Ermordung der Zarenfamilie als Thema im Schulunterricht der DDR

Erik Erikson

Gesperrt
Hallo!
Da ich mich hier nicht so richtig auskenne, setze ich das mal hier mit rein. Zeitlich passt es in etwa.
Ich lese gerade ein Buch aus dieser Zeit und da fällt mir ein: Wie haben eigentlich die Kommunisten in der DDR, den Mord an der Zarenfamilie, ihren Bürgern im Geschichtsunterricht verkauft?
Ich kann mich einfach nicht mehr erinnern.
Aber Mord passt doch schlecht zum Kommunismus. Wer weiß was?
 
Von der Ermordung der Zarenfamilie war im Geschichtsunterricht in meiner Schule keine Rede. Man sprach lediglich vom Sturz des Zaren und dessen gerechter Hinrichtung und das nur am Rande. Dass Frau und Kinder auch getötet wurden kam überhaupt nicht zur Sprache.
 
Das ist aber auch heute in der Schule kein Thema. Februarrevolution - Oktoberrevolution - Bürgerkrieg werden abgehandelt, über die Zarenfamilie wird nicht geredet.
 
Aber Mord passt doch schlecht zum Kommunismus. Wer weiß was?

Man sollte wohl bei derartigen Aussagen erwarten können, dass ein gewisses zusätzliches historisches Wissen vorhanden ist und Kenntnisse über das repressive politische, autoritäre System des Zaren bis zur Oktoberrevolution abgerufen werden können.

Unnötig daran zu erinnern, dass Gewalt Gegengewalt erzeugt und die Rolle des Zaren und seiner Berater, ergänzt durch die Aktionen der zaristischen Geheimpolizei nicht als "moderierend" zu bezeichnen ist, sondern massiv zur Anheizung des politischen Konflikts beigetragen haben.

Vor diesem Hintergrund waren vermutlich nicht wenige persönliche "Rechnungen" bei Bolschewiken offen, die dem Zaren eine unmittelbare Schuld zugewiesen haben, am Tode von Familienangehörigen.

Petersburger Blutsonntag: Geheimdienst und Propaganda - Petersburger Blutsonntag - FOCUS Online - Nachrichten

Dass es einen Krieg gab, den der Zar mit zu verantworten hatte und es auf russischer Seite sehr viele Kriegstote gab, für die der Zar eine unmittelbare moralische Verantwortung zu tragen hatte, sei als Erklärung für die universelle Gewaltbereitschaft ergänzt.

Die völlig unklare Situation der Verlängerung des Krieges durch die US- und die japanische Intervention in Fernost, die Rolle der Tschechischen Legion sowie der Bürgerkrieg gegen Kerenski (die Weißen) sind weitere Rahmenbedingungen, unter denen die Entscheidung zur Ermordung der Zarenfamilie zu sehen sind.

Ohne Fortführung des WW1 in Fernost gegen die UdSSR und ohne Bürgerkrieg wäre es nicht zu einer Ermodrung durch die Bolschewiki gekommen, sondern der Zar wäre vermutlich im Rahmen eines Prozesses verurteilt und hingerichtet worden. Seine Familie wäre vermutlich deportiert oder ins Exil geschickt worden.

Noch eine Überlegung zur Instrumentalisierung der "Moral" in der Bewertung der Ereignisse. Gewalt im Rahmen des Machtkampfes um die Herrschaft ist ein universelles Instrument, das seit sicherlich 4000 Jahren benutzt wird. Gerne und häufig eingesetzt und sehr häfugi mit dem Tode des jeweiligen adeligen Rivalen endete oder ganze soziale Gruppen einem machtpolitisch motivierten Pogrom aussetzte.

Wie in diesem Buch zumindest teilweise beschrieben.
http://books.google.de/books?id=qfQI...lalter&f=false

Interessant ist zudem, dass der "Machtkampf" und die Eroberung von Herrschaft im Rahmen von Revolutionen durch nicht-monarchistische historische Akteure, unter einen schwer zu rechtfertigenden besonderen "moralischen" Vorbehalt gestellt wird.

Was ich damit sagen will ist, dass man doch bitteschön einen etwas neutraleren Zugang zum Thema, auch durch die Wahl der Begrfflichkeit, wählen sollte und eine objektivere Analyse durch die Berücksichtigung von zusätzlichen Rahmenbedingungen und der Möglichkeit zur Rekonstruktion einer historischen Kausalität.
 
