Die verschiedenen Wissenschaften der Geschichte

Dendren

Neues Mitglied
Hallo,

vielleicht kann sich ja der ein oder andere noch an meinen Post vor nem halben Jahr erinnern. Jetzt ist es jedenfalls so weit und ich habe mich an diversen Unis beworben.
Nun habe ich mich mittlerweile auch über die verschiedenen Wege im Bereich Geschichte informiert (Geschichtswissenschaft, Archäologie und Kunstgeschichte). Also mir sind die Unterschiede durchaus bewusst. Was mir aber nicht bewusst ist welche Aufgabenfelder die einzelnen Disziplinen abdecken. Klassische Aufgabenfelder die ich den Archäologen oder "normalen" Historikern zugerechnet habe wie z.B Museen, Denkmalpflege scheinen eher Aufgaben für Kunsthistoriker zu sein? Generell erscheint mir das Aufgabenfeld der Kunsthistoriker als ziemlich riesig. Entspricht das der Wahrheit oder kann man das so pauschal nicht sagen?
Zeitlich interessiere ich mich sehr für das Frühmittelalter. Und mein erster Plan war eigentlich Vor und Frühgeschichte als Hauptfach und Geschichte zu kombinieren (oder umgekehrt). Aber als Traumarbeitsgebiet (ich weiß man darf sich da nicht so drauf versteifen) hatte ich schon den Museumsbereich im Kopf. Jetzt bin ich ein wenig verwirrt ehrlich gesagt. :D
Ich weiß nicht ob die Frage hier generell ins Forum passt, aber da hier viele Historiker und Archäologen herumschwirren könnt ihr mir sicher helfen.
 
Klassische Aufgabenfelder die ich den Archäologen oder "normalen" Historikern zugerechnet habe wie z.B Museen, Denkmalpflege scheinen eher Aufgaben für Kunsthistoriker zu sein?

Nein, das kann man so nicht sagen, das kommt ganz auf das Museum und seinen Sammlungsschwerpunkt an. In Freilichtmuseen werden z.B. häufig Industrie- und Technikhistoriker, welche am besten über eine grundständige Ausbildung vor dem Studium verfügen, gesucht. Oder aber, je nach Ausrichtung, eher Ethnologen/Volkskundler.
Archäologische Museen benötigen natürlich Archäologen und historische Museen Historiker. Und Kunstmuseen, v.a. historisch ausgerichtete, Kunsthistoriker. Viele Museen sind auch so organisiert, dass verschiedene Richtungen hier nebeneinander arbeiten. Als Beispiel sei hierfür mal das KHM Magedburg genannt. Schau mal selbst in die Mitarbeiterliste, da kannst du bei den akademischen Mitarbeitern sehen, dass die aus unterschiedlichen Bereichen kommen. Bei den meisten Stadtmuseen ist das auch so, auch wenn der Mitarbeiterstab noch kleiner ist.

Generell erscheint mir das Aufgabenfeld der Kunsthistoriker als ziemlich riesig. Entspricht das der Wahrheit oder kann man das so pauschal nicht sagen?
Auch hier kann man das pauschal nicht sagen. Der Arbeitsmarkt für die historischen Berufsfelder ist eher übersättigt! Zumindest, was die studienfachnahen Arbeitsfelder anbelangt. Da kommen leicht 200 Bewerber auf eine Stelle, je nach Attraktivität des Arbeitsortes auch mal mehr. Daher kann ich nur mit Nachdruck empfehlen, freiwillige Praktika zu machen und Werkstudentenjobs zu ergattern. Praktika am besten in- und außerhalb des engeren Berufsfeldes, also Museum, Archiv, Grabung (je nach Ausrichtung des Studiums) und auch in der freien Wirtschaft. Denn auch die Absolventen geisteswissenschaftlicher Fächer haben Chancen auf Übernahme in der freien Wirtschaft, allerdings wird immer wieder gefordert, dass man auch Ahnung von der freien Wirtschaft habe.

