Die Völkerwanderung als große Migration

Repo

Aktives Mitglied
Sind die Deutschen eingewandert?
Dieser Thread-Titel wurde leider beanstandet. Obwohl er an und für sich einen Allgemeinplatz beschreibt, die Germanen sind bei der Völkerwanderung nach Mitteleuropa eingewandert. Weiß eigentlich jeder.
Falsch ist es trotzdem.

Die Menschheit '"wandert" eigentlich ständig, Familienforscher werden es bestätigen, nach 3-4 Generationen haben sich an einem Ort die Familiennamen oft ganz erheblich geändert. Leute sind "abgewandert" andere "zugewandert".
Bekannt ist zB, dass die Goten Theoderichs bei ihren Wanderungen über den Balkan 50% "Wandernde" verloren haben, aber genau soviele zugewonnen haben. Ethnisch homogen waren diese "Wandervölker" sowieso nicht. Gote war, wer Gote sein wollte. Die es aus den verschiedensten Gründen "sein wollten" wobei auch das "Königsheil" eine grosse Rolle spielte. (Königsheil, eine Erscheinung die bei den Trainerwechseln im Fussball zB bis heute überlebt hat)

Der Erforschung der Völkerwanderungszeit wird in den letzten Jahren größere Aufmerksamkeit gewidmet, weil neue naturwissenschaftliche Methoden neue Erkenntnisse gebracht haben, und noch bringen werden.
Auch weil man hofft aus der "Geschichte zu lernen" Lösungsansätze für heutige Migrationsprobleme zu finden.
Das "Lernen aus der Geschichte" soll einem Allgemeinplatz nach ja nicht funktionieren, aber zumindest die Militärs praktizieren dies als erheblichen Teil der Offiziersausbildung, demnach scheint auch dieser Allgemeinplatz falsch zu sein.

Man bindet auch ganz andere Bereiche der Forschung ein, die Naturwissenschaften habe ich schon genannt, aber auch die neuere Geschichte ist zu nennen und gänzliche fachfremde wie zB die Sozialforschung.

Diesen "Blick über den Zaun" finde ich ganz besonders interessant und denke, dass da ganz erhebliche Erkenntnisse zu gewinnen sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
.....Auch weil man hofft aus der "Geschichte zu lernen" Lösungsansätze für heutige Migrationsprobleme zu finden.
Das "Lernen aus der Geschichte" soll einem Allgemeinplatz nach ja nicht funktionieren, aber zumindest die Militärs praktizieren dies als erheblichen Teil der Offiziersausbildung, demnach scheint auch dieser Allgemeinplatz falsch zu sein.
Ob man aus der Geschichte Lösungen für aktuelle Tagesprobleme lernen kann, weiß ich auch nicht, man kann es aber versuchen.
Ich werde heute abend nicht mehr nach Definitionen und Expertenaussagen googeln, sondern nur spontane Gedanken niederschreiben.
Ganz allgemein verlassen seßhafte Menschen ihren Wohnsitz, wenn ihre Situation am Wohnort subjektiv unerträglich geworden ist und sie meinen, woanders wäre es besser.
Für den einen ist schon der Anblick der immer gleichen Bäume, Häuser und Nachbarn unerträglich, ein anderer wandert aus, weil er sein letztes überlebendes Kind vor dem Hungertod retten will.
Jede Wanderung ist mit einem Risiko verbunden, denn am neuen Ort ist man anfangs der Neue, Fremde, kennt sich nicht so gut aus und meistens sind schon Eingesessene da, die ihren Besitzstand und gesellschaftlichen Status verteidigen.

Man bindet auch ganz andere Bereiche der Forschung ein, die Naturwissenschaften habe ich schon genannt, aber auch die neuere Geschichte ist zu nennen und gänzliche fachfremde wie zB die Sozialforschung.

Diesen "Blick über den Zaun" finde ich ganz besonders interessant und denke, dass da ganz erhebliche Erkenntnisse zu gewinnen sind.

Von Sozialforschung verspreche ich mir am meisten, um Aussagen über die Palette der Verhaltensweisen von Migranten und Ortsansässigen zu machen.

