Die Zwerge von Palau

BZwo

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Der Paläoanthropologe Lee Berger entdeckte 2006 auf den mikronesischen Palauinseln Überreste eines ausgestorbenen zwergenwüchsigen Volkes. Dieses Volk lebte vor 1500-3000 Jahren. Es wird vermutet, das sich die Entwicklung vom normal großen Homo sapiens zu dieser Zwergform in nur wenigen Generationen aufgrund von Nahrungsknappheit vollzogen hat.

Hier einige Links zum Thema:
Ungewöhnliche Fossilien: Die Zwerge von Palau - Aus aller Welt - Panorama - Handelsblatt
der Neanderthaler: Zwergenwuchs bei Inselstatus
[DOKU] Die Zwerge von Palau Doku-Stream.Org

Diese fossilen Überreste gehören also auch zum Homo sapiens, obwohl sie rein äusserlich anfangs etwas anderes vermuten ließen.
Was bedeutet das für die Evolutionsgeschichte des Menschen?
Könnte es sein das die Einteilung der frühmenschliche Fossilien in verschiedene Arten evtl. viel zu breit gefächert ist? Wenn unsere Art ein derart großes Spektrum in Größe und Aussehen umfasst, wird das bei unseren Vorfahren ja vermutlich nicht viel anders gewesen sein.

Was meint Ihr dazu?
 
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Diese fossilen Überreste gehören also auch zum Homo sapiens, obwohl sie rein äusserlich anfangs etwas anderes vermuten ließen.
Was bedeutet das für die Evolutionsgeschichte des Menschen?
Könnte es sein das die Einteilung der frühmenschliche Fossilien in verschiedene Arten evtl. viel zu breit gefächert ist? Wenn unsere Art ein derart großes Spektrum in Größe und Aussehen umfasst, wird das bei unseren Vorfahren ja vermutlich nicht viel anders gewesen sein.

Was meint Ihr dazu?

Kleinwuchs in Insellagen findet sich ja auch bei Elefanten (Wiki: "Zwergelefant"). Möglicherweise spielt da auch Epigenetik mit hinein, wenn es in wenigen Generationen passiert.
Die Einteilung in eine eigene Art hat immer auch etwas willkürliches, und wenn eine Art sich nach einigen Generationen Insellage (es muß dabei nicht zwingend eine geographische Insel sein) sich morphologisch stark verändert hat, so kann man da auch durchaus von einer neuen Art sprechen.
Meines Wissens sind die Krokodile aus den Oasen der Westsahara ebenfalls als eigene Art eingestuft. Und wann immer eine neue ökologische Nische besetzt wird und sich eine neue Art herausbildet, gibt es zunächst Übergangsformen die sich schwer erfassen lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt kommen wir wieder ins Philosophische, nämlich die Frage, was eine Art ist. Biologisch ist eigentlich "eine Art, was sich paart", sich also fruchtbar fortpflanzt bzw. dies könnte. Offenbar hat man keine Abkömmlinge von Palau-Menschen mit Standard-Menschen gefunden, aber das heißt aber nicht, dass es biologisch nicht möglich gewesen wäre.

Beim Neanderthaler ist das beim derzeitigen Stand er Forschung der Fall, trotzdem will man ihn wohl gern als eigene Art betrachten. Bei den australischen Aborigines steht es hingegen außer Frage, dass sie als Ethie(n) des Homo Sapiens zu betrachten sind.

Man könnte also sagen, eine Art ist, was die Wissenschaft bzw. unsere Gesellschaft als solche betrachten will.
 
Jetzt kommen wir wieder ins Philosophische, nämlich die Frage, was eine Art ist. Biologisch ist eigentlich "eine Art, was sich paart", sich also fruchtbar fortpflanzt bzw. dies könnte. Offenbar hat man keine Abkömmlinge von Palau-Menschen mit Standard-Menschen gefunden, aber das heißt aber nicht, dass es biologisch nicht möglich gewesen wäre.

Beim Neanderthaler ist das beim derzeitigen Stand er Forschung der Fall, trotzdem will man ihn wohl gern als eigene Art betrachten. Bei den australischen Aborigines steht es hingegen außer Frage, dass sie als Ethie(n) des Homo Sapiens zu betrachten sind.

Man könnte also sagen, eine Art ist, was die Wissenschaft bzw. unsere Gesellschaft als solche betrachten will.