Zeitlich interessiere ich mich sehr für das Frühmittelalter. Und mein erster Plan war eigentlich Vor und Frühgeschichte als Hauptfach und Geschichte zu kombinieren (oder umgekehrt). Aber als Traumarbeitsgebiet (ich weiß man darf sich da nicht so drauf versteifen) hatte ich schon den Museumsbereich im Kopf.
Das passt durchaus. Aber wie gesagt, die Museen und Archive etc. können sich die passenden Bewerber aus 200 und mehr Bewerbern aussuchen...

Ein Lehramtsstudium, vorausgesetzt man das ein pädagogisches Händchen und will mehr Pädagoge als Fachwissenschaftler sein, ist zwar auch keine Garantie auf einen Arbeitsplatz, aber zumindest verringert es die Zahl der Konkurrenten.
 
Danke für die Antworten,

ja mir ist das alles durchaus bewusst, ich mache mir da auch keine Illusionen. Die frage kam halt auf, weil ich mir mal im Vorraus Stellenanzeigen angeschaut habe, aber auch Viten von diversen Leuten die halt in dieser Sparte arbeiten. Und irgendwie was es sehr auffällig das diese Leute fast alle Kunsthistoriker waren (z.b im germanischen nationalmuseum), aber auch Mitarbeiter bei Denkmalschutzämtern.
Um mein Interessengebiet abzudecken, würde es sich da eher empfehlen Geschichte als Hauptfach zu wählen und Vor- und Frühgeschichte als Nebenfach? Oder umgekehrt?
Mir fiel auf, das die meisten Forscher die sich mit dem Frühmittelalter befassen Historiker sind, was natürlich auch irgendwie logisch ist, immerhin gibt dort mehr schriftliche Quellen.
Ich komme mir ein wenig verloren vor als Laie in diesem Dschungel von Möglichkeiten. *g*
 
Die frage kam halt auf, weil ich mir mal im Vorraus Stellenanzeigen angeschaut habe, aber auch Viten von diversen Leuten die halt in dieser Sparte arbeiten. Und irgendwie was es sehr auffällig das diese Leute fast alle Kunsthistoriker waren (z.b im germanischen nationalmuseum), aber auch Mitarbeiter bei Denkmalschutzämtern.

Das liegt allerdings daran, dass das GNM sehr stark kunst-historisch ausgerichtet ist. Schau dir mal die Sammlungsschwerpunkte an (allerdings ist Kunstgeschichte bei vielen auch nur ein Fach neben einem anderen historischen oder archäologischen Fach).

Um mein Interessengebiet abzudecken, würde es sich da eher empfehlen Geschichte als Hauptfach zu wählen und Vor- und Frühgeschichte als Nebenfach? Oder umgekehrt?

Das hängt ganz von dir ab. Es gibt da kein Rezept, was man studieren muss, um sicher an einen Job zu kommen. Wenn du Sicherheit willst, musst du BWL studieren (sorry BWLer).