Für die Völkerwanderungszeit ist mir über Probleme von z.B. einzelnen Teilnehmern des Gotenzugs, die sich auf dem Balkan ausklinkten und dort siedelten, nichts bekannt. Ich weiß nur von Anfragen von Großgruppen an die Römer sich auf der römischen Donauseite niederzulassen, die abgelehnt wurden. Ähnliche Ablehnungen gab es in Südfrankreich, bezogen sich aber immer auf ganze Völkerschaften.
Ich lese gerade über die Geschichte des Judentums, vorher hatte ich mich immer gefragt, wo die Juden im 1. Jahrtausend waren, da sie als Gruppe relativ wenig erwähnt werden. Sie haben sich entlang der römischen Straßen und Flüsse verteilt und fielen während der Völkerwanderungszeit nicht weiter auf.
 
Die Deutschen sind sicher nicht eingewandert! Nicht die Menschheit wandert, sondern Menschen.

Die Zeit der "Völkerwanderung" kann man mit heutigen Migrationen auf keinen Fall vergleichen. Naturwissentschaftlich betrachtet dies kein Mensch in Deutschland, sondern nur aus seiner Warte. Wer ist denn Deutscher? Der mit dem Perso oder der aus Russland oder...

Die "Wandervölker" waren ethnisch garnicht so weit voneinander, Alanen waren von Goten nicht so weit weg und ich denke nicht, dass sich romanisierte "Eingeborene" den Wandernden angeschlossen haben.
 
Sind die Deutschen eingewandert?

Nein, sie sind irgendwann vom Himmel gefallen! =)

6000 v. Chr. lebten hier Jäger und Sammler, dann kamen um 5000 v. Chr. Bandkeramiker, die Ackerbau und Viehzucht einführten, und sich mit den ollen Hirschfängern und Pilzesammlern vermischten. Etwa um 2500 v. Chr. kamen Schnurkeramiker, die manche als nomadisierende indoeuropäische Terminators, andere als einheimische Bauern betrachten. Von anderen Kulturen wie die Michelsberger, Rössener, Megalith oder Trichterbecher will ich erst gar nicht sprechen.

Das ganze Völkergemisch formierte sich irgendwann - möglicherweise Mitte des 1. Jahrtausends vor der Zeitenwende - zu den bekannten (und auch unbekannten) germanischen Stämmen. Die nahmen, besonders im Süden des heutigen Deutschlands, auch keltische und unbekannte Volkssplitter auf, mutierten von Kleinstämmen zu Stammesschwärmen und schließlich zu den bekannten Großstämmen der Sachsen, Franken, Bayern und Alemannen. Während die Franken links des Rheins das große staatsmännische Los zogen, wurstelten ihre armen rechtsrheinischen Verwandten vor sich hin.

Als die sich dann im Jahr 919 unter König Heinrich I. zu einem "Reich" zusammenschlossen, legten sie den nachfolgenden Historikern ein problematisches Ei in den Schoß: War das nun schon "Deutschland", oder ein "Ostfränkisches Reich", oder ein "Deutsch-Ostfränkisches Reich"?

Wie auch immer: Irgendwann im 10./11. Jh. wuchs eine "deutsche" Identität, wobei ein Fixpunkt nicht auszumachen ist. Einige sehen als zentralen Wendepunkt schon die fränkische Reichsteilung 843, die u.a. ein weitgehend selbstständiges Ostfrankenreich hervorbrachte, andere das Jahr 962 mit der Kaiserkrönung Ottos I., die meisten bevorzugen es, sich nicht genau festzulegen.

Und nicht zu vergessen: Nach dem 12. Jh. reicherten noch fleißige slawische Bauern rechts der Elbe-Saale-Linie das entstehende "Deutschland" an, das allerding nicht so hieß, sondern Heiliges Römisches Reich - und nicht mal "Deutscher Narion", denn das kam erst ab dem späten 15. Jh. auf!

Nun darfst du selbst entscheiden, ob oder wann die "Deutschen" eingewandert sind! :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hatte von einem Migrationsthread etwas anderes erwartet, vielleicht habe ich Repos Frage aber auch falsch interpretiert.
Dass Menschen schon immer aus- und eingewandert sind, hat Dieter anhand der bekannten Ethnogenese bereits dargestellt.

