch um den Weiterbestand seines Besitzes, was sich wahrscheinlich positiv auf seine Kampfmoral ausgewirkt hat.

> Der Staat besaß mit den Themen-Bauern eine genau erfaßbare Steuerquelle.

Kontra:

> Bei längeren Militäreinsätzen lief der Themensoldat zwangsläufig Gefahr seinen Besitz zu verlieren. (Fehlende Ernte, Großgrundbesitzer, usw.)

> Die Flexibilität eines Bauernsoldaten war begrenzt. (Siehe oben)

> Die Soldaten eines Themas waren wie bereits gesagt semipofessionelle Bauern, weshalb ihre Ausbildung und ihre Kampfesstärke wohl eher mittelmäßig waren.


Was veränderte sich, als aus den kleinen Landgütern, welche die Stratioten besaßen, größere Güter wurden?

Die Kleinbauernschaft schwand zusehends. Die besitzlosen Bauern verdingten sich als Tagelöhner oder pachteten ihren Besitz vom Großgrundbesitzer wieder zurück. Daher waren sie nun mehr ihren Herren (Grundbesitzer) als dem Kaiser loyal.

Und schließlich: Spielte die Frage der Themenverfassung nach Mantzikert überhaupt noch eine maßgebliche Rolle?

Außerhalb der Spekulation wohl kaum:D
 
Relevanz der Themenverfassung nach Mantzikert?
Außerhalb der Spekulation wohl kaum:D
Deine Antwort erleichtert die Sache, weil sich die Untergangs-Diskussion jetzt auf das kurze Jahrhundert zwischen Basileios' II. Regierungsantritt (976) und jener verhängnisvollen Schlacht (1071) konzentrieren könnte. [1]

Vielleicht lässt sich der Betrachtungszeitraum sogar noch mehr eingrenzen: Primär personen- bzw. ereignisgeschichtlich orientierte Historiker stellen die Entwicklung bekanntlich so dar, dass das mittelbyzantinische Reich unter Basileios eine Hochblüte erlebte, die mit dessen Tod 1025 endete: "ein Wendepunkt in der byzantischen Geschichte". [2] Was also ist in dem knappen halben Jahrhundert danach passiert?

Die Ursachenzuschreibung "Kaiser tot = nahender Untergang" ist freilich recht schlicht; auch deshalb finde ich die Anreicherung des Szenarios mit sozialgeschichtlichen Fakten sehr wichtig - und dazu rechne ich eben auch die Frage der Themenverfassung und ihrer Implikationen.

Die Kleinbauernschaft schwand zusehends. Die besitzlosen Bauern verdingten sich als Tagelöhner oder pachteten ihren Besitz vom Großgrundbesitzer wieder zurück. Daher waren sie nun mehr ihren Herren (Grundbesitzer) als dem Kaiser loyal.
Ich verstehe das so, dass dies die Kluft zwischen Kaisertum und den unteren Schichten, auf das es sich stützte, vergrößerte und sich damit zugleich die ökonomische Basis verschlechterte.

Basileios hatte seinerzeit eine Agrar- und Steuerpolitik betrieben, die sich nicht scheute, den Reichen Lasten aufzubürden und die Armen davon zu verschonen - "auch der Kirchenbesitz hatte ... sehr zu leiden". Um 1030 jedoch erfolgte die "Wende": Aristokratie und Kirche wurden wieder bevorzugt. "Damit war der Damm entgültig gebrochen und die nahezu vollkommene Feudalisierung der Territorien der Themen unabwendbar geworden."


[1] Beim Nachschlagen stieß ich noch darauf, dass im gleichen Schicksaljahr mit dem Fall von Bari auch die byzantinische Präsenz in Unteritalien endete - das hat für die Ausgangsfrage aber eher symbolische Bedeutung, oder?
[2] So Otto Mazal in: Handbuch der Europäischen Geschichte. Band 1. Stuttgart 1976, S. 844 (dort hervorgehoben); die folgenden Zitate S. 842 und 844.:
 
Gut konzentrieren wir uns auf den Zeitraum 976-1071.

Basileios hatte seinerzeit eine Agrar- und Steuerpolitik betrieben, die sich nicht scheute, den Reichen Lasten aufzubürden und die Armen davon zu verschonen - "auch der Kirchenbesitz hatte ... sehr zu leiden". Um 1030 jedoch erfolgte die "Wende": Aristokratie und Kirche wurden wieder bevorzugt. "Damit war der Damm entgültig gebrochen und die nahezu vollkommene Feudalisierung der Territorien der Themen unabwendbar geworden."
Soweit mich mein Gedächtnis nicht trübt ist die vollkommene Feudalisierung unter Alexios Kommenos abgeschloßen also erst nach der Schlacht von Mantzikert. Das stellt allerdings keinen Widerspruch dar, in weiten Teilen des Reiches war die Feudaliserung bereits fortgeschritten.

Die Frage die sich nun stellt ist:
War dieser Feudalisierungsprozess bloß der Gier und dem Machtbestreben Einzelner zuzuschreiben oder war dieser Prozess unvermeidlich?

