Eine kleine skizzenhafte Wirtschaftsgeschichte der DDR

Wenn mich nicht alles täuscht, dann gehen sämtliche Statistiken der DDR immer nur von Stückzahlen und Tonnagen aus, die Qualität wird aber nirgends richtig erfasst.

Das spielt nicht nur bei Fertigprodukten eine Rolle (Wenn ich 3% Ausschuss habe und nur die Hälfte selber aussortiere, die andere Hälfte beim Kunden aber durch ein Kulanz- und Umtauschsystem - das noch nicht einmal jeder Kunde in Anspruch nimmt - unterbringe, dann kann sich das rechnen. Es kann aber auch den Markennamen ruinieren. Bei einer Marktwirtschaft treten verschiedene Qualitätssicherungen in Konkurrenz), auch bei anderen Arbeitsleistungen wurden Pläne übererfüllt ohne wirklich in dem Maße nützlich zu sein.

Diese mangelhafte Qualität bzw. die Anstrengungen für eine ausreichende Qualität bei Westexporten dürfte ganz wesentlich zu der inneren Verschuldung beigetragen haben. Denn von vornherein bessere Qualität hätte zwar mehr Kosten in der Planung (und damit Genehmigung) einkalkulieren müssen, letztlich wäre es aber billiger oder zumindest besser planbar gewesen.

Solwac
 
Allerdings zeigt die Semantik (Schuld etc), wozu solche Reparationsanalysen dienen. Gleiches halte ich von Karlsch, bei dem der Vergleich subtil mit der systemkonformen Interpretation des ökonomischen Abstands BRD/DDR verquickt wird.

Diese Aussage verkennt, daß Karlsch nicht allein im Auftrag der Enquete Kommission tätig war, sondern im Verbund mit anderen Forschern, im Besonderen Prof. Dr. Lothar Baar als Leiter, Werner Matschke, Dr. Herwart Pittack, Dr. Frank Zschaler.
Auch der Bezug zu anderen Forschern zu diesem Themenkomplex wie die spätere Arbeit mit Jochen Laufer in "Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944-1949) Duncker und Humblodt 2002, Einzelstudien wie von Uhl in "Das Ministerium für Bewaffnung der UdSSR und die Demontage der Carl Zeiss Werke in Jena", Minjuk "Deutsche Betriebsanlagen und Technologien in der sowjetischen Automobilindustrie 1945-1950", Krienen und Prott "Zum Verhältnis von Demontage, Konversion und Arbeitsmarkt in den Verdichtungsräumen des Flugzeugbaus in der SBZ 1945-1950", Sattler "Demontagen und Reparationsentnahmen als Problem der beginnenden Wirtschaftsplanung in der SBZ: Das Beispiel der Provinz Brandenburg 1945-1947", Müller "Demontagen, gesellschaftliche Transformation und industrieller Strukturwandel in Brandenburg/Havel", Schulz "Demontagen in Leipzig", Halder "Ausmaß und Folgen der Demontagen im sächsischen Wirtschaftsressort 1945-1947" und Kühr "Die Folgen der Demontagen bei der Deutschen Reichsbahn/DR" negiert solch eine Aussage völlig.

Im Grunde genommen basiert eine Ablehnung der Quintessenz dieser Forschungen, nämlich, daß die DDR überproprational hohe Reparationen zu leisten hatte, deren Folgen bis 1990 zu spüren waren auf 2 Hauptargumenten, welche auch du hier anführst:
1. es wird unterstellt, daß grundsätzlich die bekannten Daten falsch sein müssen und
2. die Forscher haben eine politische Motivation, welche die Ergebnisse beeinflußt.

Dabei vergißt auch du, daß eine Vielzahl der Forscher aus den Altbundesländern stammt und teilweise eine äußerst liberale Grundhaltung zur Wirtschaft vertritt, was aber dann auch an ihren eigenen Forschungsergebnissen zu Reparationen nichts ändert.
 
Im Grunde genommen basiert eine Ablehnung der Quintessenz dieser Forschungen, nämlich, daß die DDR überproprational hohe Reparationen zu leisten hatte, deren Folgen bis 1990 zu spüren waren auf 2 Hauptargumenten, welche auch du hier anführst:
1. es wird unterstellt, daß grundsätzlich die bekannten Daten falsch sein müssen und
2. die Forscher haben eine politische Motivation, welche die Ergebnisse beeinflußt.
Dabei vergißt auch du, daß eine Vielzahl der Forscher aus den Altbundesländern stammt und teilweise eine äußerst liberale Grundhaltung zur Wirtschaft vertritt, was aber dann auch an ihren eigenen Forschungsergebnissen zu Reparationen nichts ändert.

