Entwicklung der Jenseitsvorstellungen

PostmodernAtheist

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Da wir uns schon so intensiv mit Religionskritik hier beschäftigen wollte ich mal fragen wie genau das Christentum die Jenseitsvorstellungen der Menschen beeinflusst hat, insbesondere ob die christliche "Hölle" für die Menschen mit ihrem Feuer etc schreckliche war als die Unterwelt in der hellenischen und römischen Vorstellung war. Das hat nämlich jemand mit dem ich geschrieben habe bezweifelt und es kam mir Suspekt vor, ist das doch mein Hauptkritikpunkt am Christentum, schließlich hat das so einige Menschen noch in unserer Zeit psychisch kaputt gemacht. Ich hab da durchaus eigene Erfahrungen...
 
Üble Aussichten für üble Menschen gab es bereits in Religionen vor dem Christentum.

Die Griechen hatten den Tartaros als Ort der Strafe: Tartaros – Wikipedia
Allerdings war auch die normale Unterwelt ein recht deprimierender Ort. Bei Homer bekennt der tote Held Achilleus (der VOR seinem Tod ein kurzes ruhmreiches Leben einem langen unbedeutenden vorgezogen hatte) dem die Unterwelt besuchenden Odysseus, er wäre lieber der niedrigste Tagelöhner auf Erden als der König der Unterwelt.

Zu Höllenvorstellungen siehe diese Übersicht: Hölle – Wikipedia
 
Üble Aussichten für üble Menschen gab es bereits in Religionen vor dem Christentum.

Die Griechen hatten den Tartaros als Ort der Strafe: Tartaros – Wikipedia
Allerdings war auch die normale Unterwelt ein recht deprimierender Ort. Bei Homer bekennt der tote Held Achilleus (der VOR seinem Tod ein kurzes ruhmreiches Leben einem langen unbedeutenden vorgezogen hatte) dem die Unterwelt besuchenden Odysseus, er wäre lieber der niedrigste Tagelöhner auf Erden als der König der Unterwelt.

Zu Höllenvorstellungen siehe diese Übersicht: Hölle – Wikipedia

Interessant, war das den schon eine gängige Thematik in den antiken predigten wie später im fundamentalistischen Christentum? Zumindest im griechisch-römischen Bereich soll die Hölle ja schweren Frevlern vorbehalten sein.
 
Von den berühmtesten Insassen des Tartaros (hauptsächlich Frevler gegen die Götter, aber auch normale Verbrecher) gab es Mythen, welche Strafen sie dort zu erleiden hatten.
 
Von den berühmtesten Insassen des Tartaros (hauptsächlich Frevler gegen die Götter, aber auch normale Verbrecher) gab es Mythen, welche Strafen sie dort zu erleiden hatten.

Welche normalen Verbrecher denn? Ich dachte immer Tartarus sei nur für die Leute die sich den besonderen Hass der Götter zugezogen haben. Gut möglich, dass da auch christliche Anschauungen Einfluss auf die Überlieferung hatten, wie mit der Edda und (vielleicht) Hel.
Aber selbst wenn man als normaler "Sünder" von der Verdammnis bedroht war, zogen Priester herum und drohten den Leuten mit Höllenqualen? Was für ein großes Thema war das für die Menschen. Im Christentum nimmt die Hölle und der Teufel bis vor kurzem ja schon eine große Rolle ein!
 
Nix da christlicher Einfluss. Die Erwähnungen des Tartaros reichen bis zu Homer und Hesiod zurück, und in Homers Odyssee werden auch schon die Bestrafungen von Tantalos und Sisyphos geschildert.

Grundsätzlich war jedes gröbere Verbrechen auch ein Frevel gegen die Götter, nämlich gegen ihre Ordnung.

