Festungsbau in Mesopotamien

Brahmenauer

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Wenn das alles so stimmt, sieh es doch mal umgekehrt. Der Silberbergbau im Erzgebirge ist älter als die Montanarchäologen vermuten, zumal damals die entsprechenden Adern noch unter dem Moos auskratzbar waren.


Aber es macht doch geraden den Reiz aus, es eben nicht umgekehrt zu sehen. Ein Teil der Leute, von denen ich meine Weisheiten habe, gehen davon aus, daß alle Hochkulturen - egal wo auf der Erde - eben nicht vor dem 1. vorchr. Jht. entstanden sind. Damit hält Europa Anschluß und eine Reihe von Problemen z.B. im Fernhandel, in der Schifffart, der Metallurgie, Festungsbau u.v.a. lösen sich relativ zwanglos in Wohlgefallen auf.
Als ein kurioses Beispiel von Datierung will ich einmal mit Jericho - eine befestigte präkeramische Stadt - nennen. Dort wurden unter anderem sogenannte plankonvexe Ziegel gefunden, bei denen die Oberseite nicht plan, sondern gewölbt ist. Nach B. Brentjes in "Von Schanidar bis Akkad" 1975, Uraniaverlag DDR, wurden diese Ziegel für Staudämme und Häuser im Inneren der Festung verwendet. Eine darüber liegende Schicht erhielt eine C14-Dastierung auf -6935 (vermutl. unklalibriert). 2005 schreibt Werner Benecke einen Artikel über " Die plankonvexen Ziegel Mesopatamiens". Solche Ziegel befinden sich u.a. im Vorderasiatischen Museeum Berlin Inventar-Nr. 14944. Diese Form gab Rätsel auf, wird aber von W. Benecken wie folgt erklärt: Die Ziegelherstellung erreicht eine gewisse Mechanisierung durch Verwendung von 2 etwa horizontal angeordneten Holzrädern, die gegenläufig zu einander bewegt wurden. Im dem 1. Rad befinden entlang des Umfanges Kästen für den Ziegel. Das 2. Rad umgreift am Umfang das andere und preßt beim gegenläufigen Abrollenden den von oben durch einen Trichter zugeführten Lehm in die Formen . Auf der anden Seite des 1. Rades steht ein Arbeiter und entnimmt den Ziegel durch Einstechen eines Fingers und Herausziehen des Ziegels. Fingerspuren davon findet man in den Ziegeln. Daß solche Radkonstruktionen wahrscheinlich mindesten Bronzeteile wie Radnabe oder ähnliches besaßen, leuchtet eigentlich ein. Da solche Konstruktionen nach herkömmlicher Datierung fühestens im 2. Jht v. Chr. gebaut werden können, fragt man sich natürlich, wie in Jericho ca. 5000 Jahre früher solche Ziegel in Gebrauch sein können. Jericho ist hinsichtlich seiner Datierung schon wegen des Festungsbaus sowieso in der falschen Chronologie. Die C14-Datierung hat aber bisher alle Argumente verstummen lassen.
Die Mechanisierung hatte wohl noch einen ökonomischen Grund, weniger Personal kann mehr Ziegel produzieren. Das könnte auf bestehende Geldwirtschaft hindeuten.
 
Daß solche Radkonstruktionen wahrscheinlich mindesten Bronzeteile wie Radnabe oder ähnliches besaßen, leuchtet eigentlich ein. Da solche Konstruktionen nach herkömmlicher Datierung fühestens im 2. Jht v. Chr. gebaut werden können, fragt man sich natürlich, wie in Jericho ca. 5000 Jahre früher solche Ziegel in Gebrauch sein können.
Und vielleicht antwortet man darauf: Die haben die Ziegel ohne diese Radkonstruktion geformt. Dann wären auch keine Bronzeteile nötig (hat mal jemand versucht solch ein Teil nachzubauen? So ließe sich ggf. falsifizieren ob wirklich Metall nötig war).
Jericho ist hinsichtlich seiner Datierung schon wegen des Festungsbaus sowieso in der falschen Chronologie.
Was hat der Festungsbau mit der chronologischen Einsortierung Jerichos zu tun?
 