Solche Verallgemeinerungen teile ich nicht bis auf die Skepsis bzgl. des Datenmaterials, vielmehr ging es mir um ein bestimmtes Ergebnis von Karlsch ("Allein bezahlt ...") sowie um die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen im Blick auf 1989. Sie führen auch nicht wirklich weiter, so wie die Phantasien von Peters, s.o.

Von dem Rundumschlag würde ich daher gerne auf die wesentlichen Aussagen zurückführen. Das gepostete Literraturverzeichnis in #22 ist interessant, und leitet auf das Thema über:
Duncker & Humblot - Karlsch, Rainer / Jochen Laufer (Hrsg.) unter Mitarbeit von Friederike Sattler - Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944-1949.

Die Frage ist nicht, ob Demontagen stattgefunden haben (das ist unstrittig) und wie sich diese betriebswirtschaftlich darstellten (das ist schon eher zweifelhaft, s.u.), sondern welche volkswirtschaftliche Bedeutung sie zunächst für die DDR hatten und bis 1989 quasi konservierten. Flugzeugwerke und der militärisch-industrielle Komplex des Dritten Reiches spielt dabei keine Rolle, denn die Kapitulation führt hier zur Demontage "zweiter Art".

Interessant ist aber, das dieser Gedanke der Vernichtung von Industriepotential durch das Kriegsende - und die massenhafte Umstrukturierung des Rüstungssektors sowie vorleistender Bereiche der industrie - bislang nicht hinreichend durchleuchtet ist. Ein Ansatzpunkt dazu sind beispielsweise die DM-EB in den Betrieben der Westzone mit ihren massiven Abwertungen, die nämlich nicht allein auf Bombenschäden beruhen. Ich spreche hier von den trotz Bombardierungen etc. erhalten gebliebenen Maschinen und maschinellen Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattungen, die durch die Kapitulation obsolet geworden sind. Die Auswirkungen sind bzgl. der Werkzeugsätze, Werkzeugmaschinen, aber auch bzgl. der Arbeitskräfte, weniger bzgl. der Immobilien zu sehen, die leichter anderer Verwendung zuzuführen waren. Diese "faktische wirtschaftlich-politische Demontage" der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft wäre im Übrigen gegen die materiellen Demontagen abzugrenzen und abzuwiegen. Wenn Du ein anschauliches Beispiel benötigst: nimm die Flugzeugindustrie im Bereich der DDR und die Flugzeug- und Panzerfertigung bei Hentschel.

Nehmen wir mal den Aspekt Reichsbahn heraus, der von den oben dargestellten Überlegungen relativ unabhöngig ist, nämlich betr. unstreitiger Demontagen von Schienen und Abzug von Lokomotiven und rollendem Material.

Die DDR schaffte es trotz dieser Verluste, den Güterverkehr auf der Schiene von 1950 bis 1955 beachtlich zu steigern (Gütermenge 128,5 Mio. to. -> 207,5 Mio. to. bzw. 25,2 Mio. to-km in 1955). Dabei betrug die Lok-produktion rd. 300-400 Stück im Jahresschnitt ab 1950 bis 1955, wodurch dieser Anstieg zwar ausreichend erklärt ist (gefahrene Züge pro Tag rd. 5100 in 1951 zu 6700), nicht aber der "Sockel" 1950 nach Demontagen. Tatsache ist dabei natürlich, dass es gravierende Engpässe der Reichsbahn gab (so wie auch im Westen bzw. 1920 nach den Versailler Reparationen mit Lok-Ablieferungen). Ein Beispiel: man schaffte es nicht, die Kohleförderungen abzutransportieren. Diese Fördermengen hatte man aber 1955 gegenüber 1936 verdoppelt (200,6 zu 101 Mio. to. Rohbraunkohle, ergab 1955 rd. 55 Mio. to. verwertbarer Braunkohle als Verdoppelung - zum Vergleich: die BRD schaffte es bis 1955, die Steinkohlenförderung mit einer Steigerung von 20% zum Kriegsende 1945 wieder knapp auf das Niveau von 1938 zu bringen). Tatsächlich war die Transportlücke in der Praxis nicht so hoch wie die Zahlen auf den ersten Blick erscheinen lassen, da die SU einen Teil der Kohleproduktion der DDR als Reparation "abnahm" und auch abtransportierte. So erklärt sich zT auch die Transportlücke, die das Erzeugungsniveau von 1936 übersteigt.

Bei alledem ist mir nicht ersichtlich, was diese Vorgänge 1945 bis 1953 mit dem Scheitern in den 80ern zu tun haben. Genau diesen gedanklichen Sprung habe ich - mögen es Karlsch/Laufer/Sattler mit "Sowjetische Demontagen in Deutschland 1944-1949. Hintergründe, Ziele und Wirkungen" in ihren interessanten Detailanalysen verzeihen - kritisiert.