Ich finde die soziologischen Aspekte viel spannender, wie wirkte sich Migration in das Gebiet des heutigen Deutschland auf den Einzelnen und seine Nachbarn aus.
-Mußte er nach Ankunft als Neuankömmling in der Unterschicht anfangen?
-Wie lange dauerte es, bis er akzeptiert wurde als Freund, Ehepartner?
-Wurde er noch zu seinen Lebzeiten als Einheimischer betrachtet oder erst seine Kindeskinder?
-Wie wichtig war Ausbildung, Sprache, Status im Herkunftsland?

--usw mir würden noch viele Fragen einfallen.

Wahrscheinlich kann man solche Fragen für das 1. Jahrtausend schwer beantworten. Geeigneter wäre mE eher die Neuzeit, da hätte vielleicht mancher Ahnenforscher einen interessanten Einzelfall zu berichten.
Als größere und bekanntere Migrationsgruppe fallen mir spontan die Hugenotten ein.

Aber eigentlich ist das dann ein anderes Thema.
 
Da kann ich dir nicht widersprechen. Nur was ist hier eigentlich das Thema? :cry:

Die Eingangsfrage in der ersten Zeile lautete: "Sind die Deutschen eingewandert".

Dieser Frage bin ich oben mit der gebührenden (oder ungebührenden? :grübel:) Ausführlichkeit nachgegangen!!
 
Bekannt ist zB, dass die Goten Theoderichs bei ihren Wanderungen über den Balkan 50% "Wandernde" verloren haben, aber genau soviele zugewonnen haben. Ethnisch homogen waren diese "Wandervölker" sowieso nicht. Gote war, wer Gote sein wollte. Die es aus den verschiedensten Gründen "sein wollten" wobei auch das "Königsheil" eine grosse Rolle spielte. (Königsheil, eine Erscheinung die bei den Trainerwechseln im Fussball zB bis heute überlebt hat)

Die wandernden Stämme ("Völker" ist sowieso falsch) definierten sich keineswegs ethnisch. Nahmen immer wieder neue auf, gleich welcher Ethnie, die sich Vorteile versprachen, wie sie ständig andere verloren, die sich zB keine Vorteile mehr versprachen, waren also überaus dynamisch.

Man bindet auch ganz andere Bereiche der Forschung ein, die Naturwissenschaften habe ich schon genannt, aber auch die neuere Geschichte ist zu nennen und gänzliche fachfremde wie zB die Sozialforschung.

Zuerstmal die Naturwissenschaften:
Strontiumisotopenanalyse

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wechseln zu: Navigation, Suche



Die Strontiumisotopenanalyse dient zur Analyse von (prä)historischem Migrationsverhalten von Menschen und Tieren. Strontium wird abhängig vom geographischen Ort in unterschiedlichen Isotopenverhältnissen mit der Nahrung aufgenommen und in Knochen und Zähnen eingelagert. Die Archäologie bedient sich seit einigen Jahren zunehmend dieser neuen Methode. Die ersten Projekte gingen von den USA und Großbritannien aus und betrafen zunächst Nord- und Mittelamerika. Aktuelle Anwendungen in Deutschland sind etwa Studien zu Migrationsverhalten im Neolithikum (Linearbandkeramik, Glockenbecher) oder zur Eisenzeit.
Der radioaktive Rubidium-Strontium Zerfall eignet sich für die Zeitbestimmung von Gestein aus dem Paläozoikum.
Inhaltsverzeichnis

[Verbergen]

Physikalische Grundlagen [Bearbeiten]

Strontium hat vier stabile, natürlich vorkommende Isotope: 84Sr (0,56 %), 86Sr (9,86 %), 87Sr (7,0 %) und 88Sr (82,58 %). 87Sr entsteht beim β--Zerfall des Rubidium-Isotops 87Rb mit einer Halbwertszeit von 4,7 · 1010 a. Da die Lebensdauer von 86Rb nur kurz ist, entsteht daraus schon während der Entstehung des Gesteins 86Sr. Damit gibt das Isotopenverhältnis von 87Sr zu 86Sr Hinweise auf Alter des Gesteins. Je nach Region variiert das mittlere 87Sr / 86Sr-Verhältnis von 0.71 um bis zu 2%[1].
Einlagerung in Knochen und Zähnen [Bearbeiten]

