Eisenproduktion im Römischen Reich und China

Gubernator

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Es gibt bei der Schätzung der Höhe der Eisenproduktion des römischen Reichs im Vergleich zu Han-China gibt es einen scheinbaren Widerspruch. Obgleich die Chinesen bereits den wesentlich produktiveren Hochofen einsetzten, liegt die Schätzungen der römischen Eisenproduktion durch weniger ergiebige Rennöfen deutlich darüber:

Römisches Reich
The archaeological record shows that iron was a very familiar low-cost material. Estimates have been made for iron production of 2,250 tons per annum in Roman Britain, and 82,500 tones per annum through the rest of the Empire(Sim and Ridge 2002: 23; cf. Cleere and Crossley 1985: 57-86).

Quelle: Craddock, Paul T.: "Mining and Metallurgy", in: Oleson, John Peter (ed.): ''The Oxford Handbook of Engineering and Technology in the Classical World'', Oxford University Press, 2008, ISBN 978-0-19-518731-1, S. 93–120 (108)
Han-China
There appears to be no reliable way to estimate pig iron production per day or (more relevant) per year. Perhaps we can assume that production per year was of the same order of magnitude as that of nineteenth- and twnetieth-century Chinese traditional blast furnaces of the same size, a few hundred tonnes per year. If we were to assume an average annual production of 100 tonnes per Iron Office, then total annual legal production in the Han Empire as a whole in AD 2 would have been about 5,000 tonnes, or about 0.1 kg per person. Obviously it would be foolish to lend much credence to this figure, but perhaps it gives a feel for the general scale of Han iron production.

Quelle: Donald B. Wagner: "The state and the iron industry in Han China", S. 73
Song-China
For the Han period I have suggested elsewhere that iron production might have been on the order of 0.1 kg per capita per year (Wagner 2001a: 73). Since, as Hartwell has shown, the uses of iron had broadened greatly between the Han and the Song one might well be justified in supposing an increase in production by an order of magnitude in the intervening thousand years. Therefore his suggestion, 114,000 metric tonnes, amounting to about 1.2 kg of iron per capita per year, is quite plausible, but there appears to be no direct quantitative evidence for it.

Quelle: Wagner, Donald B.: "The Administration of the Iron Industry in Eleventh-Century China", ''Journal of the Economic and Social History of the Orient'', Vol. 44, No. 2 (2001), S. 175–197 (175f., 191)
Das ergibt auf die geschätzte Bevölkerungsgröße umgerechnet diese Pro-Kopf-Leistung:
Römisches Reich: 84.750 t / 60-70 Mio. bis 100 Mio. = 1,4-1,2 bis 0.8 kg
Han-China: 5.800 t / 58 Mio. = 0,1 kg
Song-China: 114.000 t / 95 Mio. = 1,2 kg
Der römische Eisenausstoß ist also ein Vielfaches höher als der der Han-Dynastie und nimmt bereits die Größenordnung der tausend Jahre späteren Song-Dynastie vorweg. Allerdings ist die Methodologie völlig unterschiedlich. Für die Römer wird ein Pro-Kopf-Verbrauch von 1,5 kg in Britannien angenommen, ein Drittel des Verbrauchs des 17. Jahrhundert. Dieser Wert wird auf die Bevölkerungsgröße des Reichs hochgererechnet. Aber selbst man man die illegale Produktion in China auf das Doppelte oder Dreifache ansetzt, bleibt Han-China klar hinten zurück.

Meine Frage ist, was haltet ihr von dem ganzen Vergleich und gibt es noch andere, unabhängige Schätzungen?
 
Das Problem ist, gab es schon die entsprechende Technologie zur Weiterverarbeitung? Ohne zu schmieden ist der der Kohlenstoffgehalt des Eisens zu hoch, so das es für die meisten Anwendungen zu spröde war. Zum anderen kann man ohne technische Klimmzüge Eisen nicht so leicht giessen wie Bronze. Und Eisen rostet, Bronze, Kupfer, Gold... nicht.
Und warum soll ich was produzieren, wenn kein Markt dafür vorhanden ist.
Zum anderen ist Kupfer für Alltagsgegenstände leichter zu bearbeiten. Und auch deutlich leichter zu gewinnen.
Eisen hat auch von Erzfundstätte zu Erzfundstätte anderen Eigenschaften, abhängig davon, ob das Erz alkalisch oder sauer ist. Und welche anderen Metalle gleichzeitig mit vorhanden sind, quasi als natürliche Legierungsbestandteile.

Apvar

P.S. Ein weiterer Thread zum Eisen/Stahl:
http://www.geschichtsforum.de/f328/stahlerzeugung-der-fr-hzeit-47437/#post694977
 
Erstens, es gab schon die Möglichkeit des Schmiedens, denn "Eisen" aus dem Rennfeuer geht nur mit Schmieden.
Zweitens:
Der Kohlenstoffgehalt des Renneisens war allgemein zu niedrig und es mußte erst aufgekohlt werden
Drittens: Frischen, also den Kohlenstoffgehalt von Gußeisen/Roheisen senken, ist erst seit dem 18. Jhdt mit dem Puddleverfahren möglich. Das konnten auch die Chinesen nicht. Roheisen/Gußeisen ist nicht schmiedbar oder normal schweißbar. Aber sehr zerbrechlich, im Gegensatz zu Bronze.

Weiterhin , die Stahlproduktion in Etrurien und im Noricum war um einiges höher als in Britannien, und das über mehrere Jahrhunderte.

Man darf also die Gußeisenproduktion der Chinesen nicht zur Stahlproduktion hinzu rechnen. Für gußeiserne Produkte gab und gibt es eigentlich auch heute noch in Europa keinen Markt.
 
Doch lassen sich die Gußeisernen Halbzeuge nicht zu Stahl machen indem man sie einfach lange genug entkohlt?
 
Das Problem ist, gab es schon die entsprechende Technologie zur Weiterverarbeitung?

Anscheinend ja, denn es heißt, daß die Chinesen gar keine Rennöfen kannten, sondern (fast) von Anfang an mit Hochöfen Eisen produzierten.


Eine Zwischenfrage, die sich auf die Schätzungen bezieht: gibt es dazu eine Literaturquelle?

Eben solche suche ich auch. In Populonia gab es eine riesige Schlackefläche, die man auf 2-4 Millionen t schätzt. Angesammelt in einem Zeitraum von 500 Jahren. Daraus ergeben sich je nach Rechnung 1.600 bis 2.000 oder sogar 10.000 t Eisenproduktion im Jahr.

Die Kalkulationen gehen so lächerlich weit auseinander, weil die einen die Tonne Schlacke zur Tonne Eisen im Verhältnis 1:1 umrechnen, die anderen aber 3:1 oder weniger.
 
Das mit den chinesischen Hochöfen würde mich mal gewaltig interessieren, vorallem auch in Hinsicht auf die jpanische Technik der Stahlerzeugung und warum die erst im 17. Jhdt ihre heutig "alte " Variante der Eisendarstellung eingeführt haben.

Ein Rennofen unterscheidet sich nebenbei bemerkt nur in den Maßen von einem Hochofen
 
ich will mal versuchen , ein paar zu finden.....
Alle meine Quellen dürfte das Forum sprengen, sinds doch Teile von~ 6 Semester Studium des Hüttenwesens (zum Studium selbst gehört noch mehr)
Hier ist ganz gut die Entwicklung der Stahlerzeugung bis zum Roheisen und Hochofen erklärt:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hochofen

Ich denke mal, das sollte reichen....
Weiterführende Links stehen unten, die habe ich allerdings auch nicht alle gelesen ;-)
 
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