Ausstehend: die in #3 betrachteten Außenhandelswirkungen und in #6 behaupteten Auswirkungen des monetären Sektors. Insbesondere über letzere, iVm der DDR-Gründung und die Auswirkungen auf die Realgüterwelt, grübele ich schon eine Weile.
 
Bei alledem ist mir nicht ersichtlich, was diese Vorgänge 1945 bis 1953 mit dem Scheitern in den 80ern zu tun haben.

Der rote Faden (rein sinnbildlich, nicht mit politischer Anspielung gemeint) ergibt sich aus der Tatsache, daß eine ganze Reparationsindustrie aufgebaut werden mußte, deren Zweck zu einem großen Anteil darin bestand, ausschließlich für die UDSSR zu produzieren.

Betrachtet man die Produktionszahlen von 1938 und Anfang der 50er genau, dann stellt man fest, daß sich das industrielle Gewicht weg von der Konsumgüter- und Leichtindustrie hin zur Schwerindustrie verschoben hatte. Da aber die Schwerindustrie erst aufgebaut werden mußte und hauptsächlich die Reparation aus laufender Produktion zu begleichen hatte, fehlte naturgemäß das Kapital für Investitionen in der Konsumgüterindustrie, die ergo weiter verschliss und ebenfolge dessen in der Aufbauphase vernachlässigt werden mußte.
Was hat das mit 1989 zu tun? Hauptsächlich war 1989 eine "Konsumrevolution". Das sieht man deutlich in der extrem schnellen Wandlung der Losungen und Forderungen der Protestierenden. Und wie materiell der Mensch verhaftet ist, zeigt sich auch an den DDR Diskussionen im allgemeinen. Da macht man Konsumvergleiche zwischen DDR und BRD zuhauf.


PS: Der Rest der Ausarbeitung soll noch folgen. Zur Zeit ist das zeitlich nur ein wenig eng.
 
Siegfried Wenzel; Plan und Wirklichkeit- zur DDR Ökonomie
Ausgerechnet der Wenzel - ganz oben in der Planungshierarchie des Regimes und damit sowohl mitverantwortlich für die Pleite als auch für die statistischen Lügen.

So jemand ist doch Reichsflugscheibenniveau.

Der Bremer Historiker Prof. Dr. Arno Peters sorgte im November 1989 für einen Paukenschlag, als er auf 727 Mrd. DM (incl. Zinsen oder heute umgerechnet 363 Mrd. Euro) kam, die die Bundesrepublik der DDR aufgrund der Reparationen schulde.
Ebenfalls hochgradiger Unsinn (nun ja, Bremen ist wohl immer noch die letzte verbliebene DDR-Uni).

Dazu noch der Karl Mai, den Du in der anderen Diskussion als zentrale Quelle nanntest ...

Ganz offensichtlich beruhen Deine Darstellungen ganz wesentlich auf solche Geschichtsrevisionisten.
Und da ist man dann wenig bereit nachzuforschen, ob nun die anderen Quellen (wie Karlsch) ernst zu nehmen sind (oder in welchen Bereichen man sie ernst nehmen kann) oder ob sie auch aus diesem obskurem Umfeld kommen.
 
Was ich mich schon öfters bei solchen Diskussionen gefragt habe. Wie kann man über ein System herziehen, das aus ideologischen Gründen Propaganda betrieb und macht das (nur) mit anderen Vorzeichen, aber genau derselben ideologischen Verblendung auf haargenau derselben Stufe? Und das noch 20 Jahre nach dem Mauerfall.
Da erübrigen sich demnächst alle Worte dazu, sprich, eine Diskussion auf dieser Ebene ist mir schlicht zu tief im Niveau und ich möchte dich darum, als Threaderöffner, bitten, dich aus diesem Thread hier fernzuhalten, sofern nichts fruchtbareres deine Tastatur verläßt.
Anregungen und Kritik gern, aber noch einmal- nicht auf diesem billigem Niveau.
 
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Moderatorendurchsage

Ich darf an dieser Stelle doch sehr darum bitten, diejenigen Sträuße, welche Ihr persönlich miteinander auszufechten habt, bitte auf anderem Wege zu klären als in der öffentlichen Diskussion - vorzugsweise per PN.
Vgl. dazu http://www.geschichtsforum.de/regeln.php Punkt 2 Unterpunkt 3:
Umgang mit anderen Usern... schrieb:
... Beiträge, die darauf abzielen, ... die sachliche Diskussion auf persönliche Streitigkeiten ablenken, sind zu unterlassen.



