Einheitliche deutsche Pässe

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Gast

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Offiziellen Quellen entnehme ich als Gründungsdatum Deutschlands meist das Jahr 1871. Nun habe ich aber den Eindruck, dass das mit einem Staat "aus einem Guss" mächtig wenig zu tun hatte. Es scheint sich da ja eher um einen Bund recht souveräner Einzelstaaten gehandelt zu haben.

Da mein persönliches Staatskriterium lautet, "In einem Staat haben die Staatsangehörigen einheitliche Pässe", hier nun meine Frage:

Seit wann gibt es in den jeweiligen Grenzen "Deutschlands" für alle einheitliche Pässe - also für die Bayern genauso, wie für die Kölner etc.? War das bereits in der Weimarer Republik der Fall?

Viele Grüße

Bernd

PS: Die BRD-/DDR-Problematik bitte ich hierfür mal außer Acht zu lassen.
 
Vielen Dank für den sehr interessanten Link! Meine Frage beantwortet er zwar noch nicht, aber dennoch ein Anfang.

Am Ende des verlinkten Beitrages heißt es: "Ein Pass kostete den preußischen Bürger im Jahre 1909 den "Stempelbetrag" von ..." Genau - den preußischen Bürger für einen preußischen Pass! Mir liegt aus ziemlich genau derselben Zeit ein bayerischer Reisepass meines Münchener Großvaters vor. Einen "deutschen" besaß er nicht, was sich mit obigem Beitrag ja deckt; es gab eben keine deutschen Pässe, nur preußische, bayerische, hamburgische etc. (Was für mein Dafürhalten in Sachen Identität auf einiges schließen lässt.)

Deswegen noch einmal meine Frage: Ab wann wurden einheitliche gesamtdeutsche Pässe erstellt?
 
Ich habe gerade mal gegoogelt und bei ebay einen Deutschen Reisepaß ausgestellt am 28.11.1928 in Schwennigen gefunden.
Personalien: http://i20.ebayimg.com/01/i/000/f9/dd/b348_1.JPG
Umschlag vorn: http://i18.ebayimg.com/02/i/000/f9/dd/b2c1_1.JPG

Demnach müßte es zu der Zeit schon eine deutsche Staatsangehörigkeit gegeben haben. Soweit ich das auf den abgebildeten Seiten erkennen kann, ist allerdings weder angegeben, der Inhaber sei Deutscher, noch Badenser oder was auch immer.

moz-screenshot.jpg
Soweit ich bei kurzer Recherche im Internet sehe, ist das StAG (Staatsangehörigkeitsgesetz) am 22.01.1913 ausgefertigt worden.

Ich meine aber, daß noch längere Zeit eine paralelle Staatsangehörigkeit zu einzelnen deutschen Ländern bestanden hat, die sich nach Geburtsrecht richtete.
 
Bei der Frage ist natürlich auch die Staatsangehörigkeit zu berücksichtigen. Bis zum Ende des Kaiserreiches galt m.W., daß die Staatsangehörigkeit des Deutschen Reiches derjenige besitze, der die Staatsangehörigkeit eines deutschen Bundesstaates innehatte. Es gab also sehr wohl in vorweimarer Zeit eine "Reichs-Staatsangehörigkeit", die sich aber über die Gliedstaaten definierte.
Interessant sicherlich, was im Paß bei "Staatsangehörigkeit" stand, ich vermute mal, "Deutsches Reich" und nicht etwa "deutsch" wie das heute der Fall ist. Kann das jemand bestätigen? :grübel:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Zäsur wird mit dem Beginn der Weimarer Republik, also vermutlich 1919, anzusetzen sein.

Tekker hat recht bezüglich der Vorgeschichte.