Strontium ist wie Calcium ein Erdalkalimetall. Es wird daher im Körper ebenso wie Calcium zum Aufbau von Knochen und Zähnen verwendet. Da die Entwicklung der Zähne im Kindesalter abgeschlossen wird, sich jedoch die Knochen ständig erneuern, finden sich abhängig davon, wo die Person aufgewachsen ist und wo sie sich in den letzten Lebensjahren befand, unterschiedliche Isotopenverhältnisse. Dadurch wird zum Beispiel eine Analyse der Migrationsbewegung ermöglicht, wenn dazu die Strontiumisotope von Fossilienfunden herangezogen werden.
Nutzen und Nachteile [Bearbeiten]

Voraussetzung für die Anwendung ist u.a. die Kartierung von Gesteinen. Zwangsläufig liefert eine Kartierung der Strontium-Isotopenverhältnisse Mehrdeutigkeiten. Daher reicht die Strontiumisotopenanalyse alleine nicht aus. Für die Analyse von Migration müssen daher weitere Indizien hinzugezogen werden.
Weitere Störfaktoren sind auch der Handel mit Nahrungsmitteln über weite Strecken. Dies macht die Isotopenanalyse für Kulturen, wie das antike Rom, vielfach nutzlos.
Rubidium-Strontium-Datierung [Bearbeiten]

Die Halbwertszeit von 87Rb ist ca. 10mal höher als das geschätzte Alter der Erde. Rubidium-Strontium-Datierung basiert auf dem Zerfall von Rubidium in Strontium. Mit ihr lassen sich Gesteine aus dem Paläozoikum vor 4.5 Mrd Jahren bis zur Kreidezeit vor ca. 50 Mio Jahren zeitlich einordnen. Für jüngere Gesteine sind andere geochronologische Verfahren vorzuziehen.
Dank des Vorhandenseins des stabilen Referenzisotops 86Sr stützt sich die Radiometrische Datierung auf die Isochronenmethode. Dadurch ist sie weniger anfällig gegenüber dem Schätzen der Ausgangskonzentration und erreicht eine Genauigkeit von bis zu 5%.
Verweise [Bearbeiten]


  1. SBA: methodology Isotopic distribution for UK
Literaturhinweis [Bearbeiten]


  • C. Knipper, Die Strontiumisotopenanalyse: Eine naturwissenschaftliche Methode zur Erfassung von Mobilität in der Ur- und Frühgeschichte. Jahrb. RGZM 51, 2004, 589-685
  • T. D. Price/C. Knipper/G. Gruppe/V. Smrcka, Strontium Isotopes and Prehistoric Human Migration: The Bell Beaker Period in Central Europe. European Journal of Archaeology 7, 2004, 9-40.
  • T. D. Price/J. Wahl/C. Knipper/E. Burger-Heinrich/G. Kurz/A. Bentley, Das bandkeramische Gräberfeld vom 'Viesenhäuser Hof' bei Stuttgart-Mühlhausen. Neue Untersuchungsergebnisse zum Migrationsverhalten im frühen Neolithikum. Fundberichte aus Baden-Württemberg 27, 2003, 23-58.

ich habe mal, vorsichtshalber den ganzen Wiki-Beitrag reinkopiert, Links liest erfahrungsgemäß kaum einer.


Hier die Quelle meiner Überlegungen:
Sonderheft 2005

Dieses Sonderheft ist nicht mehr erhältlich.

Knaut, Matthias / Quast, Dieter (Hrsg.)
Die Völkerwanderung
Europa zwischen Antike und Mittelalter

104 Seiten mit 120 Abbildungen und Karten. 21 x 28 cm. Gebunden.
ISBN: 978-3-8062-1574-8

leider nicht mehr zu kaufen. Aber Bibliotheken werden es haben.
 
Die wandernden Stämme ("Völker" ist sowieso falsch) definierten sich keineswegs ethnisch.

Die germanischen Stämme der Völkerwanderung hatten einen so genannten "Traditionskern", der zusammen mit der Königsdynastie identitätsstiftend wirkte. Man kann daher durchaus von einem burgundischen, vandalischen, langobardischen oder gotischen Stamm sprechen, wenn einem dabei bewusst ist, dass diese Stämme auf ihrer Wanderung eine Vielzahl anderer Stammes- und Volkssplitter in sich aufnahmen und integrierten.