Um dennoch auf einige Punkte näher einzugehen, was den Diskussionsstil betrifft - ich wähle Beiträge beider Seiten, damit uns keine Vorwürfe hinsichtlich mangelnder Neutralität gemacht werden können:

1.

Ausgerechnet der Wenzel - ganz oben in der Planungshierarchie des Regimes und damit sowohl mitverantwortlich für die Pleite als auch für die statistischen Lügen.

So jemand ist doch Reichsflugscheibenniveau.


Ebenfalls hochgradiger Unsinn (nun ja, Bremen ist wohl immer noch die letzte verbliebene DDR-Uni).

Dazu noch der Karl Mai, den Du in der anderen Diskussion als zentrale Quelle nanntest ...

Ganz offensichtlich beruhen Deine Darstellungen ganz wesentlich auf solche Geschichtsrevisionisten.
Und da ist man dann wenig bereit nachzuforschen, ob nun die anderen Quellen (wie Karlsch) ernst zu nehmen sind (oder in welchen Bereichen man sie ernst nehmen kann) oder ob sie auch aus diesem obskurem Umfeld kommen.

Es ist durchaus legitim und richtig, auf ideologische bzw. politische Schlagseiten zu verweisen sowie auf damit verbundene Umstrittenheit einer oder mehrerer Referenzen, aber Polemiken diesbezüglich wie "Reichsflugscheibenniveau" oder "hochgradiger Unsinn" sind einer sachlichen Diskussion alles andere als förderlich und/oder zuträglich.

2.

(a)
Wie kann man über ein System herziehen, das aus ideologischen Gründen Propaganda betrieb...

Ein System, das aus ideologischen Gründen Propaganda betrieb - um die Wortwahl beizubehalten - als ebensolches zu kennzeichnen, ist legitim und hat mit "darüber herziehen" herzlich wenig zu tun.

(b)
... und macht das (nur) mit anderen Vorzeichen, aber genau derselben ideologischen Verblendung auf haargenau derselben Stufe? Und das noch 20 Jahre nach dem Mauerfall.

Wenn verwendete Referenzen nicht ganz unumstritten sind - um es einmal relativ unverfänglich auszudrücken -, so darf nicht nur von Diskussionsteilnehmern darauf hingewiesen werden, sondern dies ist dann oftmals sogar notwendig. Wo dabei die Grenzen liegen bzw. überschritten sind - siehe oben Punkt 1.
Mit "ideologischer Verblendung unter anderen Vorzeichen" und "20 Jahre nach dem Mauerfall" hat auch dies nichts zu tun...

(c)
... und ich möchte dich darum... bitten, dich aus diesem Thread hier fernzuhalten, sofern nichts fruchtbareres deine Tastatur verläßt.
Anregungen und Kritik gern, aber noch einmal- nicht auf diesem billigem Niveau.

Was inwieweit "nichts Fruchtbares" und/oder "billiges Niveau" ist, siehe Anmerkungen in den Punkten 1. und 2. (b).
Auch wenn man das Wort "bitten" verwendet, so zeugt die damit verbundene Ansage an andere Dikussionsteilnehmer, sich aus dem Thread zukünftig fernzuhalten, weder von Diskussionsstil noch von Akzeptanz gemäß http://www.geschichtsforum.de/regeln.php - hier erneut Punkt 2 -, derer wir uns hier gewöhnlich bedienen.



Ich bitte nochmals und ausdrücklich sehr darum, nicht nur die persönlichen Streitigkeiten und/oder Feindseligkeiten, sondern auch die Metadiskussion auf dieser Ebene zu verlassen und zum Sachgegenstand der Diskussion zurückzukehren sowie diesen strikt beizubehalten. Denn das ist wiederum nicht das Niveau, auf welchem wir Diskussionen im Geschichtsforum zulassen: wenn es nur noch polemisch wird und/oder nur noch persönlichen Streit gibt, sehen wir uns sonst gezwungen, über eine Schließung des Threads zu diskutieren.

In diesem Sinne

Timotheus
Moderator



PS: Weitere Beiträge, welche Metadiskussionen im soeben beanstandeten Stil weiterführen wollen, werden ab sofort von uns gelöscht...
 
Demnach könnte bei #24 fortgesetzt werden. Ich wäre daran interessiert. Es geht es nun aktuell und fortgeschrieben um die Frage Konsumgüter/Strukturveränderung.

Also: läßt sich diese "Schwer"punktverlagerung zunächst zahlenmäßig durch eine Sektoralanalyse 1939/1945/1955/1985 belegen,
- ist dieses Ausfluß der Strukturänderung der Rüstungsindustrie sowie
- Strukturentscheidung der DDR-Führung oder anderen und/oder
- volkswirtschaftliche Notwendigkeit.

