Faschismus in Italien

Ziemlich neu und sehr zu empfehlen:
Richard Bosworth - Mussolini's Italy: Life Under the Dictatorship: 1915-1945
Penguin, London 2006
 
Hallo zusammen,

ich habe am Montag meine Präsentationsprüfung (mündliches Abitur) zum Thema Faschismus in Italien.

Bei der Erarbeitung hat sich jedoch nun ein logisches Problem eingeschlichen und ich erhoffe mir hier eine Lösung.

In meinen Quellen wird erwähnt, dass auf der einen Seite die Faschisten auch aus der Proleteriatsschit kamen. Außerdem unterstützten sie Forderungen der Arbeiterklasse, wie den 8-Stunden Tag, Verbot der Kinderarbeit, usw.

Auf der anderen Seite jedoch überfielen sie Versammlungslokale der Arbeiterparteien, wüteten in Arbeitervierteln und gingen gegen Gewerkschaften vor.

Mir stellt sich nun die Frage, ob diese Bewegung eine von den Arbeitern unterstützte oder eine Bewegung gegen die Arbeiter war.

Habe ich da in meinen Quellen was in den falschen Hals bekommen bzw. falsch gelesen?

Ich bitte um Hilfe, es ist recht dringend, wie ihr oben lesen könnt ;)

Danke!
 
Wenn Du Dir mal den Parteinamen Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei anschaust, fallen Dir vielleicht Parallelen auf.

"Die Arbeiter" waren ja kein geschlossener politischer Bkock, der zu 100% mit den linken Parteien auf einer Linie lag.
Die Faschisten sind gegen ihre politischen Gegner vorgegangen, die eben auch oder vor allem im Arbeitermilieu zu finden waren. Auf der anderen Seite versuchten sie mit einem entsprechenden politischen Programm ihre Anhängerschaft unter den Arbeitern zu vermehren.
Es besteht also kein echter Widerspruch. Man wusste schon zwischen einem Arbeiter, der sich der eigenen Partei angeschlossen hatte und einem Arbeiter, der einer kommunistischen Partei angehörte, zu unterscheiden.
 
Ok Danke schonmal, das klingt gut.
Gegen welche Elemente der Arbeiterbewegung waren sie also?

Über kurz oder lang hatte der Faschismus ja zum Ziel, eine Alleinherrschaft aufzubauen unter welcher beispielsweise in unserem Fall jetzt die Arbeiterbewegung nichts zu sagen hatte.
Verstehe ich das jetzt richtig?
Die Arbeiter sollten sich nicht organisieren, nicht streiken können und dem faschistischen System nicht schaden können. Dies war deshalb so wichtig für Mussolini, da sie wohl die Mehrheit der Bevölkerung ausmachten.
Aber sie durften gerne auf Mussolinis Seite sein.

Interessant ist ja auch, dass Mussolini, sobald er an der Macht war, in seinen Regierungsdekreten eine Lohnsenkung von 13% ankündigte und die Großbesitzer von Versteuerungspflichten u.a. befreite.

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann habe ich das jetzt verstanden :)

Vielen Dank :)
 
Es ging u.a.. darum nationale Lösungen der Arbeiterfrage der kommunistischen (internationalen) Lösung gegenüberzustellen.
 
Über kurz oder lang hatte der Faschismus ja zum Ziel, eine Alleinherrschaft aufzubauen unter welcher beispielsweise in unserem Fall jetzt die Arbeiterbewegung nichts zu sagen hatte.
Wenn die Arbeiter aber der Meinung sind, dass der Diktator die Alleinherrschaft im Sinne ihrer Interessen ausübt, bekäme die Arbeiterklasse durch seine Machtergreifung ja viel zu sagen.

Die Kommunisten traten auch für eine "Diktatur des Proletariats" ein, und haben dies nicht als Widerspruch in sich angesehen.
 
Für Faschisten steht die "Nation", das (eigene) "Volk" ganz oben. Das Volk gilt als einheitlicher Block. Interessengegensätze, wie der zwischen Arbeitern und Unternehmern, werden geleugnet. Gegensätze gibt es nur zu "Volksfremden", die gern als minderwertig gelten (während Sozialisten, zumindest zeitweise, die internationale Solidarität der Arbeiter wichtig war). Kurz könnte man es mit einem Satz Wilhelms II. (der kein Faschist war) zusammenfassen: "Ich kenne keine Parteien mehr, kenne nur noch Deutsche".
Benito Mussolini ? Wikipedia
und die beiden folgenden Abschnitte im Artikel.
Faschismus ? Wikipedia
Italienischer Faschismus ? Wikipedia
 
Schau dir doch auch mal an, woher Mussolini und seine frühen Gefolgsleute kamen: aus der PSI. Dann wirf mal nen Blick auf die frühen Schriften der PNF. Wie lesen sich die denn, wenn man nicht weiß das sie Fascio sind? Zimlich marxistisch, oder? Ein breiterer Zustrom zur PNF auch anderer Gesellschaftsschichten gab es auch erst nach den Fabrikbesetzungen in Norditalien, die ja wiederum einhergehend mit dem Niedergang des italienischen Sozialismus und dem Aufstieg des Faschismus sind.

Die von dir erwähnten Anschläge auf Einrichtungen der Arbeiterbewegung dürften sich auch auf die Jahre 20 bis 22 beziehen, also auf die mehr oder weniger gut eingefädelten "Racheaktionen" in Folge der Fabrikbesetzungen. Die Zugeständnisse an die Arbeiterschaft, deren Organ, die PSI, bis hin zur Bedeutungslosigkeit zerfallen war, sind erst später anzusiedeln. Zudem waren die Zugeständnisse der PNF an die Arbeiter nicht so umfassend wie es die Zugeständnisse der Fabrikbesitzer in Norditalien unmittelbar nach den Fabrikbesetzungen waren.
 
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