Ich wiederhole mal ein älteres Zitat, welches ich dir bereits letztes Jahr geschrieben hatte. Es soll dir veranschaulichen, dass es eben das Rezept, welches du suchst, nicht gibt.
Ein Bekannter von mir der Altorientalische Archäologie studiert hat (frag mich nicht nach dem genauen Namen des Faches) hat häufig Probleme an eine Stelle zu kommen, weil er aus Sicht der Arbeitgeber für viele Stellen die falsche Spezialisierung hat. Letztendlich kann man da nicht wirklich raten, ob du dich lieber spezialisieren solltest oder dir eine möglichst breite Basis bewahren solltest (am besten: verschaff dir eine breite Basis, nicht nur im tatsächlichen Wissen, sondern auch, was die späteren Zeugnisse angeht und spezialisiere dich gleichzeitig....:D), es ist immer irgendwie richtig und irgendwie falsch... Wenn du dich auf eine ausgeschriebene Stelle in der Orientabteilung des DAI, Außenstelle Bagdad bewirbst, wirst du mit einer altorientalischen Richtung sicher Vorteile gegenüber dem "08/15-UFGler" haben. Wenn aber das Projekt nach zwei oder drei Jahren abgelaufen ist und dir die Anschlussstelle nicht angeboten werden kann oder die Konkurrenz zu stark ist und du dich bei der Feld-Wald-und-Wiesenarchäologie in Alt-Neustadt oder Oberunterwiesenbergtal bewirbst, dann hat da der klassische UFGler, der quasi beinahe schon den archäologischen "Mainstream" und nicht so ein Orchideenfach studiert hat, die besseren Chancen, den du bei der anderen Stelle ausgestochen hast. Selbiges gilt für Stellen an der Universität. Ergo: Such dir eine/n Lebenspartner/in, der/die bereit ist, dich über vielmonatige Durststrecken mit durchzufüttern und überlege dir, ob du eine Familie gründen möchtest oder nicht. Und: Versuche möglichst viele Praktika zu machen und bei den jeweiligen archäologischen Behörden möglichst viel als Grabungshelfer zu arbeiten, um dir für nach dem Studium ein Netzwerk aufzubauen. Am Ende zählen aber für die Einstellung, gerade bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern, die Endnoten!
 
El Quijote meine Frage bezog sich gar nicht die Jobsituation. Und mit BWL bekommst du heute auch nicht mehr auf jeden Fall einen Job. :D
Du musst nur wissen, man ist ein wenig überfordert was die Inhalte der Studiengänge angeht als Laie.
Und so drauflos studieren mag ich auch nicht. Meine Frage bezog sich eher ob dieser Zeitabschnitt (Frühmittelalter/Mittelalter) eher in den Geschichtswissenschaften behandelt wird.
 
Frühmittelalter

Hallo

Meine Frage bezog sich eher ob dieser Zeitabschnitt (Frühmittelalter/Mittelalter) eher in den Geschichtswissenschaften behandelt wird.

Für die meisten Kunsthistoriker beginnt ja KG erst ab 800 :devil:
Aber die Karolingerzeit ohne die VWZ kunsthistorisch zu betrachten ist Unsinn. Zum anderen habne viele Kunsthistoriker kein Ahnung von der Vor- und Frühgeschichte, es sind meist Historiker (Medivsiten, oder Frühgeschichtler) die fürs Frühmittelalter incl. Karolingerzeit publizieren, jedenaflls was Goldschmiedekunst, Kleinkunst angeht, ist jedenfalls meine Eindruck.

Ich würde da eher Mediavistik, VFG + KG studieren in der Rangfolge, VG + Mediavistik tauschen.



mfg
schwedenmann
 
Und so drauflos studieren mag ich auch nicht. Meine Frage bezog sich eher ob dieser Zeitabschnitt (Frühmittelalter/Mittelalter) eher in den Geschichtswissenschaften behandelt wird.
Es kommt auf die Fragestellung an. Politische Geschichte ist, von Ausnahmefällen abgesehen, etwas, womit der Archäologe eher weniger zu tun hat, der beschäftigt sich mit Materialkultur und daher tendentiell eher mit Alltagsgeschichte, die er etwa aus der Keramik abzulesen sucht, um es mal ganz platt und auf einen Ausschnitt reduziert zu sagen. Du musst halt wissen, was du willst...

Als UFGler kann man sich ein ganzes Arbeitsleben lang nur mit Bronzebeilen aus Horten beschäftigen. Oder mit frühmittelalterlicher Keramik. Wenn dich das anfixt, dann ist UFG das richtige Studienfach. Wenn aber Typenbestimmung bei Materialkulturen dir ein Graus ist, oder du die Rekonstruktion neolithischer bis frümittelalterlicher Siedlungen aus Pfostenlöchern einfach nur langweilig findest und dich die Strata in einem archäologischen Schnitt nicht die Bohne interessieren, dann ist von UFG abzuraten.
 
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