Und vielleicht antwortet man darauf: Die haben die Ziegel ohne diese Radkonstruktion geformt. Dann wären auch keine Bronzeteile nötig (hat mal jemand versucht solch ein Teil nachzubauen? So ließe sich ggf. falsifizieren ob wirklich Metall nötig war).

Was hat der Festungsbau mit der chronologischen Einsortierung Jerichos zu tun?

Das ist eben ein Versuch, Dinge in ihrem Zusammenhang zu verstehen. Wann benötigt eine Siedlung eine Festung, wer organisierte den Bau, bringt die "Kosten" auf und wieso geschieht das mehrere 1000 Jahre vor dem Festungsbau anderer Siedlungen im geografischen Umfeld?
Meine Antwort darauf ist, die Jerichoianer waren nicht besonders fix, sondern die Archäologen haben da etwas verbockt.
 
Wo Landwirtschaft betrieben wird, entsteht ein Mehrprodukt. Dieses weckt die Begierlichkeit unfreundlicher Zeitgenossen, also werden die Siedlungen befestigt. Da Holz in Palästina knapp ist (und auch damals schon war) im Fall Jericho eben mit Lehmziegeln. Es gibt andere ähnlich alte Siedlungen wie Catal Hüyük in Anatolien. In alle diese Plätze konnte man nicht einfach hineinspazieren, gleiches gilt für Europa. Befestigungen und Fluchtburgen gab es bei reinen Jägern und Sammlern nicht. Auch sesshafte Indianerstämme (Ich denke an Mandan und Irokesen) hatte palisadenumzäunte Dörfer. Damit ist die Kausalkette Landwirtschaft - befestigte Siedlungen gegeben. Oder willst du die früheste Landwirtschaft auch in die Eisenzeit verlegen?
 
Hallo balticbirdy,

bei Chatal Hüyük bin ich nicht sicher, ob die Anlage ein befestigtes Dorf darstellt. Die Wohn-und Tempelanlage verfügt über keine gemeinsame Mauer oder Einfriedung. Die Häuser sind direkt aneinander gebaut, der Zugang erfolgt mangels Gassen über die Dächer. Ob das ein cleverer Verteidigungsgedanke ist? Ich habe da meine Zweifel, da die im Falle eines Angriffs auf dem Dach befindlichen Angreifer jeden Wohnkomplex einzeln zerstören können, ohne das effektive Gegenwehr möglich ist. Die erster Idee der Ausgräber hinsichtlich befestigter Siedlung ist deutlich von Jericho beeinflußt worden.
 
@:Brahmenauer

Hallo balticbirdy,

bei Chatal Hüyük bin ich nicht sicher, ob die Anlage ein befestigtes Dorf darstellt. Die Wohn-und Tempelanlage verfügt über keine gemeinsame Mauer oder Einfriedung. Die Häuser sind direkt aneinander gebaut, der Zugang erfolgt mangels Gassen über die Dächer. Ob das ein cleverer Verteidigungsgedanke ist?

Ich denke ja. Die verschiedenen Ebenen waren nur über Leitern erreichbar. Man kann einen Vergleich zu den indianischen Pueblosiedlungen ziehen, die jahrhundertelang den Anfeindungen nomadischer Stämme ausgesetzt waren und trotzdem heute noch existieren. Warum sollte man denn sonst so "unbequem" bauen.
 
Das ist eben ein Versuch, Dinge in ihrem Zusammenhang zu verstehen. Wann benötigt eine Siedlung eine Festung, wer organisierte den Bau, bringt die "Kosten" auf und wieso geschieht das mehrere 1000 Jahre vor dem Festungsbau anderer Siedlungen im geografischen Umfeld?
Meine Antwort darauf ist, die Jerichoianer waren nicht besonders fix, sondern die Archäologen haben da etwas verbockt.

Brahmenauer, von welchem geografischen Umfeld sprichst Du in Deinem Beitrag? Welche Reichweite hat Dein geografisches Umfeld um Jericho herum?
 
