Festungsbau & Verteidigungsplätze an den Meeresengen 1913/1914 vor dem Weltkrieg

andreassolar

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Der Festungsbau an den Meeresengen, die befestigten Verteidigungsplätze sind für einen eigenen Faden geeignet, beim Osmanischen Reich. Nur geringe Kenntnisse meinerseits sind vorhanden, doch bitte im eigenen Faden.

Nur soweit: KWII. ließ nach der Liman-Krise aus Ärger über Verlauf und Ausgang der Krise bis Ende Juli 1914 mehrere hundert Marinesoldaten ohne offiziellen Missionsauftrag und sozusagen inkognito ins Osmanische Reich 'einsickern', die bevorzugt bei der Verbesserung der Verteidigungsplätze an den Meeresengen helfen sollten. Das war auch deswegen möglich, da die Reichsmarine nur dem Reich und KWII. unterstand, im Unterschied zum Heer (das lief wohl über das Militärkabinett). Selbstredend blieben die Marinesoldaten und -Offiziere nicht inkognito, der britische Konteradmiral Limpus in der Türkei liess sogar einen der dt. Marineoffiziere bei einer Marineübung die gegnerische Marineeinheit führen.

Es gab rund 40 Verteidigungsplätze & Festungsbauten an den Meeresengen, die Friedens-Sollstärke lag bei 20.000 Personen, wenn ich mich recht erinnere.
 
Es gab rund 40 Verteidigungsplätze & Festungsbauten an den Meeresengen, die Friedens-Sollstärke lag bei 20.000 Personen, wenn ich mich recht erinnere.
Zunächst nur recht allgemein und (leider) oberflächlich:
- es gab einige Befestigungen "barocker" Bauweise aus dem 17.-18.Jh. zur Kontrolle/Sperrung (Anfang 20.Jh. völlig untauglich)
- es gab ein paar "modernere" Küstenbatterien und Forts aus den 60er Jahren des 19. Jhs., diese vor der Brisanzkrise errichteten Anlagen, die einzig der Seestraßenkontrolle/Beherrschung dienten, waren Anfang 20.Jh. ebenfalls völlig untauglich

Beide Gruppen waren obendrein untauglich, um feindliche Anlandungen zu verhindern und boten im Fall eines Angriffs übers Land keinen wirksamen Schutz.

Die Situation der Dardanellen Befestigungen vor 1913 lässt sich absolut nicht mit solchen Anlagen wie um die Kieler Bucht oder die Elbemündung vergleichen.

Zwar hatte das deutsche Militär das technische, industrielle und fortifikatorische Know how, um Festungszonen wie in den Masuren (Boyen), am Oberrhein (Istein), Kleve, Nordseeinseln, Selztalstellung etc zu bauen (gesplittete Befestigungen, Stahlbeton, Panzerung etc etc) und es gab schon die Möglichkeit, eine vorbereitete "Gerippe Stellung" in kurzer Zeit zur starken Festungsfront auszubauen (z.B. der Bunker/Stellungsring um Breslau) - aber die logistischen und industriellen Voraussetzungen für dergleichen waren an den Dardanellen nicht gegeben! --- da musste viel improvisiert werden.

Dass und wie die Dardanellen improvisatorisch nach modernsten Mustern befestigt wurden (und dass das türkische Militär an diesen Konzeptionen Zweifel hegte) wird hier ausführlich dargestellt:

Das ist auf die Schnelle zunächst alles, was ich über die Dardanellen Befestigungen gefunden habe (es zeigt, dass die Konzeption der gesplitteten Befestigung hier mit Landverteidigung und Küstenkontrolle kombiniert wurde, ans Gelände angepasst mit den verfügbaren Mitteln)
 
Dass und wie die Dardanellen improvisatorisch nach modernsten Mustern befestigt wurden
Der Festungsbau an den Meeresengen, die befestigten Verteidigungsplätze sind für einen eigenen Faden geeignet, beim Osmanischen Reich. Nur geringe Kenntnisse meinerseits sind vorhanden, doch bitte im eigenen Faden.
Für einen ersten Überblick, wie Küstenverteidigung in der Zeit kurz vor und während des Ersten Weltkriegs aufgebaut war und aus welchen Komponenten die Fortifikationen bestanden, empfehle ich einen Blick in die Fäden zu Borkum, Wangerooge, Norderney und Sylt.

