Fränk. Sprachen + Reichseinheit

rinaldo

Gesperrt
hallo beisammen -
schreibe meinen beitrag noch einmal, nachdem mein erster just beim abschicken irgendwie verloren gegangen ist. ich beschäftige mich gern mit fränkischer geschichte und würde mich zu einigen aspekten gerne austauschen - vielleicht hat jemand ja in diesen bereichen auch interessen:
- richtungsweisend zum verständnis fränkischer geschichte finde ich zwei bücher von eugen rosenstock-huessy, "frankreich-deutschland, mythos oder anrede" u. "königshaus u. stämme". im ersten findet man anregendes zur entstehung des wortes u. namens 'deutsch' u. damit zusammenhängend eine antwort darauf, warum die franken an rhein u. mosel ihren fränkischen namen verloren haben; im anderen buch wird der übergang vom regnum francorum zum römischen reich der deutschen beschrieben.
- interessant ist auch, fränkische geschichte im kontext der auch heute gültigen sprachwissenschaftlichen mundartbezeichnungen zu sehen. also niederfränkisch (am niederrhein), ripuarisch-fränkisch (köln, bonn, aachen), moselfränkisch (dt. moseltal, nördl. saarland, luxemburg, lothringen, arelerland in belgien), rheinfränkisch (südl. saarland, mittelrhein, rheinhessen, pfalz, kurpfalz-nordbaden, hessen, krummes elsaß), ostfränkisch (in teilen bayerns, baden-würrtembergs u. thüringens).
- interessant auch die sogenannte 'reichseinheitspartei' in der zeit ludwigs des frommen u. lothars I. (deren häupter vor allem adalhard und wala waren - vettern karls des großen).
nun, wer sich mit rosenstock-huessy, der fränkischen sprachfamilie oder der reichseinheitspartei befaßt od. sich interessiert, ich würde mich über beiträge dazu freuen.
tschö
 
Bezüglich der fränkischen Landnahme finde ich sehr interessant, daß im Moseltal bis etwa 1000 n. Chr. eine romanische Sprachinsel (Moselromanisch) überleben konnte.

Conny
 
les capets parles francique

hallo conny -
das mit dem moselromanischen habe ich konkret nicht gewußt, ich wußte nur ganz allgemein, daß bis zum rhein, eben im überwiegend germanisierten teil des fränkischen 'mittelreichs' lange auch noch romanische bevölkerung sich erhalten hat. genau andersherum fand ich auch interessant - so habe ich das irgendwo einmal gelesen - daß im westfrankenreich/frankreich die nachfolger der karolinger, die kapetinger (capets), in den ersten generationen noch fränkisch gesprochen haben, als ihr land schon quasi durchromanisiert war. übrigens ist diese fränkische herkunft des hohen französischen adels in der revolutionszeit dann thematisiert worden, da die revolutionäre die aristokraten sprichwörtlich in 'ihre fränkischen wälder' auf der anderen rheinseite zurückschicken wollten.
 
Also wir hier, also um Aschaffenburg haben ein rheinfränkisches Dialekt. Das kommt wohl daher das wir eine Zeit lang zum Erzbistum Mainz gehörten.
 
Es hat weder in merowinigscher noch in karolingischer Zeit eine scharfe Trennung zwischen romanisch und germanisch sprechenden Bevölkerungsteilen gegeben. Volkssprachliche Verhältnisse haben für die Reichsteilungen des neunten Jahrhunderts offenbar keine Bedeutung gehabt.

In seinem historisch-soziologischen Werk verfolgt Eugen Rosenstock-Huessys ( http://www.bautz.de/bbkl/r/rosenstock_huessy.shtml ) die verschiedenen "Zeitbogen" und gesellschaftlichen Verfassungen. Er begreift die Geschichte als eine Zwiesprache dieser gesellschaftlichen Verfassungen. Jedesmal ererbt und erneuert der jeweilige Gesellschaftsaufbau den vorherigen.

Der Kaiser Ludwig und die hohe Geistlichkeit wünschten die Einheit des Reiches zu festigen und über den Tod Ludwigs hinaus zu erhalten. Den alten fränkischen Grundsatz der Reichsteilung vermochten aber auch die Vertreter des Einheitsgedankens (die sogenannte Reichseinheitspartei) nicht ganz aufzugeben. Das Ergebnis der Bemühungen um die Einheit des Reiches war schließlich die sogenannte Ordinatio imperii, die im Jahr 817 auf dem Reichstag zu Aachen verkündet wurde.
 
Es hat weder in merowinigscher noch in karolingischer Zeit eine scharfe Trennung zwischen romanisch und germanisch sprechenden Bevölkerungsteilen gegeben.