Das ist aber auch heute in der Schule kein Thema. Februarrevolution - Oktoberrevolution - Bürgerkrieg werden abgehandelt, über die Zarenfamilie wird nicht geredet.
Es besteht allerdings ein Unterschied zwischen dem Geschichtsunterricht in der DDR und dem in der BRD. In der DDR war die Oktoberrevolution das größte Ereignis in der gesamten Menschheitsgeschichte und das Thema zog sich über ein ganzes Schuljahr hin( der gleiche Zeitraum in dem die Epoche von der Urgesellschaft bis zum römischen Reich abgehandelt wurde). Da ist es schon verwunderlich, dass die Ermordung der Zarenfamilie gar nicht vorkam.
 
Es besteht allerdings ein Unterschied zwischen dem Geschichtsunterricht in der DDR und dem in der BRD. In der DDR war die Oktoberrevolution das größte Ereignis in der gesamten Menschheitsgeschichte und das Thema zog sich über ein ganzes Schuljahr hin( der gleiche Zeitraum in dem die Epoche von der Urgesellschaft bis zum römischen Reich abgehandelt wurde). Da ist es schon verwunderlich, dass die Ermordung der Zarenfamilie gar nicht vorkam.

Das stimmt durchaus. Allerdings wäre die Ermordung der Zarenfamilie grade ein Beweis für die Grausamkeit des Kommunismus. Mit solchen wurde eigentlich selten gegeizt.
 
Das stimmt durchaus. Allerdings wäre die Ermordung der Zarenfamilie grade ein Beweis für die Grausamkeit des Kommunismus. Mit solchen wurde eigentlich selten gegeizt.

Grausamkeit bzw. ethische Kategorien spielen innerhalb der
marxistisch - leninistischen Revolutionstheorie keinerlei Rolle .

Wichtig ist in der Vermittlung die Frage der Gerechtigkeit der Revolution -
( unterdrückte Massen vs. unterdrückerischer Oberschicht aus Adel und
Bourgeosie ) bzw.
die Darstellung der marxistisch -wissenschaftlichen " Zwangsläufigkeit "
der Revolution !

Insofern wird nur kurz auf die " Notwendigkeit " der Beseitigung der
Vertreter der Oberschicht eingegangen ( Adel , Großbürger , Kapitalisten
Kulaken ) , ohne diese in das Konzept des " Roten Terrors " einzuordnen .
Die Zarenfamilie wird da " unter anderem " subsummiert ....

Der " Weiße Terror " hingegen wird schon benannt in Zusammenhang mit
den Generälen Koltschak , Denikin und den " ausländischen Interventen ".

Man muss sich diesen Abschnitt des DDR _Geschichtsunterrrichtes nicht
als die Darstellung der historischen Abläufe vorstellen , sonder eher
als die neuerliche Vorstellung der marx.-len. Revulutionstheorie
am praktischen Beispiel ... dh. eher Staatsbürgerkunde als
Geschichtsunterricht .
 
Es ging mir hier eher um dne Geschichtsunterricht in der BRD und das dort nicht mit der Darstellung des Kommunismus (besser des M-L) als Wurzel allen Übels auf dieser Welt gegeizt wurde/wird.
 
Das stimmt durchaus. Allerdings wäre die Ermordung der Zarenfamilie grade ein Beweis für die Grausamkeit des Kommunismus. Mit solchen wurde eigentlich selten gegeizt.

In meinen Schul-Geschichtsbüchern finden sich dazu folgende "ausführliche" Ausführungen:
Die Diktatur des Proletariats zerschlug die alte Ordnung und vernichtete neben Adel und Großbürgertum auch große Teile des Mittelstandes. Der Zar und seine Famile wurde ermordet. Die Arbeiter übernahmen die Fabriken ...
"Neueste Zeit von 1917 bis heute", Verlag Ferdinand Schöningh Paderborn, 1965


und
Im März 1917 kam es in Petersburg zu Demonstrationen hungernder Arbeiter. Schnell entwickelte sich daraus ein Aufstand, der auf andere Städte Rußlands übergriff. Groß war die Erbitterung des Volkes über die Blutopfer an der Front und die Mißwirtschaft des Regimes in der Heimat. Auch das liberale Bürgertum forderte die Abdankung des Zaren. Die gegen die Demonstranten eingesetzten Truppen blieben untätig oder gingen gar zu ihnen über. Der Zar wurde abgesetzt und verhaftet. Ein Jahr später wurde er mit seiner Familie von den Bolschewisten ermordet.
"Zeiten und Menschen 4", Verlag Ferdinand Schöningh Paderborn, 1966

Angesichts der tatsächlichen Abläufe ist das Wort Mord ja schon beinahe beschönigend.
 