Wie steht es mit folgenden Kriterien?

Wenn sich Individuen zweier Populationen ohne Einschränkungen fruchtbar kreuzen, kann man sie einer Art zu ordnen. Wenn es Einschränkungen gibt, ist es besser, zwei Arten zu klassifizieren.

Dass sich Aborigines mit anderen Menschen ohne Einschränkungen fruchtbar paaren, steht wohl außer Zweifel. Also klar eine Art.

Zwischen Neandertaler und Homo sapiens hat es laut aktuellen Erkenntnissen starke Einschränkungen gegeben. Also eher zwei Arten.

Zur Erinnerung:
Dabei ergibt sich, dass mit einer sehr niedrigen Rate erfolgreicher Kreuzungen gerechnet werden muss. Das bedeutet "die Existenz extrem starker Barrieren für den Genfluss zwischen den zwei Arten, aufgrund einer sehr niedrigen Fitness der Mensch-Neandertaler-Hybriden, einer sehr starken Vermeidung der Paarung zwischen den Arten, oder einer Kombination dieser prä- und postzygotischen Barrieren. Tatsächlich ergab sich bei den meisten untersuchten demographischen Szenarien eine Erfolgsrate für die Kreuzungen zwischen Mensch und Neandertaler von unter 2%."
Strong reproductive isolation between humans and Neanderthals inferred from observed patterns of introgression
 
Wie steht es mit folgenden Kriterien?

Wenn sich Individuen zweier Populationen ohne Einschränkungen fruchtbar kreuzen, kann man sie einer Art zu ordnen. Wenn es Einschränkungen gibt, ist es besser, zwei Arten zu klassifizieren.

Dass sich Aborigines mit anderen Menschen ohne Einschränkungen fruchtbar paaren, steht wohl außer Zweifel. Also klar eine Art.

Zwischen Neandertaler und Homo sapiens hat es laut aktuellen Erkenntnissen starke Einschränkungen gegeben. Also eher zwei Arten.

Zur Erinnerung:

Wie sich belastbar errechnen lassen sollte, dass die Paarung von Neanderthalter und CroMagnon eine wesentlich niedrigere Erfolgsrate hatte als zwischen den Mitglieder der beiden Gruppen untereinander, erschließt sich mir bisher nicht. Zumal, wenn dann als möglicher Grund noch angegeben wird, möglicherweise sei der Grund in fehlender Anziehungskraft zu suchen. Nach solch einer Logik gehören dann auch Leute zu anderen biologischen Arten, die es als Gruppe ablehnen, sexuelle Beziehungen zu Außenstehenden zu unterhalten. Nach der Definition gäbe es sonst auch reichlich Damen, mit denen ich nicht dieselbe Art bilde, weil ich die Fortpflanzung mit diesen Personen rundherum ablehne :D. Vermutlich gibt es auch reichlich Damen, die das mit mir ablehnen würden :motz:. Kurz: Geschmacksunterschiede führen sicher nicht zu einer Artgrenze.

Es ist doch mehr als offensichtlich, dass es völlig ausreicht eine kleine Anzahl von Menschen einer Gruppe A (sagen wir mal 100 Personen mit durchgehend in ihren Familien anzutreffenden Eigenschaften blond, besonders helle Haut, Adlernase) mit einer viel größeren Gruppe von Menschen einer Gruppe B (10.000 Personen in dunkelhaarig, dunklerer Haut, Stupsnase) auf einer Insel ein paar tausend Jahre allein zu lassen (also bis zu einer perfekten Vermischung), damit die markanten Merkmale der Gruppe A kaum noch im Phänotyp auszumachen sind, allenfalls hier mal dieses, dort mal jenes einzelne Merkmal andeutungsweise. Das gegenteilige Ergebnis wäre eine Sensation.

Insofern: Ich sehe überhaupt keinen Anlass dazu, Neanderthaler als vom CroMagnon getrennte Art zu sehen, wenn wir dem hergebrachten Grundsatz folgen:

Der selben Art gehören Individuen an, die sich unbeschränkt miteinander fortpflanzen können.


