[Doku] Weltmacht Rom Review

Germanicus

Aktives Mitglied
Vor einigen Jahren lief bei N24 die Discovery-Channel Dokumentation "Weltmacht Rom". Dabei handelt es sich um eine 6-Teilige Reihe, die den Aufstieg und den Fall des Römischen Reiches erzählen will, die Betonung liegt auf will. Bei den Episoden handelt es sich im einzelnen um "Aufstieg", "Auf dem Weg zum Ruhm", "Von der Macht verführt", weiters "Zeitalter der Eroberungen" sowie "Von der Ordnung ins Chaos" und "Niedergang". Die Dokumentation wird von schönen Landschaftsaufnahmen sowie Szenen aus historischen Hollywood-Filmen wie z. B. Quo Vadis begleitet. Ebenfalls an Bord sind mehrere Historiker, Archäologen sowie ein amerikanischer Senator und ein amerikanischer General. Überhaupt bleibt festzuhalten, dass bis auf zwei-drei Personen alles Amerikaner sind. Warum ich die Amerikaner hier so erwähne, wird später deutlich werden. Da sich einige Episoden auch im späteren Verlauf noch überschneiden, werde ich eine Darstellung der ganzen Geschichte, so wie sie sich anhand der Reihe darstellt, geben, anstatt alle Folgen einzeln zu behandeln. Das ist m. M. n. auch übersichtlicher. Zu sagen wäre noch, dass ich nur die Deutsche Fassung gesehen habe und kleinere Fehler, so wurde z. B. Augustus als Schwiegersohn Cäsars bezeichnet, auf Übersetzungsfehler zurückführe.
Nach der Einleitung, die mit Napoleons Heerscharen beginnt, die in Rom einfallen und einigen Infos, so dass z. B. als das Kolosseum gebaut wurde etwa 1 Million Menschen in Rom lebten, die Verkehrsverhältnisse in der Ewigen Stadt teilweise katastrophal waren usw. beginnt die Erzählung der eigentlichen Geschichte Roms. Zuerst wird der Romulus Mythos kurz erzählt, dann jedoch klargestellt, dass die Stadt Rom als kleines etruskisches Bauerndorf entstand. Nach einigen Infos über die etruskische Kultur kommt dann die Erzählung der Absetzung der Königsherrschaft und die Gründung der Römischen Republik. Als Grund für die Absetzung der etruskischen Herrschaft wird die Geschichte der Lukrezia erzählt, die von dem Sohn des etruskischen Königs vergewaltigt wurde, worauf sich eine innerrömische Koalition gegen die Königsherrschaft bildete und diese dann beseitigte [Tatsächlich jedoch verhielt es sich wohl anders, wie archäologische Befunde zeigen. Zudem sei auf A. Alföldy zu diesem Thema verwiesen]. Jedenfalls wird die römische Republik, so klingt es durch, als die größte Errungenschaft der römischen Zivilistion angesehen. Dabei mischt man, wie es bei Teilen der Amerikaner üblich ist, Amerikanischer mit Römischer Geschichte. So wird die Römische Republik mit ihrer "Demokratie", ihren Grundrechten wie z. B. die Freiheit des einzelnen usw. so wie auch die amerikanische in höchsten Tönen gelobt. Ganz zufällig folgen den Darstellungen alter römischer Tempelbauten amerikanische Gebäude im Klassischen Stil. Es wird dann die Geschichte von Cincinnatus erzählt, der bei der Feldarbeit zum Diktator berufen wurde, seine Pflichten erfüllte und alsbald wieder von seinem Amt zurücktrat. Gezeigt wird ein, freilich aus späterer Zeit stammendes Portrait, das diese Szene nachstellt. Rein zufällig folgt auf dieses Portrait das Portrait von George Washington, welcher ebenfalls auf dem Felde zur Führung berufen wurde. Es wird hier also, wie leider bei vielen amerikanischen Werken, ein Zusammenhang, quasi ein Amerikanisches Erbe Roms konstruiert, besonders wenn der Senator später - ungefähr - sagt, dass die amerikanischen Senatoren Erben der römischen Senatoren seien, da nur die Weisesten der Weisen in den Senat kämen, so wie im alten Rom oder wenn eine amerikanische Historikerin sagt, dass die Römern das Motte Amerikas "E pluribus unum" vorneweggenommen hätten... Wie dem auch sei, die folgende Zeit nach Cincinnatus wird viel zu kurz angerissen, z. B. wird die Niederlage an der Allia erwähnt, andere wichtigte Daten, z. B. die Kriege mit Pyrrhos, fehlen ganz. Weiter geht es dann mit den Punischen Kriegen, wobei jedoch nur der Zweite, was jedoch wohl an der Person Hannibals liegen dürfte, ausführlich behandelt wird. Über den Ersten erfahren wir nur, das er 264 begann und Rom ihn gewonnen hat. Vom Dritten erfahren wir auch wenig, nur, dass Karthago ein für alle mal zerstört wurde und das der Hass Roms auf Karthago groß war. Leider wird