Das ist aber auch heute in der Schule kein Thema. Februarrevolution - Oktoberrevolution - Bürgerkrieg werden abgehandelt, über die Zarenfamilie wird nicht geredet.
Das finde ich schon merkwürdig, aber vielleicht, wird dieses Ereignis als weniger wichtig betrachtet.

Man sollte wohl bei derartigen Aussagen erwarten können, dass ein gewisses zusätzliches historisches Wissen vorhanden ist und Kenntnisse über das repressive politische, autoritäre System des Zaren bis zur Oktoberrevolution abgerufen werden können.
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht genau in welche Richtung diese aussage anspielt.
Mir geht es nicht darum zu werten, sondern um die Behandlung im Geschichtsuntericht. Trotz der Vorkommnisse in der DDR, des stalinschen Terrors, von dem wir mehr so unter der Hand wußten, bzw. ist er runter gespielt worden, oder den Gräueltaten der Roten Khmer, von denen wir gar nichts wußten, wurde uns ja der Sozialismus/Kommunismus als das menschenwürdigste System vorgestellt. Also passte da die Ermordung von Frauen und Kindern nicht ins Konzept.

Gewalt im Rahmen des Machtkampfes um die Herrschaft ist ein universelles Instrument, das seit sicherlich 4000 Jahren benutzt wird. Gerne und häufig eingesetzt und sehr häfugi mit dem Tode des jeweiligen adeligen Rivalen endete oder ganze soziale Gruppen einem machtpolitisch motivierten Pogrom aussetzte.
Warum setzt Du das so knapp an? Das dürfte schon einige Tausend Jahre länger, seit beginn der Klassengesellschaften so sein.

Was ich damit sagen will ist, dass man doch bitteschön einen etwas neutraleren Zugang zum Thema, auch durch die Wahl der Begrfflichkeit, wählen sollte und eine objektivere Analyse durch die Berücksichtigung von zusätzlichen Rahmenbedingungen und der Möglichkeit zur Rekonstruktion einer historischen Kausalität.
Das ist für mich wieder etwas kryptisch. Ich stehe hier nicht auf Seite des Zaren, aber meinst Du ich sollte den Mord nicht Mord nennen?

Man muss sich diesen Abschnitt des DDR _Geschichtsunterrrichtes nicht
als die Darstellung der historischen Abläufe vorstellen , sonder eher
als die neuerliche Vorstellung der marx.-len. Revulutionstheorie
am praktischen Beispiel ... dh. eher Staatsbürgerkunde als
Geschichtsunterricht .
Die Grenzen zwischen diesen Fächern waren bei uns verwaschen.
 
Grausamkeit bzw. ethische Kategorien spielen innerhalb der
marxistisch - leninistischen Revolutionstheorie keinerlei Rolle .

Wichtig ist in der Vermittlung die Frage der Gerechtigkeit der Revolution -
( unterdrückte Massen vs. unterdrückerischer Oberschicht aus Adel und
Bourgeosie ) bzw.
die Darstellung der marxistisch -wissenschaftlichen " Zwangsläufigkeit "
der Revolution !...

Wenn Revolutionen gleichsam als zwangsläufig postuliert werden, in denen der Widerspruch zwischen der Entwicklung der Produktivkräften und den Produktionsverhältnissen sich auflösen, bleibt wenig Raum, um sich um ethisch-moralische Fragen zu bemühen. Vielmehr stand im Mittelpunkt das Postulat, des siegreichen Proletariates unter Führung seiner Avantgarde, der Partei neuen Typus, dabei fließt dann auch Blut, immerhin ist die Bourgeosie ja nicht bereit, die Zwangsläufigkeit der historischen Entwicklung einzusehen und die Macht an die historisch progressive Klasse, das Proletariat, freiwillig abzugeben.