Dass das nicht 100% trennscharf ist, ist schon klar macht es aber doch nicht erforderlich, das Kriterum zu ändern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach solch einer Logik gehören dann auch Leute zu anderen biologischen Arten, die es als Gruppe ablehnen, sexuelle Beziehungen zu Außenstehenden zu unterhalten.
Die Logik greift dann, wenn diese Gruppe
- alle Menschen umfasst, die Träger bestimmter biologischer Merkmale sind
- ein Eintritt in die Gruppe oder Austritt aus der Gruppe nicht möglich ist
- diese Gruppenregel über einige Jahrtausende durchgehalten wird

Hast Du Beispiele für solche Gruppen?
An solchen Beispielen können wir ernsthaft die Möglichkeit einer Artbildung diskutieren.

Nach der Definition gäbe es sonst auch reichlich Damen, mit denen ich nicht dieselbe Art bilde, weil ich die Fortpflanzung mit diesen Personen rundherum ablehne :D.
Du hast die Definition nicht verstanden. Ein Individuum bildet keine Art.

Es ist doch mehr als offensichtlich, dass es völlig ausreicht eine kleine Anzahl von Menschen einer Gruppe A (sagen wir mal 100 Personen mit durchgehend in ihren Familien anzutreffenden Eigenschaften blond, besonders helle Haut, Adlernase) mit einer viel größeren Gruppe von Menschen einer Gruppe B (10.000 Personen in dunkelhaarig, dunklerer Haut, Stupsnase) auf einer Insel ein paar tausend Jahre allein zu lassen
Das ist richtig, nur geht das Szenario so:
Wir haben zwei Inseln, eine mit einer Bevölkerung A und eine mit einer Bevölkerung B.
Nun wandert ein Teil der Bevölkerung B auf die Insel A.
Welche demographischen Parameter müssen gegeben sein, damit das von Dir beschriebene Ergebnis eintritt?

Die "Insel A" wäre im Fall des Neandertalers das dunkelgrün/braun/violett gekennzeichnete Areal:
PubMed Central, Fig. 1.: Proc Natl Acad Sci U S A. Sep 13, 2011; 108(37): 15129?15134. Published online Sep 12, 2011. doi:*10.1073/pnas.1107450108

Zu den demographischen Szenarios schreiben Currat und Excoffier:
Indeed, under most investigated demographic scenarios, the interbreeding success rate between humans and Neanderthals was found to be below 2% (Fig. 2, Table 1, Fig. S1, and Table S1). Under demographic scenario A (Table 1), which is based on the most realistic demographic parameters, we estimate this interbreeding success to be even well below 1% (0.51%, mode of black curve in Fig. 2; 95% confidence interval: 0.33–0.89%). Higher estimates of interbreeding success are obtained by assuming lower local population densities (scenarios C and C′), that hybridization between the two species only occurred in a small area of the Middle East (1.5%, scenario A′′; Fig. 2 and Table 1), or that population densities were higher in the Middle East than in other regions of Europe or Asia (scenarios G and G′). Contrastingly, lower interbreeding success estimates are obtained under demographic scenarios where the two species can interact for a longer time, for example, where local population densities are higher (scenario B, 0.37%) or where population growth is slower (scenario E, 0.30%). As can be seen in Fig. 2, interbreeding success generally decreases with increasing population densities and with decreasing expansion speeds, but it is relatively unaffected by heterogeneous densities over the Neanderthal and human ranges.
Wie sich belastbar errechnen lassen sollte, dass die Paarung von Neanderthalter und CroMagnon eine wesentlich niedrigere Erfolgsrate hatte als zwischen den Mitglieder der beiden Gruppen untereinander, erschließt sich mir bisher nicht.
Wenn Du den Denk- oder Rechenfehler der beiden Autoren gefunden hast, schreib doch bitte nochmal.

An die Moderation: Mit den Zwergen von Palau hat dieser und der letzte Beitrag nichts mehr zu tun. Vielleicht könnte man ihn hier anhängen:
http://www.geschichtsforum.de/f22/aussterben-der-neandertaler-13511/index48.html
 
Das Problem Neanderthaler - Cro Magnon- Mensch besteht ja aber, so wie ich das sehe, darin, daß die Zahlen der für die Vermischung bereit stehenden Individuen nicht dem von Hans forscht gegebenen Beispiel entsprechen. Man kann wohl davon ausgehen, daß die Neanderthaler wenigstens am Anfang nicht viel geringere Populationen aufwiesen als die Jetztmenschen, die zuwanderten. Daher müßte die Mischungsrate eigentlich höher sein.