Artikel 110 WRV sah eine Regelung durch Reichsgesetz vor. Dazu kam es aber nicht. Eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit gab es deshalb erst ab dem Gleichschaltungsgesetz vom 30.1.1934 bzw. der Verordnung des Innenministers vom 5.2.1934.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Kaiserreich wurde zwischen einer Staatsangehörigkeit und einer Bundesangehörigkeit unterschieden.
1913 wurde dann ein Gesetz über die Reichs- und Staatsangehörigkeit erlassen, die Unterscheidung blieb.
dieses Gesetz galt bis 1935 und

OT: ermögliche Hitler 1932 den Erwerb der Staatsangehörigkeit über die Verbeamtung. Durch eine Verbeamtung wurde automatisch die Staats- und Reichsangehörigkeit erlangt.
Was dann schnell geändert wurde, (Hitler sah ja dass daraus nix gutes werden konnte....:motz:)
Seit damals gilt der umgekehrte Vorgang, ohne Staatsbürger kein Beamter.


Zum Passwesen galt im Kaiserreich dieses Gesetz:
Gesetz über das Paßwesen (12.10.1867), in: documentArchiv.de [Hrsg.], URL: http://www.documentArchiv.de/nzjh/ndbd/pass_ges.html, Stand: aktuelles Datum.
 
Zuletzt bearbeitet:
1913 wurde dann ein Gesetz über die Reichs- und Staatsangehörigkeit erlassen, die Unterscheidung blieb.
dieses Gesetz galt bis 1935

Das Gesetz von 1913 ist in diesem Jahr 95 Jahre alt geworden und ist damit eines der "zähesten" deutschen Gesetze überhaupt. :D Es gilt nämlich in Teilen immer noch! (Zum Stand von 1999 siehe Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) - seitdem ist es schon wieder 3mal geändert worden...)
 
Im Kaiserreich wurde zwischen einer Staatsangehörigkeit und einer Bundesangehörigkeit unterschieden.
1913 wurde dann ein Gesetz über die Reichs- und Staatsangehörigkeit erlassen, die Unterscheidung blieb.
dieses Gesetz galt bis 1935 und

OT: ermögliche Hitler 1932 den Erwerb der Staatsangehörigkeit über die Verbeamtung. Durch eine Verbeamtung wurde automatisch die Staats- und Reichsangehörigkeit erlangt.
Was dann schnell geändert wurde, (Hitler sah ja dass daraus nix gutes werden konnte....:motz:)
Seit damals gilt der umgekehrte Vorgang, ohne Staatsbürger kein Beamter.


Zum Passwesen galt im Kaiserreich dieses Gesetz:

Wow, vielen Dank für die Antwort!! Dann ist das Ganze ja noch dürftiger, als ich dachte: Eine gesamtdeutsche Staatsangehörigkeit gibt es also seit ca. 28 Jährchen - von 1935 bis 1945 und von 1990 bis heute. Alle Achtung :-D

OT: Da frag ich mich woher unsere Nationalen eigentlich immer ihre Forderung zur Pflege des Deutschtums hernehmen. Als ob da ein wahnsinnig lange gewachsenes, bewährtes und zusammenschweißendes Fundament da sei. Außer der gemeinsamen Sprache seh ich da nicht viel. Und ein Ostfriese gilt in der niederbayerischen Provinz ja heute noch als Ausländer und umgekehrt. Aber vor obigem Hintergrund wundert mich da nichts mehr. Nochmals vielen Dank.
 
Da frag ich mich woher unsere Nationalen eigentlich immer ihre Forderung zur Pflege des Deutschtums hernehmen.

OT: Na aus der Latrine, was glaubt Du denn woher die ihre Parteifarbe haben.:cool:

Wow, vielen Dank für die Antwort!! Dann ist das Ganze ja noch dürftiger, als ich dachte: Eine gesamtdeutsche Staatsangehörigkeit gibt es also seit ca. 28 Jährchen - von 1935 bis 1945 und von 1990 bis heute. Alle Achtung :-D

OT: Als ob da ein wahnsinnig lange gewachsenes, bewährtes und zusammenschweißendes Fundament da sei. Außer der gemeinsamen Sprache seh ich da nicht viel. Und ein Ostfriese gilt in der niederbayerischen Provinz ja heute noch als Ausländer und umgekehrt. Aber vor obigem Hintergrund wundert mich da nichts mehr. Nochmals vielen Dank.

