Einführung in die Geschichte der Philosophie

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Was ist gut und was ist böse? Wie sieht ein moralisches Leben aus? Ist alles vorherbestimmt und herrscht der Zufall? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Gibt es einen Gott? Mit Fragen dieser Art beschäftigt sich die Philosophie, die wohl älteste Wissenschaft der Welt. Die Philosophie könnte man als Mutter aller Wissenschaften bezeichnen, da so ziemlich alle von ihr abstammen. Die ersten, die der abendländischen Philosophie hinzugerechnet werden, beschäftigten sich nämlich nicht nur mit solchen Fragen, sondern allgemein mit der Natur des Menschen und des Universums und suchten nach der Ursubstanz, aus der alles besteht bzw. entstand. Sie werden heute als Vorsokratiker bezeichnet, da sie vor dem großen Philosophen Sokrates, dem Begründer der klassischen Philosophie, lebten. Ob die Ursubstanz nun Feuer ist, wie Heraklit meinte, oder Wasser oder Luft, wie es die ionischen Philosophen Thales und Anaximenes formulierten, konnte allerdings keiner so richtig beantworten. Am nächsten dran war wohl Demokrit, der behauptete, dass alles Materielle aus kleinsten Teilchen bestünde, die er Atome nannte; daraus entwickelte sich die Chemie.

Im fünften Jahrhundert betrat Sokrates die Bühne, der den berühmten Satz „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ prägte, ganz nach dem Motto: Selbsteinsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Er wollte nämlich ausdrücken, dass er und jeder, der diesen Satz auf sich anwenden kann, weiser ist als derjenige, der nur glaubt, etwas zu wissen. Aus diesem Grund machte er sich halb Athen, wo er auf den Straßen mit anderen Menschen disputierte und versuchte, sie von ihrem Nichtwissen zu überzeugen, zum Feind; im Jahre 399 v. Chr. wurde er zum Tode verurteilt und gezwungen, den Schierlingsbecher zu trinken. Ob er nun jenen Satz wirklich gesagt hat, lässt sich nicht mehr nachweisen, da Sokrates selbst keine Schriften hinterließ und seine Lehren in den Dialogen seines berühmten Schülers Platon überliefert wurden; und was darin nun den Ideen des Sokrates entsprachen und was von Platon hinzugedichtet wurde, lässt sich heute nicht mehr differenzieren.

Apropos Ideen: Platon entwickelte seine Ideenlehre, wonach die wirkliche Welt nur die Welt der Ideen sei, die allerdings von den menschlichen Sinneswahrnehmungen verzerrt würde. Um das zu veranschaulichen, schrieb er das Höhlengleichnis nieder, welches von mehreren Personen handelt, die seit ihrer Geburt gefesselt in einer Höhle gegen eine Wand sitzen, auf der mithilfe eines Feuer und mehrerer Tier- und Gegenstandsmodellen Schattenbilder projiziert werden. Die Menschen können nur diese Schattenbilder sehen und halten diese für die Wirklichkeit. Erst als jemand sich von den Fesseln lösen kann und aus der Höhle entflieht, kann er die Wirklichkeit erkennen. Der Ideenlehre widersprach Platons Schüler Aristoteles, der die Idee im jeweiligen, von den Sinneswahrnehmungen zu erkennende Objekt sehen wollte.

Weitere Schüler des Sokrates waren Aristippos und Antisthenes, die die Schulen der Kyrenaiker bzw. der Kyniker begründeten, die sich einander widersprachen. Ihnen ging es nicht um die wahre Natur des Universums, sondern darum, welches Leben man führen sollte. Während die Kyniker ein bedürfnisloses Leben forderten und in der Person des Diogenes auch tatsächlich lebten, betrachteten die Kyrenaiker Lust und Genießen als das Wichtigste im Leben. Aus den beiden Lehren entwickelten sich Ende des vierten Jahrhunderts der Stoizismus und der Epikureismus, die von Zenon von Kition bzw. Epikur begründet worden waren.

