Frage zu den Angeln

nicky

Neues Mitglied
Hallo liebe User,

ich habe die Adresse zu Eurem Forum von Herrn Jost Auler bekommen.

Vielleicht könnt Ihr mir helfen, denn ich bin fast schon am Verzweifeln ...

Es geht um folgendes:

Meine Idee ist die Darstellung einer freien Frau, die im 5. Jahrhundert in Engelhelms (5 km südlich der Stadt Fulda gelegen) oder Umgebung gelebt hat. Sie soll auch "heilkundig" sein. Gehen wir davon aus, dass es die Frau des Hofbesitzers gehandelt hat.

Die einzigen Informationen, die ich habe ist die, die in der Wikipedia und auch in gewissen Minischriften publiziert ist:

Im 5. Jahrhundert entsteht ein Gehöft eines Angehörigen des Volkes der Angeln an einer durch die germanische Völkerwanderung verlassenen und verwüsteten Gegend. Daraus leitet sich der Name Engelhelms ab: als Beschützer der Angeln oder als schützende Behausung des Angeln. In den Jahren darauf wächst um den „Hof Angilhelms“ eine kleine Siedlung am Fuß des Florenbergs.


Was mich nun interessieren würde, sind diese Punkte:

1.

Wie sah die Kleidung solch einer Frau aus, hinblicklich Aussehen, mögliche Farben, verwendete Accessoirs wie Gewandfibel und Gürtelschnalle ?

Vielleicht wie hier:

Umschlag.neuGesamtansicht.JPG

und
foto2004.jpeg


Wie wäre die Idee eines Peplos ...


2.

Wie könnte Schmuck ausgesehen haben, den sich eine Frau diesen Standes sich leisten konnte ?

3.

Wie weit ging die medizinische Kompetenz in dieser Zeit ? Ist es denkbar, dass eine Frau kleinere Operationen gemacht haben, die später Baderchirurgen übernommen haben ?

Ggf. existierten ja auch in den Haushalten bestimmte Bestecke, die ähnlich den der römischen Ärzte aussahen, siehe hier: http://replik.de/replik_shop/images/379001.jpg

Wenn ich mir diese Instrumente betrachte, dann kann ich mir es gut vorstellen, dass man diese Instrumente nicht nur in der Chirugie einsetzte, sondern man kann diese auch einsetzen, um z. B. Pflanzen zu schneiden bzw. um Salben in Kleinstmengen herzustellen.

4.

Wie sah die Stellung der Frau aus bei den Angeln ? Ist diese vergleichbar wie die gesellschaftliche Stellung bei den Kelten oder "Wikingern" ?

5.

Was ist über den Hof bzw. die Siedlung überhaupt bekannt ? Gibt es noch Funde aus dem Alltagsleben oder auch erhaltene Grabbeigaben ?

Ich habe bislang keine Antwort auf irgendwelche Anfragen bekommen und weiß gar nicht so wirklich, woran ich mich orientieren soll.

Da die Angeln dann ja doch anscheinend wieder abgewandert sind, frage ich mich, ob man dann auch englische Funde ranziehen könnte.

6.

Ich dachte eigentlich, dass um Fulda herum eigentlich die Chatten ihr Stammesgebiet haben. Ist es denn denkbar, dass Angeln und Chatten friedlich nebeneinander gelebt haben könnten ?


Angeschrieben habe ich unseren Geschichtsverein, diverse Museen, Universitäte Greifswald etc. Bislang kaum eine Antwort mit der man wirklich arbeiten kann. Ich fürchte, dass ich mir da was wirklich "Schweres" ausgesucht habe. Wenns nix gibt, dann bleibt anscheinend nur "Spekulation" statt Authentizität übrig :(


So, nun hoffe ich, dass ich nicht von Euch geprügelt werde.

Bedanke mich jetzt schon für Eure Hilfe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Frag doch mal beim Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein: Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein
nach.

Die kennen sich von Berufs wegen mit den Angeln recht gut aus und ich hab die Leute als sehr hilfsbereit kennengelernt.


Danke für den Tipp. An die habe ich ja noch gar nicht gedacht, weil Fulda ja Osthessen ist ... Ergo, ich vermute, dass meine "Angeln" dann "Thür. Angeln" waren ...