Im Tartaros landen konnten auch "normale" Verbrecher, etwa die Danaiden, die (bis auf eine) ihre Ehemänner ermordeten und dafür im Tartaros büßen mussten.
In der Unterwelt gab es auch drei Richter (normalerweise Minos, Rhadamanthys und Aiakos), die über die neuangekommenen Toten richteten. Auch dieser Mythos fand sich bereits bei Homer (mit der Einschränkung, dass er nur Minos erwähnte).

Herumziehende und drohende Priester brauchte es nicht, es gab ja die bekannten Mythen und den Glauben an Rachegottheiten wie Nemesis und die Erinnyen, die Täter gnadenlos verfolgten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist interessant, dass die antiken Griechen eine oder zwei Unterwelten kannten, aber keinen Himmel, nur die Insel der Seligen für ausgewählte VIPs.
Mich würde auch einmal interessieren, inwieweit die Römer solche Unterwelt-Vorstellungen hatten (mir jedenfalls nicht bekannt). Wo kam der Römer hin, wenn er tot war?
 
Im Tartaros landen konnten auch "normale" Verbrecher, etwa die Danaiden, die (bis auf eine) ihre Ehemänner ermordeten und dafür im Tartaros büßen mussten.
Kommt nicht jeder in die Unterwelt? Ich muss da an Eurydike denken. Die war ja ein Opfer und starb durch einen Schlangenbiss.

Herumziehende und drohende Priester brauchte es nicht, es gab ja die bekannten Mythen und den Glauben an Rachegottheiten wie Nemesis und die Erinnyen, die Täter gnadenlos verfolgten.

Bei den Babyloniern gab es ja Fluchsteine, Grenzsteine, bei deren Versetzen mit Flüchen gedroht wurde. Dafür zuständig war Shamash, der Sonnengott, der ja schließlich bei seinem Weg durch den Himmel alles sieht.

Ich denke in der Antike war Gottesfurcht nicht nur auf das Jenseits gerichtet. Man erwartete Strafe für Frevel schon im Dieseits. Das würde sich auch mit dem Christentum nicht geändert haben, sondern erst mit einem besseren Verständnis der Naturgewalten.

Es ist interessant, dass die antiken Griechen eine oder zwei Unterwelten kannten, aber keinen Himmel, nur die Insel der Seligen für ausgewählte VIPs.
Mich würde auch einmal interessieren, inwieweit die Römer solche Unterwelt-Vorstellungen hatten (mir jedenfalls nicht bekannt). Wo kam der Römer hin, wenn er tot war?
Soweit ich weiß, gab es auch bei den Sumerern nur eine Unterwelt, beschrieben zb in Inannas Gang in die Unterwelt.

Stellt nicht gerade das Heilsversprechen des ewigen Lebens an der Seite Gottes die Attraktivität des neuen Christentums dar? Dann wäre die Neuerung nicht die Hölle, sondern der Himmel.

(Über den Himmel kann man dann wieder denken wie man will: Als Ort an dem man sein Haustier aus Kindertagen wiedertrifft oder als celestial north corea, wie Hitchens so treffend formulierte)
 
Jenseitsvorstellungen...
Ein paar Gedanken dazu von mir.

Wie sagt doch der Dichter:
„... Es kann die Spur von meinem Erdentagen nicht in Äonen untergehen ...“

Viele reden und schreiben vom „Jenseits“, an keinen geht das „Jenseits“ vorbei, es erreicht ja jeden, aber keiner weiß wie es im Jenseits aussieht, weil, keiner ist ja je aus dem Jenseits bisher zurück gekommen.

Und so ist das „Jenseits“ etwas Mystisches mit Spielraum für viel Phantasie.

Und das merkt man bei den Lebenden.
Da findet man alles.

Von einem reich bestücktem Grab – sie Beispiel Pyramiden in Ägypten – bis hin zu nichts, also nur dem Toten im Grab, ist ja alles vertreten.

Und genauso ist dies bei dem Jenseits.

Vom Fegefeuer bis hin zu nicht enden wollenden Partys ist auch hier alles vertreten.