Das konnten sogar ganz fremde Ethnien sein, wenn man z.B. an die iranischen Alanen denkt, die sich den Vandalen auf ihrem Zug durch Europa bis nach Nordafrika anschlossen. Die vandalischen Könige nannten sich auf Münzinschriften daher häufig "rex vandalorum et alanorum".
 
Gerade der Titel rex vandalorum et alanorum legt doch nahe, dass sich die sogenannten Stämme ethnisch verstanden! Alanen sind eben keine Vandalen und wurde auch keine Vandalen. Was hier nicht ethnisch verstanden wurde ist das Königreich. Sprich Untertanen und Gefolgsleute mussten nicht zur gleichen Ethnie gehören; die unterschiedlichen Ethnien blieben trotz politischer Einheit offenbar erhalten.
Da macht es nichts, dass Alanen eine ganz andere Sprache sprechen, sie können genauso gut Gefolgsleute vandalisch stämmiger Könige werden wie andere Germanen oder eben auch Hunnen, Römer etc. Im Lauf der Spätantike glich sich das römische Militär den Barbaren immer weiter an. Romanische Heermeister wie Aetius oder Syagrius unterschieden sich in ihrem Verhalten und ihrer Funktion kaum noch von germanischen Königen; sie scheinen nur beim Erwerb ziviler Ämter begünstigt. Noch merkwürdiger ist Stilicho; ist er ein Vandale oder Römer?
Bekannt ist zB, dass die Goten Theoderichs bei ihren Wanderungen über den Balkan 50% "Wandernde" verloren haben, aber genau soviele zugewonnen haben. Ethnisch homogen waren diese "Wandervölker" sowieso nicht. Gote war, wer Gote sein wollte. Die es aus den verschiedensten Gründen "sein wollten" wobei auch das "Königsheil" eine grosse Rolle spielte. (Königsheil, eine Erscheinung die bei den Trainerwechseln im Fussball zB bis heute überlebt hat)
Gibt es dafür eigentlich irgendwelche Belege? Gerade die Goten gründeten ja mehrere Königreiche. Nach dem Trainerwechsel blieb es aber bei Goten, nur eben mit Zusätzen, also Wisigoten und Ostrogoten. An der gotischen Ethnie hat dies anscheinend erstmal nichts geändert, die Legende einer skandinavischen Abstammung der Goten blieben erhalten, auch wenn sie nur eine Legende war. Ähnliche Phänomene gibt es bei Sueben, Sachsen und Angeln. Angehörige des Stammes gelangen in unterschiedliche Teile Europas und bleiben dort erhalten. Es gab ein Sueben-Reich in Spanien, gegründet von Sueben, die sich den Vandalen anschloßen ohne Vandalen zu werden, und eben gleichzeitig noch Sueben in Süddeutschland; Angeln und Sachsen gründet in Britannien Reiche und siedelten gleichzeitig im Thüringerreich. Die Existenz der Stämme war offenbar nicht notwendigerweise an Könige und Reiche gebunden.
Gibt es überhaupt irgendeinen Beleg dafür, dass irgendeine eine Person der Völkerwanderungszeit durch Unterstellung unter einen König dessen Ethnie angenommen hat? Mir ist so ein Fall zumindest nicht bekannt.

