Exotische menschliche "Mitbringsel"

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Die im Unabhängigkeitskrieg auf seiten der Briten kämpfenden Hessen erwarben und warben in Amerika eine große Zahl Schwarzer, in der Regel Sklaven an. Diese dienten vor allem als Trommler und Pfeifer, nur wenige gehörten zu den Kämpfendentruppen.
Ein Teil gelangte freiwillig als Mitbringsel der geschlagenen Truppen zurück nach Kassel und leistete in der Folge seinen Beitrag zur Ethnogenese der Kasseläner. ;)
Robert Selig: The Revolution's Black Soldiers, 1988.
On the eve of departure for Europe, the Hessians discharged some two dozen black men who wanted to stay in America. About 30 soldiers plus an unknown number of officer servants not on regimental rosters, some with their wives and children, crossed the Atlantic for Cassel, where they arrived in late 1783.
Landgraf Friedrich II. konnte allerdings schon vor dem Unabhängigkeiskrieg ein komplett aus Afro-Hessen bestehendes Tabour-Korps vorweisen. Dies entsprach durchaus der damaligen Mode sich eine paar afrikanische oder türkische Militärmusiker zu halten, denn schon damals gab es das sich bis heute haltende rassistische Vorurteil, Schwarze hätten eine besondere musikale Begabung.
 
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Als die Franzosen unter Jean de Béthencourt und Gadifer de la Salle die Kanaren eroberten, hatten sie schon getaufte Guanchen mit an Bord, die ihnen als Dolmetscher dienen sollten.
 
Recht bedeutsam ist vielleicht die Geschichte des Feuerländers Jemmy Button.
Er wurde von Robert FitzRoy nach England verschleppt. Angeblich wurde er für einen Knopf an den Engländer verkauft. Dieser brachte ihn ein paar Jahre später mit der Beagle zurück nach Feuerland, im Beisein des jungen Forschers Charles Darwin.
Darwin sah in Jemmy Button, der englische Umgangsformen erlernt hatte, einen gezähmten Wilden und kam zu dem Schluss, dass die Ureinwohner Feuerlands genauso zivilisiert leben könnten wie die Europäer, während sich die anderen Wilden wie Tiere benähmen. Für Darwins Menschenbild war die Begegnung mit Jemmy Button prägend.
Später diente Jemmy Button dem deutschen Kinderbuchautor Michael Ende wahrscheinlich als Vorbild für seine Figur Jim Knopf.
 
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OT: Aber recht aufschlussreich.
In Basel gab es anfangs 20. Jahrhundert auch eine Völkerkundeschau im Zoo, mit "lebenden" Afrikanern.
Steiner, der von der Walddorfschule, warnte nachdrücklich schwangere Frauen vor dem Besuch.
Allein der Anblick dieser Afrikaner würde auf das Ungeborene stark wirken und zu einer mehr oder weniger starken "Vernegerung" des Ungeborenen führen.
 
In Basel gab es anfangs 20. Jahrhundert auch eine Völkerkundeschau im Zoo, mit "lebenden" Afrikanern.
Das war früher überall üblich, ist wohl eine "Erfindung" von Hagenbeck. So makaber das heute klingt, die Leute waren später in der Heimat dann hochangesehen und reich. Man zeigte auch Indianer, Polynesier, Inuit, Mongolen usw.
Es wäre mal interessant, wann damit Schluß war: 1914?
 
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Schon durch das Aufkommen des Films büssten die Völkerschauen Besucher ein. Auch heutige Dokumentarfilme bedienen mitunter selbige subtile Neugier auf halbnackte Wilde wie die Völkerschauen.
Erst 1940 wurden die Völkerschauen durch die Nazis aus Gründen der "Rassehygiene" verboten.
Irgendwie war aber die Expo 2000 in Hannover auch eine gigante Völkerschau. ;)
 
Das war früher überall üblich, ist wohl eine "Erfindung" von Hagenbeck. So makaber das heute klingt, die Leute waren später in der Heimat dann hochangesehen und reich. Man zeigte auch Indianer, Polynesier, Inuit, Mongolen usw.
Es wäre mal interessant, wann damit Schluß war: 1914?


Ich hielt es für eine "Erfindung" Buffalo Bills.
Müssen recht Beeindruckend gewesen sein, die Wildwestshows, meine Mutter Jahrgang 1903, hat noch mit knapp hundert davon erzählt.
 
Das war früher überall üblich, ist wohl eine "Erfindung" von Hagenbeck. So makaber das heute klingt, die Leute waren später in der Heimat dann hochangesehen und reich. Man zeigte auch Indianer, Polynesier, Inuit, Mongolen usw.
Es wäre mal interessant, wann damit Schluß war: 1914?