Edit:
Beim Nachschlagen stieß ich noch darauf, dass im gleichen Schicksaljahr mit dem Fall von Bari auch die byzantinische Präsenz in Unteritalien endete - das hat für die Ausgangsfrage aber eher symbolische Bedeutung, oder?
Da die byzantinischen Besitzungen in Italien beinahe beständig in der Defensive waren und sich bis auf ein paar Städte der Langobarden und später der Normannen kaum erwehren konnten, können sie meiner Meinung nach vernachlässigt werden. Die byzantinische Expansionspolitik während der makedonischen Renaissance richtete sich ja auf den Balkan und auf Ostkleinasien/Syrien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade in diesem Zusammenhang ist die Personen- und Ereignisgeschichte aber ein wichtiger Faktor, denn es waren etliche Kaiser nach Basileios II., die sich der Feudalisierung nicht nur nicht mehr widersetzten, sondern sie teilweise sogar begünstigten. Auch der zweite verderbliche Faktor, die Privilegien für Venedig und Genua, kamen nicht von selbst, sondern wurden von Kaisern zugestanden.
Die Feudalisierung selbst war also zwar ein schleichender sozialer und ökonomischer Prozess, aber das war sie schon seit Langem, nur dass sie von früheren Kaisern gebremst und mitunter sogar rückgängig gemacht worden war, was jetzt nicht mehr der Fall war.
 
Gerade in diesem Zusammenhang ist die Personen- und Ereignisgeschichte aber ein wichtiger Faktor

Habe ich auch nicht bestritten.

die sich der Feudalisierung nicht nur nicht mehr widersetzten, sondern sie teilweise sogar begünstigten.

Da hast du ja prinzipiell recht, aber ich frage mich ob manche Kaiser in dieser Frage überhaupt eine Wahl gehabt haben. Adel und Großgrundbesitzer waren nie an Macht zu unterschätzen. Wenn ein Kaiser nun ihre Privilegien bescheiden wollte, wehrten diese sich natürlich, und dann hatte der Kaiser nicht nur um seinen Thron zu fürchten sondern auch um den Erhalt des Reiches (bei inneren Krisen lädt ein Reich geradezu ein Raub- und Eroberungszüge durchzuführen) Daher haben sich viele "schwächere" Kaiser sich lieber mit Adel und Reichen gut gestellt, als die notwendigen Reformen durchzuführen.
 
Habe ich auch nicht bestritten.
Meine Äußerung darüber war auf jschmidt bezogen.

Da hast du ja prinzipiell recht, aber ich frage mich ob manche Kaiser in dieser Frage überhaupt eine Wahl gehabt haben. Adel und Großgrundbesitzer waren nie an Macht zu unterschätzen. Wenn ein Kaiser nun ihre Privilegien bescheiden wollte, wehrten diese sich natürlich, und dann hatte der Kaiser nicht nur um seinen Thron zu fürchten sondern auch um den Erhalt des Reiches (bei inneren Krisen lädt ein Reich geradezu ein Raub- und Eroberungszüge durchzuführen) Daher haben sich viele "schwächere" Kaiser sich lieber mit Adel und Reichen gut gestellt, als die notwendigen Reformen durchzuführen.
Ich glaube, der entscheidende Faktor war da der Background des Kaisers. Es gab ja im Wesentlichen drei Arten von Kaisern:
- Solche, die einer Dynastie angehörten: Sie hatten die Legitimation, zu der als legitim anerkannten Dynastie zu gehören. Das war bei den Makedonenkaisern der Fall und dann wieder bei den Komnenen. Die Dukai erlangten diesen Status irgendwie nie.
- Die Soldatenkaiser: Sie konnten sich aufs Militär stützen, hatten aber den Adel und die Beamtenschaft oft gegen sich.
- Die Beamtenkaiser: Sie entstammten der zivilen Führungsschicht und kamen mitunter durch Heirat auf den Thron. Vom Heer wurden sie meist abgelehnt, aber auch mit ihresgleichen hatten sie oft das Problem, dass die anderen Beamten und Adligen den Beamtenkaiser nur als eine Art primus inter pares akzeptieren wollten, jedenfalls aber auf einem Mitspracherecht bestanden.

Die Dynastiekaiser und die Soldatenkaiser brauchten auf die Wünsche des Adels und der Beamtenschaft nicht so viel Rücksicht zu nehmen, da sie sich notfalls zumindest auf ihre Truppen verlassen konnten. Die Beamtenkaiser hingegen konnten nicht auf das Heer bauen und mussten stets vermeiden, sich mit dem Adel und der Beamtenschaft anzulegen, wenn sie nicht riskieren wollten, von ihr gestürzt und durch einen willfährigeren Kaiser ersetzt zu werden.
Das große Unglück des Reiches bestand nun darin, dass im 11. Jhdt. jahrzehntelang hauptsächlich Beamtenkaiser regierten.
 
Die Beamtenkaiser hingegen konnten nicht auf das Heer bauen und mussten stets vermeiden, sich mit dem Adel und der Beamtenschaft anzulegen, wenn sie nicht riskieren wollten, von ihr gestürzt und durch einen willfährigeren Kaiser ersetzt zu werden.

Auf die Beamten und den Hofadel mussten sie natürlich Rücksicht nehmen aber diese hatten ja nicht immer Interesse am Umsturz des Themensystems.

Aber hinsichtlich des Unterganges des Reiches waren die Beamtenkaiser sicher eine Komponente die zum Fall des Reiches beigetragen hat.
 
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