Dazu wäre ich auf entsprechende Untersuchungen gespannt.

P.S. Ein Eingehen auf die oben angerissenen Fragestellungen wäre ebenfalls noch interessant.
 
Also: läßt sich diese "Schwer"punktverlagerung zunächst zahlenmäßig durch eine Sektoralanalyse 1939/1945/1955/1985 belegen,
Ein paar Zahlen dazu.
Durchlaufend kenne ich keine Studie dazu, aber wenn man die Wirtschaftsgeschichte der DDR im Gesamten betrachtet, ist dieses Kriterium naheliegend, da die DDR nie die Ressourcen hatte, mehrere "Brände" gleichzeitig zu löschen. Und das Löschwasser, um dabei zu bleiben, was ich an der Stelle 1 verwende, fehlt eben an Stelle 2. Und bei den "Bränden" spielte das politische Umfeld sowohl von Seiten der UDSSR, als auch das der DDR Politführung genauso eine Rolle wie westliches Embargo, weltweite Wirtschaftskrisen usw. Aber soweit war ich noch nicht mit meiner Ausführung.
 

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Hallo Hamburger,

vielen Dank für den Hinweis. Matschke und JB 1955ff. liegen mir vor. Die Zahlen sind mir bekannt, die zwischen uns differierenden Interpretationen haben wir oben hinreichend ausgetauscht.

Mittlerweile sind wir nun bei einer sektoralen Betrachtungsweise angekommen. Ich habe aber nicht verstanden, welche wesentliche "Strukturveränderung" - ausgenommen die von mir beschriebene Umstellung der Rüstungswirtschaft - stattgefunden haben soll.

Kannst Du das mal anhand von relevanten Beispielen erläutern?
Kannst Du erläutern, welche volkswirtschaftlichen Restriktionen Du für die DDR "kapitalseitig" als Prämisse unterstellt hast?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Rest der Ausarbeitung soll noch folgen.

Erst mal Dank für das interessante Thema, dass sich zweifelsfrei zu diskutieren lohnt! Ich habe ein paar Materialien dazu gefunden (siehe unten), worunter sich auch "parteiische" befinden, was aber nichts verschlägt - jeder Lesende kann sich anhand von Gegenstimmen sein eigenes Urteil bilden. Eine Argumentation "ad hominem" gehört für mich zu den unfruchtbarsten überhaupt, aber ich will mich um des lieben Friedens willen darüber nicht weiter auslassen.

Da der West-Ost-Transfer noch im vollen Gange ist und viele politische Akteure, was die deutsche Wirtschaftsgeschichte nach 1945 betrifft, noch leben, ist die Frage nach Schuld und/oder Versäumnissen stets im Hintergrund präsent, eben auch in der Frage der "Startbedingungen" hüben und drüben, in der sog. "Pleitendebatte" (siehe z. B. Blessing in http://www.okv-ev.de/Dokumente/Einzelpersonen/War die DDR pleite.pdf) usw.

Es sei in diesem Zusammenhang an den Hinweis von Kurt Biedenkopf erinnert, der Ende 1989 davon sprach, es gehe bei den (seinerzeit diskutierten) Stützungszahlungen an die DDR nicht um "altruistische Hilfe", sondern um eine historische Verpflichtung des Westens - es handele sich dabei sozusagen um "eingespartes Kapital, mit dem wir (im Westen) ja arbeiten konnten. Und dieses Treugut muß man natürlich zurückgeben." Hierbei meinte er zweifelsfrei die "schiefe" Lastenverteilung nach 1945. (Soviel zur politischen Semantik jener Monate - ein Jahr später, als Sieger und Besiegte feststanden, hätte er das sicher nicht mehr so gesagt.)

Das sollte aber nicht davon abhalten, über Wertungen, Datengrundlagen, Konklusionen etc. nachzudenken.
So ist's. Das geschieht auch von vielen Seiten (siehe zur Reparationsfrage z. B. ?Sowjetische AGs? ? Die Milliarden-Hypothek - Politik - International - Handelsblatt.com oder auch besagter Wenzel in Siegfried Wenzel, Antwort an die Jammer-Wessis), wobei gerade die Bewertungsprobleme unübersehbar sind.

Aus der saarländischen Produktion kam mir dazu der Aufsatz von Jenkis über Reparationen und Wiedergutmachung in den Blick (in "Die DDR in Europa" [2005], S. 326-350 - Auszüge bei Die DDR in Europa: Zwischen ... - Google Buchsuche), der auch politische Hintergründe der Debatte beleuchtet. [1]

Wie dem auch sei, die Reparationsdiskussion für 1945-1953 sehe ich als ungeeignet für Erklärungsansätze des Scheiterns 36 Jahre später an. Dafür würde ich unverändert als einen Aspekt eher die verdeckten Transfers in den letzten zwei Jahrzehnten heranziehen.
Den ersten Satz finde ich zu apodiktisch; ein wichtiger Faktor unter vielen - und in Verbindung mit diesen - sind die Reparationen gewiss gewesen, gerade auch in psychologischer Hinsicht (Stichwort: "Abbau der zweiten Gleise").