Mal kucken, was die sagen. Möchtet Ihr dann auch dann die Lösungen, sofern ich was auftue ? :winke:
 
Geprügelt wird hier keiner :)

Du hast Dir sicher ein sehr schweres Thema/Anliegen herausgesucht. Mir ist über diesen Komplex wenig bis gar nichts bekannt. Daher erste einmal ein paar allgemeine Überlegungen:

Worum genau geht es dir denn bei dieser Darstellung? Willst du etwas "Living History" betreiben? Geht es um eine Veranstaltung, eine Feier oder um was? Denn einerseits sind deine Fragen sehr speziell, während mit der Kontext nicht ganz klar ist. Es geht dir also um Darstellung einer Frau aus dem 5. Jht?

Zuerst einmal zum Ortsnamen. Ist die Ableitung von dem Volke der Angeln gesichert? Ich hätte daran meine Zweifel. Eher klingt es wie die Ableitung eines Personennamens, wie er auch im von dir genannten Wikiartikel fällt: Engilhelm!
Oft sind frühmittelalterliche Höfe benannt nach dem Gründer. So kämen wir ganz ohne die Angeln aus.

Die Angeln sind ein Volksstamm, der ursprünglich in Schleswig-Holstein verortet wird, wie Neddy mit seinem Link auch hinweist. Die Masse der Angeln soll zusammen mit Teilen der Sachsen und Anderen nach England ausgewandert sein, wo sie zum Volk der Angelsachsen verschmolzen. Andere Teile wanderten nach Süden und verschmolzen zu den Thüringern. Diese Gruppe hast du wohl im Blick bei deiner Voraussetzung. Das Gebiet um Fulda könnte sehr wohl zum Machtbereich der Könige der Thüringer gehört haben, bevor sie von den Franken unterworfen wurden. Dass bedeutet aber nicht auch, dass sie dort auch gesiedelt haben. Es kann sich um eine reine Oberherrschaft gehandelt haben während andere germanische Gruppen dort lebten. Mir ist nicht bekannt welche Gruppen dort um jene unruhige Zeit gelebt haben. In der römischen Kaiserzeit lag es im Konkurrenzbereich zwischen Chatten und Hermunduren, doch dies war im 5. Jht. längst Geschichte. Letztlich bleib das Gebiet auch während der Völkerwanderung Durchzugsgebiet. Die Maingegend besetzten zuerst die Burgunder, später rückten Alamannen nach. Im südwestlichen Vogelsberg, nördlich von Hanau wird auf der Glauburg ein alamannischer Kleinkönigssitz angenommen. Im Norden befindet sich zur Zeit des Bonifatius um Fritzlar herum eine Siedlungskammer der Hessen/Franken – was oft als Nachleben der Chatten gedeutet wird. Die Hauptsitze der Thüringer lagen wohl auch östlich von Rhön und Thüringerwald. Ein festes, stammesbezogenes Gerüst für das obere Fuldatal existiert also nicht. Entsprechend „Auswahl“ sollte es für dich geben.

Daher frage ich ja auch warum du dir ausgerechnet die Angeln ausgesucht hast. Der Ortsname lässt sich m.E. einfacher von einem Personennamen ableiten und du bist freier in der Entscheidung nach welcher Stammesgruppe du dich orientieren willst.
 
Hallo tejason,

Geprügelt wird hier keiner :)

Da fällt mir mal ein Stein vom Herzen. Leider ist das nicht in allen Foren so. Da kann ich nämlich ettliche Liedlein trällern.

Du hast Dir sicher ein sehr schweres Thema/Anliegen herausgesucht.


Ja, es scheint so. Ich habe hier nämlich Geschichtsverein, Museumvervaltung etc. angeschrieben und es kam dazu nichts.


Worum genau geht es dir denn bei dieser Darstellung? Willst du etwas "Living History" betreiben?


Ich bin schon in der "Living History"-Szene (dummes Wort, aber damit weiß jeder, was gemeint ist.) schon "zuhause", wobei ich seit Jahren eigentlich in Norwegen um 850 n. Chr. "zuhause" gewesen bin. Eigentlich auch nicht so ganz leicht, denn auch hier ist die Fundlage, die ich verwenden konnte, auch nicht so ganz einfach. Im Grunde hatte ich aber wenigstens etwas ...

