Ende einer Legende

Turgot

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Bekanntermaßen trat in den ersten Kriegstagen Walther Rathenau an den preußischen Kriegsminister mit dem Plan heran, die Rohstoffbewirtschaftung von einer einzigen zentralen Stelle aus zu steuern. Falkenhayn hat dem rasch, nämlich bereits am 13.August zugestimmt und Rathenau und Oberst Oehme zu den Direktoren der Kriegsrohstoffabteilung bestimmt.

Allerdings stammt die eigentliche Idee gar nicht von Rathenau, sondern von einen Angestellten der AEG, nämlich Wichard von Moellendorf. Darüber gibt der Briefwechsel zwischen Moellendorf, der mit dieser Initiative am 08.08.1914 an Rathenau brieflich rangetreten ist, und Rathenau klar Auskunft. (1)

(1) Burchardt: Friedenwirtschaft und Kriegsvorsorge. Deutschlands wirtschaftliche Rüstungen vor 1914
 
"Ende einer Legende" Welcher Legende eigentlich? Zumindest entzaubert die personifizierte "Legende" - Rathenau - bereits in einem Vortrag 1915 (vgl. Link) die Legende über die Ursprünge der Kriegswirtschaft.

Zur Abfolge der einzelnen Schritte formuliert bzw. schreibt Rathenau:

1. Drei Tage nach Kriegserklärung (bezogen auf den 4. August 1914) suchte Rathenau den Kontakt zum Allgemeinen Kriegsdepartment, dem Oberst Scheuch.

2. Am 8.8.1914 kam es sofort zum Treffen und Rathenau legte die Probleme der Rohstoffbewirtschaftung der deutschen Wirtschaft dem Obersten dar.

3. Zuhause angekommen findet Rathenau ein Telegramm vom Kriegsminister Falkenhayn vor, der ihn am Sonntag den 9.8.1914 in sein Ministerium einbestellt.

4. In diesem Gespräch kam Falkenhayn zum Entschluss, dass es eine Organisation geben müsse, die die Materialbewirtschaftung im Krieg sicher stellen muss, zumal bereits deutlich war, dass der Krieg länger dauern würde! (Was vorher eigentlich auch klar war) Und forderte von Rathenau, dass er die Leitung dieser Organisation übernehmen solle.

Im Kontext der Urheberschaft der Idee zur Materialbwirtschaftung schreibt Rathemau folgendes: " Es gelang mir ferner, meinen Freund Moellendorf als Mitarbeiter zu gewinnen, der zuerst [meine Unterstreichung] in freundschaftlicher Unterhaltung den Finger auf diese ernste Wunde unserer Wirtschaft gelegt hatte."

Ergo: Rathenau hat zu keinem Zeitpunkt an einer oder seiner "Legende" in Bezug auf diesen Aspekt mit gewirkt.

Vortrag gehalten in der Deutschen Gesellschaft 1914, am 20. Dezember 1915
https://books.google.de/books?id=tfOBOwAACAAJ&dq=rathenau+die+organisation+der+rohstoffversorgung&hl=de&sa=X&redir_esc=y

vgl. Link zur "Deutschen Gesellschaft 1914", um die Bedeutung der Rede angemessen zu kontextualisieren

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Gesellschaft_1914
 
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Ergo: Rathenau hat zu keinem Zeitpunkt an einer oder seiner "Legende" in Bezug auf diesen Aspekt mit gewirkt.

Wurde auch nicht von mir behauptet, das Rathenau an seiner Legende mitgewirkt hat.

Ich habe hier auf den Briefwechsel Moellendorf/Rathenau hingewiesen! Aus diesem ergibt sich, das die ursprüngliche Idee aber von Moellendorf stammt und nicht von Rathenau.


Und häufig genug wird bis heute Rathenau als der Mann mit der richtigen Idee dargestellt. Ich habe es beispielsweise so auf meinem Gymnasium so gelernt.

Thomas Nipperdey erwähnt beispielsweise in seinem Werk Machtstaat vor der Demokratie Moellendorf gar nicht. Auf Seite 790 heisst es:" Auf Anregung von Walther Rathenau wurde eine Kriegsrohstoffabteilung beim Kriegsministerium gebildet."

Im Lexikon Chemie.de findet sich beispielsweise folgende Aussage:

"Nur wenige Zeitgenossen hatten wie der Industrielle Walther Rathenau und sein Mitarbeiter Wichard von Moellendorff erkannt, dass ein moderner Krieg auch als Wirtschaftskrieg geführt wird und ohne zentrale Bewirtschaftung aller kriegswichtigen Güter und Rohstoffe nicht zu gewinnen war. Ihrer Anregung folgend verfügte der preußische Kriegsminister Erich von Falkenhayn am 13. August 1914 die Errichtung einer seinem Ministerium angegliederten Kriegsrohstoffabteilung (KRA) und ernannte den AEG-Aufsichtsratsvorsitzenden Walther Rathenau zu deren Leiter, der diese Position bis zum 1. April 1915 besetzte."

Das Handbuch der preussischen Geschichte, Band 2, Seite 571 sieht Rathenau als alleinigen Initiator.
 
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