Meiner trüben Erinnerung nach, wurde im Unterricht sowohl in der Schule als auch an der Uni, folgende Kausalität bemüht: zuerst der "weiße Terror" den die Partei mit dem "roten Terror" begegnete. Die Hinrichtung des Zaren wurde als dabei randständig aber folgerichtig erwähnt, die Ermordung der Familie aber nicht thematisiert und wenn überhaupt, als Fanal der Unumkehrbarkeit der Revolution beschrieben

M.
 
Ich denke mal, dass die viele Jugendliche in West und Ost damals wußten, dass die Zarenfamilie ermordet worden war, bevor das im Geschichtsunterricht besprochen oder nicht besprochen wurde.

Es gab schließlich diverse Filme über das Schicksal der Familie, die immer mal wieder im Westfernsehen liefen.
 
Ich denke mal, dass die viele Jugendliche in West und Ost damals wußten, dass die Zarenfamilie ermordet worden war, bevor das im Geschichtsunterricht besprochen oder nicht besprochen wurde.

Es gab schließlich diverse Filme über das Schicksal der Familie, die immer mal wieder im Westfernsehen liefen.
Auch wenn ich mich als Schüler schon sehr für Geschichte interessierte so gehörte die Oktoberrevolution, die uns allen zum Halse heraushing ,da sie nicht nur im Geschichtsunterricht sondern auch noch in den Fächern Staatsbürgerkunde, Russisch und Literatur gebetsmühlenartig auf uns niederrieselte nicht zu meinen Favoriten. Deshalb hätten weder ich noch meine Klassenkameraden , freiwillig einen Film darüber ,weder im Ost-noch im Westfernsehen angeschaut.
Ich bin in den sechziger und siebziger Jahren zur Schule gegangen ,wie das bei Schülern in den achziger Jahren war, weiß ich allerdings nicht.
 
Ich möchte mich nicht auf die "Schulbuchbeiträge" beziehen von Treibsand oder von Melchior, sondern explizit auf Mischa und E.E..

Zur Erinnerung vielleicht nochmal der Link auf die Person, die hier gerade von einer "Täterrolle" in die Rolle des unschuldigen, armen "Opfers" mutiert wird und der Eindruck erzeugt wird, ein "liebenswerter Landesvater" sei ohne Grund von den bösen Bolschewiken ermordete worden.

Um es noch deutlicher zu sagen, die Politik von Nikolaus im speziellen und die der Romanovs im allgemeinen (vgl. z.B. den Dekabristenaufstand) hat erst dazu geführt, dass es zu einer revolutionären Situation gekommen ist.

Nikolaus II. (Russland) ? Wikipedia

Dekabristen ? Wikipedia

Sofern er von der orthodoxen Kriche zum Heiligen erklärt wurde, sollte doch im Rahmen einer angemessenen neutrale Würdigung der Person, der Autokrat Nikolaus deutlich gezeigt werden, der es geschafft hatte, Russland im Status eines der rückständigsten Länder Europas zu belassen, der mit Polizeiterror die Opposition gegen seine Willkürherrschaft unterdrückte und im Rahmen eines aggresiven russischen Imperialismus zunächst für ca. 200.000 Kriegstote (Russen) im Krieg von 1905 verantwortlich war und dieses noch deutlich mit fast 2 Mio Kriegstoten im WW1 noch steigerte. Die zivilen Opfer sind da nicht enthalten!

Angesichts dieser Fakten kann man Nikolaus als innenpolitischen Despoten klassifizieren und außenpolitisch als Kriegstreiber.

wurde uns ja der Sozialismus/Kommunismus als das menschenwürdigste System vorgestellt.

Ich weiss nicht, wer sowas gesagt hat, aber er hat offensichtlich keine keine Ahnung gehabt, denn Marx hatte einen sehr realistischen Bezug zu Herrschaft und Macht. Und mit guten Argumenten und dem Werfen von Wattebällchen ist Herrschaft nicht zu erlangen. Deswegen, bitte nicht so ein idealistisches Gerede über die Vorstellungen des Marxismus und seiner Vorstellung von Klassenkampf.

Also passte da die Ermordung von Frauen und Kindern nicht ins Konzept.