Was die Transfers betritt, so wäre ich an weiteren Informationen interessiert. Bei der Suche bin ich auf eine "Synopse zur DDR-Belastung durch außenwirtschaftliche und außerökonomische Ursachen" von Mai (SCHATTENBLICK - WIRTSCHAFT/010: War die DDR wirtschaftlich unterlegen? (Sozialismus)) gestoßen, über deren Belastbarkeit ich mir noch nicht im Klaren bin. Geht das in die angedeutete Richtung?

Auf die Frage der "Strukturänderungen" komme ich noch zurück.


[1] Dort S. 345 f. auch ein Rekurs auf den "Peters-Aufruf" von 1989 und sein politisches Schicksal - ich muss gestehen, dass ich das damals nicht mitbekommen habe. Die Berechnungsweise war umstritten, aber keinesweg "absurd"; man stieß sich vor allem an der ungeheuerlichen Zahl von 727 Mrd. DM. Heute, zwanzig Jahre später, lernen wir, dass die Luftblasen der globalen Ökonomie in den hohen Billionen-Euro-Bereich gehen und dass allein die Absicherung einer einzigen Bank die Peters-Zahl übertrifft... :winke:
 
Ein Einschub, weil ich direkt angesprochen war:

...Hierbei meinte er zweifelsfrei die "schiefe" Lastenverteilung nach 1945. ...

Den ersten Satz finde ich zu apodiktisch; ein wichtiger Faktor unter vielen - und in Verbindung mit diesen - sind die Reparationen gewiss gewesen, gerade auch in psychologischer Hinsicht (Stichwort: "Abbau der zweiten Gleise").

[1] Dort S. 345 f. auch ein Rekurs auf den "Peters-Aufruf" von 1989 und sein politisches Schicksal - ich muss gestehen, dass ich das damals nicht mitbekommen habe. Die Berechnungsweise war umstritten, aber keinesweg "absurd"; man stieß sich vor allem an der ungeheuerlichen Zahl von 727 Mrd. DM.

Dazu möchte ich kurz klarstellen, dass ich das "absurd" (nur) auf die Reparationsschuld bezogen habe, siehe oben. Die Berechnungsmethode halte ich für zweifelhaft (Kaufkraftindexierung zzgl. Verzinsung ergibt finanzmathemathisch eine Doppelung - dass sich Ökonomen davon distanzieren, ist aber leicht verständlich); die tatsächlichen Lasten haben diesen Wert dann allerdings noch übertroffen.


Was die Transfers betritt, so wäre ich an weiteren Informationen interessiert. ...

Heute, zwanzig Jahre später, lernen wir, dass die Luftblasen der globalen Ökonomie in den hohen Billionen-Euro-Bereich gehen und dass allein die Absicherung einer einzigen Bank die Peters-Zahl übertrifft... :winke:

Zu den "Transfers" habe ich mich aufgrund meiner Informationen geäußert. Vielleicht trage ich dazu noch etwas nach.

Die heutigen Zahlen greifen sehr in die Tagespolitik. Abstrakt möchte ich dazu nur auf den nachvollziehbaren und in den letzten 20 Jahren praktizierten "leverage" der Finanzmärkte im Hinblick auf die Realgütermärkte hinweisen. Wertblasen haben die Eigenschaft, nach oben zunächst keine mathematische Begrenzung aufzuweisen.;)
 
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Nehmen wir mal den Aspekt Reichsbahn heraus, der von den oben dargestellten Überlegungen relativ unabhöngig ist, nämlich betr. unstreitiger Demontagen von Schienen und Abzug von Lokomotiven und rollendem Material. ...
Tatsächlich war die Transportlücke in der Praxis nicht so hoch wie die Zahlen auf den ersten Blick erscheinen lassen, ...

Dem Aspekt würde ich gerne noch etwas hinzufügen, um den oben angesprochenen Verkehrssektor in der Industrialisierung der DDR weiter zu beleuchten.