Nein, das muss später gewesen sein. Der 1926 geborene Hans-Jürgen Massaquoi schreibt in Neger, Neger, Schornsteinfeger! Meine Kindheit in Deutschland über einen Besuch im Tierpark Hagenbeck:
"Eine der beliebtesten Attraktionen für Hamburger [...] war Hagenbecks Tierpark [...]. Als überzeugter Hagenbeckfan stimmte ich begeistert zu, als meine Mutter eines Tages meinte, dass es mal wieder Zeit für einen Zoobesuch sei. Diesmal hatte sie mit einer Kollegin aus dem Krankenhaus vereinbart, deren Tochter Ingeborg mitzunehmen, ein etwas freches, aber ansonsten ganz nettes Mädchen in meinem Alter.
Kaum waren wir nach der langen Fahrt mit der Straßenbahn im Zoo angekommen, da wollte Ingeborg auch schon die 'Indianer' sehen. Meine Mutter und ich hatten noch nie gehört, dass im Tierpark Menschen gezeigt wurden, aber Ingeborg blieb dabei, dass sie bei ihrem letzten Zoobesuch richtige lebendige 'Indianer' gesehen hatte. Meine Mutter fragte einen Zoowärter und bekam die Antwort, Indianer gäbe es gerade keine, aber man könne sich Afrikaner ansehen, was genauso interessant sei. Die 'primitiven Völker', so erklärte der Mann vom Zoo, seien Teil der berühmten Hagenbeckschen 'Kulturschauen'.
Ingeborg und ich waren enttäuscht, weil wir uns schon darauf gefreut hatten, tapfere Krieger mit prächtigem Federschmuck zu sehen, aber wir fanden uns mit der afrikanischen Schau ab, [...] Was wir dann zu sehen bekamen, verschlug mir die Sprache. Wir gingen an herrlichen Gehegen [...] vorbei und kamen am 'afrikanischen Dorf' an, das aus rund einem halben Dutzend strohgedeckter Lehmhütten bestand und in dem, wie wir erfuhren, 'echte Afrikaner' wohnten. Wie die Tiergehege war das 'Dorf' von einem brusthohen Holzzaun umgeben, der dafür sorgen sollte, dass die Zuschauer draußen und die zur Schau gestellten Menschen drinnen blieben. Der einzige Unterschied zwischen Menschengehege und Tiergehegen war der, dass es keinen Wassergraben gab.
Abgesehen von der Hautfarbe und den Haaren hatten die 'Afrikaner' keinerlei Ähnlichkeiten mit meinem Verwandten oder mit irgendwelchen anderen Afrikanern, die ich im Hause meines Großvaters [Generalkonsul von Liberia in Hamburg] kennengelernt hatte. Alle 'Dorfbewohner' waren barfuß und trugen zerrissene Lumpen. Zwei in schäbige Tücher gehüllte Frauen rammten im gleichmäßigen Rhythmus einen schweren Holzpflock in einen Mörser. Ein Zoowärter erklärte, sie würden Maismehl für das Abendessen machen. Die Männer saßen in Grüppchen und betrachteten aufmerksam die Zuschauer [...] Beide Seiten musterten einander mit unverhohlener Neugier über den Zaun hinweg.
Plötzlich geschah genau das, was ich vom ersten Moment an befürchtet hatte. Obwohl ich mich bewusst im Hintergrund gehalten hatte, [...] entdeckte mich einer der Afrikaner in der Menge. Mit einem Mal wurde das ganze Dorf auf mich aufmerksam. [...] Als hätten sie einen Verwandten gesichtet [...] zeigten sie alle in meine Richtung und strahlten. [...] Einer der Zoobesucher folgte der Richtung, in die die Afrikaner zeigten, und als er den Grund für die Aufregung begriff, richtete auch er seinen dicken Zeigefinger auf mich. 'Guck mal!' sagte er zu seiner Begleiterin. 'Da ist ein Kind von denen.' Das löste unter den übrigen Zuschauern eine Kettenreaktion aus, bis schließlich alle, Afrikaner und Deutsche, mich anstarrten."
 
"Hoftürken"

Wir hatten hier mal eine Diskussion über die Beutetürken. Das waren ca. 50.000- 80.000 osmanische Kriegsgefangene die in Deutschland verteilt wurden und teilweise auch Zeugnisse hinterlassen hatten (Grabsteine, Gedenksteine usw).
Es wurden auch ganze Menschengruppen als Geschenke übergeben, so weiß man das die "langen Kerls" vom alten Fritz nicht nur aus Balten bestanden, sondern auch aus Kasachen und anderen "Tataren" es handelte sich um zum Zaren übergelaufene türkische Truppenteile die der Zar wiederum dem Preussenkönig zum Geschenk machte. Zwischen Berlin und Potsdam liegt ihr Friedhof, es ist der älteste islamische Migrantenfriedhof Deutschlands.
 