Zumindest das würde ich vorsichtiger formulieren, zumal mW die älteste Bezeugung für Althochdeutsch (in Ostfranken) aus der 2. Hälfte des 8. Jh. und die älteste für Altfranzösisch (in Westfranken) aus dem frühen 9. Jh. stammt, man die germanischen und romanischen Sprecher auch für die Zeit vorher jedoch zumindest räumlich voneinander einigermaßen abgrenzen kann.

Daß eine sprachlich bedingte Trennung auf dem Gebiet des Frankenreiches - ob man sie nun "scharf" nennen mag oder nicht - existiert hat, bezeugen bekanntlich die Straßburger Eide aus dem Jahr 842, also der karolingischen Zeit:
http://de.wikipedia.org/wiki/Straßburger_Eide
http://www.stefanjacob.de/Geschichte/Unterseiten/Quellen.php?Multi=61
http://www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/09Jh/StrassburgerEide/eid_text.html
http://www.fh-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost09/Nithardus/nit_his3.html

Volkssprachliche Verhältnisse haben für die Reichsteilungen des neunten Jahrhunderts offenbar keine Bedeutung gehabt.

Auch hier würde ich es nicht so bestimmt festlegen wollen, daß dies keine i.S.v. gar keine Bedeutung hatte, denn es kommt auch darauf an, welche Reichsteilung (Verdun 843, Mersen 870, Ribemont 880) betrachtet wird.
Allerdings liegst Du insofern richtig, daß die Bedeutung volkssprachlicher Verhältnisse nicht überschätzt werden sollte, wie es sich z.B. beim Fall Flandern zeigt: der Teil mit Altniederländisch sprechender Bevölkerung kam zum Westreich, der Teil mit Altfranzösisch sprechender Bevölkerung später zum Ostreich.
 
Romanisch sprechende Bevölkerungsteile östlich der späteren Sprachenschranke gingen zum werdenden Deutschen, fränkisch sprechende Menschen westlich dieser Schranke zum werdenden Französisch über. Das Entstehen der beiden Volkssprachen wird das Auseinanderbrechen des Frankenreichs begünstigt haben, obwohl die Sprachenschranke niemals die Ränder von Teilreichen geworden ist.
 
In Wikipedia habe ich über Konrad Kurzbold, fränkischer Gaugraf im 10. Jahrhundert, gelesen, dass dieser den Niederlahngau als Lehen hielt. Kennt jemand Übersichten über die verschiedenen Gaue des Frankenreiches, ggf. zu verschiedenen Epochen? Wurde in der Forschung bislang einmal der Versuch unternommen, die regionale/verwaltungsseitige Gliederung des Reiches (z.Bsp. zu Karls Zeiten) geographisch nachzuvollziehen, und wo findet man etwas darüber? Gint es Karten, aus denen die Gau-Einteilung ersichtlich wird?
 
In Wikipedia habe ich über Konrad Kurzbold, fränkischer Gaugraf im 10. Jahrhundert, gelesen, dass dieser den Niederlahngau als Lehen hielt. Kennt jemand Übersichten über die verschiedenen Gaue des Frankenreiches, ggf. zu verschiedenen Epochen? Wurde in der Forschung bislang einmal der Versuch unternommen, die regionale/verwaltungsseitige Gliederung des Reiches (z.Bsp. zu Karls Zeiten) geographisch nachzuvollziehen, und wo findet man etwas darüber? Gint es Karten, aus denen die Gau-Einteilung ersichtlich wird?

Der Link könnte dir weiterhelfen, schau dir einfach mal die unteren Karten, sind zwar nur auf Hessen bezogen, verdeutlichen aber die Gaueinteilung (s. Niederlahngau) im Frankenreich.

http://cgi-host.uni-marburg.de/~hlgl/atlas/inhalt.cgi?page=1
 
Hallo,
kann mir jemand was zum Trechirgau sagen?
Auf den hessischen Karten ist er leider nur am Rande zu sehen.
Danke!
Gruss
gabel
 
Der Trechirgau lag als ein langesteckter Gau südlich der Untermosel, westlich des Rheins und nördlich der Nahe. Er ist ab Anfang des 10. Jahrhundert belegt, und lag zwischen dem Mayenfeldgau und den nördlichen Ausläufern des Wormsgaus, aus dem im 9. Jahrhundert der Nahegau als eigener Bezirk ausschied. Der namengebende Ort ist unklar. In der fränkischen Zeit bildete das Heimbachtal die Grenze zwischen Nahe- und Trechirgau. Im Trechirgau lag das Grafenamt in den Händen der Berthold-Becelin. Mehr findet sich bestimmt in Theodor Vuy, Geschichte des Trechirgaues und von Oberwesel, mit einem Urkundenanhang, Leipzig, 1883; Neudruck: Meisenheim, 1980
 
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