Die Themen und der Untergang des Reiches

Außerdem wurde ja bei Manzikert ein recht großer Teil des Heeres dezimiert.

Themen-Einheiten wären ja leicht zu ersetzen gewesen. Sobald die Seldschuken in das nächste Thema vorgedrungen wären, wäre doch die nächste Milizarmee des Themas zu besiegen gewesen usw.?
 
Wieso konnten dann die Seldschuken erfolgreich nach Anatolien vordringen. Fehlte es Byzanz an Soldaten, um sie effektiv aufhalten zu können? War die Themen-Ordnung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage einen eindringenden Feind (wie vorher die Araber) effektiv aufzuhalten?
Dazu schreibt Hecht: [1]
Daß es nicht nur zur Niederlage von Mantzikert, sondern im Anschluß an sie zum Verlust wesentlicher Teile Kleinasiens kam, hatte verschiedene Ursachen, die nicht einmal ausschließlich in der politischen Entwicklung des Reiches und seiner Ostgrenze seit Basileios II. zu suchen sind. Zunächst wurde im Verlauf der Kämpfe die waffentechnische Überlegenheit der Seldschuken deutlich, im Gegensatz zu denen die Byzantiner seit langem die berittenen Bogenschützen vernachlässigt hatten. Auf wehrpolitischem Gebiet kam hierzu der fortschreitende Zerfall des bewährten Stratiotensystems. Als entscheidend wirkte sich jedoch aus, daß die armenische Militärmacht mit der Auflösung ihrer starken Milizen spätestens unter Konstantin Monomachos vernichtet war, ohne daß Byzanz seither in der Lage gewesen wäre oder auch nur beabsichtigt hätte, nun seinerseits in diesem Raum die Verteidigung des Reiches schlagkräftig zu organisieren. Statt dessen wurde in den von Akriten oder Ghazis türkischer Volkszugehörigkeit kontrollierten Gebieten der Einfluß des Seldschukensultans immer größer, dessen tolerante Politik auch bei der Bevölkerung des westlicheren Anatoliens einiges Aufsehen erregte: nicht ausgesprochen ungern ergab man sich auch dort der neuerlichen mohammedanischen Herrschaft.
Der Verfall der Themenverfassung wird hier durchaus gewürdigt, allerdings die Armenienfrage für "entscheidend" gehalten. Die in mehreren Schritten erfolgende Annexion dieses potentiellen Bundesgenossen gegen Dritte erwies sich insgesamt als Schwächung.

[1] in Maier, aaO, S. 247
 
Berittene Bogenschützen hatten die Byzantiner in der Zeit durchaus noch, und waren auch Bestandteil der Kavallerietaktik.
 
Die jedoch zahlenmäßig höchstwahrscheinlich unterlegen waren.

Ein Thema bestand aus 2-18 drungi, diese wiederum beinhalten ca. 1000 Soldatengüter. Wie können sie da der seldschukischen Infanterie unterlegen gewesen sein, wenn wir doch bereits gesagt haben, dass ihr Hauptaugenmerk auf der Kavallerie lag?

Dazu schreibt Hecht: [1]
Daß es nicht nur zur Niederlage von Mantzikert, sondern im Anschluß an sie zum Verlust wesentlicher Teile Kleinasiens kam, hatte verschiedene Ursachen, die nicht einmal ausschließlich in der politischen Entwicklung des Reiches und seiner Ostgrenze seit Basileios II. zu suchen sind. Zunächst wurde im Verlauf der Kämpfe die waffentechnische Überlegenheit der Seldschuken deutlich, im Gegensatz zu denen die Byzantiner seit langem die berittenen Bogenschützen vernachlässigt hatten. Auf wehrpolitischem Gebiet kam hierzu der fortschreitende Zerfall des bewährten Stratiotensystems. Als entscheidend wirkte sich jedoch aus, daß die armenische Militärmacht mit der Auflösung ihrer starken Milizen spätestens unter Konstantin Monomachos vernichtet war, ohne daß Byzanz seither in der Lage gewesen wäre oder auch nur beabsichtigt hätte, nun seinerseits in diesem Raum die Verteidigung des Reiches schlagkräftig zu organisieren. Statt dessen wurde in den von Akriten oder Ghazis türkischer Volkszugehörigkeit kontrollierten Gebieten der Einfluß des Seldschukensultans immer größer, dessen tolerante Politik auch bei der Bevölkerung des westlicheren Anatoliens einiges Aufsehen erregte: nicht ausgesprochen ungern ergab man sich auch dort der neuerlichen mohammedanischen Herrschaft.
Der Verfall der Themenverfassung wird hier durchaus gewürdigt, allerdings die Armenienfrage für "entscheidend" gehalten. Die in mehreren Schritten erfolgende Annexion dieses potentiellen Bundesgenossen gegen Dritte erwies sich insgesamt als Schwächung.