OT:
Als Geheimtipp der pubertierenden Jugend liefen Anfangs der 60er bei uns im Kino am Sonntagvormittag, quasi zwischen Kirche und Mittagessen, "völkerkundliche Filme" .....nackte Busen satt.

Die Mark Eintritt war mir aber zuviel.
 
Das bewegende Massaquoi Zitat von El Q. wäre ein gutes Schlußwort für dieses Thema.

Schon durch das Aufkommen des Films büssten die Völkerschauen Besucher ein. Auch heutige Dokumentarfilme bedienen mitunter selbige subtile Neugier auf halbnackte Wilde wie die Völkerschauen.
Erst 1940 wurden die Völkerschauen durch die Nazis aus Gründen der "Rassehygiene" verboten.
Irgendwie war aber die Expo 2000 in Hannover auch eine gigante Völkerschau. ;)

Obwohl ich zu ahnen glaube, was Maglor mit dem Hinweis auf die Expo 2000 ausdrücken wollte, möchte ich noch zu bedenken geben, dass bei aller Empörung über die "exotischen Mitbringsel", die Schicksale der mitgebrachten Menschen durchaus differenziert betrachtet werden könnten.

Den Film über Frau Ruete habe ich vor langer Zeit mal gesehen, sie war eine Einwanderin aus persönlichen Gründen, wie es dann später viele gab und zwar in alle Richtungen. Auch Deutsche sind ausgewandert und genossen in manchen Ländern einen gewissen Exotenstatus.
Wissen wir so genau, wer freiwllig aus Abenteuerlust oder weil er sich persönliche Vorteile versprach, den "Entdeckern" in ihre Heimat folgte?

Gut, das 17./18. Jhdt. war die Zeit, in der Pflanzen und Tiere von noch fremden Ländern gesammelt und ausgestellt wurden. Da es damals kein TV gab, erfolgte diese Zurschaustellung auf Jahrmärkten und später auch in Zoos. Auf Jahrmärkten bestand bereits die Tradition der Kuriositätenkabinette, die die menschliche Neugier und Sensationslust ansprach.

Heute sind uns global alle Menschen vertraut und die Länder, die sich touristisch vermarkten wollen, müssen ihre Folklore zur Schau stellen, um zahlende Touristen ins Land zu locken.
Wir tun das doch auch, indem wir Kuckucksuhren in "Heidelbörg" verkaufen oder uns beim Oktoberfest mit Lederhosen und Dirndl verkleiden.
 
Heute sind uns global alle Menschen vertraut und die Länder, die sich touristisch vermarkten wollen, müssen ihre Folklore zur Schau stellen, um zahlende Touristen ins Land zu locken.
Wir tun das doch auch, indem wir Kuckucksuhren in "Heidelbörg" verkaufen oder uns beim Oktoberfest mit Lederhosen und Dirndl verkleiden.
Es gibt aber durchaus noch Leute auf der Welt, die sich selber zur Schau stellen, ohne daß das schon Folklore ist. Die leben vielmehr wirklich noch so. Das ist für mich die umgekehrte Form der Hagenbeck-Ausstellungen, eine, bei der die Besucher sich selber auf die Reise machen und das Ausstellungsobjekt in seiner "natürlichen Umgebung" anstaunen. Grenzwertig ist das trotzdem, und was es mit den angeglotzten Leuten macht, weiß man auch noch nicht. Oft vermarkten die sich nämlich nicht selber, so daß sie auch nicht selber den Profit einstreichen.
 
Es gibt aber durchaus noch Leute auf der Welt, die sich selber zur Schau stellen, ohne daß das schon Folklore ist. Die leben vielmehr wirklich noch so. Das ist für mich die umgekehrte Form der Hagenbeck-Ausstellungen, eine, bei der die Besucher sich selber auf die Reise machen und das Ausstellungsobjekt in seiner "natürlichen Umgebung" anstaunen. Grenzwertig ist das trotzdem, und was es mit den angeglotzten Leuten macht, weiß man auch noch nicht. Oft vermarkten die sich nämlich nicht selber, so daß sie auch nicht selber den Profit einstreichen.


Ist eigentlich wahr, :pfeif:
also, falls sich einer für meine Visage und Knochensack interessiert, wenn der Preis stimmt, (Cash im voraus!)
setz ich mich auch zu Hagenbeck in den Park, oder zu Buffalo Bill in die "Wild South Show".
 
In Zusammenhang mit einer anderen Recherche bin ich darauf gestoßen. Ein von russischen Kosaken gefangener "Steppennomade", von der Zarin dem Karlsruher Hof "geschenkt", wo er es später bis zum Hofmaler brachte.
Feodor Iwanowitsch Kalmück ? Wikipedia

Vom Zarenhof gibt es noch ein anderes Beispiel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Petrowitsch_Hannibal
Interessanterweise brachten sich einige seiner Nachfahren in den europäischen Hochadel ein und der russische Nationaldichter Puschkin war ein Urenkel von ihm.
 
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