An diesem Punkt wird sehr deutlich, dass Du Dich offensichtlich mit dem Thema überhaupt nicht beschäftigt hast, dafür aber ein dezidierteres Urteil abgibst. So verweist Fitzpatrick auf die dubiose Rolle der Zarin Alexandra, im Zusammenspiel mit "Rasputin" bei der Führung der Regierungsgeschäfte und "Miyukov (ein Vertreter der politischen Fraktion der "Kadetten") fragt sich "Is this stupidity or is this treason?" (vgl. S. 38).

In diesem Sinne gab es keine geschlechtsspezfische Unterteilung und die politische Verantwortung für die Mißstände in Russland traf ebenso Alexandra. Vergleiche ähnlich Pipes in seiner Darstellung der Russischen Revolution.

The Russian Revolution - Sheila Fitzpatrick - Google Books

http://books.google.de/books?id=vZ5...a=X&ei=3pnMUJmzCPL74QSmhYCQBw&ved=0CD8Q6AEwAQ

Und nebenbei sind es diese Facetten, die ich meine und die beliebig erweitert werden könnten, wenn ich die Notwendigkeit einer differenzierten Sichtweise auf die Ereignisse einfordere. Es ist absolut nicht ausreichend, sofern man ernst genommen werden möchte, lediglich demonstrativ ein Urteil zu fällen.

Und: Natürlich war es ein Mord, aber Morde, Kampf, Zwietracht, Verrat, und Heimtücke bilden das "Inventar" der Historie. Und da sind dann die Ursachen und Zusammenhänge interessant, um die einzelnen Teile des "Inventars" sinnvoll zusammen zu fügen und der Historie einen "Sinn" zu geben.

Das isolierte Bewerten von historischen Ereignissen, ohne sie verstanden zu haben, macht dagegen keinen Sinn!
 
Zuletzt bearbeitet:
@Thane

Mit Deinem oben stehenden Beitrag #16, forderst Du aber eine ganz andere geschichtsphilosophische Qualität, als E.E. in seinem Threadeingangsbeitrag m.E. anstrebte, und zwar, der Rezeptionsgeschichte der Ermordung der Familie von N. II. in der DDR.

Da wäre einerseits, die Geschichte der Dynastie der Romanows, da spannst Du den Bogen sehr weit, vom Dekrabistenaufstand zur Oktoberrevolution und der individuellen Geschichte der Familie von N. II., andererseits.

Diesen Bogen zu spannen ist legitim, nur da sollte man tief in der Geschichte Rußlands und der Dynastie "graben".

M. :winke:
 
Die DDR hatte wohl wenig Kopfschmerzen damit, historische Ereignisse zu ignorieren. So kam z.B. in ihrer Geschichtsschreibung der Sowjetisch-Finnische Krieg nicht vor. Wie hätte sie den auch erklären sollen?
Da wäre die Ermordung der Zarenfamilie weniger problematisch gewesen. Der Zar musste weg, schon als Symbol. Mich wundert nur, dass man ihm nicht den Prozess gemacht hat. Die Stunde für ein Standgericht hätte man gehabt. Aber man wollte sicher die ganze Familie ausmerzen und gegen die Zarentöchter hätte sich wohl kein Prozess führen lassen. Dann hat man eben gleich den Weg des Mordes gewählt.
 
Die DDR hatte wohl wenig Kopfschmerzen damit, historische Ereignisse zu ignorieren. So kam z.B. in ihrer Geschichtsschreibung der Sowjetisch-Finnische Krieg nicht vor. Wie hätte sie den auch erklären sollen?
Nicht nur das sondern der Hitler-Stalinpakt, die Verbrechen Stalins oder der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 waren kein Thema .
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
#16, forderst Du aber eine ganz andere geschichtsphilosophische Qualität, als E.E. in seinem Threadeingangsbeitrag m.E. anstrebte,

Nein, mir ging es, losgelöst von der Aufbereitung des Mordes in den Geschtsbüchern der DDR - und das hatte ich ja auch eingangs geschrieben -, nur in einer "Seitenlinie der Diskussion darum, dass der Mord an, oder die Hinrichtung von Monarchen im Rahmen von Revolutionen in der Regel ein historisches "Vorspiel" haben.