Gerade in der Völkerwanderungszeit blieb die Unterscheidung zwischen den Stämmen erhalten. (Die Stammesbildung fand ja häufig schon im 3. Jahrhundert n. Chr. oder sogar davor statt.)
Im Frankenreich der Merowinger wurden z.B. kein Volks- oder Stammessplitter assimiliert. Romanen, Burgunden, Thüringer, Friesen usw. blieben als solche erhalten, wurde keine Franken, sehr wohl wurde sie aber in das Reich integriert. Das Reich ist aber vor allem die Gefolge des Königs, eine politische und militärische Vereinigung, und eben kein ethnisches verstandendes Gebilde wie unsere Nationalstaaten.
Das Reich definierte sich erst im Verlauf des Mittelalters zunehmend ethnisch, also deutsch. Gleichzeitig verloren nicht ganz zufällig die alten "Stämme" und Romanen und Slawen zunehmend an Bedeutung. Und die meisten, die im ostfränkischen oder später römischen Reich lebten wurden irgendwann Deutsche.
Und die Deutschen sind danach tatsächlich nach Mitteleuropa eingewandert und haben die in Mitteleuropa ansässige slawische und baltische Bevölkerung wurde tatsächlich im Lauf der Jahrhundert zu Deutschen assimiliert. Das ist aber mittelalterliche deutsche Ostsiedlung und keine germanische Völkerwanderung. In Ostpreußen wanderten sogar noch im 18. Jahrhundert Deutsche ein, nämlich aus Salzbug vertriebene Protestanten. Die Ostpreußen, die 1945 ins heutige Deutschland vertrieben wurden, waren also eine bunte Mischung aus eingewanderten Österreichern, Hugenotten, sowie einheimischen Slawen und baltischen Pruzzen entstanden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was man aus der ganzen Sache lernen kann ist wohl,daß erfolgreiche Gesellschaften wie das römische Reich oder auch das Reich Karls des Großen die Kraft zur Assimilation und Integration fremder Ethnien und auch die Kraft zur Übernahme von deren Innovationen und Ideen , soweit diese positive Auswirkungen hatten,aufbrachten. bzw. umgekehrt auch einwandernde Völker gerade in der Völkerwanderungszeit von der Anpassung und Übernahme der positiven kulturellen und zivilisatorischen Errungenschaften der einheimischen (hier römischen) oder galloromanischen) Kultur profitierten.In dem Maße,in dem eine Gesellschaft sich abschottete und an Integrationskraft verlor wurde auch ihre Innovationskraft geschwächt und sie wurde anfälliger gegen äüßere und innere Bedrohungen.
 
Nachdem bisher die "ethnische Zuordnung" von Funden über die Grabbeigaben insbesondere der Frauengräber erfolgte,
wird sich mit Hilfe der Strontiumisotopenanalyse hier in der nächsten Zeit noch manche größere oder kleinere Sensation ergeben

Als OT-Beispiel:
Bogenschütze von Amesbury

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wechseln zu: Navigation, Suche
Im Mai 2002 wurde in Amesbury, Großbritannien, eine bronzezeitliche Begräbnisstätte entdeckt. Bagger stießen beim Bau einer Schule auf ein Grab aus der frühen Bronzezeit. Amesbury liegt ca. 5 km entfernt von Stonehenge.
Das Skelett aus dem Grab stammt aus der Zeit von etwa 2400 bis 2200 vor Christus und somit aus der Epoche, in der Stonehenge entstand. Der bei seinem Tod etwa 35 bis 45 Jahre alte Mann stammte aus der Alpenregion (wahrscheinlich aus der Schweiz, vielleicht aber auch aus Österreich oder Süddeutschland) wie Analysen seines Zahnschmelzes ergeben haben. Bei einer weiteren Untersuchung des Skelettes wurde festgestellt, das der Mann gehbehindert war und eine schwere Verletzung am linken Knie hatte. Außerdem hatte er einen schmerzhaften Kieferabszess.
Die Leiche wurde mit ungewöhnlich vielen und reichen Grabbeigaben bestattet. Bisher wurde kein bronzezeitliches Grab mit so vielen Beigaben (mehr als hundert) entdeckt. Das sind zehnmal so viele, wie üblicherweise in solchen Gräbern gefunden wurden.
Bei den Grabbeigaben handelte es sich u.a. um mehrere Pfeilspitzen und zwei steinerne Armschutzplatten, die Verletzungen durch die zurückschnellende Bogensehne vermeiden sollten. Aufgrund dieser Beigaben wurde er "Amesbury Archer" (Bogenschütze von Amesbury) genannt.
Weiterhin waren dem Verstorbenen Kupfermesser beigegeben. Von diesen qualitativ guten und geschmiedeten Messern, die damals sehr selten waren, lagen gleich drei dem Leichnam bei. Die Kupfermesser stammen aus Spanien und Frankreich.
Zusätzlich lagen in dem Grab ein Paar Goldohrringe und goldene Haarspangen. Gold war damals sehr selten und kostbar. Diese Schmuckstücke sind die ältesten Goldgegenstände die bisher in Großbritannien gefunden wurden. In reich verzierten Tonkrügen wurde dem Verstorbenen Nahrung mit auf den Weg gegeben.
Aus der Herkunft des Mannes und seiner Grabbeigaben schließen die Archäologen auf ein weit verzweigtes Handelsnetz, welches bereits in der frühen Bronzezeit existierte. Zudem liegt die Vermutung nahe, wonach aus Mitteleuropa handwerkliche Fähigkeiten wie die Metallverarbeitung nach Großbritannien gebracht wurden. Die Metalle sind, nach Meinung der Archäologen, importiert worden.
Ein nahe gelegenes zweites Grab enthält die Überreste eines 20 bis 25 Jahre alten Mannes. Knochenanalysen deuten auf ein Verwandtschaftsverhältnis der beiden hin. Der Jüngere scheint im Gebiet um Stonehenge aufgewachsen zu sein.
Was zZ noch fehlt, ist die großflächige Kartierung von Gestein.
ElQ hat letzte Woche hier den Zeitungsbericht über eine lokale Ausgrabung in Bayern verlinkt, dass die Bestatteten Migranten sind, ist klar aufgrund der Strontiumiso.-Analyse, nur woher sie kamen lässt sich noch nicht sagen
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es dafür eigentlich irgendwelche Belege? Gerade die Goten gründeten ja mehrere Königreiche.