So, nun dachte ich mir, es sollte mal was anderes sein, etwas vor meiner Haustür. Warum also dann nicht explizit unser Dörflein Engelhelms ... Nun ist es so, dass ich gelernte Tierheilpraktikerin bin (Also kein ungelernter Scharlatan, wie es von gewissen Personen angeprangert wird, teils zurecht übrigens.) und auch gerade noch den Humanheilpraktiker lerne. Auch eine Krankenpflegeausbildung habe ich mal gemacht. Kurz: Die Medizin ist was, was mir auch am Herzen liegt !

So kam ich dann auf die Kombination:

- freie Frau
- Stand: Hausherrin
- vor der Christianisierung
- Heilkundige

Der nächste Schritt war, dass ich geschaut habe, was finde ich da überhaupt. Da kam raus:

- Volksstamm Angeln
- ein Gehöft
- 5. Jahrhundert

Die nächste Stufe meines Denkens waren die Fragen, die ich hier eingestellt hatte, weil ich nix explizites gefunden habe dazu.

Geht es um eine Veranstaltung, eine Feier oder um was?

Wenn es nur ne Feier wäre, dann würde ich diesen Aufriss nicht betreiben. Das ginge einfacher mit einem Kostüm aus einem Fundus oder was auch immer *lach*

Es geht dir also um Darstellung einer Frau aus dem 5. Jht?

Ja, genau.

Zuerst einmal zum Ortsnamen. Ist die Ableitung von dem Volke der Angeln gesichert? Ich hätte daran meine Zweifel. Eher klingt es wie die Ableitung eines Personennamens, wie er auch im von dir genannten Wikiartikel fällt: Engilhelm!

Eine gute Frage, auf die ich keine Antwort bisher gefunden habe. Auch daran habe ich gedacht.

Oft sind frühmittelalterliche Höfe benannt nach dem Gründer. So kämen wir ganz ohne die Angeln aus.

Das wäre natürlich etwas einfacher, denn dann könnte man sich etwas aussuchen fast ... Ich frage mich ohnehin, ob es in dieser unruhigen Zeit möglich sein könnte, dass sich Angeln und Chatten da verstanden hätten ... Mein Bauchgefühl wehrt sich bei so einem Gedanken, denn wer gibt schon gerne Land her. Unsere Gegend war mit Sicherheit arm, woher hätte der Mann also teure Abgaben oder was auch immer zahlen können. Wie gesagt, ein Bauchgefühl.

Die Masse der Angeln soll zusammen mit Teilen der Sachsen und Anderen nach England ausgewandert sein, wo sie zum Volk der Angelsachsen verschmolzen. Andere Teile wanderten nach Süden und verschmolzen zu den Thüringern. Diese Gruppe hast du wohl im Blick bei deiner Voraussetzung.

Genau.

Das Gebiet um Fulda könnte sehr wohl zum Machtbereich der Könige der Thüringer gehört haben, bevor sie von den Franken unterworfen wurden. Dass bedeutet aber nicht auch, dass sie dort auch gesiedelt haben. Es kann sich um eine reine Oberherrschaft gehandelt haben während andere germanische Gruppen dort lebten.

Also müßte ich da ansetzen.

Im südwestlichen Vogelsberg, nördlich von Hanau wird auf der Glauburg ein alamannischer Kleinkönigssitz angenommen.

Das ist von uns aber gar nicht weit weg ... *nachdenk*

In der Wikipedia habe ich bei Fulda noch gelesen, dass in der Merowingerzeit im Raum Fulda ein fränkischer Königshof gelegen haben soll, der um das Jahr 700 durch einen Einfall der Sachsen zerstört wurde. Ist jetzt zwar Fulda und auch nicht 5. Jahrhundert, aber vielleicht auch ein Hinweis ...

Im Norden befindet sich zur Zeit des Bonifatius um Fritzlar herum eine Siedlungskammer der Hessen/Franken – was oft als Nachleben der Chatten gedeutet wird. Die Hauptsitze der Thüringer lagen wohl auch östlich von Rhön und Thüringerwald. Ein festes, stammesbezogenes Gerüst für das obere Fuldatal existiert also nicht. Entsprechend „Auswahl“ sollte es für dich geben.