Im Mittelalter verbrachten die abendländischen Philosophen ihre Zeit eher damit, die Philosophie der Antike, vor allem die des Aristoteles, mit der christlichen Lehre zu verbinden. Bekannte Scholastiker waren beispielsweise Anselm von Canterbury, der den Satz „Ich glaube, damit ich verstehe“ prägte und den ontologischen Gottesbeweis entwickelte, der jedoch stark angefochten wird, oder Thomas von Aquin, der den Unterschied zwischen Philosophie bzw. Wissenschaft und Religion darin sah, dass ersteres an Wissen gehaftet sei, während letzteres auf Glauben basiere. Wilhelm von Ockham war ein Querdenker unter den Scholastikern und erklärte in seiner berühmten Regel „Ockhams Rasiermesser“, dass man nur dann die Existenz von Dingen voraussetzen sollte, wenn sie logisch notwendig wären.

Als Begründer der neuzeitlichen Philosophie gilt Rene Descartes, der sich weigerte, auch nur irgendetwas zu glauben, ehe es nicht bewiesen wurde. Sein Skeptizismus führte ihn schließlich zu seinem Satz „Ich denke, also bin ich“ (lat. „cogito ergo sum“), in dem er seine eigene Existenz anerkannte, da die Tatsache, dass er nicht an seiner eigenen Skepsis zweifeln konnte, der Beweis dafür war, dass zumindest er selber existierte. Auf dieser Grundlage versuchte er auch alle weiteren Fragen der Philosophie zu beantworten und alle anderen Dinge in der Welt zu beweisen, scheiterte jedoch. Da er der Meinung war, dass alle Erkenntnisse nur auf die Vernunft beruhen könnten und somit schon angeboren wären. Dieser als Rationalismus bezeichneten Lehre widersprach John Locke, einer der eifrigsten Verfechter des Empirismus, wonach nur die Erfahrungen durch die Sinneswahrnehmungen zur Erkenntnis führen könnten.

Immanuel Kant versuchte den Rationalismus und den Empirismus zu verbinden, indem er zwischen analytischen und synthetischen Urteilen unterschied, d. h. zwischen Aussagen, die durch die Analyse des Begriffs bzw. Satzes selber bestätigt werden können, und Aussagen, die man nur durch genaue Untersuchungen, also Erfahrungen erkennen kann. Kants Idealismus wurde zum Vorläufer für den deutschen Idealismus, dem Philosophen wie Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel angehörten. Der Tod des Letzteren 1831 bezeichnete auch das Ende des deutschen Idealismus, der in der Folgezeit von deutschen Philosophen wie Friedrich Nietzsche kritisiert wurde.

Die Philosophien aus anderen Gegenden der Erde waren viel enger mit der Religion verknüpft. So stand die arabische Philosophie fast in seiner gesamten Geschichte im Konflikt mit dem Koran, mit dem sie sich auch ausschließlich beschäftigte. Vor Mohammed gab es außerdem keine eigene arabische Philosophie; stattdessen wurden die Werke der antiken griechischen Philosophen übernommen und übersetzt. Komplizierter sieht es mit der indischen Philosophie aus, die sich schwer in Epochen untergliedern lässt. Allgemein unterscheidet man zwischen der Phase der Veden, der des Buddhismus, Jainismus und Materialismus und der der Systeme der Brahmanen. Im Gegensatz dazu kann man in der chinesischen Philosophie, die ebenso stark an Religionen geknüpft ist, in eine klassische, eine mittelalterliche und eine moderne Periode untergliedern; auf letztere übte ebenfalls die Philosophie der Antike einen großen Einfluss aus.

Ernst von Ahlers, „Geschichte der Philosophie“ (1998)
Tom Morris, „Philosophie für Dummies“ (2003)
Wierecht Ries, „Nietzsche zur Einführung“ (2001)
dtv-Atlas Philosophie (2003)
Schülerduden Philosophie (2002)
 
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