Die Jahresproduktion an Lokomotiven von 300-400 Stück erklärte bereits den Tonnageanstieg 1950-1955. Bis 1960 wurde diese Produktion auf fast 700 Stück p.a. gesteigert, um dann bis 1978 auf 461 abzusinken. Den Stückzahlen entsprechend (rollendes Material für steigende Zuglängen taten ein übriges: 1960: 2380 Güterwagen, 1978: 5527) stieg die Transportmenge beachtlich: von 111 Mio. JaTo in 1949 über 128 Mio. JaTo in 1950, dann 238 Mio. in 1960 und schließlich 299 Mio. Ja-To in 1978. Das Schienennetz wurde übrigens ohne Einwirkung von SU-Reparationen von rd. 16000 km in 1950-1960 auf 14.658 km Strecken in 1970 und 14.199 km Strecke in 1978 abgebaut: planwirtschaftliche Verkehrsverlagerung.

Fazit: Spätestens ab 1955 sind Reparationsfolgen kein Einflußfaktor für den Verkehrssektor, sondern Effizienz- und Effektivitätsprobleme.
 
Die Jahresproduktion an Lokomotiven von 300-400 Stück erklärte bereits den Tonnageanstieg 1950-1955. Bis 1960 wurde diese Produktion auf fast 700 Stück p.a. gesteigert, um dann bis 1978 auf 461 abzusinken. Den Stückzahlen entsprechend (rollendes Material für steigende Zuglängen taten ein übriges: 1960: 2380 Güterwagen, 1978: 5527) stieg die Transportmenge beachtlich: von 111 Mio. JaTo in 1949 über 128 Mio. JaTo in 1950, dann 238 Mio. in 1960 und schließlich 299 Mio. Ja-To in 1978. Das Schienennetz wurde übrigens ohne Einwirkung von SU-Reparationen von rd. 16000 km in 1950-1960 auf 14.658 km Strecken in 1970 und 14.199 km Strecke in 1978 abgebaut: planwirtschaftliche Verkehrsverlagerung.


Ab den 70ern wurde der Bau von Dieselloks in der DDR eingestellt, weil im Rahmen des RGW von nun an schwere Dieselloks aus der UDSSR importiert werden sollten, was die DDR auch tat.

Zur Netzlänge:
Deutsche Reichsbahn: (rund 300km Neubau)
1949: 14.270 km
1990: 14.000 km

Deutsche Bundesbahn: (im Vergleich die Autobahn)
1950: 30.500 km 2.100 km
1990: 26.900 km 9.000 km

(Zahlen direkt von der Deutschen Bahn aus einem Flyer zur Geschichte des Unternehmens)
 
Die Jahresproduktion an Lokomotiven von 300-400 Stück erklärte bereits den Tonnageanstieg 1950-1955. Bis 1960 wurde diese Produktion auf fast 700 Stück p.a. gesteigert, um dann bis 1978 auf 461 abzusinken.
Die Zahlen sind leider nur sehr begrenzt aussagekräftig. Der sehr abgewirtschaftete Lokomotivpark in der DDR wurde durch neue Lokomotiven ergänzt, die pro Stückzahl sehr viel effizienter waren. Dazu kommt der Umstand, dass die DR wesentlich stärker als die DB im Westen auf Reko-Lokomotiven (Umbau und Modernisierung) setzte (setzen musste) und diese Lokomotiven in Statistiken als Neubauten geführt wurden. Trotz des großen Umfanges der Arbeiten ist dies aber nicht mit einem kompletten Neubau zu vergleichen.

Die DR hat ohne Zweifel sehr viel für die DDR getan und unterlag deutlich stärker als andere Branchen der DDR äußeren Zwängen (direkte Abgabe von Rollmaterial in die UdSSR, Abbau des zweiten Streckengleises auf vielen Hauptstrecken, Wegfall der Lokomotivkohle aus dem Ruhrgebiet bzw. Schlesiens). Andererseits führten überzogene politische Forderungen und falsche Sachentscheidungen zu einem unglaublichen Verschleiß von Mensch und Material.

Erst in den letzten Jahren der DDR konnte die Reichsbahn so ganz langsam etwas Luft holen und damit letztlich nach 1989 zumindest teilweise Aktivposten einbringen. Aber auch hier gilt: Die Statistiken der DDR geben kaum Einsicht in den tatsächlichen Zustand und eine Bilanzierung ist äußerst schwer. Wäre der Eisenbahnverkehr nicht so stark geschrumpft, dann wären neben den Projekten Deutsche Einheit noch weitere große Kosten entstanden. Eine Verkehrsdichte wie zu Zeiten der DDR wäre mit dem Material nur schwerlich aufrecht zu erhalten gewesen.

Solwac
 
Ab den 70ern wurde der Bau von Dieselloks in der DDR eingestellt, weil im Rahmen des RGW von nun an schwere Dieselloks aus der UDSSR importiert werden sollten, was die DDR auch tat.