Edit: hat sich mit Sepiolas Post überschnitten. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei ich den gelinkten Artikel (danke dafür) so verstehe, daß man nicht sicher sagen kann, ob die geringe Mischung biologische (Paarung üblich, aber schlechte Lebensfähigkeit der Hybriden) oder "soziale" Gründe (aka, in meinen Worten, Paarung unüblich, entweder in Folge einer Art Rassismus-Einstellung oder aus wenig Interesse an häßlichen, bleichhäutigen hellhaarigen und im Falle der Männer stark beharrten Sexualpartnern ;)) hatte.
 
Das Problem Neanderthaler - Cro Magnon- Mensch besteht ja aber, so wie ich das sehe, darin, daß die Zahlen der für die Vermischung bereit stehenden Individuen nicht dem von Hans forscht gegebenen Beispiel entsprechen. Man kann wohl davon ausgehen, daß die Neanderthaler wenigstens am Anfang nicht viel geringere Populationen aufwiesen als die Jetztmenschen, die zuwanderten. Daher müßte die Mischungsrate eigentlich höher sein.

Wieso sollte man davon ausgehen können und warum sollte "wenigstens am Anfang" relevant sein?

Stell dir ein sehr dünn besiedeltes Gebiet vor, karst, mit wenig Menschen und wenig Wild und wenig eßbaren Pflanzen. Während sich die Umweltbedingungen allmählich bessern, sickern Fremde in größerer Menge ein, gefolgt von mehr und mehr dieser Fremden. Diese Fremden nehmen hin und wieder Einheimische in ihre Familien auf, bleiben aber im Großen und Ganzen von den Einheimischen getrennt. Die Zuwanderer sind erfolgreich, vermehren sich, ziehen weitere Zuwanderer nach, während die Einheimischen immer mehr ins Abseits gedrängt werden. Die von den Zuwanerern aufgenommenen Einheimischen haben mit den Zuwanderern Nachfahren, die sich mit den Zuwanderern, nicht aber mit den Einheimischen identifizieren und mit Zuwanderern neue Familien gründen. Allmählich gehen sie kaum noch sichtbar im Genpool der Zuwanderer auf, während die letzten "reinen" Nachfahren der Einheimischen immer weniger werden.

Vergleichen wir das doch einmal mit Australien, den USA und Kanada:

Wiki sagt zu Australiens Bevölkerung: "2,4 % der Bevölkerung bezeichnen sich als zumindest teilweise indigener Abstammung". Der Anteil der Aboriginee-Gene am gegenwärtigen Genpool Australiens liegt also bereits wesentlich unterhalb von 2,4%. Wenn wir davon ausgehen, dass alle Einwohner sich in den kommenden Jahrtausenden ziemlich gleichmäßig vermischen, wird man kaum noch typische Aboriginee-Eigenschaften bei australischen Individuen vorfinden.

Im Falle der USA ist das komplizierter, weil hier zu den Ureinwohnern und den europäischen Siedlern, von denen dann auch noch Hispanics ausgegrenzt werden, auch noch Nachfahren der Negersklaven kommen, die sich auch bei Durchmischung mit anderen ethnischen Hintergründen meist schlicht als Afroamerican definieren, soweit überhaupt noch ein afrikanischer Anteil erkennbar ist. Als Zahlen kann ich da aus Wiki anbieten: "Indianer Nordamerikas und Ureinwohner Alaskas 0,9%, eingeborene Hawaiianer und Amerikaner aus Ozeanien 0,2%". Macht also zusammen 1,1%.

Für Kanada findet sich bei Wikipedia ein Wert von 3,8% der Bevölkerung, der "(angab) Mitglied einer indigenen Gruppe zu sein".

Bei all diesen Angaben muss man natürlich berücksichtigen, dass die Zugehörigkeit zu indigenen Gruppen zu Privilegien oder Diskriminierung führen kann, was die Entscheidung für die eine oder andere Zugehörigkeit beeinflussen mag, wenn das Idividuum eine Wahlmöglichkeit hat.

Nun wird aber niemand behaupten, es gäbe hier irgendwelche Artgrenzen.

Könnte das Szenario zwischen CroMagnon und Neanderthalern nicht ähnlich gewesen sein?