Die Annexion Armeniens war sicher ein Fehler. Allerdings frage ich mich wie lange Armenien selbst den Druck der Seldschuken standgehalten hätte. Außerdem hatte Byzanz nur einen Teil seiner Ostgrenze mit Armenien, die Seldschuken hätten also nicht zwingend über Armenien in Kleinasien einfallen müssen. (Außer sie hätten sich mit Armenien begnügt)
 
Ein Thema bestand aus 2-18 drungi, diese wiederum beinhalten ca. 1000 Soldatengüter. Wie können sie da der seldschukischen Infanterie unterlegen gewesen sein, wenn wir doch bereits gesagt haben, dass ihr Hauptaugenmerk auf der Kavallerie lag?

Bei ihren Vorstößen war die Kavallerie auch entscheidender. Es waren blitzschnelle Vorstöße, gegen die die Byzantiner nicht mal die geringste Chance hatten, rechtzeitig eine Gegenwehr zu bilden, die ausgereicht hätte.
 
Bei ihren Vorstößen war die Kavallerie auch entscheidender. Es waren blitzschnelle Vorstöße, gegen die die Byzantiner nicht mal die geringste Chance hatten, rechtzeitig eine Gegenwehr zu bilden, die ausgereicht hätte.

Aber das war doch gerade der Vorteil der Themenordnung! Die Themensoldaten waren sofort an Ort und Stelle sobald ein feindlicher Vorstoß erfolgte. War es ein größere Invasion brauchte es Zeit das Heer zu bewegen, was den Byzantinern Zeit gab sie mit Tagmata-Einheiten abzufangen. Diese wurden dann vorort noch mit den lokalen Themenmilizen verstärkt. War es ein einfacher Raubzug an der grenze, konnten die Themen einheiten sie leicht abfangen. War es ein größerer Raubzug, hat man gewartet bis sie weiter im Hinterland waren und kesselte sie dann ein.

Der große Vorteil den das Themensystem hatte, war dass überall Soldaten verfügbar waren und man kein Heer langwierig an den Feind heranführen musste.
 
Aber das war doch gerade der Vorteil der Themenordnung! Die Themensoldaten waren sofort an Ort und Stelle sobald ein feindlicher Vorstoß erfolgte. War es ein größere Invasion brauchte es Zeit das Heer zu bewegen, was den Byzantinern Zeit gab sie mit Tagmata-Einheiten abzufangen. Diese wurden dann vorort noch mit den lokalen Themenmilizen verstärkt. War es ein einfacher Raubzug an der grenze, konnten die Themen einheiten sie leicht abfangen. War es ein größerer Raubzug, hat man gewartet bis sie weiter im Hinterland waren und kesselte sie dann ein.

Der große Vorteil den das Themensystem hatte, war dass überall Soldaten verfügbar waren und man kein Heer langwierig an den Feind heranführen musste.

Grau ist alle Theorie. Die Byzantiner hatten einfach keine Chance mehr, sich so schnell und in großer Zahl zu mobilisieren, um die Seldschuken aufzuhalten. Sie waren schlicht und einfach in ihren Zahlen dezimiert, und die Seldschuken konnten wunderbar überall dort zuschlagen, wo es ihnen gefiel, weil sie zahlreich genug waren, und ihre Angriffe nicht wirklich vorhersehbar waren.
 
Die Byzantiner hatten einfach keine Chance mehr, sich so schnell und in großer Zahl zu mobilisieren, um die Seldschuken aufzuhalten. Sie waren schlicht und einfach in ihren Zahlen dezimiert,

Das kommt nun darauf an inwieweit der Feudalisierungsprozess in den einzelnen Themen bereits fortgeschritten war. Aber eine Diskussion darüber ob die Byzantiner eine Chance gehabt hätten, ist sowieso sinnlos da sie ja verloren haben.

Es geht ja in diesen Thema darum, was gewesen wäre wenn die Themen noch funktioniert hätten. Wenn die notwendigen Reformen durchgeführt wären, hätte man sich der Türken genausogut erwehren gewusst wie der Araber.
 
Da hast du ja wieder eine außerodentlich interessante und informative Publikation ausgegraben, lynxxxxxxxxxxx! Lohnt sich zu lesen! :winke:
Danke dir, aber die befand sich schon hier in diesem Sammelthread seit drei Jahren:

Dynastien, Namen und Begriffe der isl. Welt


(konnte sie nur nicht direkt zur Seite verlinken, da die ganze Uni-Seite irgendwie offline war, muss ich gleich mal schauen, ob immer noch)

(EDIT: Ja, die Uni-Seite geht nun wieder, also kann man auch die weiteren Dokumente und Karten dort anschauen, im Kapitel "Die Türken kommen":
http://www.orientphil.uni-halle.de/sais/material-islamischegeschichte1-uebersicht.php
Gibt auch eine zweite Vorlesungsreihe, die bis heute reicht.)
 
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