Zur Netzlänge:
Deutsche Reichsbahn: (rund 300km Neubau)
1949: 14.270 km
1990: 14.000 km

Deutsche Bundesbahn: (im Vergleich die Autobahn)
1950: 30.500 km 2.100 km
1990: 26.900 km 9.000 km

(Zahlen direkt von der Deutschen Bahn aus einem Flyer zur Geschichte des Unternehmens)


OT: Fällt mir mal wieder ein Geschichtchen ein:

1874 bekam mein "Lebensmittelpunkt" Bahnanschluss. Die Lok, die den 1. offiziellen Zug her zog, bekam den Namen meiner Geburtsstadt.
Diese Lok wurde, ich weiß nicht mehr genau wann, aber ich las schon Zeitung, also ca. 1959/60 verschrottet. Bis dahin war die über 80zigjährige Lok im Einsatz.
Nur um auch mal die damaligen Verhältnisse in der BRD aufzuzeigen.

Ergänzung: Ich habe mal kurz recherchiert, es handelte sich um eine 1865 für die königlich württ. Staatseisenbahn erbaute Lok, verschrottet 1960
Also 95 Jahre alt im Dienst geworden.
 
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Hallo Hamburger,

vielen Dank für den Hinweis. Matschke und JB 1955ff. liegen mir vor. Die Zahlen sind mir bekannt, die zwischen uns differierenden Interpretationen haben wir oben hinreichend ausgetauscht.

Mittlerweile sind wir nun bei einer sektoralen Betrachtungsweise angekommen. Ich habe aber nicht verstanden, welche wesentliche "Strukturveränderung" - ausgenommen die von mir beschriebene Umstellung der Rüstungswirtschaft - stattgefunden haben soll.

Die Reparationen aus laufender Produktion wruden vorwiegend im Bereich Schwermaschinenbau gefordert, was aufgrund der industriellen Ausrichtung auf die Leichtindustrie eine komplett neue Schwerpunktsetzung forderte, da einerseits die SBZ von den Lieferungen aus den westlichen Zonen, später BRD, abgeschnitten war und andererseits die Reparationsforderungen Stahl und Energie in Größenordnungen unabdingbar forderten.

Typische neugeschaffene Reparationsindustrien waren der Schiffbau in Mecklenburg, Lokomotivbau, Walzwerkausrüstungen, Kräne, Waggonbau, Stahlhochbau und Industrieausrüstungen usw. .
Um die Reparationsforderungen aus der laufenden Produktion erfüllen zu können, mußte demnach ersteinmal das Hauptaugenmerk auf den Aufbau einer Schwerindustrie zur Stahlherstellung und Walzwerken gelegt werden, was wiederum aufgrund der Energieintensität dieser Branche die Neuschaffung von Energiekapazitäten nach sich zog.

Der folgenden Probleme war man sich auch in der SBZ/DDR bewußt und man fragte deshalb in Moskau an, ob man nicht Leichtgüter bzw. Komsumgüter liefern könne, um die vorhandene Wirtschaftsstruktur auszunutzen, doch Moskau reagierte nicht darauf, da die UDSSR aufgrund der Kriegszerstörungen schlichtweg ein Faß ohne Boden war und deshalb die Schwerindustrieproduktion absolute Priorität hatte.

Weil das auch in anderen Threads öfters angesprochen wurde. Der Handel zwischen DDR und BRD war für die DDR augrund der gewachsenen Wirtschaftsstruktur überlebenswichtig, für die BRD spielte er aufgrund er Einbindung in den westlich dominierten Weltmarkt nur eine untergeordnete Rolle.


Ein paar Zahlen für die Anfangszeit. Die Abnahme beruht auf der Einführung und strikteren Kontrolle der Cocom- Liste:

Lieferungen aus der BRD 1950 in Millionen DM:

gegen Barzahlung: 16,5
Lieferungen über Frankfurter Abkommen: 48,4
Zusammen: 64,9

im Jahre 1951:
gegen Barzahlung: 3,2
Lieferungen über Frankfurter Abkommen: 10,6
Summe: 13,8

Die Abhängigkeit der mitteldeutschen Wirtschaft von den anderen Regionen Deutshclands zeigt sich auch hier an dieser Tabelle (M= Mitteldeutschland, W=Westdeutschland, O=Ostdeutschland)

Lieferung an andere deutsche Regionen:
<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
M: 43% W:18% O: 43%
<o:p></o:p>
Ans Ausland:
<o:p></o:p>
M: 11% W:13% O: 5%
<o:p></o:p>
Bezüge aus Deutschland:
<o:p></o:p>
M: 45% W:18% O:39%
<o:p></o:p>
Bezüge aus dem Ausland:
<o:p></o:p>
M: 8% W: 12% O:10%
 
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