Ganz so ist es auch wieder nicht. Eigentlich haben sich mehr die Begriffe geändert. Die Unterscheidung Staatsangehöriger - Bundes-/Reichs-Angehöriger entstammt ja dem Förderalismus. War schon 1871 nur noch Nostalgie.

Eines noch, für die BRD gab es immer nur eine Staatsangehörigkeit. Die DDR-Rentner die besuchsweise im Westen waren, konnten ohne weiteres ihren DDR-Pass gegen einen BRD-Pass tauschen, nach Malle jetten und anschließend den DDR-Pass gegen Rückgabe des "Gesamt"-Deutschen wieder abholen. Und drüben Klappe halten.
 
Also erst ab 1935. Dann hatte mein Vater womöglich doch Recht, der mir mal sagte, er sei als Brandenburger (in Berlin) geboren und erst durch ein Nazi-Gesetz Deutscher geworden. Diese deutsche Staatsangehörigkeit habe den Zweck gehabt die auszugrenzen, die sie nicht erhielten, z.B. die Juden. Demnach müßten alle mit der Staatsangehörigkeit des Deutschen Reiches bedachten Personen zwei Staatsangehörigkeiten gleichzeitig gehabt haben.

Wann ist dann aber die Staatsangehörigkeit der einzelnen Länder ganz weggefallen? Geschah das nach Besatzungsrecht oder später nach Bundesrecht? Oder ist das womöglich einfach übersehen worden?

Vergleichend fällt mir dazu ein, daß z.B. in russischen Dokumenten noch immer zwischen Staatsangehörigkeit und Nationalität unterschieden wird, um dem Phänomen des Vielvölkerstaates Rechnung zu tragen. Da konnte zu sowjetischen Zeiten also als Nationalität georgisch, kasachisch, russisch, aber auch deutsch oder jüdisch stehen. Das Prinzip ist auch heute bei den russischen Pässen noch so.
 
OT: Da frag ich mich woher unsere Nationalen eigentlich immer ihre Forderung zur Pflege des Deutschtums hernehmen. Als ob da ein wahnsinnig lange gewachsenes, bewährtes und zusammenschweißendes Fundament da sei. Außer der gemeinsamen Sprache seh ich da nicht viel.
Nun, eine gemeinsame Kultur haben wir ja schließlich auch.
Dichter u. a. Schriftsteller, Musiker, Wissenschaftler usw. kümmerten sich nicht um fürstliche Animositäten und tingelten schon immer in den "Deutschen Landen" hin und her und schufen damit das, was wir durchaus gemeinsam haben.
:)
 
Über folgendes mußte ich gerade schmunzeln:
Auch besondere Erkennungsmerkmale wie "hinkend" oder "bucklig" sowie Gewohnheiten und Charaktereigenschaften wurden akribisch vermerkt.
Sowas gab es sogar noch bei uns in der DDR - im Personalausweis wurde solche "Erkennungsmerkmale" (hier --> äußerlich sichtbare körperliche Merkmale) auch noch unter "besondere Merkmale" eingetragen.
:pfeif:
 
Über folgendes mußte ich gerade schmunzeln:

Sowas gab es sogar noch bei uns in der DDR - im Personalausweis wurde solche "Erkennungsmerkmale" (hier --> äußerlich sichtbare körperliche Merkmale) auch noch unter "besondere Merkmale" eingetragen.
:pfeif:


War in der BRD doch genauso,
Besondere Kennzeichen: -keine- stand bei mir drin.
 
Meines Wissens ist der für alle verbindliche Reisepass am 10. September 1939 im Reichsegesetzblatt als Verordnung über den Pass- und Sichtvermerkszwang (J) sowie über den Ausweiszwang für alle verbindlich erklärt worden.
Arslonga
 
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