Da hast Du Recht.

Daher frage ich ja auch warum du dir ausgerechnet die Angeln ausgesucht hast.

Da bin ich mir nach Deinem Posting auch nicht mehr sicher, ob ich das mir dann eigentlich dann antun möchte. Nur ich weiß auch nicht, wo ich mich jetzt hinorientiere. Wenn im Enddeffekt jeder bei uns mal war, dann geht auch ein Chatte, Alemanne oder ein Franke. :grübel:
 
Mal ne dumme Frage meinerseits: müssen wir nicht davon ausgehen, dass damals so ziemlich jeder die heilkundigen Kräuter mehr oder weniger kannte?! Wenn wir in die ländlichen Zonen des vorletzten Jahrhunderts zurückgehen, da hatten die Bauersfrauen in ihren Bauerngärten eine ganze Menge Nutzpflanzen die unterschiedlichen Charakter aufwiesen: Gewürz, Medizin...
 
Mal ne dumme Frage meinerseits: müssen wir nicht davon ausgehen, dass damals so ziemlich jeder die heilkundigen Kräuter mehr oder weniger kannte?!

Nee, das glaub' ich nicht!

Heilkunst war eine "Kunst", der nur wenige mächtig waren, weshalb sich auch Heil - und ergo Kräuterkundige eines großen Ansehens erfreuten.

Gewiss kann man aber davon ausgehen, dass jeder mittelalterliche Haushalt über eine umfassendere Kenntnis der Heilkräuter verfügte, als das heute der Fall ist. Allein schon, weil kein Arzt an der nächsten Ecke seine Praxis hatte! :D
 
Hallo,

glaube ich auch nicht, dass ein jeder was wußte. Grundkenntnisse ja, aber darüberhinaus nicht.

Meine Oma wußte auch eine ganze Menge, meine Mutter weit weniger. So wirds früher auch gewesen sein. Einige wußten sehr viel, andere weit weniger.
 
Ich würde Dir ein Bücher zum Groben Thema empfehlen.
Du bewegst dich in der Völkerwanderung /Spätantike.

„Gregor von Tours“ ist der Schriftsteller der Epoche.

Die von Dir verlinkten Bilder aus Hannover sind eher 7./8. Jahrhundert.
Ein Peplos wäre eventuell richtiger…

Hier noch ein wenig verlinktes Tracht 5. Jahrhundert -+ 150 Jahre:
http://www.margott.de/download/broschuere-ense-bremen.pdf

http://www.rete-amicorum.de/bildergalerien/kleidung/bilder/merowinger/bilder_merowinger.html

http://www.gefao.de/images/literatur/AiO5/AiO5-08.pdf

http://www.gefao.de/html/mainframe.html

http://www.urgeschichte.de/nienburg/nienb1.htm
 
Vielleicht als eine kleine Hilfe für Literatur: Zur ersten Orientierung, an welche germanischen Stämme der von der angegefragten Zeit überhaupt zu denken ist, könnte der Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern Bd. 1, herausgegeben vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum (Mainz), hilfreich sein. Wenn auch schon freilich sehr alt, sind die Informationen gewiß nicht vollständig überholt. Es gibt immer einführende Aufsätze in diesen Führern, des weiteren Aufsätze zu speziellen Fundplätzen der Region.
 
Spät, doch noch ein paar Links mit Eindrücken zur Kleidung jener Zeit. Wobei Markus Metzel (1. Link) während der vergangenen Bonner Langobardenausstellung im Begleitprogramm etwas auf deren Kleidung eingegangen ist. Es sind vor allem die Accessoires, welche die damaligen Trachten häufig erst „spezifisch“ für ein Volk machten.


Rete Amicorum - Bilder unserer Trachten


http://www.archaeologie-online.de/nc/de/magazin/thema/die_alamannen/?sword_list[0]=alemannen

ASK - Die Alamannnen - Aussehen und Tracht - Tracht der Frauen

http://www.alamannenmuseum-ellwangen.de/html/Ostgoten.pdf
 
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