der für diese Epoche bedeutende Cato nicht erwähnt, was mich ein bißchen verwundert hat. Auch erfährt man bei der Darstellung des Zweiten Punischen Krieges nichts über Scipio Africanus. Weiter voran in der Geschichte Roms geht es nach den Punischen Kriegen mit Tiberius Gracchus, dann mit Gaius Marius und dessen Heeresreform. Vor allem die Bildung der Heeresklientel wird kritisiert, da es durch sie erst Leuten wie Sulla oder Cäsar möglich war, die Macht an sich zu reißen. Es wird dann Sullas Regierungszeit dargestellt und zwar so, dass man den Eindruck gewinnen konnte, als wenn dort nur Proskriptionen an der Tagesordnung gewesen wären. Nach Sulla geht es direkt weiter mit dem Bürgerkrieg zwischen Cäsar und Pompeius, danach folgt der, sehr kurz angerissene, Konflikt zwischen Antonius und Octavian. Nun folgt der Übergang in die Kaiserzeit. Hier wird leider nicht dargestellt, wie dies Augustus gelingen konnte. Während Augustus Herrschaft noch gelobt wird, weil sie das Ende der Bürgerkriege brachte, folgen nun die Regierungszeiten von Gaius und Nero, die beide als Verrückte dargestellt werden. Es ist auffällig, das besonders die schlechten Seiten des Kaiserreiches dargestellt werden, besonders werden Kaiser wie z. B. Vespasian oder Antonius Pius mit keiner Silbe erwähnt, während "verrückte" Kaiser wie Commodus und Caracalla oder Elagabalus ausführlicher behandelt werden. Was auch verwunderlich ist, ist, dass - angebliche - Christenverfolgungen erwähnt werden, die nachweislich nicht stattgefunden haben oder bei denen gewisse Zweifel bestehen, so z. B. bei den angeblich 203 in Karthago hingerichteten Christen [Die Severer waren für ihre religiöse Toleranz bekannt]. Auch wird die römische Gesellschaft als völlig Dekadent und faul dargestellt. Die poltische Führung war verkommen, das Volk ebenso. Überall im Reich, so der vermittelnde Eindruck, wimmelte es von Spionen. Es folgt nun eine Schilderung der sog. Soldatenkaiserzeit, in der jedoch nur ein Kaiser mit Namen, nämlich Valerian, erwähnt wird. Und auch nur, weil er gegen die Sassaniden verlor und in Gefangenschaft geriet. Die Lehre, die der amerikanische General aus dieser Epoche zieht ist, dass man das Militär - innenpolitisch - nie zu stark werden lassen sollte, da es dann seine eigene Politik betreibt. Weiter geht es dann mit einem kurzen abriss der Regierungszeit Diocletians. Die Motive für sein handeln werden gut und glaubhaft dargestellt, auch die Christenverfolgung. Die Tetrachie wird kurz erwähnt, doch ohne die anderen Protagonisten. Weiter geht es dann mit Konstantin, ohne dass das der weitere Verlauf und das Ende der Tetrachie dargestellt werden. Der uninformierte Zuschauer erhält so den Eindruck, dass nach Dicolectian gleich Konstantin alles Alleinherrscher kam. Die Schlacht an der Milvischen Brücke wird kurz erwähnt, auch warum er sich zum Christentum hinwandte. In der weiteren Geschichte geht es dann mit der Schlacht von Adrianopel weiter, die aber, so mein Eindruck, auch nur erwähnt wurde, weil die Römer erneut eine große Niederlage einstecken mussten. Kaiser wie Julian, Valentinian oder Theodosius d. Gr. werden nicht erwähnt. Weiter geht es dann mit der Plünderung Roms durch die Westgoten und der sich bei vielen Reichsbewohnern breit machenden Untergangsmentalität, die dann mit der Flucht ins Kloster endete. Hier wird ein gutes Beispiel für einen solchen Fall genannt. Nach einer kurzen Erwähnung der Hunnen folgt dann die kurze Erwähnung der Absetzung des letzten römischen Kaisers.
Alles in allem keine empfehlenswerte Dokumentation. Außer einigen schönen Landschaftsaufnahmen bietet sie nicht viel, von dem derjenige, der sich für die Geschichte Roms interessiert, was lernen kann. Viele interessante und wichtige Themen bleiben außen vor, und die Tendenz, die Kaiserzeit als schlecht darzustellen, ist offensichtlich. M. M. n. hätte man bei sechs Episoden mit je ~50 Min. Spielzeit mehr daraus machen müssen. Jeder, der sich für römische Geschichte interessiert, sein ein Besuch in der nächsten Bibliothek oder bei Amazon nahegelegt.
 
Germanicus schrieb:
Jeder, der sich für römische Geschichte interessiert, sein ein Besuch in der nächsten Bibliothek oder bei Amazon nahegelegt.

... und da stößt er dann eventuell auf "Caesar läßt grüßen"...
 
Zurück
Oben