Rechnspiele sind sicherlich was schönes. Wenn ich mir die drei Beispiele ansehe und dann voraussetze, es gäbe keine Diskriminierungen in der jeweiligen Bevölkerung (leider eine in den gegebenen Beispielen nicht zutreffende Annahme) wüßte ich nicht, was dagegen sprechen sollte, dass schließlich eine ziemlich gleichmäßige Durchmischung mit nicht mehr erkennbaren Herkünften der Individuen herauskäme, die dann eben einem Beitrag zum Genpool entsprechend dem Anteil an der Gründerbevölkerung entspricht.

Jedenfalls aber sind die Anteile der jeweiligen Indigenen in allen drei Fällen ziemlich gering und werden, eine gleichmäßige Vermischung vorausgesetzt, auf längere Zeit zu einem ähnlichen scheinbaren Aussterben selbst dann führen, wenn die Mitglieder dieser Gruppen sich mit gleicher Wahrscheinlichkeit wie die Mitglieder der jeweiligen größeren Gruppen fortpflanzen. Dazu braucht es keine biologischen Grenzen.
 
Stell dir ein sehr dünn besiedeltes Gebiet vor, karst, mit wenig Menschen und wenig Wild und wenig eßbaren Pflanzen. Während sich die Umweltbedingungen allmählich bessern, sickern Fremde in größerer Menge ein, gefolgt von mehr und mehr dieser Fremden.
Damit wir uns das "Gebiet" vorstellen können, hier noch mal die Karte. Es geht um das dunkelgrün/braun/violett gekennzeichnete Areal:
PubMed Central, Fig. 1.: Proc Natl Acad Sci U S A. Sep 13, 2011; 108(37): 15129?15134. Published online Sep 12, 2011. doi:*10.1073/pnas.1107450108

Die Umweltbedingungen müssten sich auf dem ganzen Gebiet so stark "verbessert" haben, dass die Bevölkerungdichte auf das -zigfache hochgeschnellt ist.
Warum sich dann aber die Einheimischen nicht ebenso stark vermehrt haben wie die "einsickernden" Fremden, bleibt unerklärt.

Vergleichen wir das doch einmal mit Australien, den USA und Kanada:
Die Einwanderer in Kanada oder Australien brachten ein Wirtschaftssystem mit (Landwirtschaft+Industrie), das tatsächlich eine drastisch höhere Bevölkerungsdichte ermöglichte. Und warum konnten sie so großen Massen einwandern? Weil in ihrer Heimat schon eine enorme Bevölkerungsdichte herrschte, dank dieses Wirtschaftssystems.
Könnte das Szenario zwischen CroMagnon und Neanderthalern nicht ähnlich gewesen sein?
Klares Nein.
 
Es ist schon erstaunlich, in welch geringem Maße wir uns noch vorstellen können, was "Gesellschaft" einmal war. Die letzten Jäger-und-Sammler-Völker, zu denen wir damals alle gehört haben, haben eine stark definierte (wir würden, in unserer heutigen post-kulturellen Gesellschaft, sagen : eingeengte bzw. einengende) Sozialstruktur, in deren Rahmen es auch dezidierte Heiratsregeln gab. Der Umgang mir anderen Stämmen war genau geregelt und Fremde wurden ohnehin als Feinde betrachtet. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass damals eine Begattung rein "statistisch" erfolgte, also Jede mit Jedem nach Belieben "interagiert" hat, bis mit statistischer Wahrscheinlichkeitsverteilung Kinder entstanden.
 
Es ist schon erstaunlich, in welch geringem Maße wir uns noch vorstellen können, was "Gesellschaft" einmal war.

Wir sprechen von Kleingruppen, die in ein von anderen Menschen besiedeltes Gebiet einwandern.

Nach Deiner Vorstellung würde so eine Gruppe sich soziale Regeln geben, nach denen alle Nachbargruppen als Feinde betrachtet werden und auf strenge Inzucht geachtet wird.
 
Nach Deiner Vorstellung würde so eine Gruppe sich soziale Regeln geben, nach denen alle Nachbargruppen als Feinde betrachtet werden und auf strenge Inzucht geachtet wird.
Es gibt
Freunde - eigene Leute, Verwandte und Angehörige befreundetet Stämme
Feinde - Angehörige verfeindeter Stämme (d.h. bekannter Nachbarstämme)
Fremde - alles anderer, also Angehöriger nicht bekannter oder weit entfernt lebender Stamme. Und die werden als Feinde betrachtet.

