viele Themen hier im GF zeugen von Interesse an der geschichtshistorischen Entwicklung in Form des Krieges zwischen den Völkern.
Wir betrachten den Kampf um Meerengen, ohne zu wissen was die Seefahrer eigendlich hinter den Meerengen erwartete, oder ab wann der Mensch bewusst Waffen als Waffen sah oder als soche benutzte.
Immer ist es der Kampf, angefangen zwischen 2 Menschen bis zu den Schlachten ganzer Völker, die unser Interesse wecken.
Doch was ist mit der Geschichte des Pazifismus? Warum kommen die Menschen, die gegen Kampf und Krieg sind in der Gesellschaftsgeschichte zu kurz?
Der Unterschied liegt wohl darin, dass Kriege
Ereignisse sind, wohingegen Militarismus und Pazifismus
Ideologien (wir sind daran gewohnt
Ideologie als Pejorativum zu verwenden, das ist hier
nicht intendiert) sind.
Die Geschichte des Pazifismus zu betrachten setzt sehr viel mehr echtes Quellenstudium voraus, als die Geschichte der Kriege.
Was ja schon in den bisherigen ca. 25 herausgearbeitet wurde, ist, dass man von Pazifismus eigentlich erst seit dem späten 19. Jhdt. sprechen kann.
Interessanterweise habe ich mich neulich (in Grundzügen) mit ähnlicher Thematik beschäftigt, da ich mich mitten in einer Arbeit zur bellum-iustum Theorie befinde. Hier bin ich auf den Wandel der Ansichten des Frühchristentums unter Augustinus gestoßen, da eine komplette Ablehnung kriegerischer Handlungen in einer immer mehr christianisierten Gesellschaft nicht möglich erschien. Aber auch hier war Krieg (im einzelnen wohl die Plünderung Roms durch die Hunnen 410) Stein des Anstoßes für eine genauere Beschäftigung. Ich tue mich allerdings schwer mit dem Begriff Pazifismus den ich immer eher in einem neuzeitlichen Kontext gesehen habe. Lasse mich aber gerne in (der hoffentlich kommenden Fülle) von Antworten belehren und klinke mich wieder ein
Dann hast du hoffentlich auch Carl Erdmanns
Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens unter deiner Literatur?! Das ist zwar von 1935, aber nach wie vor ein Standardwerk.
"Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln", sagte Clausewitz sehr richtig.
Das schließt ein, dass Krieg von Regierenden "vom Zaun gebrochen wird". Immer dann, wenn dieser Erfolg auf Erreichung bestimmter Ziele verspricht. Pazifismus wird man daher kaum unter regierenden Kreisen finden.
Warum eigentlich nicht?
Im Endeffekt konnte bzw WAR jeder Krieg des Mittelalters ein bellum iustum.
Formulieren wir es anders: Es lag am König den
bellum iustum zu erklären und der Krieger hatte gefälligst anzunehmen, dass der König den
bellum iustum durch göttlichen Beistand erklärt hatte und nicht aus niederen Beweggründen.
Richtig, am Krieg kann man bestens verdienen. Gäbe es denn das Beispiel, daß in einer "kriegerischen" Situation sich die Parteien entschlossen haben, doch den Frieden zu erhalten, weil er ihnen lukrativer erschien?
Krieg bedeutet in der Moderne zwar Profite für die sogenannten Kriegsgewinnler, aber gerade in der nichtglobalisierten Welt vor dem 19. Jahrhundert bedeutete Krieg ja eigentlich eher eine Unterbrechung der wertschöpfenden Wirtschaftstätigkeiten und des Handels - mindestens in der Region, in der der Krieg geführt wurde.
Schade, gab es da auch einen Augustinus, der Bedingungen für gerechte Kriege als Absolution formulierte?
Die Rechtsschulen des Islam führen zum Teil sehr genau aus, wie der Ǧihād in seiner Bedeutung als Krieg auzuführen ist. Das ist zum Teil sehr theoretisch, z.B. wenn Frauen, Kinder oder Muslime als Schutzschilde missbraucht werden, dann müssen die
Muğāhiddīn über deren Köpfe hinwegkämpfen, ohne diese zu gefährden.
Sicher wird es auch in der islamischen Frühzeit sunnitische und shi'itische Theologen/Juristen gegeben haben, die Rechtfertigungen verfassten. Für das 11. Jhdt. kann man al-Ġazālī nennen, der etwa den Almoraviden die Entmachtung der andalusischen Kleinkönige
nachträglich legitimierte. (Die Anklageschrift des Sevillaner Juristen Ibn al-'Arabi und das "Urteil" al-Ġazālīs ist erhalten. Obwohl al-Ġazālī in Bagdad lehrte und damit weit von al-Andalus entfernt, war er also die maßgebliche Autorität. Allerdings erkannten die Almoraviden auch offiziell den 'Abbasiden als Kalifen an, obwohl sie politisch unabhängig waren und sich selbst Titel wie
amīr al-mu'minīn (Fürst der Gläubigen) gaben, was eigentlich gleichbedeutend mit
khalīfa war.
Später wurden im Übrigen Bücher al-Ġazālīs von den Almoraviden verbrannt, weil er von ihrer theologischen Warte aus ein Ketzer war.