Fläche des Kaiserreiches

Iceman

Mitglied
Als ich eben die Bevölkerungszahlen des Deutschen Reiches
durchgegangen bin weil ich eigentlich wissen wollte welchen Einfluss
der NS Staat auf die Geburtenrate hatte, hab ich
etwas endeckt, das mir unlogisch erscheint, nämlich die
Fläche des Kaiserreiches.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Volkszählungen_in_Deutschland#Deutsches_Reich

Wie man hier sieht weicht sie in den ersten 2 Zählungen ab
und bleibt danach bis zum Ende des WWI recht konstant.
Woran liegt das oder ist es schlicht un ergreifend ein Fehler?

Gruß
Iceman
 
Als ich eben die Bevölkerungszahlen des Deutschen Reiches
durchgegangen bin weil ich eigentlich wissen wollte welchen Einfluss
der NS Staat auf die Geburtenrate hatte, hab ich
etwas endeckt, das mir unlogisch erscheint, nämlich die
Fläche des Kaiserreiches.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Volkszählungen_in_Deutschland#Deutsches_Reich

Wie man hier sieht weicht sie in den ersten 2 Zählungen ab
und bleibt danach bis zum Ende des WWI recht konstant.
Woran liegt das oder ist es schlicht un ergreifend ein Fehler?

Gruß
Iceman

Erstaunlich. M. W. gab es zwischen 1871 und 1918 keinerlei territoriale Änderungen. Das Reichsland Elsaß-Lothringen wurde schon im ersten Halbjahr ins Reich eingegliedert, zwischendurch sind Bundesstaaten weder ein- noch ausgetreten.

Wurden vielleicht die Flächen falsch bestimmt, und hat sich die Korrektur über mehrere Jahrzehnte hingegzogen, so dass dadurch die leicht unterschiedlichen Werte entstanden sind?

Ich vermute, dass man die Lösung in den Statistischen Jahrbüchern des Reiches wohl noch finden könnte. Da müßte doch vermerkt sein, ob und warum sich der Gebietsstand geändert hat.
 
Helgoland kam noch dazu. Aber das war erst 1890 und hat mit seinen 1,7 km2 wohl kaum den Kohl fett gemacht.

Gab es in dieser Zeit eventuell irgendwelche Grenzfestlegungen mit den Nachbarn? Abgesehen von Frankreich, selbstverständlich.

Ansonsten kann es tatsächlich sen, dass die Fläche korrigiert wurden. M.W. war 1871 noch nicht das ganze Reichsgebiet komplett vermessen.
 
Ohne einen konkreten Grund zu kennen, einige mögliche Ursachen für Schwankungen der amtlichen Fläche des DR:

Der Küstenverlauf ist in konstantem Wandel (da können die noch so viel Sand nach Sylt karren). Wenn die Nordsee mal 5 - 10 Jahre arbeitet, kommen da so einige Quadratkilometerchen Land dazu und weg. Da allein aufgrund der Sicherheit des Seeverkehrs hier eine regelmäßige Aktualisierung der Vermessung erforderlich ist, dürften sich hier die Flächendaten quasi in Echtzeit (alle paar Jahre) aktualisiert haben.

1890 fiel die Insel Helgoland an das DR - das scheint aber tatsächlich im Flächenrauschen gem. Wiki unterzugehen.

Wie genau wusste man im DR eigentlich:
a) welche Flächen die einzelnen Bundesstaaten tatsächlich zum DR beigesteuert hatten? Ich würde bei gewissenhafter Beantwortung der Frage untersuchen, ob und nach welchen Methoden und Verfahren und nach welchem geodätischen System die einzelnen Bundesstaaten wann sich mit welcher Fläche ins DR meldeten;
b) wann genau war die Einbeziehung / Einmessung Elsass-Lothringens (analog auch Schleswig-Holsteins) ins DR beendet? Wann war der exakte Grenzverlauf - insbesondere zu Frankreich (und ggf. Luxemburg/Belgien) vertraglich festgelegt und eingemessen? Die Regelung "entlang des Vogesenhauptkamms" erscheint mir spontan nicht allzu eindeutig.

Womöglich haben die Schwankungen tatsächlich den profanen Hintergrund, dass die Ländereien des DR erstmal exakt(er) bzw. nachvermessen wurden. (Ggf. wurde erst während dieser Zeit die Flächenbemessungen von Nachbarstaaten, bzw. Preußen und Sachsen aufeinander abgestimmt.)