Hallo Caecilia,

ich schließe den Mittelmeer-Raum einschließlich Mesopotamien in die Betrachtung ein. In diesem Zusammenhang wurde auch von anderen Chatal Hüyük als befestigte Siedlung ins Spiel gebracht. Gestern habe ich einen Blick zufällig in ein Buch geworfen, das für jeden Tag im Jahr ein Luftbild anbietet. Für den 20.03. gab es eine Fotografie eines Dorfes im Rheristal, Hoher Atlas, Marokko. Der Bildausschnitt des Dorfes ist durch 2 Gassen eingeteilt, zwischen denen ca. 10 bis 15 Häuser mit Höfen direkt aneinandergebaut sind analog Chatal Hüyük. Die Außenmauern sind fast fensterlos, der Zugang zu den Häusern innerhalb der Gassenzüge erfolgt über Dach mittels Leitern. Diese relativ lang beibehaltene Architektur - wenn Chatal Hüyük mit der derzeitigen Datierung mit einbezogen wird - muß schon erstauenen. Meines Erachtens ist die Bauart mehr ein Anpassen an klimatische Erscheinungen als eine Art Befestigung.
 
Oh Pardon, da hatte ich Dich falsch verstanden.
Ich verstand Dich so, daß Du keine anderen Städte im Umfeld von Jericho in Betracht ziehst. (Ob nun mit oder ohne Festung). Städte wie Ai, Hesbon, vielleicht noch Bethel usw...Daher wollte ich ja Deinen "Kilometerkreisel" um Jericho herum haben.
Gut, dann habe ich mich da verzettelt.
 
@Brahmenauer: Meines Erachtens ist die Bauart mehr ein Anpassen an klimatische Erscheinungen als eine Art Befestigung.

Darüber kann man diskutieren. Nur, warum gibt es heute diese Architektur in Marokko und nicht in der Cyreneka, Ägypten, Palästina und in Ostanatolien? Dort, wo Jericho und Chatal Hüyük liegen?

Meine Vermutung: Die Gebäude bestehen aus Lehmziegeln. Kleinere Lehmziegelbauten halten ohne Instandsetzung allenfalls einige Jahrzehnte, auch in ariden (trockenen) Regionen regnet es mitunter.

Nun ist es gerade in Marokko bis in das vergangene Jahrhundert Usus gewesen, dass die freien Berberstämme Raubzüge unternahmen. Deshalb diese Architektur als Befestigung - in den anderen von mir genannten Regionen sind solche Razzien längst ferne Geschichte.
 
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Hier wird Wohnarchitektur mit Festungsarchitektur verwechselt! Es ist recht üblich, dass das traditionelle muslimische Haus keine Außenfenster hat. Das Haus ist in der islamischen Welt mehr Privatbereich als bei uns, es sollen eben auch die Nachbarn nicht hineinschauen. Es handelt sich hierbei nicht um fortifikatorische Überlegungen. Auch haben diese Häuser einen Ausgang zur Straße hin.
 
@ El quijote: Auch haben diese Häuser einen Ausgang zur Straße hin.

"Muslimische Architektur" ist mir prinzipiell schon klar. Aber nach @Brahmenauers Beschreibung aus Marokko trifft genau der obige Punkt in diesem speziellen Fall nicht allgemein zu.
 
Das Bild befindet sich auch in dem Buch Die Erde von oben, S. 274/275. Leitern gibt es auf dem Bild nicht zu sehen, wohl ein paar Treppen, die auf die Dächer führen.
 
Darüber kann man diskutieren. Nur, warum gibt es heute diese Architektur in Marokko und nicht in der Cyreneka, Ägypten, Palästina und in Ostanatolien? Dort, wo Jericho und Chatal Hüyük liegen?

Doch eine ähnliche Architketur hast du auch in den Oasen der libyschen Wüste in Ägypten und Libyen; in Siwa beispielsweise hat vor einigen Jahrzehnten der Regen das ältere Siedlungsgebiet Shali weitgehend zerstört.
Ich vermute, daß auch in der Umghebung von Kyrene, meist in den Oasen eine derartige Architektur vorhanden ist. Allerdings würde man -wie du ganz richtig schreibst- eine solche Bauweise nicht in Jericho oder Chatal Hüyük finden.
 