Die von Sanders und Wehrle angelegten Stellungen zur Verteidigung der Dardanellen entsprechen konzeptionell den Anlagen auf den Nordseeinseln und an der Nordseeküste (natürlich mit sehr unterschiedlichem Gelände (man könnte auch mit dem brit. befestigten Alderney vergleichen)), aber ohne deren Stärke und nahezu perfekte (Bahnlinien!!) Logistik zu erreichen. Das System moderne der gesplitteten Verteidigungsstellungen zusammen mit telefonisch koordinierter Feuerleitung, die ihre Informationen aus zahlreichen Peil-, Richt- und Nebenständen erhielt, ohne dass die schwere Artillerie kasemattiert/gepanzert platziert war (das war z.B. in Kiel, Swinemünde, Pillau realisiert), dazu mobile, dislozierbare Artillerie (wie z.B. auf Borkum, Strandbatterie) steht Pate für die von Sanders angelegten Verteidigungsmaßnahmen.

Interessant ist daran dreierlei:
1. die "improvisierte" Befestigung, quasi eine schnell entworfene "Gerippestellung" (vgl. Breslau, Selztalstellung), nach den genannten Mustern, war stark genug, um den Angriff zu Land 1915 gerade noch abzuweisen - das ist für eine "Baustelle" ohne viele Festungsbahnen etc eine gehörige Leistung, wobei die türkischen Erfahrungen/Kenntnisse im Minenkrieg mit beteiligt waren
2. die den Mustern (Ausrichtung, Tarnung, Deckung, koordinierte überlappende Wirkung etc) der Nord- & Ostseebefestigungen folgende Platzierung der weitreichenden Artillerie taugte zur Abwehr der Angriffe von strammen Kriegsschiffen.
3. das türkische Militär musste aber erst mühsam lernen, mit diesem modernen Artilleriekampf umzugehen, was hübsch im Link in #2 nachzulesen ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für einen ersten Überblick, wie Küstenverteidigung in der Zeit kurz vor und während des Ersten Weltkriegs aufgebaut war und aus welchen Komponenten die Fortifikationen bestanden, empfehle ich einen Blick in die Fäden zu Borkum, Wangerooge, Norderney und Sylt.

Die von Sanders und Wehrle angelegten Stellungen zur Verteidigung der Dardanellen entsprechen konzeptionell den Anlagen auf den Nordseeinseln und an der Nordseeküste

Schöner substanzieller Einschub. Das Bundesarchiv hat inzwischen viel digitalisiert.

Der Schwerpunkt des Fadens, siehe Einleitung, zielt auf die Zeit ab ca. 1912/1913 bis zum 31. Juli 1914 und die Situation, Anzahl der befestigten Verteidigungsplätze und Festigungsbauten der Meeresengen. Zwei Motive bzw. Gesichtspunkte geben dafür Anlass:
  • Einerseits die Spannungen spätestens ab dem Antritt der Liman von Sanders-Mission am 14.12.13 in Istanbul,
  • zum weiteren die ab Februar/März 1914 'einsickernden' reichsdt. Marinesoldaten, die anscheinend bevorzugt an den Meeresengen tätig wurden.
Um beide Ereignisse, Entwicklungen auch und gerade militärisch oder 'realpolitisch' vor dem 1. August 1914 einigermaßen einordnen und vorläufig vorsichtig bewerten zu können, sind alle und genauere Kenntnisse und Daten zu den Verteidigungsplätzen an den Meeresengen Grundlage für eine halbwegs valide Einschätzung und Dis.

Dass die danach mit reichsdeutscher Unterstützung, Hilfe und Konzeption an den Meeresengen vorgenommenen Verstärkungen, Erweiterungen und Erneuerungen der Verteidigungswerke konzeptionell den reichsdeutschen Vorbildern auf den Nordsee-Inseln folgen, kann als erwartbar gelten.
 