Nachbargruppen spielen also eine wichtige Rolle, gerade als Heiratspartner. Genau dadurch entstehen verwandtschaftliche Verbindungen. Diese und ein hoher Aufwand von Besuchen, Geschenken und gemeinsamen Ritualen machen einen Nachbarstamm zu einem befreundeten.

Wichtig ist auch noch zu erwähnen, dass sich eine Person vorrangig über die Stammeszugehörigkeit und Verwandtschaftsbeziehungen definiert. Wenn Du also in Papua-Neuguinea in einem fremden Gebiet aufgegriffen wirst, solltes Du schnellstmöglich aufzählen, mit wem Du alles verwandt bist. Vielleicht findet sich ein gemeisamer Verwandter mit Deinen neuen Bekannten. Anderenfalls hast Du Pech.
 
Um es endgültig kompliziert zu machen, sollte man noch darauf hinweisen dass der Raub von Frauen und Kindern, wo er stattfand, per Definition bei Feinden ausgeübt wurde ;)
Die Feindklassifizierung bedeutete also nicht besonders zwingend eine genetische Abgrenzung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Neanderthaler oder Palau-Menschen dürften aber für unsere HS-Vorfahren vermutlich den Status von Fremden gehabt haben und nicht zur priviligierten Klassen der expliziten Feinde gehört haben, bei denen auch Frauentausch per Frauenraub zum Repertoire gehörte.
 
Neanderthaler oder Palau-Menschen dürften aber für unsere HS-Vorfahren vermutlich den Status von Fremden gehabt haben und nicht zur priviligierten Klassen der expliziten Feinde gehört haben, bei denen auch Frauentausch per Frauenraub zum Repertoire gehörte.
(aka, in meinen Worten, Paarung unüblich, entweder in Folge einer Art Rassismus-Einstellung oder aus wenig Interesse an häßlichen, bleichhäutigen hellhaarigen und im Falle der Männer stark beharrten Sexualpartnern ) hatte.


Zum Punkt Attraktivität des Neandertalers hat der Genetiker Svante Pääbo ("Die Neandertaler und wir", Fischer; Spiegel-Interview10/2014) einen interessanten Punkt beschrieben.
Seine Argumentation verläuft etwa so:
1. Neandertaler-Gene werden auch weit weg von den (bekannten) Siedlungsgebieten des Neandertaler gefunden.
2. daraus folgt, dass die gemeinsamen Nachkommen mitgewandert sind
3. solche gemeinsamen Nachkommen bleiben meist bei der sozial untergeordneten Gruppe (Kinder von Sklavenhaltern und Sklavinnen, Kinder von Kolonialherren etc.)
Schluss: der Neandertaler war möglicherweise zur Zeit der Weitergabe genetischer Informationen der sozial höherstehende.
 
Was mir an Pääbos Argumentation nicht gefällt:
- projiziert Pääbo zeitgenössische rassistische und sexistische Einstellungen in die graue Vorzeit ?
- in Zeiten niedriger Population ist der Wert von Kindern möglicherweise höher als in Zeiten von Überbevölkerungsängsten. "Mischlinge" werden dann vielleicht eher der eigenen Gruppe zugeordnet als heute

Wenn er aber recht hat und die Neandertaler sich selbst als erfolgreiche Herrenrasse gesehen haben, ergäben sich natürlich ganz andere Spekulationsfelder bezüglich des Aussterbens derselben: arrogante Weigerung, den eigenen "überlegenen" Lebensstil aufzugeben, Konservativismus, Rassendünkel etc.
 
... und außerdem waren sie noch homophob, pädophil und haben Steuern hinterzogen.

*Kreisch* - mehr Jetztzeitprojektion geht wohl nicht mehr. :cry:
 
Wenn Du also in Papua-Neuguinea in einem fremden Gebiet aufgegriffen wirst, solltes Du schnellstmöglich aufzählen, mit wem Du alles verwandt bist. Vielleicht findet sich ein gemeisamer Verwandter mit Deinen neuen Bekannten. Anderenfalls hast Du Pech.
Was passiert also einer Kleingruppe, die in fremdes Gebiet einwandert?
 
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