@Antef, die Oasen sind hier m.E. ein Sonderfall. Kann man diese
Bauweise nun (auch) als Befestigung deuten?
Überfälle auf abgelegene Oasen durch Nomaden (berüchtigt die Tuareg) waren im 20. Jahrhundert auch noch aktuell - also quasi marokkanische Verhältnisse.

Ich bestehe nicht darauf recht zu haben - primär ging es ja darum, ob Jericho und andere jungsteinzeitliche Siedlungen befestigt waren oder nicht.
 
@Antef, die Oasen sind hier m.E. ein Sonderfall. Kann man diese
Bauweise nun (auch) als Befestigung deuten?
Überfälle auf abgelegene Oasen durch Nomaden (berüchtigt die Tuareg) waren im 20. Jahrhundert auch noch aktuell - also quasi marokkanische Verhältnisse.

Ich bestehe nicht darauf recht zu haben - primär ging es ja darum, ob Jericho und andere jungsteinzeitliche Siedlungen befestigt waren oder nicht.

Eigentlich sind es keine Sonderfälle, zumal es sich um typisch nordafrikanisch-berberische Architektur handelt, die man im Atlas-Gebiet und in den Oasen findet.
Ob diese als Festungen zu deuten sind, weiß ich nicht, kann aber durchaus sein, da diese auch im deutschen als 'Burgfestungen' bezeichnet werden. Die arabisch-berberische Bezeichnung Kasbah (قصبة) hat jedoch nicht die Bedeutung 'Festung'.
Daß es dort Raubzüge noch im 20.Jahrhundert gegeben hat, ist mir nicht bekannt; will aber nichts ausschließen, da ich mich mit der neueren Geschichte des Maghrebs nur oberflächlich auseinandergesetzt habe.
 
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Hier wird Wohnarchitektur mit Festungsarchitektur verwechselt! Es ist recht üblich, dass das traditionelle muslimische Haus keine Außenfenster hat. ...
Auch haben diese Häuser einen Ausgang zur Straße hin.

Auch in Pompeji haben die meisten Gebäude kaum oder nur kleine Fenster zur Straßenseite hin. Da würde niemand auf die Idee kommen, das als befestigten Wohnblock zu sehen. Natürlich kann man derartiges nicht völlig ausschließen, aber in erster Linie sehe ich es klimatisch bedingt. Lassen wir nicht auch die Jalousien herunter, wenn die Sonne so richtig "knallt"?
 
Ich verweise nochmal auf Post 6. Es ging nicht darum ob, Fenster oder nicht, sondern um eine kompakte Bauweise mit mehreren, nur über (einziehbare) Leitern erreichbare Ebenen mit Einstiegen über die Dächer. Optisch von außen quasi ein Minas Tirith.
Pompeji ist ein ganz anderes Blatt.

Übrigens, wenn die Sommersonne mittags am nördlichen Wendekreis (geogr. Breite von Assuan) "knallt", steht sie mehr oder weniger senkrecht und scheint somit nicht in die Räume.
 
Auch in Pompeji haben die meisten Gebäude kaum oder nur kleine Fenster zur Straßenseite hin. Da würde niemand auf die Idee kommen, das als befestigten Wohnblock zu sehen. Natürlich kann man derartiges nicht völlig ausschließen, aber in erster Linie sehe ich es klimatisch bedingt. Lassen wir nicht auch die Jalousien herunter, wenn die Sonne so richtig "knallt"?

Geh mal in Fez, Marrakush, Tunis, oder Damaskus ins jüdische Altstadtviertel: Dir wird sofort auffallen, dass die Architektur sich völlig ändert: Statt der üblichen fensterlosen Fronten wirst eine Reihe von Erkern und Balkonen entdecken. Anhand des Klimas lässt sich dieser architektonische Unterschied nicht erklären.
 
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