Der Schwerpunkt des Fadens, siehe Einleitung, zielt auf die Zeit ab ca. 1912/1913 bis zum 31. Juli 1914 und die Situation, Anzahl der befestigten Verteidigungsplätze und Festigungsbauten der Meeresengen.
(?) das habe ich #1 nicht entnehmen können - egal.
zur Übernahme der Verantwortung durch die deutschen Offiziere hatte man bis 1914 die Dardanellenbefestigungen und Artillerie von türkischer Seite, zumindest nach dem Urteil deutscher Sachverständiger, völlig vernachlässigt. Dieser Mangel war bereits frühzeitig von General von Sanders erkannt worden und er wollte die Verantwortung für diese Verteidigungsanlagen übernehmen, obwohl sie noch dem Aufgabenbereich der britischen Marine-Mission unterstanden. Die „Limpus-Mission“ wurde jedoch sogar von türkischer Seite für dieses Aufgabe als unfähig gehalten, abwertend als „lächerlich“ bezeichnet, Admiral Limpus als ein „energieloser und weicher Charakter“ eingeschätzt und die deutsche Militärmission im Vergleich mit der britischen als „turmhoch“ überlegen gesehen[v]. Diese Absicht wurde von Enver begrüßt und zu diesem Zwecke sollte ein deutscher Seeoffizier zur Tarnung zunächst zur Armee versetzt und dann nach Istanbul zur Militärmission kommandiert werden. Dieser Spezialist für Küstenbefestigungen sollte General Weber, dem Generalinspekteur des türkischen Ingenieur- und Pionierkorps, zugeteilt werden. Mit dieser Maßnahme wollte man den Ausbau dieser Befestigungen in deutsche Hände bekommen aber auch Lieferungen durch die deutsche Industrie sicherstellen. Die Wirkung dieser Absicht ließ jedoch auf sich warten, denn Admiral Souchon vermerkte noch am 27. August 1914 im KTB der MMD: “Die Forts haben zum größten Teil noch niemals geschossen. Über die Feuerleitung herrschen völlig unklare Begriffe. Die ausgelegten Minen liegen zum größten Teil mit 70 und 80 Meter Abstand und sollen nicht länger als vier Wochen mit Sicherheit an derselben Stelle liegen können“[vi].
(aus Vor der Dardanellenschlacht was jetzt zum dritten mal hier verlinkt ist)
...ob diese Vernachlässigung seitens der britischen Zuständigkeit (!) vielleicht Absicht war? Oder doch nur Nachlässigkeit?

Was die Konzeption(en) wirksamer, d.h. starker (Küsten)Befestigungen betrifft, so war das international nicht geheimnisumwoben, sondern eigentlich bekannt. Schumannsche "Panzerfronten" (Serethlinie, Masuren) gehen zurück ins späte 19. jh., Konzeption und Ausbau von z.B. Belfort, Molsheim/Mutzig waren nicht etwa unbekannt, sondern Orientierung. Die Planung und Vorarbeit für die Befestigung der Nordseeinseln begann 1902, 1908-14 wurde dann gebaut, 1914-18 partiell erweitert/verstärkt. Diese Konzeptionen ("aufgelöste, gesplittete Bauweise") waren seit spätestens 1900 mehr oder weniger überall bekannt.

Dass das osmanische Reich sich Jahrzehnte lang auf veraltete (untauglich gewordene) Befestigungen verließ und dass es schlampte, als eine Modernisierung akut wurde, kann man im Link nachlesen.

Warum die frühere Militärmission bei den Dardanellenfestungen noch nicht auf Modernisierung pochte, weiß ich nicht.
 
(ohne gewähr ins Blaue hinein)
da die Wasserstraße Dardanellen-Marmarameer-Bosporus für einige, die keine Anrainer waren, von Interesse war, kann es sein, dass einigen davon untaugliche Befestigungen des "Eigentümers" ganz recht waren, anderen wiederum nicht (?!)
 
(?) das habe ich #1 nicht entnehmen können - egal.
Siehe Titel des Fadens & Einleitung.

Dieser Mangel war bereits frühzeitig von General von Sanders erkannt worden und er wollte die Verantwortung für diese Verteidigungsanlagen übernehmen, obwohl sie noch dem Aufgabenbereich der britischen Marine-Mission unterstanden.