Und dieses ist angemessen zu bewerten, um dem "närrischen" oder auch "rationalen" Treiben des "Weltgeists", als "Lokomotivführer" der Modernisierung, auf die Spur zu kommen. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Angesichts dieser Fakten kann man Nikolaus als innenpolitischen Despoten klassifizieren und außenpolitisch als Kriegstreiber.
Diese Aussage kann ich voll und ganz unterstützen.

Darüberhinaus bitte ich um eine Erläuterung wie ich die doch recht zahlreichen u. a. Ausführungen zu verstehen habe, in diesem Zusammenhang möchte ich an die "Europaratsresolution zur Notwendigkeit der internationalen Verurteilung von Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime" erinnern:
Vor diesem Hintergrund waren vermutlich nicht wenige persönliche "Rechnungen" bei Bolschewiken offen, die dem Zaren eine unmittelbare Schuld zugewiesen haben, am Tode von Familienangehörigen.
Dass es einen Krieg gab, den der Zar mit zu verantworten hatte und es auf russischer Seite sehr viele Kriegstote gab, für die der Zar eine unmittelbare moralische Verantwortung zu tragen hatte, sei als Erklärung für die universelle Gewaltbereitschaft ergänzt.
Um es noch deutlicher zu sagen, die Politik von Nikolaus im speziellen und die der Romanovs im allgemeinen (vgl. z.B. den Dekabristenaufstand) hat erst dazu geführt, dass es zu einer revolutionären Situation gekommen ist.
So verweist Fitzpatrick auf die dubiose Rolle der Zarin Alexandra, im Zusammenspiel mit "Rasputin" bei der Führung der Regierungsgeschäfte und "Miyukov (ein Vertreter der politischen Fraktion der "Kadetten") fragt sich "Is this stupidity or is this treason?" (vgl. S. 38).
In diesem Sinne gab es keine geschlechtsspezfische Unterteilung und die politische Verantwortung für die Mißstände in Russland traf ebenso Alexandra.
thanepower;657311[B schrieb:
]Gewalt im Rahmen des Machtkampfes um die Herrschaft ist ein universelles Instrument[/B], das seit sicherlich 4000 Jahren benutzt wird. Gerne und häufig eingesetzt und sehr häfugi mit dem Tode des jeweiligen adeligen Rivalen endete oder ganze soziale Gruppen einem machtpolitisch motivierten Pogrom aussetzte.
... denn Marx hatte einen sehr realistischen Bezug zu Herrschaft und Macht. Und mit guten Argumenten und dem Werfen von Wattebällchen ist Herrschaft nicht zu erlangen. Deswegen, bitte nicht so ein idealistisches Gerede über die Vorstellungen des Marxismus und seiner Vorstellung von Klassenkampf.
Die völlig unklare Situation der Verlängerung des Krieges durch die US- und die japanische Intervention in Fernost, die Rolle der Tschechischen Legion sowie der Bürgerkrieg gegen Kerenski (die Weißen) sind weitere Rahmenbedingungen, unter denen die Entscheidung zur Ermordung der Zarenfamilie zu sehen sind.
Ohne Fortführung des WW1 in Fernost gegen die UdSSR und ohne Bürgerkrieg wäre es nicht zu einer Ermodrung durch die Bolschewiki gekommen, sondern der Zar wäre vermutlich im Rahmen eines Prozesses verurteilt und hingerichtet worden. Seine Familie wäre vermutlich deportiert oder ins Exil geschickt worden.
Und: Natürlich war es ein Mord, aber Morde, Kampf, Zwietracht, Verrat, und Heimtücke bilden das "Inventar" der Historie. Und da sind dann die Ursachen und Zusammenhänge interessant, um die einzelnen Teile des "Inventars" sinnvoll zusammen zu fügen und der Historie einen "Sinn" zu geben.
Das isolierte Bewerten von historischen Ereignissen, ohne sie verstanden zu haben, macht dagegen keinen Sinn!

Ich hoffe sehr, dass sie nicht als Versuch der Rechtfertigung oder Relativierung für die Liquidierung der zaristischen Familie durch die Bolschiwiki 16 Monate nach Beginn der Internierung gemeint sind. Sie erinnern mich leider etwas zu sehr an Karl-Eduard von Schnitzler und seine Auffassung von Geschichte.
 
Zurück
Oben