Im genannten AiD Heft.
Wobei die Sichtweise, dass die "wandernden Stämme" als mehr oder weniger ethnisch homogen angenommen werden, ausdrücklich als nicht haltbar und überholt bezeichnet wird.
Das wären zdZ "Stämme im werden" gewesen, nicht mehr und nicht weniger.

Die verschiedenen gotischen "Königreiche" gab es aber doch schon vor den Hunnen.
Überhaupt sind ja mit Sicherheit immer welche vor Ort geblieben. Fallen mir die Krimgoten ein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade der Titel rex vandalorum et alanorum legt doch nahe, dass sich die sogenannten Stämme ethnisch verstanden!

Angesichts der zahlreichen Volkssplitter und Stammesteile, die sich den wandernden germanischen Stämmen anschlossen, ist ein ethnisches Prinzip illusorisch. Zwar hieß die "Firma" z.B. noch "Goten" oder "Langobarden", doch verbarg sich dahinter ein buntes Mosaik aller möglichen Ethnien.Daher ja auch die Wortschöpfung "Traditionskern", die Althistoriker für die ethnische Situation germanischer Stämme der Völkerwanderung prägten.

Als die Langobarden unter ihrem König Alboin 568 in Italien einfielen, zählten Stammesteile der Sachsen, Gepiden, Thüringer und Sueben zum Tross (nach: Die Germanen, Band, 2, Berlin (Ost) 1983, S. 592). Und man kann vermuten, dass sich dem Langobardenzug noch eine Vielzahl anderer ethnischer Splitter angeschlossen hatten, die aufgrund ihrer geringeren Zahl gar nicht zu benennen sind. Das gesamte ethnische Mosaik nannte sich "Langobarden", unter denen der namengebende Stamm gewiss weit in der Minderheit war.

Der Fall der Alanen und Vandalen hat dagegen eine ganz andere Qualität. Die iranischen Alanen blieben auch im Verbund mit den Vandalen stets unter einem eigenständigen Königtum und siedelten in Spanien getrennt von den Vandalen. Erst als sie 418 von den Westgoten - die Rom auf sie gehetzt hatte - vernichtend geschlagen wurden, verzichteten sie auf ein eigenständiges Königtum. An der großen Dominanz und ungebrochenen monarchischen Tradition der Alanen lag es also, dass der Vandalenkönig künftig rex vandalorum et alanorum urkundete.

Wissenschaftler haben übrigens versucht, den iranisch-alanischen Volksteil in Nordafrika aufgrund archäologischer Hinterlassenschaften zu bestimmen, was freilich ergebnislos blieb. Vandalen und Alanen hatten sich vermutlich inzwischen so weit angenährt und gemeinsam romanisiert, dass beide Volksgruppen in archäologischen Funden nicht mehr auseinanderzuhalten waren.
 
Zurück
Oben