Liman von Sanders kam nach dem 1.8.14 in näheren Kontakt mit den Verteidigungsanlagen an den Meeresengen, soweit mir erinnerlich; dass er schon davor die Verantwortung dafür habe übernehmen wollen, ist mir bislang unbekannt gewesen. Gleiches gilt für den angeblichen Aufgabenbereich der britischen Marine-Mission, meine ich.
 
angeblichen Aufgabenbereich der britischen Marine-Mission,
Warum "angeblich"? Einerseits war es nicht unüblich, dass Küstenbatterien, Küstenverteidigungsanlagen auch in den Marinebereich gehörten (Marinefestungen), andererseits ist gerade hier (beidseitig bestreichbare Meerenge) Koordination der Feuerleitung mit (Teilen) der Flotte unabdingbar (Vermeidung von friendly fire bei Kontrolle/Wartung/Nachrüstung der Minensperren etc), und was peilen und Artilleriekampf gegen bewegliche Ziele (Kriegsschiffe) betrifft, war gemeinhin die Marine der Profi darin.
Im Fall von Zweifeln an der Darstellung im Link kann man die dort angegebenen Quellen prüfen und man kann etliche Festungsliteratur prüfen (beides scheint mir im vorliegenden Fall nicht vordringlich, ist aber nur mein Eindruck)
 
Die einschlägige Lit. ist mir bekannt, auch die angegebene, ebenso, dass Küstenverteidigungsanlagen zur Marine gehören. Das ist nicht der Punkt. Ich bestreite aus der Erinnerung und einer gewissen Kenntnis heraus, dass zum Aufgabenbereich der Limpus-Mission auch die Verteidigungsanlagen in den Meerengen gehören.
Der als Quelle angegeben Militärbericht 5 vom 24. März 1914 gehört quellenkritisch untersucht.

Ich meine mich zu erinnern, dass der Militärbericht von Ende März von Moltke stammt, TürkeiBesuch, & dieser hat darin etwas phantasiert.

Weiter oben:
Nur soweit: KWII. ließ nach der Liman-Krise aus Ärger über Verlauf und Ausgang der Krise bis Ende Juli 1914 mehrere hundert Marinesoldaten ohne offiziellen Missionsauftrag und sozusagen inkognito ins Osmanische Reich 'einsickern', die bevorzugt bei der Verbesserung der Verteidigungsplätze an den Meeresengen helfen sollten.

Es ist wenig wahrscheinlich, dass reichdt. Marinesoldaten heimlich/inkognito an den Verteidigungsanlagen der Meerengen hantieren, während diese zum Aufgabenbereich der Limpus-Militärmission gehören, und das ohne Widerhall.

Schaun mer mal....
 
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...hatte ich früher und inzwischen bereits erneut durchgeschaut....es geht, soweit ersichtlich, letztlich stets um Marine-Wasserfahrzeuge....das war das große Narrativ, ganz im Trend der Zeit....und die Istanbuler Administrationen wollten im genannten Zeitraum - Kriegsschiffe, ausgebildete Matrosen, Docks, Reorganisation der kümmerlichen Naval-Restbestände....man bestellte bekanntlich hauptsächlich mit Mitteln des Finanzplatzes Frankreich in UK Marine-Wasserfahrzeuge.
Dafür wurden von den Regimen am Goldenen Horn 'Volksanleihen' propagiert usw. usw.

Mir scheint, 40 Verteidigungsanlagen an den Meeresengen wären auf jeden Fall ein FOB gewesen für die Limpus-Mission, ein Faß ohne Boden. Und wer sollte das bezahlen / wo sollten dafür die Ressourcen herkommen? Dafür gab keine Anleihen, Kredite usw., wohl auch nicht bei den eigenen Bewohnern der Türkei.

In den BD hatte ich, soweit mir erinnerlich, nie einen Hinweis gesehen, dass sich die Limpus-Mission auch auf die Verteidigungsanlagen der Meeresengen erstrecken würde.
 
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Mir scheint, 40 Verteidigungsanlagen an den Meeresengen wären auf jeden Fall ein FOB gewesen für die Limpus-Mission, ein Faß ohne Boden. Und wer sollte das bezahlen / wo sollten dafür die Ressourcen herkommen?
Diese Zahl 40: woher hast du die und was genau ist damit gemeint?
Ich weiß nur quasi summarisch, dass alte barocke Festungsbauten, ein paar Forts der Bauweise um 1860 (also veraltet, Mauerwerk mit hohem Aufzug) und ein paar Kanonenstellungen ("Batterien") vorhanden waren - kein Festungsbahnnetz, wohl kaum Telefonnetz, keine Stahlbeton.
Hast du Pläne oder Quellen zum Festungsbau an den Dardanellen, aus denen der Zustand vor 1914 und dann der Ausbau unter Wehrle und Sanders dokumentiert ist? (mich Festungsfreak würde speziell Kartenmaterial zu 1915 interessieren, denn wie gesagt kenne ich das nur eher summarisch/allgemein, nicht im Detail)
 
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