Fegefeuer -> da meine ich dessen Heimat, das da ist der „Hör-Seelen-berg“ bei Eisenach/Thüringen.

Partys -> da meine ich die Unterwelt von Jacques Offenbach.

Ich persönlich finde ja immer Walhall sehr reizvoll. Bei den Bedingungen die allerdings für Walhall herrschen, werde ich aber nie in Frage kommen da hin zu gelangen.
 
Also gab es das auch schon im germanisch/nordischen Heidentum, oder was?
Deine Frage verstehe ich nicht. Ich schrieb von den alten Griechen, nicht von den Nordgermanen. Bei den alten Griechen reichen die Überlieferungen zum Tartaros bis weit in vorchristliche Zeit zurück. Bei den Nordgermanen haben wir das Problem, dass der Großteil unserer Quellen zur nordischen Mythologie erst aus christlicher Zeit stammt.

Es ist interessant, dass die antiken Griechen eine oder zwei Unterwelten kannten, aber keinen Himmel, nur die Insel der Seligen für ausgewählte VIPs.
Die Vorstellungen zum Elysion und generell zur Unterwelt variierten.
In Pindars zweiter Olympischer Ode etwa ist die Rede davon, dass die Guten nach dem Tod belohnt (indem sie ein "Leben" ohne Mühsal führen) und die Bösen bestraft werden. Wer drei Leben ohne Untaten führte, kommt auf die Insel der Seligen. Dieser Vorstellung nach war der Zugang also anscheinend nicht für "VIPs" reserviert.
 
Deine Frage verstehe ich nicht. Ich schrieb von den alten Griechen, nicht von den Nordgermanen. Bei den alten Griechen reichen die Überlieferungen zum Tartaros bis weit in vorchristliche Zeit zurück. Bei den Nordgermanen haben wir das Problem, dass der Großteil unserer Quellen zur nordischen Mythologie erst aus christlicher Zeit stammt.

Ok, bei den Römern und Griechen ists klar, aber ich hab mich eben auch gefragt ob bei den Nordgermanen die Idee von Höllenqualen eben erst durch die Christen etabliert wurde.
 
aber ich hab mich eben auch gefragt ob bei den Nordgermanen die Idee von Höllenqualen eben erst durch die Christen etabliert wurde.
da schon im gotischen halja für Hölle vorkommt, auch althochdeutsch hellja, altenglisch hell, sind zumindest dieses Wörter älter als nordgermanische Schriftzeugnisse.
Wenn ich es richtig verstanden habe, soll die altnordische Hel (eine Art Totengöttin, Totenreich), die erst im Mittelalter auftaucht (Edda?), etymologisch mit den oben erwähnten Wörtern verwand sein - ob die altnordische Variante inhaltlich Einfluß auf die christlich konnotierten gotischen, althochdeutschen, altenglischen "Höllen" hat, kann ich nicht beurteilen (bezweifle es aber) Interessant ist aber der Umstand, dass die Hölle nicht als lateinisches Wort in die germanischen Sprachen kam, sondern dass diese schon halja-hellja-hell-Hölle im Wortschatz vorrätig hatten.
 
da schon im gotischen halja für Hölle vorkommt, auch althochdeutsch hellja, altenglisch hell, sind zumindest dieses Wörter älter als nordgermanische Schriftzeugnisse.
Wenn ich es richtig verstanden habe, soll die altnordische Hel (eine Art Totengöttin, Totenreich), die erst im Mittelalter auftaucht (Edda?), etymologisch mit den oben erwähnten Wörtern verwand sein - ob die altnordische Variante inhaltlich Einfluß auf die christlich konnotierten gotischen, althochdeutschen, altenglischen "Höllen" hat, kann ich nicht beurteilen (bezweifle es aber) Interessant ist aber der Umstand, dass die Hölle nicht als lateinisches Wort in die germanischen Sprachen kam, sondern dass diese schon halja-hellja-hell-Hölle im Wortschatz vorrätig hatten.