Was diese ganze Landvermesserei für Auswirkungen hatte, musste schon Ludwig der XIV. von Frankreich am eigenen Leibe spüren: Nachdem Cassini und Söhne in seinem Auftrag Frankreich neu vermessen hatten, war sein Land plötzlich um ein Fünftel geschrumpft. Und einmal, ein einziges Mal konnte er die Schuld dafür nicht den perfiden Albionesen anlasten:
"La surface du royaume se trouvant réduite d'un cinquième, Louis XIV se serait plu à dire qu'il était mal récompensé de la sollicitude qu'il portait à ses astronomes…" (Die Fläche des Königreichs war um ein Fünftel geschrumpft. Ludwig klagte dass seine Astronomen ihm sein Wohlwollen schlecht gedankt hätten...)
Cassini, l'Astronome du Roi et le satellite - La carte de France des Cassini
 
Hier ist ein Link zum Thema Vermessungswesen:

Entwicklung der geodätischen Grundlagen

Ein Punkt der vielleicht zur Erklärung beiträgt: 1872 erfolgte die Umstellung zum metrischen System. Ich könnte mir vorstellen dass durch die Umrechnung verschiedener Längen- und Flächensyteme doch erhebliche Korrekturen erforderlich wurden. Das und die Zusammenführung der Kartenwerke der verschiedenen Deutschen Teilsstaaten.
 
....

Womöglich haben die Schwankungen tatsächlich den profanen Hintergrund, dass die Ländereien des DR erstmal exakt(er) bzw. nachvermessen wurden. (Ggf. wurde erst während dieser Zeit die Flächenbemessungen von Nachbarstaaten, bzw. Preußen und Sachsen aufeinander abgestimmt.)

Was diese ganze Landvermesserei für Auswirkungen hatte, musste schon Ludwig der XIV. von Frankreich am eigenen Leibe spüren: Nachdem Cassini und Söhne in seinem Auftrag Frankreich neu vermessen hatten, war sein Land plötzlich um ein Fünftel geschrumpft. Und einmal, ein einziges Mal konnte er die Schuld dafür nicht den perfiden Albionesen anlasten: Cassini, l'Astronome du Roi et le satellite - La carte de France des Cassini..................

Guter Hinweis.
Denn schaut man sich die Flächenangaben von 1871 - 1917 an, so weichen diese ja vom Mittelwert kaum ab. Besonders groß ist die Abweichung vom Mittelwert bei den ersten 2 Angaben 1871 und 1875. Aber auch hier nur 0,16%!
Danach wird es sehr viel stabiler. (0,01% - 0,04%)

Nebenbei bemerkt, 1875 ist das Jahr der Meterkonvention. Es würde mich fast ein bisserl wundern, wenn vorher alle deutschen Länder einheitliche Maße im Staatenbund verwirklich hätten (Womöglich vor der Reichsgründung).

Beachtet man weiterhin die Schwierigkeit der Längengradbestimmung (die dem Sonnenkönig soviel Land kostete), so wundert mich eher die Genauigkeit als die Schwankung.
 
Scrollt man im Wikipedia-Link des Fragestellers etwas nach unten so kommt man zur DDR.

Auch hier hat sich die Flächengröße zwischen den 50er und 60er Jahren verändert. Der Grund hierfür, der auch als erklärende Fußnote in den statistischen Jahrbüchern genannt wurde, liegt im Wesentlichen darin, daß man den DDR-Anteil der Wasserfläche des Oderhaff, erst nicht, später dann doch, zur Fläche hinzugezählt hat.

Möglicherweise ist die viermal so große Differenz beim Deutschen Reich aus ähnlichen Gründen entstanden. So könnten Nebengewässer von Ost- und Nordsee als Fläche gezählt werden, oder diverse Grenzen in Flußläufen (mal linkes Ufer, rechtes Ufer, Flußmitte, Strommitte oder Fahrrinne) wurden unterschiedlich bestimmt. Ein weiterer Kandidat ist der Bodensee in dem es meines Wissens bis heut noch keine offiziellen Grenzen gibt. Auch Flächen des Wattenmeeres halte ich für denkbar.
 
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