Okay. Scheint ja dann in quasi jeder Religion ne Vorstellung von nem negativen Leben nach den Tod existiert zu haben, wenn es nen christlichen Einfluss bei den Germanen gab dann wäre das ein krasser Sonderfall. Fragt sich bloß wieso? Ist der Tod nicht schon unheimlich genug? Hat man versucht so die Gesellschaftsordnung aufrecht zu halten, oder wie?
 
In der christlichen Bibel steht das Wort „Hölle“ als althochdeutsch Hellia und gotisch Halja als direkte Übersetzung des griechischen Hades. Der altnordische Name Hel ist verwandt mit dem deutschen Wort Hölle und führt auf ein urgermanisches *haljō („Hölle, unterirdische Totenwelt“) von der germanischen Wortwurzel *hel, *hal (verbergen) zurück. Der Begriff findet sich auch in anderen germanischen Sprachen: gotisch halja; altenglisch hell; althochdeutsch hell(i)a, mittelhochdeutsch und altfriesisch helle, altsächsisch hellja. Das Wort steht in Beziehung zum neuhochdeutschen Verb verhehlen („verbergen“) und bezeichnet somit „das Verborgene“. Im Gegensatz zur christlichen Vorstellung der Hölle als Strafort bezeichnete der Ausdruck die Totenwelt ohne negative oder positive Konnotation. Die Personifizierung der Hel zur Herrin dieser Totenwelt fand offensichtlich nur im Norden statt.
also ein deutlicher Unterschied zwischen der christlichen Hölle und der altnordischen "Hel". Das Zitat ist aus https://de.wikipedia.org/wiki/Hel_(Mythologie)
 
also ein deutlicher Unterschied zwischen der christlichen Hölle und der altnordischen "Hel". Das Zitat ist aus https://de.wikipedia.org/wiki/Hel_(Mythologie)

Hm, was soll mir das jetzt genau zeigen? In der eher neutralen germanischen Unterwelt, schien es ja doch einen Strafort zu geben, wie in der griechisch-römischen Unterwelt...oder ist bei den griechen schon das Wort "Hades" negativ? Dann könnte man ja an der Idee der neutralen Unterwelt ohne Strafort eher festhalten.
 
Ist der Tod nicht schon unheimlich genug? Hat man versucht so die Gesellschaftsordnung aufrecht zu halten, oder wie?

1. Es sollte doch eigentlich nicht überraschen, dass sich Menschen mit dem Tod auseinandersetzen. Du schreibst selbst der Tod sei unheimlich, also werden wohl auch einige Jenseitsvorstellungen unheimlich sein.

2. Die Hölle beantwortet ja auch die Frage nach einer jenseitigen Gerechtigkeit. Einen Erklärungsansatz bietet Freuds Religionskritik. Im wesentlichen werden Wünsche nach einer gerechten Ordnung, ewigen Leben in eine Gottfigur projiziert. Der liebende aber auch strafende Vater.
 
1. Es sollte doch eigentlich nicht überraschen, dass sich Menschen mit dem Tod auseinandersetzen. Du schreibst selbst der Tod sei unheimlich, also werden wohl auch einige Jenseitsvorstellungen unheimlich sein.

2. Die Hölle beantwortet ja auch die Frage nach einer jenseitigen Gerechtigkeit. Einen Erklärungsansatz bietet Freuds Religionskritik. Im wesentlichen werden Wünsche nach einer gerechten Ordnung, ewigen Leben in eine Gottfigur projiziert. Der liebende aber auch strafende Vater.

Das macht Sinn, irgendwie aber auch gefährlich wenn jeder eh bekommt was er verdient. Richard Dawkins wollte ja nicht mit Apologet William Craig reden weil er die Massaker im alten Testament damit rechtfertigt, dass die toten Kinder ja direkt in den Himmel kommen.
 
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